Protocol of the Session on December 1, 2016

Ich frage Sie auch: Was will die chinesische Führung, die den Nachbarstaaten Gewässer und Inseln und den eigenen Arbeitskräften die Luft zum Atmen raubt, im Geiste des Friedens mit Deutschland verhandeln?

Es treffen sich in Hamburg nicht nur die Vertreter der Staaten, die 90 Prozent der Weltproduktion und 80 Prozent des Welthandels auf sich vereinen, sondern die auch 90 Prozent der Waffen auf der Welt produzieren und exportieren, die 90 Prozent der Schadstoffemissionen verursachen und somit für die Klimaveränderung maßgeblich verantwortlich sind und die in vielen Gebieten Stellvertreterkriege führen. Die Handlungen der G20 sind weder durch Wahlen noch durch völkerrechtlich verbindliche Verträge oder eine Beauftragung durch die Vereinten Nationen gedeckt.

(Arno Münster SPD: Geh doch mal ins De- tail!)

Sie entbehrt als informeller Zusammenschluss jeglicher demokratischer Legitimation.

(Beifall bei der LINKEN)

Und die G20 hat eben nicht nur ein Demokratiedefizit, sie ist auch der Ausdruck für mangelnde Demokratie.

(Glocke)

Vizepräsidentin Christiane Schneider (unterbre- chend): Entschuldigen Sie, Frau Özdemir. – Ich möchte wirklich bitten, dass Sie der Rednerin zuhören. Wenn Sie Zwischenrufe machen, ist das okay, aber ein Dauerrufen ist nicht so angemessen. Schönen Dank.

(André Trepoll CDU: So schlimm ist es ja nun auch nicht!)

– Wenn die Rede Sie so stört, dann können Sie gern rausgehen, das ist auch kein Problem.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir alle sehen doch, wie die herrschende Weltordnung gezeichnet ist von brutaler sozialer Ungleichheit, ökologischer Verwüstung und sich ausbreiten

(Vizepräsidentin Christiane Schneider)

den Kriegen. Wir wissen doch alle, Millionen Menschen sind auf der Flucht, sie kämpfen momentan ums Überleben. Und immer mehr Menschen sind von Prekarisierung betroffen. Für internationale Konflikte und Probleme brauchen wir auch internationale Antworten und Lösungen. Und diese liefern eben nicht die G20.

(Beifall bei der LINKEN)

1945 wurden die Vereinten Nationen …

(Glocke)

Vizepräsidentin Christiane Schneider (unterbre- chend): Augenblick, Frau Özdemir. – Ich möchte jetzt wirklich bitten, dass Sie ein bisschen ruhiger sind und nicht über mehrere Bänke hinweg rufen. Das ist ein Dauergeräusch, und das stört. Schönen Dank. – Fahren Sie fort bitte.

1945 wurden die Vereinten Nationen gegründet. Viele von uns in diesem Hause haben die katastrophalen gesellschaftlichen Zustände und die Bedingungen, unter denen die UN gegründet wurden, nicht miterlebt, aber wir wissen, wie wichtig es war, die Vereinten Nationen zu gründen, und wie wichtig die Entwicklung des Völkerrechts war. Hannah Ahrendt hat hierzu sehr kluge Texte verfasst.

Angesichts veränderter Kräfteverhältnisse und Fragestellungen ist eine Demokratisierung und die Reform der Vereinten Nationen dringend notwendig.

(Beifall bei der LINKEN)

Das wichtigste Element einer solchen Reform muss die Stärkung der Rolle der Generalversammlung sein. Deshalb fordern wir mit unserem Antrag den Senat auch auf, sich dafür einzusetzen, die von den G20 beanspruchten Entscheidungskompetenzen in die Strukturen der Vereinten Nationen zu überführen.

(Beifall bei der LINKEN)

Kommen wir aber zu Hamburg. Hamburg gibt sich her für den Aufgalopp dieser ehrenwerten Gesellschaft, von denen die meisten geopolitisch ziemlich verfeindet sind, und der Senat setzt – angeblich völlig willenlos – den Befehl von Frau Merkel um und baut schon einmal fleißig Gefängnisse und kauft Panzer.

(Dennis Thering CDU: Hamburg kauft Pan- zer?)

Ich will Sie fragen: Wie dumm ist es, ein solches Mammuttreffen in der Mitte einer Großstadt zu organisieren? Sie werden schon Ihr blaues Wunder erleben, wenn die Menschen auf die Straße gehen.

(Beifall bei der LINKEN – Sören Schuma- cher SPD: Ist das eine Drohung?)

Nein, das ist keine Drohung. Aber einige von Ihnen möchten einfach nicht wahrnehmen, dass dort draußen Menschen sind, die eine völlig andere Meinung haben und dafür auch auf die Straße gehen und friedlich protestieren.

(Beifall bei der LINKEN)

Dass die Männer in der CDU ohnehin realitätsfern sind, wissen wir ja.

(Hendrikje Blandow-Schlegel SPD: So reden Sie das herbei! Genau so! – Zurufe von der CDU)

Das sagt ja auch keiner, aber die CDU hat anscheinend ein Problem damit.

(Zurufe von der CDU)

Dazu komme ich noch.

Wir sagen deutlich, dass wir uns darüber freuen, dass die Menschen sich nicht durch diese Vorabkriminalisierung – die schon stattfindet – einschüchtern lassen und planen, auf die Straße zu gehen.

(Zurufe von der CDU – Glocke)

Vizepräsidentin Christiane Schneider (unterbre- chend): Frau Özdemir hat das Wort und nur Frau Özdemir. Wer etwas sagen will, kann sich gern melden.

(Zuruf von Jens-Peter Schwieger SPD)

Wir sagen deutlich, Herr Schwieger, dass wir uns von Gewalt distanzieren. Das haben wir gestern gesagt und das sagen wir auch heute noch. Aber Sie müssen endlich akzeptieren, dass Menschen eine andere Meinung haben und auf die Straße gehen wollen und Protest organisieren wollen.

(Beifall bei der LINKEN – Zurufe von allen Fraktionen)

Uns zu unterstellen, dass wir gewaltbereit seien oder eine Nähe da sei, ist einfach nur ein Skandal, weil Sie einfach keine anderen Argumente haben.

(Jens-Peter Schwieger SPD: Sie haben ein blaues Wunder angedroht!)

Wir haben gesagt, kreative, friedliche und wahrnehmbare Protestaktionen unterstützen wir ausdrücklich.

(Glocke)

Vizepräsidentin Christiane Schneider (unterbre- chend): Lassen Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Rose zu, Frau Özdemir?

Ich wollte das doch in ruhigem Ton gern noch einmal nachfragen. Sie erwecken hier den Eindruck, als ob es eine Bedrohung sei und man Angst davor haben müsse, wenn Leute auf die Straße gehen. Das ist ein Grundrecht. Viele von uns, auch Sie, haben oft auf der Straße demonstriert. Warum sagen Sie zu Abgeordneten dieser Bürgerschaft, sie würden noch ihr blaues Wunder erleben, weil Leute auf die Straße gehen? Können Sie das noch einmal erklären?

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und ver- einzelt bei der CDU, der FDP und der AfD)

Das kann ich Ihnen gern erklären. Auch bei Olympia haben wir gesehen, dass viele Menschen eine andere Meinung vertreten haben, aber in diesem Hause wurde die Meinung dieser Mehrheit – und es war dieses Mal die Mehrheit – nicht wahrgenommen und Sie haben Politik über die Köpfe der Menschen hinweg gemacht. Und das Gleiche sehen wir bei G20 auch.

(André Trepoll CDU: Sprechblasen!)

Das sind keine Sprechblasen.