Ärgerlich wird es, wenn ein Justizsenator nicht, wie es sich gehört, für gravierende Fehlleistungen seiner Behörde die Verantwortung übernimmt, sondern einfach nur das schwächste Glied in der Kette, in diesem Fall den Leiter der JVA Fuhlsbüttel, dafür verantwortlich macht, dass ein zu mehrjähriger Haftstrafe und anschließender Sicherungsverwahrung verurteilter Sexualtäter wegen staatlicher Versäumnisse aus der staatlichen Sicherungsverwahrung entlassen wird. Dementsprechend formuliert der Chef des Landesverbands Hamburgischer Strafvollzugsbediensteter vor dem Hintergrund der aktuellen Entlassung des Leiters der JVA, der Senator solle sich jetzt vor seine Mannschaft stellen, stattdessen schwäche er die Moral der Mannschaft. Das ist starker Tobak. Kein Senator, an dem man sich nicht reibt, kein Senator, dem man nicht politisch etwas vorhalten kann, ist jemand, der kampferprobt ist. Aber wenn man ihm moralisches Versagen vorwirft, weil er sich nicht vor seine Mannschaft stellt, so ist das ein politisches Todesurteil. So etwas können Sie nie wieder gutmachen.
Nach Monaten der internen Untersuchung liegt nun der Bericht über die Vorgänge vor, die zur vermeidbaren Haftentlassung eines vielfach einschlä
Dieser vom Parlament geforderte Bericht hebt sich durch seine detaillierte Darstellung von den damaligen Äußerungen des Senators wohltuend ab, die lauteten: Ich weiß nichts, ich sage nichts und Verantwortung, egal wofür, übernehme ich sowieso nicht. Die vermeidbare Aussetzung der Sicherungsverwahrung des Betroffenen geschah auf der Grundlage des Paragrafen 67 b Absatz 2 des Strafgesetzbuchs, wonach das Gericht – ich zitiere -:
"[…] die weitere Vollstreckung der Unterbringung zur Bewährung aussetzen kann, wenn das Gericht feststellt, dass die weitere Vollstreckung unverhältnismäßig wäre, weil dem Untergebrachten nicht spätestens bis zum Ablauf einer Frist von höchstens sechs Monaten ausreichende Betreuung angeboten worden ist."
Das steht so im Gesetz. Das ist Teil einer umfassenden gesetzlichen Neuregelung im Juni 2013 gewesen. Das Gesetz war Ausdruck eines grundlegenden Paradigmenwechsels in der Sicherungsverwahrung. Man wollte nämlich weg vom reinen Wegschließen hin zur Therapie als Recht des Sicherungsverwahrten und zum Schutz der Allgemeinheit. Man könnte auch sagen, das sei wieder so ein Gesetz, das die Rechte von Schwerkriminellen vor den Schutz möglicher Opfer stellt. Um es einmal ganz deutlich zu sagen: Wenn so etwas im Gesetz steht, kann man als Justizbehörde und als Strafvollzug nicht einfach sagen, so what, das interessiere einen nicht. Wir als AfD haben nicht nur das Flüchtlingsthema, wie Sie immer wieder behaupten, sondern legen auch ständig den Finger in die Wunde einer verfehlten Justizpolitik, die den Grundsatz Opferschutz vor Täterschutz verhöhnt. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Präsidentin! Lieber Urs Tabbert, du hast eben die Parallele zu einem Schuljungen gezogen und wie gut es sei, dass er gleich diesem Schuljungen gekämpft habe. Dazu kann ich nur sagen, dass der Schuljunge mit körperlicher Gewalt gekämpft und Selbstjustiz geübt hat. Das wünsche ich mir natürlich wenig. Wäre er ein Schuljunge, hätte ich mit seinen Eltern längst ein normenverdeutlichendes Gespräch geführt. Er ist aber kein Schuljunge.
Liebe Frau Timm, Sie sagten, wir würden da etwas durcheinanderwerfen, nämlich Cannabis und die Frage der Sicherungsverwahrten. Dazu kann ich nur Folgendes sagen: Sowohl der Täter, der diese furchtbare Tat begangen und das Mädchen in Berlin vor die U-Bahn geworfen hat, als auch der entlassene Sicherungsverwahrte waren cannabisabhängig gewesen.
(Beifall bei der CDU – Dennis Thering CDU: Schau, schau! – Deniz Celik DIE LINKE: Was ist denn das für eine Argumentation?)
Das kann man nicht einfach so wegwischen und sagen, es sei alles völlig undifferenziert. Das sind objektive Daten.
Dann vermisse ich von Ihrer Seite ein ordentliches Reflektieren in Bezug auf das Lösungsbewusstsein. Bei Urs Tabbert hörte ich eben, Sie kämpften. Kämpfen ist eine schöne Sache, aber letztlich etwas völlig Allgemeines, bei dem ich nicht heraushöre, dass Sie im nächsten Durchgang soundso viele Auszubildende einstellen wollen, für den Rechtspfleger werben wollen, sich dafür einsetzen wollen, dass soundso viele Gerichtsvollzieher kommen. Dazu habe ich von Ihnen bislang nichts gehört.
Herr Dolzer, in Bezug auf die Repressionen haben Sie mich falsch verstanden. Mir geht es gar nicht um die Repressionen. Zur Frage, dass Schichten in den Justizvollzugsanstalten nicht besetzt werden, gibt es eine Doppelkomponente: einmal die Sicherheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und dann unmittelbar auch die Frage der Resozialisierung. Die Gefangenen können jetzt in Teilen keinen Sportunterricht machen. Dann kommen wir doch vielmehr wieder dazu, dass sie letztlich den ganzen Tag über eingesperrt werden, weil nicht anders für die Sicherheit gesorgt werden kann. Das darf nicht sein.
Zum Thema Umgang: Diesbezüglich bin ich eigentlich ein sehr freundlicher Mensch. Das wäre ich auch mit diesem Justizsenator, wenn er nur halbwegs anständig mit den Abgeordneten umginge. Wie Frau von Treuenfels-Frowein eben schon richtig gesagt hat, bezieht sich der zweite Punkt, nämlich tricksen,
auf das Parlament. Das sind alle die, die wir hier sitzen, denn der vorgestellte Untersuchungsbericht war dem Parlament geschuldet. Dann soll das Ganze unter Ausschluss des Parlaments der Presse vorweg vorgestellt werden. Ich habe mich darüber erkundigt, dass dieser Bericht hier im Hause eingegangen ist, nachdem er der Presse vorge
Jetzt zum Täuschen der Mitarbeiter und der Öffentlichkeit. Im Übrigen klammert der Bericht eine Sache völlig aus.
Sie sind ein freundlicher Kollege, insofern vielen Dank. Sie haben zur Kenntnis genommen, dass Herr Dr. Steffen den Untersuchungsbericht selbst in Auftrag gegeben hat. Insofern halte ich es für eine Selbstverständlichkeit, dass er ihn dann auch der Öffentlichkeit vorstellt, oder finden Sie das nicht?
Das ist völlig richtig. Es ist selbstverständlich, dass der Senator ihn der Öffentlichkeit vorstellt. Allerdings ist er selbstverständlich als Erstes den Abgeordneten vorzustellen.
Ich habe in der Kanzlei angefragt; er ist zeitlich danach eingegangen. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Gut, aber man muss sich dann auch nicht wundern, wenn man mit dem Parlament und den Abgeordneten so umgeht. Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es auch hinaus.
Im Untersuchungsbericht wurde kein persönliches Fehlverhalten festgestellt. Erster Punkt: Es wurde vorangestellt – das ist vielleicht in den Medien noch nicht so reflektiert worden –, dieser Bericht zielt nur auf den Zeitraum 2015 ab. Das heißt, mit den möglichen Verfehlungen aus der Vergangenheit, von wegen, lasst uns nach vorn schauen, wollte sich offenbar keiner mehr beschäftigen. Dazu kann ich nur eines sagen: Ich weiß, dass wir Juristen manchmal ein seltsames Völkchen sind und auch die Auslegungen die eine oder andere Sache sind. Aber ich kann jedem von Ihnen Folgendes versichern: Für jeden, der hier im Raum sitzt, ist
es, wenn er sich das Gesetz vornimmt und diesen Paragrafen liest, Hohn zu behaupten, das sei schwierig oder kompliziert und keiner hätte es ahnen können. Es ist schlichtweg verpennt worden. Das muss man auch einmal so benennen.
Wenn es keine dienstrechtlichen Verfehlungen gegeben hat, warum muss dann der Leiter der Justizvollzugsanstalt gehen? Das ergibt doch überhaupt keinen Sinn. Der Mann ist hoch anerkannt gewesen. Ich kann nur sagen, dass ich einen Mandanten in Brasilien habe, der häufiger mit einem Privatflugzeug unterwegs ist.
Aber der hat seinen Piloten nicht gefeuert, obwohl er einmal mit zu wenig Benzin gestartet ist, weil er sagte, ihm passiere das nie wieder. Sie müssen sich vor die Mitarbeiter stellen, meine Damen und Herren, und sich um sie kümmern, dann läuft es auch wieder im Justizvollzug. – Danke.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, lieber Kollege Seelmaecker! Ich versuche es kurz zu machen. Das Thema Gerichtsvollzieher stand nicht auf der Anmeldung; ich schlage vor, wir nehmen uns des Themas noch einmal extra an.
Das ist ein schwieriges Thema, da stimme ich Ihnen zu, Herr Trepoll. Aber ich hoffe, die größte Durststrecke ist überwunden, denn die Ausbildung läuft auch dort verstärkt.
Dann zu Herrn Röhrig, dem Leiter der Justizvollzugsanstalt Fuhlsbüttel. Herr Röhrig ist nicht entlassen worden. Sie versuchen, einen falschen Eindruck zu erwecken. Nein, das sind Verträge. Herr Röhrig ist Oberstaatsanwalt, R 2. Er wurde eine Zeit lang in die Justizvollzugsanstalt Fuhlsbüttel abgeordnet. Das ist nicht ungewöhnlich. Es ist nicht ungewöhnlich, dass Richter oder Staatsanwälte Anstaltsleitungen übernehmen. Vielleicht ist das in dem jetzigen gesamten Kontext auch nicht schlecht. Nach dem, was alles umstrukturiert worden ist und umstrukturiert werden wird – da bin ich einer Meinung mit Ihnen, Herr Kollege Seelmaecker –, werden wir das im Justizausschuss ausführlich besprechen. Ich glaube aber auch, dass es das gute Recht des Senators ist, den von
ihm in Auftrag gegebenen Bericht der Öffentlichkeit vorzustellen. Das hindert uns überhaupt nicht daran, ihn zu diskutieren und im Detail zu besprechen, ob die daraus gezogenen Konsequenzen plausibel sind oder nicht. Ich habe mir die Mühe gemacht, das in der Zwischenzeit durchzulesen. Ich finde die Konsequenzen höchst plausibel. Ich habe dazu von Ihnen wenig nach vorn Gerichtetes gehört. Entscheidend ist doch, ob richtige Konsequenzen gezogen worden sind vor dem Hintergrund, ob so etwas noch einmal passieren kann. Da, muss ich sagen, ist es jetzt so engmaschig gestaltet, dass ich mir nur schlecht vorstellen kann, dass so etwas tatsächlich noch einmal passiert. Das sollte doch im Vordergrund stehen und nicht persönliche Schuldvorwürfe an Einzelpersonen.
Wenn wir das alles so ernst meinen, lieber Herr Kollege Seelmaecker, sollte uns das Thema es auch wert sein, es unter einer ernsthaften Überschrift zu bewegen. Solange das nicht der Fall ist, wäre es, entschuldigen Sie, seitens der CDU oder der FDP besser, sie würden sich da ein bisschen zurückhalten. – Vielen Dank.