Ich rufe dann den Tagesordnungspunkt 60 auf, Drucksache 21/8900, Antrag der Fraktion DIE LINKE: HSH Nordbank/hsh portfoliomanagement AöR.
Dieser Tagesordnungspunkt ist vonseiten der LINKEN als Kurzdebatte angemeldet worden, sodass wiederum eine Redezeit von zwei Minuten pro Debattenbeitrag gilt.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es geht uns an dieser Stelle darum, dass wir eine unabhängige Untersuchung darüber haben wollen, was an Schiffsportfolios gegenwärtig in der HSH Nordbank existiert. Wir wollen nicht, und deswegen ist das kein Argument, in den gegenwärtigen Verkaufsprozess eingreifen – das ist eine andere Debatte, die werden wir danach führen –, sondern es geht um das historische Portfolio. Warum ist das wichtig? Ich möchte Ihnen dies verdeutlichen anhand eines Zitats von Herrn Rickmers, für dessen Schulden wir gegenwärtig wahrscheinlich Hunderte Millionen Euro aus öffentlichen Geldern aufbringen müssen, weil die HSH Nordbank so schlecht gehandelt hat. Herr Rickmers hat gesagt:
Gebratene Enten. Noch nicht einmal Tauben, wie es früher einmal hieß, oder Täubchen, wie es historisch hieß, sondern gebratene Enten. Und das haben wir zu bezahlen mit Hunderten Millionen, ja,
War das Unverstand? War das Dummheit? Oder war es vielleicht Korruption? Auch das müssen wir klären, denn es geht um unheimlich viel Geld. Und wir müssen es jetzt klären. In dem Augenblick, in dem die Bank verkauft ist, werden wir nicht mehr in die Bücher hineinschauen können, sondern dann wird es einen neuen Eigentümer geben. Dann wird dieses Thema abgeschlossen sein und dann möchte ich gern wissen – vor allen Dingen von den Regierungsfraktionen, die ja, wie ich befürchte, dem vielleicht nicht zustimmen werden –, was Sie später den Menschen sagen wollen, wenn wir jetzt diesen Schritt nicht machen und wenn wir Jahr für Jahr Milliarde um Milliarde aus dem Haushalt bezahlen müssen. Wollen Sie dann sagen, Sie hätten keine Zeit gehabt, sich das anzugucken, weil der Verkauf so wichtig war? Oder wollen Sie sagen, das seien die Politiker vor Ihnen gewesen? Die haben das gemacht, Sie hätten doch damit gar nichts zu tun.
Es soll Milliarde für Milliarde dargestellt werden, wir wollen eine Bilanz dessen haben, und das kann man uns gut in zwei Minuten darstellen. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Lieber Herr Hackbusch, ich finde es schon sehr sportlich, das Thema HSH Nordbank für eine Kurzdebatte anzumelden, weil es bekanntlich so wenig komplex ist, dass man all das in zwei Minuten gut abhandeln kann.
Deswegen mache ich es kurz und sage, dass wir Ihren Antrag ablehnen, Herr Hackbusch. Das, was untersucht werden soll, kennen wir im Wesentlichen. Wir kennen die Ergebnisse und wir wissen die Antwort auf Ihre Frage, ob das nicht ordentlich gemacht worden ist: Es ist nicht ordentlich gemacht worden. Es sind Kredite vergeben worden ohne hinreichende Sicherheiten und es sind Kredite in einer Höhe vergeben worden, die abenteuerlich ist. Das wissen wir schon. Wenn wir die Untersuchung jetzt in Auftrag geben, würde es zudem lange dauern, bis man ein Ergebnis hat. Wir befinden uns in einem Verkaufsverfahren und würden erst nach Ende des Verkaufsverfahrens überhaupt die Ergebnisse aus der Untersuchung bekommen. Das macht keinen großen Sinn.
Und zuletzt: Das Verkaufsverfahren sollte in keiner Weise belastet werden durch Irritationen, die wir jetzt auslösen. Deswegen ist es klug, den Antrag abzulehnen, auch wenn ich in vielen Punkten mit Ihnen übereinstimme, dass das alles eine Katastrophe ist und dass dort Kredite vergeben worden sind, die jenseits von Gut und Böse sind. Aber erstens jetzt und zweitens während des Verkaufsprozesses ist es zu spät und im Grunde wissen wir, was bei der Untersuchung herauskommt. Es gibt auch einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss, der sich schon mit den Anfängen beschäftigt hat. Insofern brauchen wir diese Untersuchung jetzt nicht und wir lehnen Ihren Antrag deswegen ab. – Vielen Dank.
Ich finde es schon fast anrührend, wenn man sieht, wie DIE LINKE mit ihrem Antrag versucht, sich als Kontrolleur in Sachen HSH Nordbank aufzumachen. All das, was Herr Schreiber gerade gesagt hat, will ich nicht noch einmal wiederholen. Aber Ihr Antrag, und darauf möchte ich explizit eingehen, wird der Sache nicht gerecht, weil er oberflächlich und in gewisser Weise unwissend agiert. Laut diesem Antrag sollen Schiffsfinanzierungen seit dem Jahr 2003 untersucht werden. Wenn wir aber in die Historie der HSH Nordbank hineinschauen, dann standen 2003 Schiffskredite in einem Volumen von über 20 Milliarden Euro aus der frisch gewonnenen Fusion zwischen der Landesbank Kiel und der Landesbank Hamburg in den Büchern. Die Landesbank Kiel jubelte damals bereits, der größte Schiffsfinanzierer zu sein, und das war eine grundsolide Situation. Deshalb gehen wir davon aus, dass der Betrachtungswinkel ab 2003 der Sache nicht gerecht werden würde. Wir gehen dann noch ein Schrittchen weiter, wir würden nämlich auch die Situation davor gern betrachten wollen. Aber Ihr Antrag mit diesen zwei Petita geht dabei in der Sache einfach unwürdig mit diesem gewaltigen Thema HSH Nordbank um. Plakativ eine Kreditermittlung seit 2003 zu fordern ist der Sache nicht dienlich. Schaut man in die alten Geschäftsberichte, so hob schon die Landesbank Kiel im Jahr 2000 hervor, dass sie ein bedeutender Schiffsfinanzierer sei und hier seit Jahren eine kräftige Ausweitung betreibe. Wortwörtlich steht dort:
Vizepräsident Dr. Wieland Schinnenburg (unter- brechend): Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist abgelaufen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lieber Herr Hackbusch, ich finde, Sie haben total recht mit Ihrer Wut auf Teile der HSH Nordbank, und ich glaube, niemand in diesem Haus ist froh über die Forderungsverzichte und Kreditausfälle, deren Zeugen wir gerade werden. Zu der Frage, woran das liegt, sind hier von meinen Vorrednern schon einige Sachen genannt worden. Die Qualität der Kredite war schlecht, die Qualität der Kreditentscheidung war nicht gut. Wir haben ein massives Klumpenrisiko gehabt. Dass so eine kleine Bank wie die HSH Nordbank der größte Schiffsfinanzierer der Welt werden wollte und dafür geworben hat, da hätte man auch damals schon wissen müssen, dass das ein Klumpenrisiko ist, bei dem man in Wahrheit ein Problem bekommt. Und wir haben das Thema, dass einzelne Kreditnehmer gerade in diesem Bereich ein Klumpenrisiko darstellen, nämlich genau die, die jetzt auch ein Problem darstellen. Das alles wissen wir. Auch durch Ihre zugegebenermaßen kurze Zwei-Minuten-Rede haben wir keinen weiteren Anhaltspunkt erhalten, was wir durch dieses Gutachten zusätzlich herausfinden könnten, und ich glaube, dass man mit so einem Gutachten eigentlich auch nicht viel gewinnen kann.
Vielleicht noch ein Wort zu Herrn Rickmers. Ich glaube, das ist sowohl bitter für ihn als auch für die Bank, ziemlich bitter für die öffentliche Hand auf jeden Fall. Aber wir müssen uns natürlich ob dieser Kreditentscheidung, die damals falsch getroffen worden ist – zu wenig Eigenkapital, zu wenig Haftung –, die Frage stellen, was die Alternative ist.
Und die Alternative in dem Fall ist die Insolvenz. Dann ist noch viel mehr weg, und das hilft uns auch nicht weiter. Insofern kann ich nur sagen, was ich denen antworte, die fragen, was wir machen: Ich bin sehr froh, dass das Gerichtsverfahren in diesem Bereich gegen den Vorstand weiter betrieben wird, zwar in anderer Causa als der Schiffsfinanzierung, aber es ist zentral, dass dies weiterhin einer gerichtlichen Aufarbeitung bedarf. – Danke schön.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, man braucht eine gute Begründung, wenn man neben all den großen Themen, die wir aktuell schon zur HSH Nordbank behandeln, nämlich den Verkauf und den Aufbau der hsh portfoliomanagement – und nebenbei haben wir noch das Thema, wie wir mit dem Kreditrahmen umgehen –,noch eine Studie beauftragen und in die Vergangenheit schauen und diese auch aufarbeiten möchte. Wir sehen es aber so, dass man das durchaus machen sollte, denn wir haben hier einen Zeitraum und auch wenn man immer über das genaue Jahr des Beginns reden kann, haben wir Geschäfte in dieser Bank gesehen, die den Steuerzahler noch auf Jahrzehnte belasten werden. Der Frage, welche Konsequenzen daraus gezogen werden und welche auch justiziablen Dinge daraus erwachsen, ist tatsächlich nicht abschließend nachgegangen worden.
Das Thema Wut ist hier eben angesprochen worden; das zieht sich quer durch alle Fraktionen, egal ob sie jetzt gerade in Regierungsverantwortung sind oder es in den letzten Jahren einmal waren. Wir sind uns im Grunde einig, dass solche Geschäfte, insbesondere in der Struktur, in der Menge und in der schlechten Risikobewertung, niemals hätten stattfinden dürfen. Deswegen sollten wir diese Untersuchung jetzt einleiten, denn – Herr Schreiber, Sie haben darauf verwiesen – es kann an der Stelle auch zu Irritationen führen. Man kann es aber auch genau umgekehrt sehen. Man kann sehr wohl ebenso sagen, durch diese Studie würden wir reinen Tisch machen. Und wenn die HSH Nordbank an den Markt gebracht und erfolgreich verkauft werden soll, dann braucht sie einen Neustart. Dazu gehört nicht nur ein neuer Name, sondern dazu gehört auch, dass sie mit den Schatten der Vergangenheit endlich abschließen kann, und dafür wäre diese Studie eine gute Grundlage.
Wir sollten auch die Themen der Zukunft nicht aus dem Auge verlieren, deswegen gehe ich darauf gleich in der zweiten Runde noch einmal ein. – Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Dieser Antrag gehört ins historische Seminar. Ich verstehe
das Bedürfnis, die Geschichte der HSH Nordbank detailliert aufzuarbeiten und dabei ein besonderes Augenmerk auf die vielfältigen Schiffsfinanzierungen zu richten. Der Gedanke ist sehr sympathisch, die Umsetzung kann aber so nicht funktionieren und geht an den Kernproblemen unserer Zeit vorbei. Der schiere Umfang der Untersuchungen von Vorgängen seit 2003 sprengt den Rahmen eines einfachen Gutachterauftrags. Die Bedürfnisse der zu beauftragenden unabhängigen Gutachter müssten schon ähnlich hoch sein wie die von Strafverfolgungsorganen. Immerhin könnten strafrechtlich relevante Vorgänge zutage kommen, umfangreiche zivilrechtliche Konsequenzen würden folgen und zumindest die Reputation einiger handelnder Personen könnte noch weiter beschädigt werden. Mit entsprechend viel Gegenwehr und Blockade ist zu rechnen, und am Ende wird es bei diesem Prüfungsauftrag heißen: außer Spesen nichts gewesen. Anders ausgedrückt, ganz oder gar nicht. So zahm, wie DIE LINKE es sich vorstellt, bringt die Untersuchung jedenfalls nichts. Die HSH Nordbank verursacht uns im Hier und Jetzt genügend Probleme, auf die wir die Ressourcen der Stadt verteilen sollten. – Danke.
So kurze Debatten haben den Vorteil, dass man schnell auf die Argumente antworten kann, und es gab nicht viele Argumente. Ich möchte aber sagen, das Wesentliche für uns ist zugegebenermaßen nicht, den Verkaufsprozess optimal zu gestalten, sondern das Vertrauen in die Politik zu erhalten.
Das Vertrauen ist gegenwärtig gerade im Zusammenhang mit dieser Sache angeschlagen und ich halte ich es für notwendig, alle politischen Anstrengungen zu unternehmen, dass dieses Vertrauen möglichst gestärkt wird.