Der Ansatz ist okay, aber lassen Sie uns zum Inhaltlichen kommen. Was vor knapp 30 Jahren unvorstellbar war, ist heute gängige Praxis. Der genetische Fingerabdruck revolutionierte die Kriminalistik und bringt Ermittler häufig auf die richtige Spur. Er ist wichtiger Bestandteil erfolgreicher Arbeit von Kriminalisten und letztendlich auch Gerichtsmedizinern. Mithilfe der DNA-Analyse sind heute praktisch alle menschlichen Körperzellen molekulargenetisch auswertbar. Nach heutiger gültiger Rechtslage, es geht um den besagten Paragrafen 81e der Strafprozessordnung, dürfen wir bei aufgefundenem Spurenmaterial lediglich Abstammung, Identität und Geschlecht bestimmen.
Sie haben vollkommen recht, Herr Tabbert, das Geschlecht ist erst 2004 hinzugekommen. Damals gab es eine sehr gute Diskussion darüber, was alles machbar und möglich ist. Nur: Im Jahr 2004 war die Technik noch nicht so weit vorangeschritten, denn hätte sie die anderen Bereiche ebenfalls feststellen wollen, hätte sie in den Bereich der codierten Bereiche hineingehen wollen. Das wollen wir nicht, das wollen Sie nicht; ich glaube, das wollen die meisten nicht.
Hier genau setzt aber der Punkt an, dass wir nach dem revolutionierenden Fortschritt von vor über 30 Jahren mittlerweile eine große Kluft zwischen dem Stand der Technik und der heutigen Gesetzeslage haben. Die vorhandenen Möglichkeiten der Technik werden bei Weitem nicht genutzt, sie können aber erhebliche Vorteile bringen. Dass dies so ist, zeigt allein das von mir gerade geschilderte Beispiel aus dem Jahr 2004. In den 13 Jahren, die mittlerweile ins Land gegangen sind, ist die Technik so weit vorangeschritten, dass die Vorteile aus unserer Sicht in vier Punkten auf der Hand liegen.
Erstens: Durch die Erfassung der äußerlich sichtbaren Merkmale würden gezielte Ermittlungs- und Fahndungsansätze nach unbekannten Tätern die Polizei zielgerichtet voranbringen.
Zweitens würde der Kreis der Verdächtigen eingegrenzt und gleichzeitig falschen Verdächtigungen der Boden entzogen.
Drittens: Die Fahndungs- und Ermittlungsarbeit der Polizei im Einzelfall könnte erleichtert werden, damit wir uns großartige Massengentests möglicher
Und viertens: Das Risiko der Wiederholungsgefahr insbesondere bei Gewaltverbrechen könnte minimiert werden.
Allein diese vier Punkte rechtfertigen aus Sicht der CDU-Fraktion, dass man sich zwingend neu mit der Rechtslage beschäftigen muss, wenn die Technik weiter vorangeschritten ist, wie es 2004 auch im Raume stand. Wir müssen die Prüfung einer umfassenderen Nutzung von DNA-Spuren voranbringen.
Ich zitiere einmal – ich nehme jetzt nicht meinen Kollegen Jan Reinecke vom BDK; es ist auch richtig, was er gesagt hat – den LKA-Chef von BadenWürttemberg:
"Die DNA ist ein stummer Zeuge, ein Zeuge wie jeder andere auch. Wir wollen nicht mehr sehen als das, was ein anderer Zeuge auch sehen und berichten kann."
Last, but not least, lieben Kollegen von der AfD: Ihr Antrag ist gar nicht so verkehrt – das hat der Kollege Tabbert festgestellt, das kann auch ich feststellen –, nur kommen Sie zu einem falschen Petitum. Wenn Sie schon manifestieren wollen, wie der Paragraf 81e in der Strafprozessordnung geändert werden soll, dann müssen Sie doch vorher, genau wie in unserem Petitum, erst einmal abwarten, wie die Bundesjustizministerkonferenz sich damit beschäftigt. Das wäre unser Ansatz, werter Herr Senator Steffen. Nehmen Sie unseren Ansatz. Stimmen Sie unserem Antrag zu und wir sind einen guten Schritt weiter. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Lenders, zu dem, was in der "Hamburger Morgenpost" steht. Dort steht nur: Die Justizbehörde prüft die Ausweitung des Verfahrens auf mehreren Ebenen und plant eine Fachtagung dazu.
Das ist das, was heute in der Zeitung steht. Und eine Prüfung ist, wie das Wort schon heißt, kein ab
schließendes Ergebnis, also keine Wertung. Sie führt doch gerade erst zu einem Ergebnis hin. Deshalb ist so eine Aussage für eine Profilierung, wie Sie sie dem Justizsenator unterstellen, wie Sie ihm doch sowieso immer alles Mögliche unterstellen, völlig ungeeignet.
Jetzt zum Inhalt Ihres Antrags. Ja, der erweiterte Einsatz von DNA-Analysen kann grundsätzlich sinnvoll sein, allerdings muss das Verfahren auch zuverlässig funktionieren. Bisher hat das Institut für Rechtsmedizin am UKE festgestellt, dass es zwar grundsätzlich möglich ist, auch Augen-, Haar- und Hautfarbe mit DNA-Analysen festzustellen. Die Ergebnisse sind auch vielversprechend, aber weit entfernt von der Zuverlässigkeit, die bei der Geschlechtsbestimmung und Personenidentifizierung gegeben ist. Um es in Zahlen auszudrücken: Demnach liegt die Zuverlässigkeit bei der Augenfarbe immerhin zwischen 80 und 95 Prozent, bei der Hautfarbe zwischen 70 und 90 Prozent und bei der Haarfarbe nur zwischen 60 und 80 Prozent. Da gibt es diverse Schwankungen, je nachdem, welche Methode man nimmt. Im Ergebnis ist das nicht schlecht, aber im Moment noch zu wenig, wenn man bedenkt, dass es um Strafverfolgung geht.
Zwar ist es richtig, dass man mit dieser Methode grundsätzlich den Kreis der Verdächtigen eingrenzen kann, das setzt aber eine sehr hohe Zuverlässigkeit voraus, um das wirksam zu tun, denn sonst bewirkt es das Gegenteil. Wenn ein falscher Verdacht begründet wird, dann ist dies ein schwerwiegender Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der davon betroffenen Person, und vor allem ist so ein Fehler auch hinderlich für die Strafverfolgung, weil der wahre Täter oder die Täterin bei einer falschen Verdächtigung davonkommen könnte und die Polizei auf die falsche Fährte gerät.
Das ist auch anders, Herr Lenders, als bei Zeugenaussagen. Die sind auch unsicher, aber es ist offensichtlich, dass es um menschliche Wahrnehmung und damit verbundene Wertung geht. Die DNA-Analyse dagegen ist ein technisches Verfahren, ein wissenschaftliches Verfahren, und hat entsprechend klar definierte Ergebnisse. Man kann also bei einer DNA-Analyse sagen, was richtig oder falsch ist. Das ist eine andere, eine höhere Verbindlichkeit und hat eine stärkere Wirkung als Zeugenaussagen.
Wenn die notwendige Zuverlässigkeit gegeben ist, dann kann der erweiterte Einsatz von DNA-Techniken sinnvoll sein, vor allem, wenn andere Ermittlungsmethoden keinen Erfolg versprechen oder bei besonders schwerwiegenden Straftaten. Aber für
Und das ist doch der entscheidende Punkt, wo der AfD-Antrag widersprüchlich ist oder, wie es formuliert worden ist, wo er das falsche Petitum hat. Einerseits wird nämlich in dem Antrag eingeräumt, dass der Stand der medizinischen Forschung zur DNA-Analyse noch keine verlässlichen Aussagen zulässt, und auf der anderen Seite soll schon gleich die Strafprozessordnung entsprechend geändert werden. Da ist es eben wesentlich zielführender, wie es auch im CDU-Antrag ausgeführt ist und wie es nun auch die Justizbehörde machen möchte, erst einmal zu prüfen, also Prüfungen der umfassenden Nutzung von DNA-Spuren. Das ist eine Sache, die eine nähere Betrachtung lohnt, und deshalb möchten wir diesen CDU-Antrag auch an den Ausschuss überweisen und dort die Debatte fortführen. – Vielen Dank.
Liebe Hamburgerinnen und Hamburger, liebe Kolleginnen und Kollegen, Herr Präsident! Ich denke, dass bei dieser Debatte – Frau Timm hat sie eben versachlicht, auch Urs Tabbert hat es schon gesagt – eine inhaltliche und sachliche Auseinandersetzung notwendig ist. Auch eine Fachtagung zu dem Thema ist sinnvoll.
Ich möchte zu dieser Debatte noch einige Punkte einbringen, die bisher noch nicht gesagt wurden. Ich teile Ihre Bedenken, Frau Timm, bezüglich der Unsicherheit der Verfahren. Das muss ich nicht wiederholen.
Grundsätzlich ist es so, dass die Logik des AfDund zum Teil auch die Logik des CDU-Antrags völlig außer Betracht lässt, dass die beste Überwindung von Straftaten, auch schwerer Straftaten, diejenige ist, eine wirklich gute Prävention zu machen, und nicht die, die Strafverfolgung im Nachhinein, die dann zum Teil noch mit fraglichen Mitteln gemacht wird, immer in den Vordergrund zu stellen. Denn damit bedienen Sie einen Diskurs; da sind Sie wieder genau auf dem populistischen Diskurs nach den Vorfällen in Freiburg, wie wir das von der AfD gewohnt sind. Eine solche Herangehensweise lehnen wir ab.
Nun ist es so, dass an sich der Glaube an die Beweiskraft von DNA-Spuren überschätzt wird, meistens von Laien noch mehr als von Fachpersonal. Es hat sich zum Beispiel im Fall Kiesewetter, der
ermordeten Polizistin, gezeigt, welche Fehlerquellen es gibt. Es ist so, dass DNA-Spuren, wenn sie irgendwo gefunden werden, nicht unbedingt etwas darüber aussagen, wer an diesem Ort war, weil sich nämlich DNA auch übertragen kann. Genau das war bei der Polizistin Kiesewetter der Fall.
Das ist ein Punkt, den man in der Gesamtdebatte auf jeden Fall in Betracht ziehen muss. Es ist außerdem so, dass gerade die Straftaten, die Herr Nockemann benannt hat, ohnehin zu 95 Prozent aufgeklärt werden und viele Experten und Expertinnen aus dem justiziellen und dem rechtlichen Bereich sagen, dass es doch zweifelhaft sei, inwieweit die DNA da weitere Aufschlüsse gäbe. Wenn wir dann noch in Betracht ziehen, dass bei der erweiterten Erhebung von DNA-Spuren beziehungsweise deren Analysen eine noch größere Fehleranfälligkeit besteht, dann haben wir doch schwere Bedenken und meinen, dass es sicherlich notwendig und gut ist, sich damit noch einmal intensiver zu beschäftigen. Das hat zum Beispiel auch der Datenschützer Thilo Weichert gemacht, ehemaliger Datenschutzbeauftragter von Schleswig-Holstein, ehemaliger grüner Landtagsabgeordneter von Baden-Württemberg. Er hat zu Recht gesagt, er halte die Aussagekraft der erweiterten DNAAnalyse auch nach neuesten Erkenntnissen noch immer für viel zu vage und es seien nur Wahrscheinlichkeitsaussagen.
Insbesondere beim Bestimmen der Ethnie und weiterer Merkmale handele es sich mehr um Kaffeesatzleserei als um eine wissenschaftliche Methode. Demzufolge hat die Amadeu Antonio Stiftung zu Recht kritisiert,
dass die erweiterte DNA-Analyse zu Racial Profiling führen kann, und genau in diese Richtung geht auch Ihr Antrag. Deshalb werden wir ihn ablehnen.
Eine weitere Auseinandersetzung zu dem Thema finden wir sehr sinnvoll und sind gespannt auf die Fachtagung. – Vielen Dank.