Und um es noch einmal sehr deutlich zu sagen: Ich habe keinen Zweifel, dass dieser Senat vor dem 30. Juni einen neuen Luftreinhalteplan beschließen wird. Ich gehe davon aus, dass wir einen neuen Luftreinhalteplan beschließen werden viele Wochen vor dem 30. Juni, nämlich noch im Mai. Danach haben wir vor, diesen Plan vier Wochen auszulegen, den Betroffenen zwei Wochen Stellungnahmefrist zu geben, und all das vor dem 30. Juni. Ich verstehe Ihre Ungeduld, aber wir sind dort weder säumig noch vor dem Plan, wir haben dort einen sehr ehrgeizigen Zeitplan, für den wir alles tun, um ihn einzuhalten. Im Mai werden Sie konkrete Dinge haben, über die Sie reden können. Und ich glaube, das wird dann die Aufregung, die hier gern ein wenig künstlich beschworen wird, etwas dämpfen.
Und in der Tat ist es doch ein viel größeres Problem, das nicht mit einem Aktionismus wie beispielsweise auf einer Straße hier Tempo 30 oder ein Fahrverbot dort gelöst werden kann. Es geht darum, dass dieser Senat und meine Behörde verpflichtet sind, für jede Straße dieser Stadt, an der Menschen wohnen, sicherzustellen, dass die Grenzwerte eingehalten werden. Das ist gar nicht so einfach, wenn Sie sich einmal ansehen, was verkehrsbeschränkende Maßnahmen zum Beispiel bedeuten. Sie bedeuten in der Regel, dass Autofahrer ausweichen. Und es ist doch überhaupt keine Lösung des Problems, etwa an der Habichtstra
ße, wenn wir dort eine Maßnahme verhängen, die dazu führt, dass die Autofahrer auf die Nebenstraßen oder Tempo-30-Straßen der Wohngebiete ausweichen und wir dann dort die Grenzwerte überschreiten.
Deshalb ist unsere Aufgabe nicht nur, jede einzelne Maßnahme zu berechnen auf den Hauptverkehrsstraßen, wo wir die Grenzwerte überschreiten, sondern alle potenziellen Ausweichverkehre auf allen anderen Straßen ebenfalls zu berechnen. Das sind 3 000 Straßenabschnitte. Ein Hochleistungsrechner braucht für einen einzigen Straßenabschnitt mehrere Tage, um diese Berechnungen durchzuführen. Und wir haben bis zum heutigen Tag 3 000 Straßenabschnitte mit 400 Kilometern Länge berechnet und sind nicht am Ende. Ich kann Ihre Ungeduld verstehen, das geht mir ähnlich, aber schneller geht es nicht. Ich kann Ihnen versichern, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter meiner Behörde tun alles, was in ihrer Macht steht, um diesen Prozess so schnell wie möglich durchzuführen.
Erster Vizepräsident Dietrich Wersich (unterbre- chend): Herr Kerstan, ich warte immer auf einen Punkt, weil ich Sie nicht gern unterbrechen möchte, aber gestatten Sie eine Zwischenfrage oder Zwischenbemerkung der Abgeordneten Sudmann?
Herr Senator, Sie sprachen gerade von möglichen Verdrängungseffekten, wenn auf einzelnen Hauptverkehrsstraßen Tempo 30 eingeführt wird. Ich weiß nicht, ob Ihnen die Untersuchungen aus Berlin bekannt sind, da sind auf Hauptverkehrsstraßen Tempo-30-Beschränkungen eingeführt worden, es hat nicht zu Verdrängungen geführt. Vielleicht gibt es die Möglichkeit zu einem engeren Austausch mit Berlin, dann könnten wir das auch in Hamburg umsetzen, und zwar möglichst flächendeckend.
Ich glaube, da haben Sie mich falsch verstanden, Frau Abgeordnete. Ich habe nicht gesagt, dass es automatisch zu Verdrängungseffekten kommt. Wir müssen
bei jeder Maßnahme sicherstellen, dass es nicht durch Verdrängungseffekte oder andere Reaktionen auf diese Maßnahme an anderer Stelle dazu führt, dass die Grenzwerte überschritten werden. Und das dürfen wir nicht einfach nur behaupten oder glauben oder so meinen oder sagen, alles andere ist nicht politisch opportun, sondern das Gericht hat uns auferlegt, dieses mit Daten und Fakten zu belegen und die Abwägungen dann auch mit Fakten zu begründen. Genau das tun wir. Und so sehr ich Ihren Wunsch verstehe, sich einfach an Berlin zu orientieren, und dann brauchen wir nichts mehr zu machen, so einfach ist es nicht. Alles andere wäre auch nicht gerichtsfest, und ich möchte allen Beteiligten ersparen, dass wir weitere Runden vor dem Gericht drehen müssen. Wir müssen stattdessen endlich einen Plan bekommen, der dafür sorgt, dass die Menschen wirksam vor Luftschadstoffen bewahrt werden.
Insofern brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen. Es ist auch anders, als manche Kollegen von der CDU, FDP oder andere hier durchblicken lassen. Es gibt bei der Berechnung der Maßnahmen keine Denkverbote. Würden wir als Senat per se bestimmte Maßnahmen nicht als unverhältnismäßig betrachten, würde es automatisch dazu führen, dass der neue Luftreinhalteplan unwirksam und rechtswidrig ist und vor Gericht keinen Bestand haben würde. Insofern berechnen und betrachten wir ohne jedes Denkverbot alle denkbaren und alle rechtlich möglichen Maßnahmen. Und wenn wir alle Daten und Fakten vorliegen haben, alle Berechnungen vorgenommen haben, können wir auf dieser Grundlage eine Abwägung vornehmen, welche Maßnahmen dann nicht nur wirksam, sondern auch noch verhältnismäßig sind. Denn Maßnahmen, die an vielen Stellen in dieser Stadt Staus und Stop and go auslösen, werden dafür sorgen, dass an anderer Stelle die Grenzwerte wieder überschritten werden. Das ist nicht im Sinne der Erfinder. Insofern möchte ich diese Aktuelle Stunde nutzen, um zu betonen, dass nicht nur meine Behörde mit Hochdruck daran arbeitet, sondern auch die Kollegen in der BWVI, in der BIS und in der BGV, die wirklich im Moment versuchen, so schnell wie möglich diese irrwitzigen, umfangreichen Berechnungen durchzuführen. Da möchte ich allen Beteiligten noch einmal herzlich für ihren Einsatz danken. Und Sie können sich sicher sein, dieser Senat nimmt seine Aufgabe sehr ernst und wird die vorgestellten Zeitrahmen einhalten, um einen neuen Luftreinhalteplan vorzulegen. – Vielen Dank.
Wie gesagt erhält jetzt jede Fraktion noch einmal die Möglichkeit, für drei Minuten zu dem Thema zu spre
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wenn hier in voller Zuversicht die Einhaltung des 30. Juni beschworen wird, dann kann ich nur sagen, die Grenzwerte gelten seit 2010. Diese Regierungskoalition ist seit 2015 im Amt, es gibt eine Überarbeitung des Luftreinhalteplans. Die Frist ist schon längst verstrichen.
Was Sie hier anführen, ist die allerletzte, schon unter Strafe stehende oder unter einem Zwangsgeld stehende Maßnahme des Gerichts, ein letzter Termin. Und ich wünsche mir an mancher Stelle, das Finanzamt wäre mit seinen Kunden so nachsichtig wie das Gericht mit diesem Senat.
Ich habe mitgenommen, es gehe schrittweise und sei sehr langwierig und es herrsche hier eine künstlich beschworene Aufgeregtheit. Wer die Rede des damaligen Fraktionsvorsitzenden der GRÜNEN, Jens Kerstan, in der Bürgerschaft 2014 gelesen hat oder anhören konnte, der mag selbst darüber urteilen, wann es eine künstlich beschworene Aufgeregtheit gegeben haben soll. Dabei hatte der Kollege Kerstan damals recht mit jedem seiner Sätze an dieser Stelle. Es ist ein Elend, dass diese Regierungskoalition augenscheinlich nicht in der Lage ist, daraus zu lernen.
Solange diese Regierungskoalition nicht mit konkreten messbaren Ergebnissen für diese Stadt und für die Bürgerinnen und Bürger rüberkommt, wird es in dieser Stadt weiterhin eine Spaltung zwischen gesunden und krank machenden Stadtteilen geben, zwischen Stadtteilen, in denen die Lebenserwartung kürzer, und Stadtteilen, in denen die Lebenserwartung länger ist. Und das ist ein Skandal in dieser Stadt.
Ich habe mitgenommen an konkreten Sachen, die bisher getan worden sind: Es wurde eine Projektgruppe eingesetzt, deren zweijähriges Einsetzungsjubiläum jetzt demnächst gefeiert werden kann. Die Staatsräte, wie die Sprecherin der Umweltbehörde, Frau Sparr, eben kundgetan hat, haben sich sechsmal getroffen, und der 30. Juni wird eingehalten. Letzteres ist das erste wirklich Konkrete, weil ich Aussagen kenne, die im Vorfeld getätigt worden sind, dass man doch erst einmal warten müsse, wann die Gutachten fertig seien, bevor man sich wirklich auf den 30. Juni committen könne. Es ist zu wenig und es erinnert mich in dieser Stadt in dieser Regierungskoalition immer wieder
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Jersch, ich habe den Eindruck, dass Sie noch einmal kräftig auf die Tonne hauen, weil es Ihnen nach dem 30. Juni nicht mehr möglich ist, da müssen Sie sich dann doch in der Sache auseinandersetzen. Sie produzieren einen Skandal, der im Prinzip keiner ist, bloß wegen Ihres parteipolitischen Vorteils, und das ist irgendwie auch skandalös.
Es wurde vorhin gesagt, hier werde auf Zeit gespielt, um sich dann letztlich verklagen zu lassen. Ich glaube, Herr Duwe sagte das. Ich denke, es sind sich alle hier im Haus darüber klar, wir müssen erfolgreich sein, dass wir einen anständigen Luftreinhalteplan erreichen, denn es geht hier auch um ein Grundbedürfnis, es geht um die Mobilität. Da ist nicht nur die Wirtschaft betroffen, sondern auch jeder von uns selbst hat einen Anspruch, mobil sein zu können, und das nach seiner Wahl. Wenn das nicht politisch gewährleistet ist, ist das, glaube ich, ein schwieriges Problem, und dem wollen wir uns nicht aussetzen. Deswegen werden wir erfolgreich sein.
Und dann kommt noch etwas hinzu, das ist hier noch nicht gesagt worden, gerade mit Blick auf die Debatte, die wir vorher geführt haben. Es ist letztlich auch die Europäische Union, die mit ihren Richtlinien verlangt, dass wir hier in unseren Städten überall in Europa für gesunde Lebensverhältnisse sorgen und damit also auch gesunde Luft herstellen. Wir müssen das tun, blaue Briefe sind unterwegs. Die Union hat sich vor Kurzem diesbezüglich noch einmal an die Bundesregierung gewandt. Die Bundesregierung kann im Moment vielleicht wenig helfen. Wir haben erst einmal unsere Arbeit vor Ort zu machen und jede Maßnahme, die ergriffen wird, muss genau überprüft werden, ob sie die Probleme jeweils vor Ort löst, und man muss dann die Maßnahmen abwägen, die Interessen abwägen, die dadurch berührt sind. Das muss man sorgfältig machen und nicht mit Schaum vor dem Mund. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich glaube, die Debatte sollte zu großen Teilen nach dem 30. Juni 2017 fortgeführt werden. Wir haben, glaube ich, sehr deutlich gemacht, dass wir in der Lage sind, bis dahin den Plan vorzulegen. Wir werden bis dahin auch Maßnahmen abgewogen und berechnet haben. Der Senator hat sehr deutlich gemacht, dass es sehr kompliziert und aufwendig ist, dieses Modell zu berechnen, dass hinzukommt, dass man sich sehr genau überlegen muss, wer eigentlich welchen Ausstoß verursacht, weil das gerade bei den Autos doch lange Zeit nicht so klar ist, mit welcher Berechnungsgrundlage man das tut.
Das alles vorweggeschickt, Herr Jersch, möchte ich Ihnen nur noch einmal kurz antworten, denn Sie waren die letzten sechs Jahre nicht dabei. Aber ich habe mir die Anträge der Links-Fraktion in den letzten sechs Jahren angeschaut, und ich komme nicht umhin zu bemerken, dass kein einziger Antrag der Links-Fraktion in den letzten sechs Jahren vorgestellt worden ist, der irgendeine Art von Maßnahme beinhaltet, wie man das Problem der Luftreinhaltung lösen soll. Und wenn das so ist, dann möchte ich Ihnen einfach nur sagen, sollten Sie ein bisschen weniger reden und ein bisschen mehr eigene Vorschläge machen oder auf unseren Plan warten. Wenn wir diesen vorlegen, können Sie ihn kritisieren und diskutieren.
Herr Jersch hat zur Luftreinhaltung als Einziges vorgelegt, dass wir Messfahrzeuge anschaffen und bei Wedel messen sollten. Das sind keine Maßnahmen, mit denen Sie in irgendeiner Form die Luftreinhalteproblematik in dieser Stadt reduzieren. Und auch Sie haben in den letzten vier Jahren der vergangenen Legislaturperiode keinen einzigen Antrag vorgelegt, in dem in irgendeiner Form eine Maßnahme gefordert wird, durchgesetzt wird, um genau das zu machen.
Und das ist einfach ein bisschen wenig, wenn Sie die Debatte anmelden und in dieser Form argumentieren.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ich hatte vorher keine Zeit mehr, entsprechend meine Rede zu halten. Ich wollte nur sagen, jetzt wo der Herr Senator angekündigt hat, eine Drucksache dazu zu machen, spare ich die Zeit ein und freue mich auf die Drucksache.