Ein großer Teil des wirtschaftlichen Wohlstands, den wir seither verzeichnen können, ein großer Teil des wirtschaftlichen Wohlstands, den die Stadt Hamburg seither genießt, ist auch Ergebnis dieses Prozesses. Wir sind seit 1990 um fast 200 000 Einwohner gewachsen. Wir haben fast 200 000 zusätzliche sozialversicherungspflichtige Beschäftigte seit dieser Zeit. Und ohne, dass Europa wieder zusammengekommen wäre und die Grenzen überwunden worden wären, wäre dieser wirtschaftliche Aufschwung unserer europäischen Stadt nicht möglich gewesen.
Und gerade weil doch das Projekt auch immer wieder infrage gestellt wird, gerade an diesem Tag, an dem Großbritannien die Europäische Union zu ver
lassen beantragt, ist es sehr wichtig, dass wir uns einmal deutlich machen, dass die Zeiten ohne das gemeinsame Europa furchtbarer waren: das Konzert der Mächte mit Russland, mit Österreich, mit Deutschland, mit Frankreich und England und vielen anderen, die Einfluss genommen haben. Bismarcks Politik der Balance ist nicht gut ausgegangen. Und wir können uns nicht wünschen und wir können nicht wollen, dass wir zurückkehren ins 19., 18. und 17. Jahrhundert, und dass dann Russland und Deutschland und Frankreich und England und vielleicht ein, zwei weitere Staaten die Politik unter sich ausmachen. Das ist schon einmal nicht gutgegangen und das würde auch wieder nicht gutgehen.
Natürlich müssen wir jetzt darüber nachdenken, wie es weitergehen kann. Und da, glaube ich, ist die Entscheidung der Briten, ist das, was wir an neuen Ausrichtungen der amerikanischen Politik verstehen, ist das, was wir an Gefahren aus der Politik des russischen Präsidenten und Russlands verstehen, was wir sehen vonseiten der Türkei, was wir an kriegerischen Auseinandersetzungen im Nahen Osten wahrnehmen, alles ein Zeichen dafür, dass wir miteinander besser zusammenkommen müssen. Und meine Hoffnung ist, dass alle diese Ereignisse zusammen nicht dazu führen, dass es schwieriger wird, sondern dazu, dass wir uns unterhaken und das gemeinsame Projekt weiterentwickeln.
Eines ist aus meiner Sicht aber klar. Das, worum es in Zukunft geht, wird ohne Demokratie und noch weiter entwickelte Demokratie nicht möglich sein. Wenn Großbritannien tatsächlich die EU verlässt, wird Deutschland in der Mitte Europas mit seinen über 80 Millionen Einwohnern, mit seinem riesigen Sozialprodukt und seinen großen, auch militärischen Möglichkeiten nur in einer Strategie, die auf das gesamte Europa setzt, erfolgreich sein können. Wir werden europäisch denken müssen im Deutschen Bundestag, in all den Landesparlamenten, in den Regierungen und auch in Bezug auf unsere Bürgerinnen und Bürger. Wir haben eine Verantwortung für Europa, denn alles, was Deutschland tut und nicht tut, hat Folgen für alle anderen. Aus dieser Verantwortung sollten wir uns nicht herausstehlen.
Deshalb wird es aus meiner Sicht auch darauf ankommen, dass wir in Zukunft intensiver über andere Fragen diskutieren als in der Vergangenheit. Zum Beispiel nicht die nächste Kurve noch nehmen, was die weitere Verwirklichung des Binnen
marktes betrifft und der Fragen, die damit zusammenhängen. Das bleibt wichtig, ist aber nicht mehr das Hauptthema. Wichtig ist, wie schützen wir unsere gemeinsamen Außengrenzen? Wichtig ist, gelingt uns eine bessere militärische Integration und eine bessere Kooperation? Wichtig ist, können wir eine gemeinsame Außenpolitik entwickeln? Wichtig ist, können wir sicherstellen, dass das mit der Bankenunion funktioniert, dass unsere gemeinsame Währung, der Euro, funktioniert, und können wir vielleicht auch dafür sorgen, dass es keinen Dumpingwettbewerb der Unternehmensbesteuerung in Europa gibt? Alles Fragen, an die wir uns jetzt machen müssen, die aber nur demokratisch gelöst werden können und nicht nachts um 3 Uhr in Brüssel.
Wenn das der Puls ist, den wir jetzt spüren wollen und den uns diejenigen gewissermaßen vermitteln, die jetzt überall in Deutschland und Europa zusammenkommen, dann ist das ein großer Fortschritt. Ich wünsche mir, dass das europäische Herz in unserer Stadt weiter schlägt. Wir sind eine europäische Stadt. – Schönen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Erste Bürgermeister und auch mein Fraktionsvorsitzender sowie einige von Ihnen haben doch schon vieles vorweggenommen. Aber eines haben Sie alle nicht so deutlich erwähnt, nämlich, dass es uns sehr nachdenklich machen sollte, dass das Thema der heutigen Aktuellen Stunde, Europa statt Nationalismus, überhaupt Thema ist. Dies in der heutigen Zeit aber immer wieder deutlich zur Sprache zu bringen erscheint mir wichtiger denn je, weil manche Stimmen die EU als Ganzes immer noch infrage stellen. Jedem klar denkenden Demokraten und jedem Menschen, der sich mindestens einmal mit der Geschichte Europas, im Speziellen mit dem Dritten Reich, auseinandergesetzt hat, sollte bewusst sein, dass wir als Europäer zu einem einheitlichen Europa und damit zur Europäischen Union stehen müssen.
Denn es gibt zum einheitlichen Europa keine Alternative. Und würden wir nicht jeden Tag daran arbeiten, dieses Europa zu erhalten, zu erweitern und zu verbessern, würde sich eines Tages der Nationalismus wieder ausbreiten wie ein Krebsgeschwür. Und dieses Daran-Arbeiten bedeutet nicht nur für uns Politiker, sondern bedeutet für jeden Menschen, der verstanden hat, dass Europa nur
als Einheit funktioniert, jeden Tag allen Mitbürgern immer wieder aufzuzeigen, was es bedeuten würde, sich zu separieren. Denn Separatismus bedeutet nichts anderes als Nationalismus, und der Nationalist, darüber müssen wir uns im Klaren sein, ist durch ein Gefühl der Überlegenheit geleitet. Und bei einem Gefühl der Überlegenheit ist die Versuchung groß, den unterlegenen Nachbarn zu kontrollieren. Was das bedeutet, muss ich Ihnen wohl nicht erklären.
Die Europäische Union garantiert im Gegensatz zum Nationalismus die Achtung der Menschenwürde, garantiert die Rechtsstaatlichkeit eines jeden Landes, garantiert das freiheitliche Denken und Handeln, toleriert und respektiert selbstverständliche Grundlagen des Gemeinwesens. Sie ist ein Garant der Freiheit, ein Garant für Grundrechte und damit ein Garant des Friedens.
Dieses Jahr ist ein für die Zukunft Europas entscheidendes Jahr. Europa wählt oder hat schon gewählt. In den Niederlanden haben die Bürgerinnen und Bürger den EU-Gegnern aufgezeigt, dass Rechtspopulismus keine Chance hat. In Frankreich wird es sich im April 2017 zeigen, ob sie den Niederländern folgen werden. Der Trendpfeil zeigt dort eindeutig Richtung pro Europa. Le Pen hat keine Chance, und das ist gut so.
Die Italiener stehen vor Neuwahlen, womöglich auch Spanien. Überall buhlen die Rechten um Aufmerksamkeit, die sich um Konventionen und Gepflogenheiten wenig scheren, die das Nationale wieder en vogue machen wollen. Das aber wird ihnen nicht gelingen, auch nicht in Deutschland und erst recht nicht hier in Hamburg. Denn wir werden uns für ein einheitliches Europa einsetzen. Wir werden die Initiative Pulse of Europe unterstützen, wir werden den Zurückgebliebenen die Augen öffnen.
Ich bin auf jeden Fall dabei, denn ich möchte nicht, um Mahatma Gandhi zu zitieren, dass die Geschichte uns Menschen lehrt, dass die Geschichte die Menschen nichts lehrt. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Wenn ich hier eben zwei meiner Vorredner gehört habe, dann ist es gut, dass sich Pulse of Europe gegründet hat. Und einer der Beweggründe für die Gründung von Pulse of Europe ist, dass in der Öffentlichkeit vor
"Deshalb lasst uns lauter und sichtbarer werden. Wir alle müssen jetzt positive Energie aussenden, die den aktuellen Tendenzen entgegenwirkt. Der europäische Pulsschlag soll allenthalben wieder spürbar werden."
Ich bin in dieser Stadt geboren und habe hier auch immer gelebt. Hamburg war und ist, und das nicht nur in meiner Wahrnehmung, weltoffen und europäisch. Und viele Gäste, die zu uns kommen, mit denen ich auch persönlich zu tun habe, bescheinigen uns immer wieder unsere Weltoffenheit und sind überrascht von ihr. Hamburg gehört zu den europäischen Großstädten, vielleicht ist es sogar die europäische Großstadt. Deshalb ist es richtig, dass Hamburg ein Zeichen für Europa jeden Sonntag um 14 Uhr auf dem Rathausmarkt setzen will.
Ich kann mich noch sehr gut an die Zeit des Kalten Krieges erinnern, eine Zeit, in der meine Eltern, meine Großeltern, die den Zweiten Weltkrieg miterlebt haben, wieder Angst vor Krieg hatten, und ich auch. Unsere europäische Gemeinschaft hat uns eine lange Zeit des Friedens untereinander gesichert, und allein deshalb lohnt es sich immer wieder, Zeichen aus Hamburg und Zeichen aus vielen europäischen Städten für den Erhalt der EU und gegen Populismus und Nationalismus zu setzen.
Ja, es ist nicht immer alles glatt gelaufen mit der EU, das haben Vorredner auch schon gesagt. Da ist bestimmt noch viel zu tun. Aber ich sage das einmal so persönlich, ich finde es nach wie vor absolut faszinierend, dass es heute möglich ist, von Nordfinnland über das Baltikum durch Polen, selbstverständlich über Hamburg, bis nach Südportugal mit dem Auto und mit dem Fahrrad zu fahren, ohne an irgendeiner Grenze den Ausweis vorzuzeigen, ohne an einer Grenze das Geld wechseln zu müssen. In den meisten Ländern kann ich mit demselben Geld bezahlen. Das war und ist nicht selbstverständlich. Und dieses hohe Gut muss immer wieder verteidigt werden. Dafür stehen wir Sozialdemokraten, dafür stehen die meisten hier im Parlament, hier im Hause, und dafür stehen die meisten Hamburger.
Wie schnell Landesgrenzen und Grenzen in den Köpfen wieder bei den Menschen entstehen können, haben wir leider in den letzten zwei Jahren erleben können. Und mein lieber Max, ich solidarisiere mich mit dir. Lass uns gemeinsam dagegen kämpfen, gegen die, die gegen Europa sind. Das mache ich gern mit dir zusammen. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben vor den präsidialen Worten nicht nur meines Vorredners, sondern auch des Ersten Bürgermeisters einen Beitrag gehört, den möchte ich hier nicht unerwähnt lassen. Wir dürfen hier von der AfD, ich will nicht sagen, ein perfides, aber zutiefst ungeschicktes Spiel mit den Begriffen von Europa-Nationalismus hören. Da noch Charles de Gaulle mit hineinzunehmen ist sowieso schon eine Besonderheit. Ich erlaube mir, sagen zu dürfen, dass Charles de Gaulle nicht nur ein besserer Nationalist, sondern mit Sicherheit auch ein besserer Europäer war.
Und ich würde sogar sagen, er war bei allen Belangen mit Sicherheit auch ein besserer Kommunalpolitiker.
Womit spielen Sie hier? Sie spielen hier mit der vermeintlichen Furcht von Menschen vor einer zusammenwachsenden Welt, wofür Sie Europa verantwortlich machen. Als ob wir eine Entscheidung darüber treffen können in den deutschen Parlamenten oder auch im Bundesparlament, wo die Menschen künftig einkaufen. Wer glaubt, mit einem Redebeitrag wie dem Ihren den Menschen, die jetzt Sorge haben über das, was in den nächsten Jahren auf dieser Welt passiert, ein wenig die Furcht zu nehmen und sich als Retter aufzuspielen nach dem Motto, ich halte einmal Europa niedrig und dann wird schon alles gut, weil wir wieder zu Hause alles am Küchentisch regeln oder, wie das am besten noch im Mittelalter war, das regelt der Landlord und alles ist wunderbar, der irrt.
Da muss ich wirklich sagen, diese Welt, von der Sie träumen, die gibt es nicht, die hat es glücklicherweise auch nie gegeben. Und da haben Sie die vermeintlichen etablierten Volksparteien wieder herangezogen. Solange diese Menschen, die sonntags auf die Straße gehen, in diesem Staat noch etwas zu sagen haben, werden Sie auch niemals die Möglichkeit bekommen, Ihre vollkommen