Hälfte der Fälle die Regeln nicht eingehalten. Und wieder sitzen wir im Ausschuss, und wieder fragen wir: Was ist denn los? Und dann sitzen sieben Bezirksamtsvertreter da und alle sieben sagen das Gleiche. Das ist übrigens ein unterhaltsames Ausschussprotokoll ausnahmsweise, weil alle sieben das Gleiche sagen: Wir haben das Personal nicht, wir haben es auch nicht gefunden, und überhaupt fehlt uns das Personal, um so etwas umzusetzen. Und danach ist dann der erste Kommentar der Senatorin: Das war ja ein sehr differenziertes Bild, was wir hier gehört haben. Nein, das war nicht differenziert, die haben alle das Gleiche gesagt. Die haben alle das gleiche Problem. Wir haben nachgefragt, wie es denn in den letzten Jahren war. Da war es wahrscheinlich noch schlimmer. Das ist die Antwort gewesen. Das muss man sich jetzt einmal klarmachen: Dieses Problem besteht seit vielen Jahren. Wir haben darüber gesprochen, weil wir es abgefragt haben, zum Glück ist noch nichts passiert. Normalerweise hätte man erst wieder darüber gesprochen, wenn etwas passiert wäre. Und wieder haben wir dieses Hin- und Herschieben. Die Senatorin sagt, die Bezirke müssen, die Bezirke sagen, das Personalamt, am Schluss sind auch noch die Gewerkschaften schuld. Am Ende dreht sich wieder alles im Kreis, keiner weiß was, und vor allem, keiner tut was. Das ist das Problem in diesem Fall gewesen.
Sie sehen da ein Muster: Es ist immer dieses Auseinanderfallen der Zuständigkeiten zwischen Fachbehörde und Bezirken, es sind die verschiedenen Zuständigkeiten unter den Bezirken. Und deswegen haben wir gesagt – bereits im PUA, aber jetzt noch einmal erneut –, das können wir ändern hier in der Bürgerschaft. Deswegen unser Antrag heute.
Ich könnte mir vorstellen, dass jetzt natürlich die Gegenargumentationen losgehen; man hört das auch schon ab und zu. Das eine ist, dass es dann heißt: Wenn das nicht mehr bei den Bezirken ist, dann ist die Zusammenarbeit vor Ort mit den Jugendhilfenetzwerken nicht mehr so einfach möglich oder sie leidet darunter. Aber vor dem Argument möchte ich jetzt schon einmal warnen, denn erstens steht das gar nicht so in dem Antrag, sondern es steht ausdrücklich darin, dass die durchaus vor Ort noch arbeiten können, und zweitens sagen Sie damit, dass Ihre Landesbehörden mit den Umständen vor Ort nicht umgehen können, mit den Trägern vor Ort nicht reden können. Mit dem Argument sollten Sie sehr, sehr vorsichtig sein, weil Sie den Leuten das Wort reden, die die Bezirke ganz abschaffen wollen, und das ist schlecht für unsere Stadt.
Argument, die Opposition wolle diese Zusammenlegung nur, damit sie dann auch immer die Verantwortlichkeit beim Senat suchen kann. Dazu möchte ich sagen: Erstens können wir Ihnen natürlich genau den gleichen Vorwurf machen, dass Sie die Verantwortlichkeit nämlich schön vom Senat weghalten möchten. Aber da kommen wir nicht weiter, das können wir uns gegenseitig nie nachweisen. Aber das andere ist doch: Schon heute lässt sich doch persönliche politische Verantwortung auch klar nachweisen und erkennen. Wir haben doch heute schon den Fall, dass zwei dieser wesentlichen Punkte, die ich angesprochen habe, nämlich dass die Regeln zum Kinderschutz nicht umgesetzt wurden, dass die Regeln bei den Pflegefamilien nicht umgesetzt wurden, immer in der Zuständigkeit des gleichen Staatsrats lagen, Staatsrat Pörksen. Das hat mit einer Systemfrage, ob man diese Verantwortung erkennen kann, überhaupt nichts zu tun. Und deswegen geht Ihr Argument völlig ins Leere.
Die gute Nachricht des heutigen Tages ist, dass wir dieses erkannte Problem in einem System, von dem wir wissen, dass es nicht richtig funktioniert, hier beheben können. Wir können diesen Antrag heute beschließen, mit dem wir uns schon lange beschäftigt haben. Ich bitte Sie, auch wenn nicht Ihr Parteiname auf dem Antrag steht, ich bitte Sie wirklich, geben Sie sich einen Ruck, helfen Sie uns mit, stimmen Sie zu, beauftragen wir den Senat gemeinsam, dieses Konzept zu entwickeln. Und wenn Sie nicht zustimmen, dann sollten Sie sich wirklich sehr gut überlegen, ob Sie sich nicht ein bisschen dafür schämen sollten. – Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Jedes Kind, das in Hamburg zu Schaden kommt, jedes Kind, das in Hamburg zu Tode kommt, ist mehr als eins zu viel. Aber, Herr Heißner, wenn Sie suggerieren, dass Hamburg hier eine Spitzenreiterrolle einnimmt, haben Sie leider versäumt, sich in die bundesweite Statistik einzuarbeiten. Sie können es übrigens auch beim NDR nachlesen. Es ist mitnichten so. Trotzdem ist es tragisch genug. Es ist sicherlich auch richtig, dass wir uns noch einmal mit dem Jugendhilfesystem aus einer anderen Perspektive und nicht fallbezogen auseinandersetzen. Und es ist auch kein Geheimnis, dass im Moment vier Fraktionen in Verhandlungen über die Einsetzung einer Enquete-Kommission zur Stärkung des Kinderschutzes sind, und ich bin nach wie vor sehr optimistisch, dass wir das hinbekommen werden. Alle Fragen rund um dieses Thema sind in einer möglichen Kommission richtig aufgehoben und
sollten dort behandelt werden. Deshalb lehnen wir den Antrag zum jetzigen Zeitpunkt ab, weil er aus unserer Sicht zur völligen Unzeit kommt.
Die CDU-Fraktion hat heute einen Antrag zur Debatte angemeldet, bei dem schon der Titel deutlich macht, wie weitreichend seine Annahme wäre: Neuordnung des Kinderschutzes in Hamburg. Es handelt sich hier um ein sehr komplexes Thema, dessen Tragweite und dessen Verwicklungen sich in den vergangenen Jahren stetig verändert haben. Ein solches Thema muss daher ordentlich aufgearbeitet und eine Fehleranalyse sorgfältig betrieben werden, und erst anhand der so gewonnenen Erkenntnisse sollte man sich zutrauen, Handlungs- und Veränderungsvorschläge zu unterbreiten.
Ob eine Neuordnung des Kinderschutzes in der Sache hilft, ob einzelne Bausteine oder Prozesse neu geordnet werden müssen oder ob eine Neuordnung im Sinne des CDU-Antrags gar nicht das Thema ist, das kann erst am Ende einer Kommissionsarbeit stehen, aber ganz, ganz sicher nicht am Anfang.
Schnellschüsse bringen niemandem etwas, sie sind blanker Aktionismus und werden dem schwierigen Feld des Jugendschutzes in keiner Weise gerecht. Wir alle sollten uns davor hüten, so leichtfertig mit diesem Thema zu verfahren.
Nun ist der vorliegende CDU-Antrag außerdem nicht unbedingt neu. Das Petitum hatten Herr de Vries und Herr Trepoll bereits in der letzten Legislaturperiode in ihrem Minderheitenbericht zum PUA Yagmur nahezu wortgleich vorgelegt. Aber eine solche Neuordnung war nicht die Konsequenz und Empfehlung des PUA, und auch andere Fraktionen waren zum Ende des PUA über diese CDU-Forderung mehr als überrascht. Und wo wir gerade in der Vergangenheit schwelgen: Solche und ähnliche Überlegungen, wie in Ihrem Antrag dargestellt, gab es auch schon früher. 2006 lagen fast identische Vorschläge aus der von Ihnen geführten Fachbehörde vor. Damals hat aber die CDU-Alleinregierung diese Vorschläge nicht übernommen und schon gar nicht umgesetzt – komisch.
Ich gebe an dieser Stelle zu bedenken, dass das Ergebnis des Antrags der CDU die Schaffung des größten zentralisierten Jugendamts in Deutschland sein würde. Ob diese Größe operativ gut zu steuern wäre, möchte ich an dieser Stelle stark bezweifeln. Ein so großes, zentrales Jugendamt hätte äußerste Schwierigkeiten mit einer Vernetzung der örtlichen Sozialräume. Hier sind die bezirklichen Dienststellen aus meiner Sicht deutlich im Vorteil. Es würde doch gerade das Gegenteil von Nähe und individueller Betreuung eintreten. Wer ungeprüft und vorschnell so tiefgreifende organisatori
sche Veränderungen von Zuständigkeiten zwischen den Bezirksämtern und der BASFI fordert, dem muss auch bewusst sein, dass er das Risiko des Nichtfunktionierens in einer solchen Superbehörde billigend in Kauf nimmt.
Auch wenn wir den Antrag der CDU heute ablehnen, so werden die Ansätze des Antrags in einer möglichen Enquete-Kommission mit Sicherheit wieder auftauchen und dort gegebenenfalls erörtert.
Sehr geehrter Herr Heißner – und Sie wissen, dass ich Sie sehr schätze –, Sie haben sich zwar in der Presse klar geäußert, dass Sie keine Kommission wollen, aber Sie haben auch klar signalisiert, dass Sie in einer möglichen Kommission konstruktiv mitarbeiten werden. Ich finde, das ist ein klares und sehr positives Signal von Ihnen, und vielleicht kommen wir auch noch in der Frage Enquete-Kommission zusammen. Unser Gesprächsangebot bleibt selbstverständlich bestehen. Aber entscheidend an dieser Stelle ist, dass wir es gemeinsam schaffen, in der Daueraufgabe Kinderschutz weiter voranzukommen. – Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Wir teilen mit der CDU-Fraktion das Entsetzen über die Ereignisse des letzten Jahres und auch das politische Ziel, alles in unserer Macht Stehende zu tun, um solche Taten so weit wie möglich auszuschließen. Wir waren uns aber auch bei der letzten Debatte zu diesem Thema in Abgrenzung zur AfD einig, dass es eine letzte und endgültige Sicherheit leider nicht geben kann. Mit Ihrem Antrag erwecken Sie heute den Eindruck, den schlichten Königsweg in der Jugendhilfe gefunden zu haben. Sie wollen die Bezirksebene beim Allgemeinen Sozialen Dienst, der Kerneinheit der Jugendhilfe, abschaffen. Dass Sie dazu einfach Ihr Minderheitenvotum aus dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss Yagmur recycelt haben, ist schlimm genug; der Antrag lag nahezu wortgleich schon im Mai vor. Geschenkt. Aber in Wirklichkeit sind Ihre Beschwerden über die Umsetzung der Empfehlung Nebelkerzen. Sie wollten nämlich den bezirklichen ASD schon abschaffen, bevor überhaupt die Yagmur-Empfehlungen vorgelegen haben. Sie beklagen gemeinsam mit uns mangelnde Regeleinhaltung, und daraus schlussfolgern Sie dann, dass Sie den Jugendamtsmitarbeiterinnen und -mitarbeitern die nächste riesige Regeländerung überstülpen, mal eben so, mit einem Beschluss hier.
Zugegeben, das hat der Kollege Lohmann auch gerade gesagt, wir haben Ihnen ein entsprechendes Gesprächsangebot gemacht über die Frage einer Enquete-Kommission, die sich dem Kinderschutz widmet. Sie haben mehrfach verlauten lassen, dass Sie, im Vorwege zumindest, daran kein Interesse haben und sich daran nicht beteiligen wollen. Wir halten aber eine gründliche und fachliche Auseinandersetzung für den richtigen Weg. Das dauert, das ist anstrengend, aber es ist eben auch verantwortungsvoll. Und das ist es, was den Kindern in dieser Stadt auch zusteht.
Sie stellen mit Ihrem Antrag zum wiederholten Male das gesamte Subsidiaritätsprinzip in der Jugendhilfe infrage. Immerhin haben Sie in dem jetzt vorliegenden Antrag einen Fehler getilgt. In Ihrem Drang, die Situation zusätzlich zu dramatisieren, sind Sie ein bisschen nachlässig geworden; letztes Mal stand noch darin, die Ereignisse hätten sich innerhalb von vier Monaten ereignet. Jetzt haben Sie das ein bisschen präzisiert.
Sie behaupten, dass es eine mangelnde Umsetzung der Empfehlungen, die der PUA Yagmur zur Verbesserung des Kinderschutzes vorgelegt hat, geben würde. Wir haben diese Große Anfrage, auf die Sie sich vorhin bezogen haben, Herr Heißner, gemeinsam gestellt, das möchte ich an dieser Stelle betonen. Insofern ist klar belegt, dass wir alle das Interesse hatten, die Umsetzung dieser Empfehlungen zu begleiten. Ihre Fraktion hat danach vorrangig kritisiert, dass das Personalbemessungssystem noch nicht eingeführt wurde und damit die Personalaufstockung nicht gekommen sei. Inzwischen ist all dies erfolgt und es hat auch zuvor schon eine Verstärkung der ASDs gegeben. Wir haben jetzt ein atmendes System, das sich eben auch Veränderungen anpasst, und ich finde, das ist eine besondere Qualität, auch im Vergleich mit anderen Bundesländern.
Die geforderten Schulungen für Richterinnen und Richter, Erzieherinnen und Erzieher und Jugendamtsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter finden statt. Auf Bundesebene laufen intensive Auseinandersetzungen – das sollten Sie wissen – über eine SGB-VIII-Reform, in die Hamburg selbstverständlich auch die Lehren aus den letzten Jahren einbringt.
Sie behaupten auch, und das finde ich besonders bemerkenswert, dass der Fall Deljo gezeigt habe, dass Ihr Antrag nötig sei. Und das behaupten Sie,
obwohl der Untersuchungsbericht der Jugendhilfeinspektion dazu noch gar nicht vorliegt und wir dementsprechend darüber noch gar nicht beraten konnten. Ich finde, das ist entlarvend. Sie gehen mit einem Populismus an das Thema, der der Sache nicht guttut.
Herr Heißner, wir kennen uns aus der Bezirkspolitik, auch wenn Sie dort nur eine sehr kurze Zeit gewesen sind. Vielleicht können Sie deshalb nicht aus eigener Erfahrung ableiten, dass Jugendhilfe sinnvollerweise zunächst Aufgabe örtlicher kommunaler Träger ist. So ist es im Sozialgesetzbuch festgelegt. Mit der von Ihnen angestrebten Verlagerung der ASDs an einen überörtlichen Jugendhilfeträger wollen Sie letztlich auch die gesetzlich festgelegten bezirklichen Jugendhilfeausschüsse entmachten, das muss man auch einmal so deutlich sagen an dieser Stelle. Aber diese haben in Hamburg gegenüber der restlichen Bezirksversammlung nicht ohne Grund eine hervorgehobene Position und weitgehende Beteiligungsrechte. Bundesrecht erzwingt hier eine Abweichung von der Hamburger Einheitsgemeinde, und aus meiner Sicht aus gutem Grund. Folglich lehnen wir Ihren Antrag ab.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Heißner, ich glaube, Frau Blömeke und ich sind die Einzigen, die Lara-Mia, Chantal und Yagmur durchgehend begleitet haben
Wenn Sie die Frage des Kinderschutzes darstellen und als CDU die Opferrolle übernehmen, dann wundere ich mich. Im Untersuchungsausschuss und in Sonderausschüssen hat die CDU in erster Linie überlegt, wie man Kontrollmechanismen verstärkt und mehr Dokumentation und Bürokratie schafft, anstatt den Ansatz zu verfolgen: Wir haben ein Problem im Bereich Jugendhilfesystem. Unter Schutz und Obhut des Staats sterben Kinder. Das muss Gründe haben. Da muss man auch einmal das gesamte Jugendhilfesystem in den Blick nehmen und abseits dieses Opfer-Täter-Schemas schauen, wo tatsächlich die Fehler sind, damit man das System daraufhin untersuchen kann.
Ich finde, wir sind in einer Situation angekommen, in der wir, auch wenn wir in vielen Punkten in der Verhandlung nicht einig sind mit der SPD, den ge
sellschaftlichen Aufruf ernst nehmen und den Schritt machen sollten zu sagen, wir müssen das Thema grundsätzlich angehen. Wir müssen weg vom Untersuchungsausschuss. Wir müssen weg davon, nur mit dem Blick der Politik auf das Jugendhilfesystem zu schauen, und müssen mit den Fachleuten sprechen. Wir müssen gemeinsam das Vorhaben initiieren, die Probleme tatsächlich zu analysieren, und darauf schauen, ob das, was bis jetzt beschlossen worden ist, richtig ist.