Protocol of the Session on April 26, 2017

(Kazim Abaci SPD: Worüber reden Sie über- haupt?)

gehört zu den Erfahrungen, denen auch heute wieder Mitbürger ausgesetzt sind. Alarmierend ist dabei, dass da manche aus jahrzehntelanger Vergangenheitsbewältigung offenbar nichts gelernt haben und dass staatliche Organe, ich denke hier konkret an die Kölner Oberbürgermeisterin, Diskriminierung wohlwollend billigen.

(Jens Meyer)

Das im Grundgesetz festgehaltene Prinzip, dass niemand aufgrund seiner politischen Weltanschauung diskriminiert werden darf, darf von keinem Demokraten infrage gestellt werden, auch wenn es um diejenigen geht, die einem politisch nicht so liegen. Auch wenn es um die AfD geht.

(Cansu Özdemir DIE LINKE: Reden Sie mal zum Thema! – Glocke)

Vizepräsident Dr. Wieland Schinnenburg (unter- brechend): Herr Abgeordneter, …

Dazu mahnen uns gerade auch die Erkenntnisse der Aufarbeitung der Diskriminierung …

Herr Abgeordneter, wenn ich klingele, haben Sie zu schweigen. Und bitte achten Sie beim nächsten Mal darauf, zum Thema zu reden. – Danke.

(Vereinzelter Beifall bei der AfD – Cansu Öz- demir DIE LINKE: Was war das für ein wir- res Zeug!)

Jetzt hat noch einmal Frau Schneider von der Fraktion DIE LINKE das Wort.

Meine Damen und Herren! Ich möchte einfach ein bisschen etwas klarstellen. Wir haben nicht bestritten, Herr Meyer, dass es Aufarbeitung gibt; wir haben ja selbst sehr viel zitiert und ich kann Ihnen sagen, dass meine Mitarbeiterin außerordentlich viel gelesen hat. Wir waren von diesem Thema in gewisser Weise auch überwältigt. Und trotzdem haben wir von der Antwort des Senats – das muss ich ausdrücklich sagen – noch einmal eine Menge Neues erfahren. Wir waren wirklich dankbar dafür, dass es auch weitere Quellenhinweise gab. Für uns ist es ein wichtiges Thema und deswegen haben wir – das weiß ich, ich habe es am Anfang ja auch gesagt – den Senat strapaziert, haben das Fragerecht vielleicht auch ein bisschen überschritten. Aber der Senat ist damit wirklich gut umgegangen, und dafür muss ich noch einmal sagen: Vielen Dank, insbesondere an die Mitarbeitenden, die uns diese Antworten gegeben habe. Das hat wirklich weitergeholfen.

(Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN)

Ich bin froh, dass sich niemand von den demokratischen Fraktionen in diesem Parlament dagegen gewandt hat.

Zu dem, was ich angesprochen habe, wir aber noch nicht – da hat Frau Grunwaldt recht – in einen Antrag gebracht haben. Wir wollen nicht einfach mit einem Antrag vorpreschen, weil wir nicht glauben, dass das eine Angelegenheit ist, mit der

sich eine Fraktion profilieren sollte. Denn es ist völlig klar: Wenn wir das als Antrag bringen, ist es zum Scheitern verurteilt. Aber wir wollen das Thema auf die Tagesordnung setzen, und ich möchte darauf hinweisen, dass nicht wir es auf die Tagesordnung gesetzt haben, sondern wir als Fraktion haben ein Interview mit Inge Weiß vom Landesverein der Sinti in Hamburg gemacht, und sie war es, die gesagt hat, wir brauchen einen Staatsvertrag. Wenn man sieht, was in unserer politischen Umgebung in anderen Bundesländern stattfindet, glaube ich wirklich, das steht Hamburg gut an, und ich bitte alle, darüber nachzudenken. Vielleicht kommen wir in eine gemeinsame Diskussion, wie wir dieses Anliegen des Landesvereins der Sinti und Roma und auch unser Anliegen – und sicher auch das Anliegen von anderen – auf den Weg bringen können. Das ist wirklich eine Bitte an alle demokratischen Fraktionen. – Danke.

(Beifall bei der LINKEN und bei Farid Müller GRÜNE)

Vielen Dank. – Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir kommen damit zur Abstimmung.

Wer möchte die Drucksache 21/8004 an den Ausschuss für Soziales, Arbeit und Integration überweisen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist mehrheitlich abgelehnt worden.

Dann stelle ich fest, dass die Große Anfrage der Fraktion DIE LINKE aus der Drucksache 21/8004 zur Kenntnis genommen wurde.

Ich rufe auf Tagesordnungspunkt 31, Drucksache 21/8718, Antrag der FDP-Fraktion: Wohneigentumsbildung durch Grunderwerbsteuerfreibetrag erleichtern.

[Antrag der FDP-Fraktion: Wohneigentumsbildung durch Grunderwerbsteuerfreibetrag erleichtern – Drs 21/8718 –]

Vonseiten der FDP-Fraktion liegt hierzu ein Antrag auf Überweisung der Drucksache federführend an den Haushaltsausschuss sowie mitberatend an den Stadtentwicklungsausschuss vor.

Wer wünscht das Wort? – Herr Meyer von der FDP-Fraktion, bitte schön.

Verehrtes Präsidium, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Traum der eigenen vier Wände ist in Deutschland ein Lebensziel vieler Menschen, das leider viel zu oft unerreicht bleibt. Während Menschen in Dänemark oder in den Niederlanden zu knapp 70 Prozent im Eigentum wohnen, sind es in Deutschland gerade

(Dr. Alexander Wolf)

einmal 50 Prozent, und auch das ist nur ein Durchschnittswert. Bezogen auf Hamburg liegt die Wohnungseigentumsquote gerade einmal bei nur 22,6 Prozent – und das, obwohl die Rahmenbedingungen für den Erwerb der eigenen Immobilie eigentlich nicht günstiger sein könnten: Die gesamtwirtschaftliche Lage ist ausgesprochen gut, die geringe Arbeitslosigkeit und die positiven wirtschaftlichen Ausblicke in die Zukunft ermöglichen es insbesondere jungen Menschen, den Schritt in die Eigentumsbildung zu wagen, und auch das niedrige Zinsumfeld und die äußerst überschaubaren Anlagealternativen zur Altersabsicherung sprechen eindeutig für die Investition in die eigenen vier Wände. Trotzdem stagniert bei uns die Wohnungseigentumsbildung, und dafür gibt es Gründe.

Die wirtschaftlich günstigen Rahmenbedingungen führen, besonders auf den Hamburger Eigentumswohnungsmarkt bezogen, natürlich auch zu hohen und vor allem weiter steigenden Quadratmeterpreisen. Hauptprofiteur ist der Staat, der mit der Grunderwerbsteuer in Hamburg bei jedem Immobilienkauf mit 4,5 Prozent zuschlägt. Das ist im Bundesvergleich zwar noch relativ moderat, ändert aber nichts daran, dass für ein Haus oder eine Wohnung zum Preis von 500 000 Euro, und das ist heute für eine Immobilie in Hamburg ein durchaus gängiger Preis, 22 500 Euro fällig werden, die – im Übrigen nicht über die Bank finanzierbar – vom notwendigen Eigenkapital direkt in die Staatskasse abfließen. Dazu kommen dann in der Regel Vermittlungs- und Notarkosten und, gerade im Wohnungsbestand, vielfach auch noch Renovierungsoder Modernisierungskosten, sodass die ohnehin schon teure Immobilie dann für eine normalverdienende Familie gar nicht mehr bezahlbar ist. Das muss sich ändern.

(Beifall bei der FDP)

Wir reden hier nicht von irgendwelchen reichen Immobilieninvestoren, sondern von Menschen, die zum ersten Mal eine eigene Immobilie zur eigenen Nutzung erwerben und sich damit auch für ihr Alter ein bezahlbares Zuhause absichern möchten. Der Erwerb von selbstgenutztem Wohnungseigentum darf kein Privileg wohlhabender Menschen sein. Deshalb fordern wir, meine Damen und Herren von Rot-Grün, den Senat auf, sich im Rahmen einer Bundesratsinitiative dafür einzusetzen, dass die Länder nach eigenem Ermessen einen Grunderwerbsteuerfreibetrag für bestimmte Zielgruppen erlassen können, um die Eigentumsquote endlich zu erhöhen. Wir sind uns darüber im Klaren, dass sich ein solcher Freibetrag auf die Einnahmensituation der Länder auswirkt, und erwarten vom Bund eine Kompensation, die sich aber an den ursprünglich 3,5 Prozent Grunderwerbsteuersatz orientieren muss, damit der Freibetrag nicht zu einem Steuerwettbewerb der Länder führt.

Es wird Zeit, dass gerade Sozialdemokraten,

(Dirk Kienscherf SPD: Ach!)

die GRÜNEN haben ja schon alle Wohneigentum

(Zurufe)

ja, das ist so –,

(Vereinzelter Beifall bei der FDP – Farid Müller GRÜNE: Das ist ein Vorurteil!)

das ist kein Vorurteil – endlich erkennen, dass ausschließliche Förderung von Mietwohnungen die Menschen gerade im Alter in der Abhängigkeit unserer maroden Sozialsystemen hält, anstatt ihnen den Weg zur Unabhängigkeit in der eigenen Wohnung zu erleichtern.

Ich weiß, das hat etwas mit dem Grundverständnis unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens zu tun, und was uns gleich von Linksaußen zu diesem Thema berichtet wird, kann ich mir schon ungefähr vorstellen. Aber gerade Sie, Kolleginnen und Kollegen von der SPD, sollten doch, wenn Sie sich denn in der Mitte der Gesellschaft verstehen, endlich auch einmal die Mitte der Gesellschaft im Blick haben und auch bei arbeitenden Menschen, die mit ihrem Fleiß und Engagement jeden Tag den Karren unseres Staates ziehen, für Erleichterung und Perspektiven sorgen. Wir Freien Demokraten werben dafür und würden uns freuen, wenn auch Sie sich für diese Menschen interessieren und unserem Antrag zur Förderung der Wohnungseigentumsbildung zustimmen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank. – Das Wort hat Herr Quast von der SPDFraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Meyer, das ist dann ja so schön. Sie haben doch bewusst darauf verzichtet, sich über die Konsequenzen Ihres Antrages auszulassen.

(Carl-Edgar Jarchow FDP: Das machen Sie ja jetzt!)

Ich kann nur sagen, dieser Antrag ist ein weiteres Beispiel dafür, dass wir die öffentlichen Haushalte in Deutschland vor der FDP schützen müssen.

(Beifall bei der SPD und bei Farid Müller GRÜNE und Heike Sudmann DIE LINKE)

Denn das, was Sie vorschlagen, ist nach den Berechnungen des Instituts der deutschen Wirtschaft – Sie haben die Quellen in Ihrem Antrag zumindest angegeben – mindestens 5 Milliarden Euro teurer.

(Katja Suding FDP: Das sagt jemand, der so eine Rentenreform mitverantwortet hat!)

Und das sind Mittel, die dem Steuerzahler in Deutschland dann entgehen, die dem Staat entge

(Jens Meyer)

hen – und zwar Mittel, die wir dringend brauchen. Wenn man überlegt, zu welchem Zeitpunkt Sie diesen Antrag stellen, nämlich zu einem Zeitpunkt, wo der Länderfinanzausgleich im Prinzip durchverhandelt ist, dann glauben Sie doch nicht ernsthaft, dass die Länder jetzt noch einmal dem Bund 5 Milliarden Euro an zusätzlichen Kosten aufdrücken können. Die Zeit und der Inhalt sind also vollkommen fehl am Platze.

(Beifall bei der SPD und bei Farid Müller GRÜNE)

Und wenn man ferner bedenkt, dass Sie uns bei den letzten Haushaltsberatungen noch einen Stresstest vorgehalten haben, den die FDP-Fraktion angeblich für den Hamburger Haushalt gemacht hat, dann bin ich doch umso mehr erstaunt, dass Sie uns trotzdem zumuten wollen – denn das bleibt am Ende für den Hamburger Haushalt immer noch übrig bei Ihrem Modell –, dass wir noch 50 Millionen Euro aus dem Hamburger Haushalt aufbringen müssten oder verlieren würden, um Ihr Modell umzusetzen. Ich finde, Sie sollten das beim nächsten Mal alles durchrechnen und konsequent bleiben in Ihrer Politik und nicht immer neue Baustellen aufmachen.

(Beifall bei der SPD und bei Farid Müller GRÜNE)