Protocol of the Session on January 18, 2017

Keine Frage, die individuelle Situation vor Ort ist schwierig. Ich fahre da nicht nur regelmäßig durch, sondern bin auch sehr viel vor Ort unterwegs. Sie haben doch auch einige Punkte genannt, die den Menschen vor Ort zu Recht unter den Nägeln brennen. Die als Händler bezeichneten Betriebe sind offiziell Import- und Exportunternehmen. Ihnen den Einzelhandel rechtssicher nachzuweisen ist häufig schwierig, wie auch die Ahndung nicht angemeldeter, auf öffentlichem Raum abgestellter Pkws. Das kennen wir auch aus anderen Regionen. Dies ist nicht nur ein Problem, das man in Billbrook hat. Hier sind weiterhin die Behörden gefragt, diese Probleme anzupacken. Wir sollten an dieser Stelle aber auch darauf achten, dass die Politik sich nicht vor den falschen Karren spannen lässt. Ich kenne das Gebiet, wie gesagt, seit Jahren sehr gut, und im Moment gibt es wieder einmal eine Gruppe von Eigentümern, die schlechte Pres

(Michael Westenberger)

se machen möchte, weil sie aus spekulativem Interesse heraus eine planungsrechtliche Umwandlung für großflächigen Einzelhandel und Wohnen anstrebt. Das wollen wir aber nicht.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Die wachsende Stadt Hamburg mit ihrer wachsenden Wirtschaft braucht das Gebiet in Billbrook als Gewerbe- und Industriegebiet. Hier sollen Unternehmen, die sich nicht in urbane Zusammenhänge integrieren lassen, ansässig werden. Auch hier ist das Verhalten der CDU doppelzüngig. Im Oktober 2016 behauptete die CDU noch, man würde bald keine Industrieflächen mehr haben, der Senat wandele nämlich ständig Industrieflächen in Gewerbeflächen um. Und dann kommt die CDU Rahlstedt vom Kollegen Warnholz um die Ecke, lehnt das Gewerbegebiet am Viktoriapark ab und meint, man könne hier Gewerbe in Billbrook ansiedeln, wo aus ihrer Sicht jede Menge Industrieflächen brachlägen.

(Glocke)

Herr Schmidt, das rote Licht bedeutet, dass die fünf Minuten vorbei sind.

Ja, letzter Satz.

Wir packen die Dinge an. Billbrook, da bin ich mir sicher, wird ein Magnet für Industrieansiedlung sein. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei Phyliss Demirel GRÜNE)

Das Wort bekommt Herr Dr. Tjarks von der GRÜNEN Fraktion.

Wir sind heute alle bei Neuerungen und insofern, Herr Westenberger, musste ich über die Prosa, das Sie vorgelesen haben, ein bisschen schmunzeln. Ich glaube, es ist klar, dass man das nicht in zwei Jahren in Billbrook so umsetzen kann. Dennoch finde ich, dass diese Debatte sich heute durchaus gut als Speed-Debatte geeignet hätte.

(Beifall bei den GRÜNEN – André Trepoll CDU: Er ist doch eben mit der Zeit nicht aus- gekommen!)

Wir haben bekanntermaßen stromaufwärts an Elbe und Bille, von Rothenburgsort über den Öjendorfer See bis hin zu Billbrook Industriegebiet. Was Sie jetzt unter den Punkten 1a, Infrastruktur, 1d, ÖPNV, 1e, Flächen-Recycling und Punkt 2, Beteiligung, fordern, ist genau das, was gerade vor Ort passiert. Worauf wir warten, ist, dass wir aus diesen bestehenden Prozessen einen Maßnahmenkatalog entwickeln, der diese Punkte aufgreift be

ziehungsweise darüber hinausgreift und wir dann vor Ort in diesem Beteiligungsprozess sagen, wir haben einen Maßnahmenkatalog, dies und das solle geschehen, und dann kommen wir wieder hierher und diskutieren gemeinsam darüber. Ich fände es gut, wenn wir verschiedene Punkte gemeinsam diskutieren würden. Somit wäre Ihr Punkt 3 umgesetzt. Deswegen finde ich es auch in der Sache richtig, wenn wir da vorangehen. Deswegen sind für mein Dafürhalten große Teile dessen, was Sie in Ihrem Antrag fordern, in einem Beteiligungsprozess vor Ort auf dem Weg - ein Prozess, der gut ist. Ich würde mich freuen, wenn wir uns, sobald diese Ergebnisse vorliegen, gemeinsam darüber unterhalten, um Billbrook weiter voranzubringen. – Danke schön.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Das Wort bekommt Herr Jersch von der Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Auch ich komme öfter durch das Industriegebiet Billbrook/Rothenburgsort, und es bietet sich dort in der Tat ein trauriger Anblick. Insofern benennt der CDU-Antrag viel Richtiges. Wenn man die Regierungskoalition bei ihren zukunftsfähigen Investitionen beobachtet, dann stellt sich meistens nicht die Frage, ob dort etwas fehlt, sondern was dort fehlt. Das Handlungskonzept ist im Frühjahr 2015 beauftragt worden und liegt immer noch nicht vor. Die Internetseiten des Projekts geben dazu keine weiteren Informationen. Das ist ein bisschen wenig für ein solch groß aufgesetztes Projekt für ein zentrales Industriegebiet. Beim Start des Handlungskonzepts ist deutlich geworden, dass die Handlungsmöglichkeiten relativ gering sind. Wenig Flächen, wenn nicht fast gar keine in diesem Gebiet gehören der Stadt, Planungsmöglichkeiten gibt es de facto nicht wirklich, und insofern wird es natürlich interessant sein, was passiert. Wenn in einer Großen Anfrage der GRÜNEN in der letzten Legislaturperiode die Frage formuliert wurde, ob der Senat eine nachhaltige Flächenpolitik habe, und wenn ja, warum es keiner merke, dann muss ich sagen, trifft das im Moment auf den Status für Billbrook voll und ganz zu.

(Beifall bei der LINKEN)

Flächenvergeudung in der Stadt – darauf werden wir im Rahmen des Flächenrecyclings später zurückkommen – hat eine lange Tradition und ich sehe im Moment nicht, wo diesbezüglich in Billbrook die Wende passiert. Aber bei der digitalen Ausbaustrategie des Senats sind ein besonderes Thema die weinenden Augen, die man bekommt, wenn man in den Breitbandatlas für das Industriegebiet guckt. 30 MBit/s sind in zentralen Bereichen dieses Industriegebiets für 0 bis 50 Prozent der Flächen verfügbar. 30 MBit/s sind der Stand von

(Hansjörg Schmidt)

vorgestern. Ich denke, da müssen wir in der Tat sehr schnell handeln, und da ist die Stadt wirklich auf einem rückständigen Weg, sodass ich beim besten Willen nicht weiß – ich habe bisher zu dem Thema noch nichts gehört –, wie man da schnell weiterkommen will.

Aber noch einmal zum CDU-Antrag. Was will die CDU? Warum werden wir diesem Antrag zwar für die Überweisung, aber nicht in Gänze zustimmen? Es ist das Verramschen von Schienenstrecken, das Verramschen von Kanälen, die nicht mehr schiffbar sind. Und dann ist es eine Frage zum ÖPNV, die letztendlich nur kaschiert, dass Sie mehr Parkplätze in diesem Gebiet haben wollen. Meine Anfrage im April 2016 hat der Senat damit beantwortet, dass es 60 Kilometer Schienenverbindung in diesem Industriegebiet gebe. Davon sind bis zum letzten Jahr 15 Kilometer stillgelegt worden. 6,5 Kilometer waren betrieblich gesperrt und für 9 Kilometer war die Stilllegung beantragt. 18 Betriebe haben dort Gleisanschlüsse. Der Senat hat sich damals erdreistet, mit einem Textbaustein zu antworten: Er, der Senat unterstütze den Verkehrsträger Schiene und setze sich für dessen Stärkung ein. Das ist gelinde gesagt ein Textbaustein von vorgestern, der augenscheinlich fälschlich in die Antwort hineingerutscht ist. Stattdessen sollten sich die Senatoren Horch und Kerstan vielleicht bei der nächsten Streckenstilllegung mit einer Flex am Gleis fotografieren lassen.

(Beifall bei der LINKEN)

Um das Fazit zu ziehen: Die Beauftragung des Handlungskonzepts im Frühjahr 2015 und das bisher vorgelegte Ergebnis, nämlich keins, ist für die sechs Handlungsfelder natürlich ein bisschen wenig Output. Hier muss in der Tat schnell und auch im Wirtschaftsausschuss berichtet werden. Es muss etwas in Billbrook passieren, und zwar nachhaltig, denn Nachhaltigkeit besteht aus mehr als nur der Flächeneffizienz. Das, was bisher geliefert worden ist, ist zu wenig.

Nun aber zum CDU-Antrag: Sie haben die Punkte richtig benannt, aber im Dunkeln sind Sie anscheinend statt in die Zukunft des Industriegebiets in das Gestern der Industriepolitik abgeglitten. – Danke.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort bekommt Herr Kruse von der FDP-Fraktion.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, sehr geehrte Frau Präsidentin! Es ist zu diesem Thema eigentlich alles gesagt worden. Es gibt einen weit überwiegenden Konsens hier im Haus darüber, dass das Thema wichtig und relevant ist und dass wir es im Ausschuss besprechen sollten. Zur Frage, wann wir das Thema im Aus

schuss besprechen wollen, gab es von den beiden Regierungsfraktionen die zeitliche Ansage, dass wir es machen sollten, sobald das Konzept vorliege. Wir selbst halten das Thema für aktuell, wir halten es für berechtigt, auch den Antrag der CDUFraktion. Auch ich bin der Auffassung, dass wir uns als Bürgerschaft im Wirtschaftsausschuss die Zeit nehmen sollten, über dieses Thema zu sprechen. Aus meiner Sicht spricht nichts dagegen, das zu machen, bevor das Konzept erstellt ist. Denn was die wesentlichen Handlungsrichtlinien der Wirtschaftspolitik, der Industriepolitik in dieser Stadt sind, können wir besprechen, bevor der Senat mit einem Konzept, das ein konkretes Industriegebiet betrifft, um die Ecke kommt. Insofern würde ich an die Regierungsfraktionen appellieren, sich einen Ruck zu geben und den Antrag an den Ausschuss zu überweisen. Ich glaube nicht, dass dadurch ein Schaden entsteht, sondern hiermit eine sehr sinnvolle Debatte angestoßen wird.

Große Missstände, auf die Kollege Jersch hingewiesen hat, bestehen in der Tat vor allem bei den Themen Digitalisierung und Breitbandausbau. Ich habe mir einmal die Karte ausgedruckt. Alle blauen Gebiete sind völlig inakzeptabel, alle gelben Gebiete sind schlecht versorgt, die ganze Region ist, was dieses Thema betrifft, miserabel aufgestellt. Da brauchen wir eigentlich nicht auf ein Konzept zu warten, das uns den Breitbrandausbau vorschlägt. Das können wir separat davon und sofort angehen. Eigentlich müssten wir darüber nicht einmal mehr im Wirtschaftsausschuss sprechen, denn wir haben seit eineinhalb Jahren sowohl die Breitbandmittel aus der digitalen Dividende II auf den Hamburger Konten liegen und den Bundesverkehrsminister, der das Bundesland Hamburg explizit darauf hinweist, dass wir endlich Mittel für Industriegebiete abrufen sollen. Ich weiß, dass der Senat daran schon gearbeitet und einen Antrag gestellt hat; also auch da geht es schon ein Stück weit voran. Arbeiten Sie dahingehend nach, legen Sie da los, auch unabhängig von dem Konzept für den Standort, denn wir brauchen diese Breitbandversorgung auch hier.

Die CDU kann sich gleich selbst verteidigen. Aber die Frage, ob sich hier jemand vor den falschen Karren spannen lassen würde, Herr Schmidt, wie Sie gerade gesagt haben, würde ich wirklich unterschiedlich beantworten. Denn sowohl die CDU als auch wir, die FDP-Fraktion, können in dieser Sache beide für uns in Anspruch nehmen, das Thema sehr differenziert bearbeitet zu haben – auch in den öffentlichen Kommentierungen ist es sehr differenziert ausgearbeitet. Lediglich hinsichtlich der Doppelzüngigkeit der CDU bezüglich des Viktoriaparks kann ich Ihnen sehr wohl zustimmen.

(Beifall bei der FDP und bei Ole Thorben Buschhüter und Ekkehard Wysocki, beide SPD)

(Stephan Jersch)

Geben Sie sich doch einen Ruck und überweisen Sie es jetzt an den Ausschuss. Wir besprechen dort, wie wir uns die Industriepolitik in dieser Stadt vorstellen. Wenn Ihr Senat dann mit einem Konzept um die Ecke kommt, überweisen wir das an den Ausschuss, in dem wir das besprechen können. Da gibt es eigentlich gar keinen Dissens. Geben Sie sich also einen Ruck. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Das Wort bekommt Herr Ehlebracht von der AfD-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Der Antrag enthält in Punkt 1 inklusive der Unterpunkte lauter Vorschläge, denen man grundsätzlich ohne groß zu überlegen zustimmen kann – aber nur grundsätzlich, weil sie nur grundsätzlicher Natur sind. Es ist ein bisschen allgemeines Wünsch-dir-was. Ein Beispiel dafür ist die flächendeckende digitale Netzversorgung: alle Anlieger nach dem neusten Stand der Technik – das ist grundsätzlich und für mich selbstverständlich und ich hoffe, der Senat handelt in diesem Sinne.

Es gibt aber auch einen weiteren Aspekt, weshalb wir dem Antrag in der ausgeführten Form nicht zustimmen können.

(Beifall bei Michael Westenberger CDU)

Alle Punkte unter 1 sind nicht spezifiziert, sehr allgemein und ohne Angaben von Fakten, die die Sachlage skizzieren oder zumindest einen ungefähren Bedarf aufzeigen. Es gibt auch keine Verweise auf etwaige Forderungen seitens der künftigen Nutznießer etwaiger Verbesserungen. Wir schlagen daher vor, die beantragten Punkte auf ihren tatsächlichen Bedarf hin zu untersuchen, und das gemeinsam mit den Unternehmen, die künftig die Nutznießer sein werden, und dann auf ihren Umfang in der Ausführung festzulegen und das Ganze zu beantragen.

Der Punkt 2, die Interessenvertretung für Billbrook an der Umsetzung zu beteiligen, ist natürlich völlig richtig, kommt aber zu spät. Die Interessenvertretung muss zunächst an der Bedarfsfindung beteiligt werden.

(Glocke)

Entschuldigen Sie, Herr Ehlebracht, aber es ist zu laut im Plenum. – Sie haben das Wort.

Erst danach kann zusammen mit den betroffenen Unternehmen an der Umsetzung gearbeitet werden. Wir können dem Antrag daher inhaltlich nicht zustimmen, weil ich zum Beispiel auch nicht verstehe, warum das

urbane Wohnen, das in diesem Antragstext vorkommt, damit vermengt worden ist. Genau in dieser Region kann und soll das gar nicht stattfinden. Der Antrag bleibt halt zu sehr im Allgemeinen. Wir stimmen aber einer Überweisung dieses Antrags an den Ausschuss zu, weil er im Grundsatz zustimmungswürdig ist. Ich habe jetzt daraus im Gegensatz zur Ankündigung anderer eine Speed-Rede gemacht.

(Beifall bei der AfD)

Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen mehr. Dann können wir zur Abstimmung kommen.

Wer nun den Antrag der CDU-Fraktion aus der Drucksache 21/7393 an den Ausschuss für Wirtschaft, Innovation und Medien überweisen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist das Überweisungsbegehren abgelehnt.

Ich lasse in der Sache abstimmen. Wir stimmen über den CDU-Antrag aus der Drucksache 21/7393 in der Sache ab.

Wer diesem seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist der Antrag mit Mehrheit abgelehnt.