Protocol of the Session on July 13, 2016

(Katja Suding FDP: Die haben wir ja nun aufgezeigt! Die Frist ist gesetzlich vorgese- hen!)

Ja, aber auch die Senatorin sagte, dass eine Hängepartie in dieser Lage die schlechteste Antwort an die Stadt ist. Deswegen sollten wir jetzt zur Beschlussfassung kommen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Ich teile nicht immer alles, was DIE LINKE sagt, aber heute den pragmatischen Weg, den sich auch DIE LINKE überlegt hat: Dem Punkt, an dem man kritische Aspekte sieht und den man rechtlich nicht in allen Konsequenzen im Einzelnen überblicken kann, stimmt man nicht zu, den anderen Punkten stimmt man zu. Das wäre jetzt ein gutes, ein mutiges Signal auch von CDU und FDP. Ich bedanke mich ausdrücklich bei der LINKEN, dass sie diesen Weg jetzt mitgeht. Wir sollten heute ein möglichst breit getragenes gemeinsames Signal in die Stadt setzen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Dr. Dressel. – Das Wort hat Herr Dr. Baumann von der AfD-Fraktion.

(Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Wie stimmen Sie denn ab, Herr Baumann?)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das war eine Abmachung zwischen dem Senat und der Volksinitiative, an der sich viele Bürgerinnen und Bürger beteiligt haben. Liest man diese Abmachung, so tauchen manche Dinge auf, die zum Ausklang der Debatte zu Gehör kommen

(Dr. Andreas Dressel)

sollten. Ich möchte nur zwei Sätze zitieren, die verdeutlichen, was eigentlich passiert ist.

(Glocke)

Vizepräsident Dr. Wieland Schinnenburg (unter- brechend): Meine Damen und Herren! Nur Herr Dr. Baumann hat das Wort. – Bitte schön.

Die Volksinitiative, Herr Dr. Dressel, hat dafür gesorgt, dass folgende zwei Sätze in der Abmachung stehen, die nachdenklich machen. Ich zitiere etwas gekürzt, um es nicht zu lang zu machen:

"Die Grundforderung und Überzeugung der Volksinitiative konnte im Petitum weder formuliert noch als politisches Ziel festgeschrieben werden."

Weiter heißt es:

"Unsere Forderungen verpflichten die Stadt zu wenig. Damit beinhalten die Absichten und die zu wenig verpflichtenden Anforderungen ein Risiko zu scheitern."

Das noch einmal zu Gehör, was die Bürgerinnen und Bürger zu der Sache anmerken. Vielleicht werden wir die Gelegenheit haben, uns daran zu erinnern.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank, Herr Dr. Baumann. – Mir liegen jetzt keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir kommen somit zu den Abstimmungen. Der Abgeordnete Michael Westenberger hat mir mitgeteilt, er werde an ihnen nicht teilnehmen.

Wer möchte nun zunächst die Drucksache 21/5253, das ist der Antrag der CDU-Fraktion, an den Ausschuss für Soziales, Arbeit und Integration überweisen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist mit großer Mehrheit beschlossen worden.

Wer möchte dann auch die Drucksachen 21/5028, das ist die ursprüngliche Berichtsdrucksache, und die Drucksache 21/5231, das ist der Antrag der Fraktionen der SPD und der GRÜNEN, an den Ausschuss für Soziales, Arbeit und Integration überweisen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist mehrheitlich abgelehnt worden.

Dann stimmen wir in der Sache ab und beginnen mit dem Antrag der FDP-Fraktion aus der Drucksache 21/5250.

Wer möchte diesem seine Zustimmung geben? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist mehrheitlich abgelehnt worden.

Nun zum Antrag der Fraktion DIE LINKE aus der Drucksache 21/5252.

Wer möchte diesen annehmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist mehrheitlich abgelehnt worden.

Jetzt zum gemeinsamen Antrag der Fraktionen der SPD und GRÜNEN aus der Drucksache 21/5231. Hier möchte die Fraktion DIE LINKE die Ziffer 4 separat abstimmen lassen.

Wer möchte nun also den Antrag aus der Drucksache 21/5231 mit Ausnahme der Ziffer 4 annehmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist mehrheitlich beschlossen worden.

Wer möchte nun auch die Ziffer 4 annehmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist mehrheitlich angenommen worden.

Diesen Antrag möchten die Fraktionen der SPD, CDU, GRÜNEN und DIE LINKE nun nachträglich an den Ausschuss für Soziales, Arbeit und Integration überweisen.

Wer stimmt diesem Überweisungsbegehren zu? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist einstimmig beschlossen worden.

Abschließend zum Bericht des Ausschusses für Soziales, Arbeit und Integration aus der Drucksache 21/5028.

Hierzu stelle ich fest, dass die in der Ausschussempfehlung erbetene Kenntnisnahme erfolgt ist.

Diesen Bericht möchte die Fraktion DIE LINKE nachträglich an den Ausschuss für Soziales, Arbeit und Integration rücküberweisen.

Wer möchte so verfahren? – Gegenprobe. – Das war, glaube ich, die Mehrheit. Es ist damit abgelehnt worden.

Wird die Abstimmung angezweifelt?

(Zuruf: Ja, wir machen das noch mal!)

Also, die Abstimmung wird angezweifelt. Dann wiederhole ich das noch einmal. Es geht darum, ob der Bericht aus der Drucksache 21/5028 auf Antrag der Fraktion DIE LINKE nachträglich an den Ausschuss für Soziales, Arbeit und Integration rücküberwiesen werden soll.

Wer ist dafür? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist jetzt mit großer Mehrheit beschlossen worden.

Meine Damen und Herren! Habe ich Ihr Gehör? Dann rufe ich auf Tagesordnungspunkt 48, Drucksache 21/5067, Antrag der CDU-Fraktion: Neuordnung des Kinderschutzes in Hamburg.

[Antrag der CDU-Fraktion: Neuordnung des Kinderschutzes in Hamburg – Drs 21/5067 –]

(Dr. Bernd Baumann)

Wird das Wort dazu gewünscht? – Herr Heißner von der CDU-Fraktion, bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich komme jetzt wieder zu einem ruhigeren, leider auch traurigeren Thema. Jessica, Lara-Mia, Chantal, Yagmur und Tayler sind tot. Sie durften nie erwachsen werden. Und diese Fälle machen eigentlich nur noch traurig, sie sind wirklich tragisch. Besonders tragisch ist und besonders betroffen macht aber, dass in jedem dieser Fälle die Familie dem Jugendamt bekannt war, dass in jedem dieser Fälle die Familie eng vom Jugendamt betreut wurde und dass in jedem dieser Fälle Fehler gemacht wurden und die Kinder trotzdem zu Tode gekommen sind. Der Hamburger Kinderschutz, der Staat hat diese Kinder im Stich gelassen. Diese Serie gibt es so auch nur in Hamburg. Und da muss man, glaube ich, dann auch einmal die Klarheit haben und den Mut haben, zu sagen: Im Hamburger System des Kinderschutzes läuft etwas nicht richtig. Und da ist ein Thema, das immer wieder kommt und immer wieder auffällig ist, dass es in Hamburg diese Kleinteiligkeit der Zuständigkeiten gibt, dass plötzlich eine völlig neue Personalbesetzung, ein völlig neues Amt zuständig ist, wenn eine Familie von einem Stadtteil in den anderen umzieht, weil dieser in einem anderen Bezirk liegt.

Schauen wir uns doch einmal die Fälle an, die ich gerade genannt habe, die praktischen Probleme, die wir in der Vergangenheit hatten. Yagmur; das Parlament hat sich ausführlich damit auseinandergesetzt in einem Untersuchungsausschuss. Da war es genau so, da ist die Familie umgezogen, von einem Bezirk – erst von Bergedorf nach Mitte, dann von Mitte nach Eimsbüttel – in einen anderen. Und jedes Mal, bei jedem einzelnen Umzugsschritt sind kritische Informationen verloren gegangen. Bei jedem einzelnen Umzug mussten sich die Familie und auch die Ämter wieder neu aufeinander einstellen. Und die kritischste Information, nämlich dass es in dieser Familie schon einmal eine Kindeswohlgefährdung gegeben hat in der Vergangenheit, die ist verloren gegangen, weil die Familie umgezogen ist von einem Bezirk in den anderen. Meine Damen und Herren, das muss doch so nicht sein. Wir leben doch nicht in Russland, wo man drei Tagesreisen braucht von einem Ende ins andere, sondern wir sind ein Stadtstaat. Da muss ich so einen Zuständigkeitswirrwarr nicht haben, das kann man ändern, und deswegen unser Antrag dazu.

(Beifall bei der CDU)

Das Problem mit diesem Auseinanderfallen, dass die Zuständigkeit für den Kinderschutz, für die ASDs bei den Bezirken liegt, ist nicht nur ein räumliches, sondern es ist auch ein Zuständigkeitsproblem. Es ist das Problem, dass die Fachaufsicht

bei der Behörde liegt und die Dienstaufsicht, die das dann umsetzen muss, was für Vorgaben von der Behörde kommen, bei den Bezirken.

Und auch dazu lassen Sie uns doch einmal die Fälle anschauen. Lassen Sie uns doch einmal den Fall Yagmur anschauen. Wir haben den ausführlich aufbereitet. Wir haben einen riesigen Untersuchungsausschussbericht vorgelegt. Wir haben konkrete Maßnahmen – übrigens parteiübergreifend – beschlossen. Und dann mussten wir Ende letzten Jahres, in diesem Jahr haben wir es erfahren, erleben, dass genau diese Regeln einfach in der Praxis nicht umgesetzt wurden. Als jemand, der sich ausführlich mit diesem Thema, auch mit diesem Fall, beschäftigt hat, kann man mit sehr, sehr hoher Wahrscheinlichkeit sagen: Dieser Fall hätte verhindert werden können, wenn diese Regeln eingehalten worden wären. Das sind genau die Regeln, die beschlossen sind. Dass man keine kollegiale Beratung gemacht hat, dass es eine alleinige Entscheidung war, das Kind zurückzugeben in die Familie, wo es schon einmal eine Kindesmisshandlung gab, dass keine Kinderschutzkoordinatorin eingebunden wurde, dass kein Gutachten erstellt wurde, das aufklärt, ob eine Kindesmisshandlung vorgelegen hat – genau das sind Punkte, die wir alle schon einmal kannten. Und was haben wir dann erlebt im Ausschuss, als es darum ging, das aufzuklären? Der Bezirk hat gesagt: Ja, die Regeln – das haben wir schon irgendwie gesehen, aber wir hatten das Personal nicht. Die Sozialbehörde hat gesagt: Ja, wir haben es doch aufgeschrieben, die hätten es doch machen müssen. Man hat ein Hin- und Herschieben von Verantwortung gehabt, am Schluss war keiner mehr schuld, und am Schluss wusste keiner mehr, wer was … Und die Schuldfrage ist gar nicht einmal das Entscheidende, sondern wenn nach dem, was passiert ist, dieser schreckliche Fall immer noch so unklar ist, dann ist es doch klar, dass das Problem vorher ist: das sich nämlich nicht nur keiner verantwortlich fühlt am Schluss, sondern sich auch keiner zuständig gefühlt hat am Anfang. Und das ist das Problem, welches wir aufgrund dieses Auseinanderfallens von Fach- und Dienstaufsicht haben in Hamburg.

(Beifall bei der CDU)

Und es war ja nicht nur der eine Fall. Es war auch der Fall Chantal 2012, die in der Pflegefamilie verstorben ist, weil sie dort eine Methadontablette geschluckt hat. Daraufhin haben wir klare Regeln beschlossen – 2012, das ist vier Jahre her –, wie mit Pflegefamilien umzugehen ist, wie sie zu betreuen sind. Wir haben klare Bedingungen festgelegt, wie oft zum Beispiel Hilfeplangespräche stattzufinden haben. Und jetzt haben wir vor Kurzem eine Große Anfrage gestellt – Jahre später –, ob das denn eingehalten wird. Und die Antwort: Das ist nicht einmal nicht erfolgt, nicht zehnmal, das ist Hunderte Male nicht erfolgt. Nach Jahren wurden in über der

(Vizepräsident Dr. Wieland Schinnenburg)