Protocol of the Session on March 29, 2017

(Uwe Lohmann)

verqueren und von guten Geistern verlassenen Ansätze umzusetzen.

(Beifall bei der CDU, der SPD, den GRÜ- NEN, der FDP und bei Nebahat Güçlü frakti- onslos)

Denn womit spielen Sie denn? Sie drängen sich als vermeintlicher Anwalt diesen Menschen auf – diese Menschen wollen Sie hoffentlich auch gar nicht als Anwalt haben, ich meine, als politischen Anwalt – und versuchen, sie zu retten. Nehmen wir doch einmal das Thema Brexit. Keiner weiß – nicht einmal die Regierung dort oder vermeintliche Volkswirte in den Banken, ich glaube, die wissen schon genau, was auf sie zukommt –, wie dieser Versuch ausgeht. Und wenn dieser Versuch scheitert, dann sind doch eher die Leute, die Sie auch mit Europa identifizieren mögen, so gemeine Funktionäre oder Banker, innerhalb von wenigen Minuten von einem Arbeitsplatz auf dem anderen. Aber fragen Sie einmal den, der in der Automobilindustrie oder im Kleinhandel oder aber mit einem inhabergeführten Geschäft tätig ist, fragen Sie die Leute doch einmal, wie mobil sie sind, wenn sie Haus und Hof verlassen müssen. Sie spielen mit den Ängsten derer, von denen Sie meinen, dass Sie deren Interessen vertreten. Und das lassen wir Ihnen nicht durchgehen. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU, der SPD, den GRÜ- NEN und der FDP)

Herr Dr. Baumann von der AfD-Fraktion hat das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Westenberger, es ist doch immer wieder erstaunlich, mit welchen Schimären Sie versuchen, die AfD gedanklich aufzuladen und mit Behauptungen und Fantasiegebilden zu belegen, was wir angeblich sagen würden, was wir wollen würden. Das ist so fern der Realität, dass mir dann doch wieder der Gedanke, dass wir manchmal von den Altparteien sprechen, die unisono dieses Gedankengut verbreiten, gerechtfertigt erscheint. Wir sind natürlich nicht gegen das Zusammenwachsen der Welt. Wie kommen Sie überhaupt auf so einen Gedanken?

(Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Das fragen wir uns auch!)

Wie ist denn so eine Unsinnigkeit überhaupt zu begreifen? Sie wissen doch, dass wir aus Volkswirten heraus entstanden sind. Da ist Globalisierung natürlich eine Selbstverständlichkeit. Allein so eine Formulierung, so eine Behauptung …

(Zurufe von der SPD und den GRÜNEN – Erster Vizepräsident Dietrich Wersich über- nimmt den Vorsitz.)

Kann ich weiterreden, verehrtes Plenum? Gern.

Allein so eine Formulierung zu benutzen …

(Glocke)

Erster Vizepräsident Dietrich Wersich (unterbre- chend): Das Wort wird jeweils vom Präsidium erteilt.

Wir wollten Europa niedrig halten, Herr Westenberger? Was ist das denn für ein Gedanke? Natürlich sind wir für Europa, für den Friedensgedanken, für die wirtschaftliche Zusammenarbeit, für die Personenfreizügigkeit zwischen den Staaten, die sich da zusammengeschlossen haben. Das ist doch keine Frage. An keiner Stelle verurteilen wir das, kritisieren wir das. Es gibt keine Alternative zu Europa für die europäischen Völker. Da muss man nur nach China oder Indien schauen, das ist doch selbstverständlich. Außerdem gibt es die inneren Gründe des Zusammenwachsens wirtschaftlicher Art. Das steht doch überhaupt nicht zur Debatte. Warum behaupten Sie so etwas?

(Christiane Schneider DIE LINKE: Weil wir zugehört haben, was Sie gesagt haben!)

Worum es geht, ist etwas ganz anderes, es geht um die organisatorische Form, die Europa im Moment gefunden hat und die man sehr wohl kritisieren kann unter verschiedenen Gesichtspunkten.

(Beifall bei der AfD)

Und zwar eine Form, die Europa im Moment gefunden hat, unter der Europa leidet, insofern, als dass im Moment die EU, wie sie handelt und die europäische Politik betrieben wird, die europäischen Staaten und Nationen natürlich in einer Art und Weise polarisiert und gegeneinander aufbringt wie nichts anderes seit dem Zweiten Weltkrieg. Das ist doch keine Frage. Schauen Sie sich doch die Ergebnisse der Europolitik an, was da passiert, Nord gegen Süd, wie da gegeneinander in Stellung gegangen wird. Das hat es doch in der gesamten europäischen Entwicklung seit 1945 nicht gegeben.

(André Trepoll CDU: Das ist doch Unfug!)

Das ist ein Ergebnis der jetzigen Europapolitik, wie sie betrieben wird.

(Beifall bei der AfD)

Die Schuldenübernahme: Was hat denn die Staaten Europas so gegeneinander aufgebracht und die Zusammenarbeit beschwert und verhindert wie die Schuldenübernahme, die doch ausgeschlossen sein sollte. Das ist die europäische Politik, die wir kritisieren, wie den Euro.

(Beifall bei der AfD)

Und die Flüchtlingspolitik, wie sie betrieben wird, war doch in jeder Form nicht angemessen, schwie

(Michael Westenberger)

rig, einfach den Problemen nicht angemessen. Europa hat bis heute nicht die Form gefunden und die Staaten sind gegeneinander aufgebracht, Griechenland, Deutschland, mit der Frage, wohin die Flüchtlinge sollen. Was ist das für eine verheerende Politik, für eine verheerende Form von Nichtkooperation? Und da wollen Sie mit einem "Weiter so" einfach hier reden? Das kann ja wohl nicht wahr sein. Genau das will Pulse of Europe, eine Art "Weiter so". Weiter so kann es nicht geben. Natürlich ist Europa …

(Glocke)

Erster Vizepräsident Dietrich Wersich (unterbre- chend): Ihre Redezeit ist abgelaufen, Herr Baumann.

– Danke.

(Beifall bei der AfD)

Ich sehe dann zum ersten Thema keine Wortmeldungen mehr, dann rufe ich das zweite Thema auf.

(Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Hier ist eine Wortmeldung!)

Ich habe jetzt gerade das zweite Thema aufgerufen.

(Zurufe)

Die Fraktion DIE LINKE hat angemeldet

Luftreinhaltung in Hamburg – ein zahnloser Tiger

Herr Jersch von der Fraktion DIE LINKE erbittet das Wort und er bekommt es.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Koalitionsvertrag der Regierungskoalition in Hamburg ist überschrieben mit:

"Zusammen schaffen wir das moderne Hamburg".

Modernes Hamburg, das heißt auch ein nachhaltiges Hamburg. Und dazu gehören natürlich auch die Luftschadstoffwerte in dieser Stadt und der Röchelcharakter, den diese Stadt in weiten Teilen momentan hat.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich möchte aus dem Koalitionsvertrag dieser Regierungskoalition zitieren, in dem steht:

"Die Luftreinhaltung ist nicht nur in Hamburg, sondern auch in anderen Großstädten und Metropolen eine Herausforderung, weil auf europäischer Ebene die Emissions- und Immissionsgrenzwerte nicht miteinander

kompatibel sind. Deshalb strebt der Senat eine Konferenz der betroffenen Städte mit der Bundesregierung unter Beteiligung der deutschen Automobilindustrie in Hamburg an."

Liebe Kolleginnen und Kollegen, hier wird der Bock zum Gärtner gemacht, und genauso sieht im Moment das Ergebnis hanseatischer Luftreinhaltungspolitik auch aus. Sie reißt alle Grenzwerte nach wie vor.

Worüber reden wir? Über Grenzwerte, die seit 2010 gelten und die dieser Senat seit 2010 spätestens kennt. Nicht dieser, seine Vorgänger. Von den Maßnahmen, die bisher ergriffen worden sind – Ausbau des ÖPNV wird angekündigt, emissions freie und -arme Antriebe, Verminderung der Schiffsemissionen, Umsetzung der Energiewende –, ist bisher keine Wirkung in dieser Stadt zu sehen für die Bevölkerung Hamburgs.

Und wenn Senator Kerstan, damals Fraktionsvorsitzender, noch angemerkt hat, dass es eine traurige Tatsache in dieser Stadt sei, dass Bürgerinnen und Bürger vor Gericht gehen müssen, damit dieser Senat seine Arbeit macht, dann kann ich nur sagen, es ist eine traurige Tatsache, dass dieser Senat dann diesen Urteilen auch noch widerspricht. Das kann nicht angehen.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich bin auf die Relativierungen gespannt, die die Regierungskoalition heute wieder angesichts ihres schlechten Ergebnisses bei der Luftreinhaltung, ihrer katastrophalen Auswirkungen zum Besten geben wird. 200 000 Menschen leben in dieser Stadt in Bereichen, wo es Grenzwertüberschreitungen bei den Stickoxiden gibt. Daran ändert dieser Senat im Moment mit seinem Nichthandeln nicht wirklich etwas. Es fehlen wirkungsvolle Maßnahmen, und die einzige, die anscheinend tatsächlich wirkungsvoll ist, ist der Abbau von Messstationen. Wir hatten einmal 18, jetzt haben wir 15. Ich habe in der Zeitung interessiert gelesen, dass ein grüner Bezirksabgeordneter in Bergedorf sich mittlerweile seine eigene private Messstation in den Garten gestellt hat. So weit sind wir hier schon. Der Senat hat keinerlei Fürsorge für Hamburgerinnen und Hamburger. Sie machen hier die drei Affen, was Sie nicht messen können, das nehmen Sie dann auch nicht wahr. Die Situation ist wesentlich schlimmer, als sie von Ihnen überhaupt dargestellt wird.

(Beifall bei der LINKEN)