Und ein letzter Punkt: Über Ihre Pressemitteilung zum Thema CityScope hab ich mich ein wenig gewundert. Seit einem Dreivierteljahr wird überall Bürgerbeteiligung gefordert, und damit haben Sie in der Sache ja auch recht. Jetzt macht man ein High-End-Bürgerbeteiligungsverfahren, in dem die Daten der Stadt zusammengeführt sind, und das Einzige, was Ihnen dazu einfällt, ist, das sei zu teuer. Sie hätten ja sagen können, wir seien zu spät darauf gekommen oder so, das hätten Sie alles sagen können,
(Michael Kruse FDP: Hätten Sie doch das kritisiert, Herr Tjarks! – André Trepoll CDU: Dann hätte das aber nicht so einen PR-Cha- rakter gehabt!)
aber Sie hätten wenigstens zum Ausdruck bringen können, dass das immerhin der richtige Weg sei. Dann hat Frau Stöver – nun warten Sie einmal ab – Ihnen noch sekundiert und gesagt, das sei nicht ergebnisoffen, weil der Verkauf von Grundstücken und die Erteilung von Baugenehmigungen dann schon lange passiert seien. Ich meine, guten Tag. Jeden Tag erfolgen der Verkauf von Grundstücken und die Erteilung von Baugenehmigungen. Wollen Sie diese privatwirtschaftlichen Verträge jetzt rückgängig machen?
Das ist doch genau der Punkt. Hier wird von 28 000 Bauüberhängen geredet. Die Wohnungen sind von Leuten gekauft, die dann darin wohnen wollen. Sie tun immer so, als könne man dort Massen von Flüchtlingen unterbringen. Das ist doch nicht richtig. Sie müssen auch einmal berücksichtigen, was die Realität ist und was in der Sache geht.
Das bedeutet insgesamt, dass wir jetzt mit der Initiative in die Sondierung eintreten werden. Ich glaube auch, dass das in der Sache gut ist. Ich freue mich, dass alle keinen Volksentscheid in dieser Stadt wollen. Dieses Ziel teile ich, und am besten ist es, wenn wir alle uns bewegen und zu gemeinsamen Lösungen kommen. In den nächsten sechs Wochen werde ich viel Zeit darauf verwenden, dass es klappt, und da bin ich jetzt erst einmal optimistisch.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich will einige Worte zu dem Antrag verlieren. "Mediation statt Konfrontation" heißt er. "Statt Konfrontation" finde ich gut, aber Mediation ist meiner Meinung nach nicht das richtige Verfahren. Mediation ist nämlich ein anerkanntes und gutes Verfahren, um bei Streitigkeiten Einigkeit herzustellen. Es ist ein gutes und bewährtes Verfahren, um Kommunikation auf Augenhöhe zu ermöglichen. Es gibt eine Menge Literatur dazu, und in dieser Literatur finden sich unter anderem Beschreibungen für Anwendungsgebiete, Rahmenbedingungen und Kriterien, wann Mediation sinnvoll ist und wann nicht. Ich bin deshalb ein bisschen fassungslos, dass Sie dieses in vielen unterschiedlichsten Konfliktsituationen sehr bewährte Instrument nun für den Konflikt der Flüchtlingsunterbringung vorschlagen. Ich bin fassungslos, dass Sie die im Allgemeinen guten Argumente für Mediation im Zusammenhang mit diesem Konflikt bringen. Ich glaube, da bringen Sie ein bisschen etwas durcheinander.
Erstens gibt es sogar ein in der Verfassung verankertes Verfahren der Konfliktbearbeitung. In dem Verfahren sind wir mittendrin, denn die in IFI zusammengeschlossenen Initiativen haben, bis auf eine kleine Ausnahme, in ihrer Mehrheit eine Volksinitiative auf den Weg gebracht, die die erste Hürde eindrucksvoll genommen hat. Die Bürgerschaft hat nun vier Monate Zeit, das Anliegen umzusetzen. Ansonsten kann die zweite Stufe des Verfahrens eingeleitet werden und so weiter. Geregelt ist auch, wer gegebenenfalls das Hamburgische Verfassungsgericht anrufen kann, nämlich der Senat, die Bürgerschaft, ein Fünftel der Abgeordneten oder die Volksinitiatoren. Fragen, die das Verfassungsgericht zu klären hätte, entziehen sich meines Erachtens einem Mediationsverfahren vollständig.
Natürlich ist Konfrontation gerade bei Themen im Zusammenhang mit der Unterbringung der Geflüchteten sehr schlecht. Es ist absolut sinnvoll und notwendig, dass die Kontrahenten miteinander sprechen und verhandeln. Wenn ich die bisherigen Debatten richtig verstanden habe – und das ist heute von allen mehr oder weniger noch einmal gesagt worden –, sind wir uns, aus vielleicht unterschiedlichen Gründen und in unterschiedlicher Intensität, aber doch einig, dass Volksbegehren und Volksentscheid nach Möglichkeit nicht stattfinden sollen. Wir haben das schon von Anfang an gesagt und vor der Gefahr gewarnt, dass unabhängig davon, ob die Volksinitiative das will oder nicht – und ich glaube nicht, dass sie es will, um das deutlich zu sagen –, trotzdem die Gefahr der Mobilisierung
Die Bürgerschaft hat die Anhörung durchgeführt. Ich fand sie ernüchternd. Die Senatsbefragung steht noch aus. Aber wie ich schon sagte, finden wir es unabhängig davon richtig, dass es nun offensichtlich zielgerichtete Gespräche mit der Volksinitiative gibt, um tragfähige und rechtlich einwandfreie Kompromissmöglichkeiten zu finden. Die IFI – es geht immer ein bisschen hin und her, IFI oder Volksinitiative – hat viele Forderungen aufgenommen, die seit Langem in der Stadt von verschiedensten Spektren diskutiert werden, wie Umwandlung von Leerstand oder Dachgeschosswohnungsausbau. Ich will jetzt die verschiedenen Forderungen nicht aufführen, aber wir finden sie alle richtig, weil wir es richtig finden, die Unterbringung so dezentral wie möglich durchzuführen. Dafür muss sehr viel mehr getan werden. Aber in einem stimme ich mit Rot-Grün überein: Das Problem werden diese Maßnahmen allein nicht lösen. Also Gespräche gut, Kompromisse gut, aber das Verfahren der Mediation ist ungeeignet.
Denn zweitens möchte ich Ihnen in Erinnerung rufen, dass der Senat beziehungsweise die Exekutive verantwortlich ist für die Ausführung der Gesetze und darüber hinaus natürlich auch normsetzende Befugnisse wahrnimmt. Der Senat trägt maßgeblich die Verantwortung für die menschenwürdige Unterbringung der in Hamburg unterzubringenden Geflüchteten, und zwar aller und egal, wie viele kommen.
Frau Prien sagte, die Situation habe sich geändert. Sie ändert sich aber, wie ich schon bei einer der letzten Debatten gesagt habe, weil es diesen Deal mit der Türkei gibt, weil auf den griechischen Inseln unerträgliche Zustände herrschen, weil meiner Meinung nach völkerrechtswidrig Geflüchtete ohne Verfahren in die Türkei abgeschoben werden, weil in der Türkei auf Flüchtlinge geschossen wird, weil Flüchtlinge auf andere Routen gedrängt werden und weil das Ertrinken im Mittelmeer auf der Route zwischen Nordafrika und Italien wieder zunimmt. Auf der Basis finde ich es sehr problematisch, auf Einschätzungen aufzubauen, die damit kalkulieren, dass die Grenzen geschlossen und die Routen verstopft werden. Das wird auch nicht gelingen. Deshalb kann man sagen, dass die Flüchtlingszahlen im Moment zurückgehen, aber auf der Basis zu planen, das dürfen wir nicht machen.
Jetzt komme ich zu dem Problem. Die zur Abstimmung gestellten Forderungen der Volksinitiative sehen Obergrenzen für Stadtteile und Quartiere vor und laufen damit auf eine Obergrenze für Hamburg hinaus. Aber an der Verpflichtung durch internationales EU- und bundesdeutsches Recht kann kein Mediationsverfahren rütteln. Sie entziehen sich einem Mediationsverfahren. Jeder gefundene Kompromiss muss die rechtlichen Verpflichtungen achten,
und das ist eben die menschenwürdige Unterbringung aller Geflüchteten. Wir stellen natürlich fest, dass die Volksinitiative inzwischen die Integration der Geflüchteten in den Vordergrund stellt. Das ist gut. Aber abgestimmt wird in dem Volksgesetzgebungsfahren, das läuft, über die Forderungen, und die sind in unseren Augen sehr problematisch.
Damit komme ich zum dritten Punkt. Wenn es um Integration geht, um die Vermeidung weiterer Desintegration unserer Stadtgesellschaft, wenn es um Grundrechte wie das Grundrecht auf Wohnen geht, dann müssen wir selbstverständlich nicht nur mit der Volksinitiative im Gespräch bleiben, auch wenn sie derzeit am meisten Druck ausübt, sondern auch mit sehr vielen Akteurinnen und Akteuren, deren Beteiligungsrechte wir berücksichtigen müssen. Das sind die Geflüchteten selbst, die vielen solidarischen Initiativen und ihre Vernetzungsstrukturen, die Integration Tag für Tag praktizieren, die Wohnungssuchenden, die auf preisgünstigen Wohnraum und auf Sozialwohnungen angewiesen sind. Herr Dressel hat den Mieterverein als eine Vertretung genannt. Auch die Sozialverbände, die sich insbesondere für die Belange der Wohnungslosen einsetzen – Diakonie, PARITÄTISCHER, Caritas und wie sie alle heißen – sind Gesprächspartner, wenn es um die Lösung dieser Probleme geht, um die Integration nicht nur der Geflüchteten, sondern auch um die Integration dieser Stadtgesellschaft, die sehr stark unter der Wohnungsnot, unter dem Mangel an preisgünstigen Wohnungen leidet.
Deshalb müssen Sie sich mit Ihrem Antrag ein bisschen den Vorwurf gefallen lassen, mit Ihrem Vorschlag einer Mediation zwischen IFI und Senat eine doch etwas enge Interessen- und Klientelpolitik zu betreiben. Wir müssen das Gespräch mit allen Beteiligten suchen, mit allen, die unter der Situation leiden, mit allen, für die es Lösungen braucht, und die Lösung der Wohnungsnot gehört dabei nach ganz oben.
Deshalb ist Ihr Antrag für ein gelingendes Zusammenleben nicht direkt förderlich, und ich glaube auch, dass er der IFI nicht so richtig gerecht wird. – Schönen Dank.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Gegen den Antrag der FDP bezüglich der Mediation ist im Prinzip nichts zu sagen, aber dennoch wird dieser Antrag sicherlich abgelehnt werden. Er wird scheitern, obwohl er sich als probates Mittel für die Vermittlung von unterschiedlichen Interessen bewährt hat. Dieser Antrag wird abgelehnt werden, denn würde die Regierungskoalition diesen Antrag annehmen, würde sie sich damit eingestehen, dass sie allein, ohne fremde Hilfe, nicht in der Lage ist, sich Sorgen und Nöte der Bevölkerung anzuhören und vor allen Dingen diese in ihre Entscheidungsfindung einfließen zu lassen.
Zumindest muss infolge dessen sowohl der äußere Anschein als auch das Gesicht gewahrt werden. Der Antrag wird daher wie gesagt mit Sicherheit abgelehnt werden – Herr Münster, Sie können uns ja gern eines Besseren belehren, stimmen Sie ihm zu –, oder er wird in den Ausschuss überwiesen und dann eben dort abgelehnt werden. Es ist einfach so, dass eine Regierung, die so hohe Wahlbeteiligungen erzielt und die das Olympia-Referendum nur aufgrund diffuser höherer Gewalt verloren hat, keinerlei Nachhilfe oder Mediation braucht. So viel zu dem Thema der Mediation und zu dem Antrag, der in diesem Teil debattiert werden soll.
Dann geht es noch um die Flüchtlingsunterbringungen. Was mache ich, wenn ich die Flüchtlinge aus diesen prekären Wohnsituationen herausholen möchte? Wir haben jetzt viel gehört, von wegen Dachgeschosse ausbauen oder ein Baulückenfindungsprogramm – Sie nennen das jetzt anders – initiieren, es sollen neue Wohnungen gebaut werden – alles Maßnahmen, die sicherlich in die richtige Richtung gehen, aber Zeit brauchen. Und ich denke doch, die haben wir nicht, oder es ist zumin
dest mehr Eile geboten. Ich schaue also nach vorhandenen Ressourcen, die ich sofort nutzen könnte, außer Turnhallen und Baumärkte. Und würden Sie es mit diesem Herausholen ernst meinen, dann darf Ihre Denke nicht an der Landesgrenze Halt machen. Wir alle wissen, dass es in unseren benachbarten Bundesländern Ressourcen gibt, die sehr wohl genutzt werden könnten, wenn der Schwerpunkt auf Verhandlungen mit diesen Ländern gesetzt werden würde, damit – notfalls auch mit entsprechender finanzieller Unterstützung – diese Ressourcen genutzt werden können. Diese Verhandlungen mit unseren Nachbarländern hätten Sie aufnehmen sollen und das Ganze bei voller Übernahme der Kosten durchführen müssen.
Da sind Verhandlungen gelaufen, das ist richtig, aber nicht ausreichend, denn es befinden sich, wie wir gehört haben, immer noch Tausende von Flüchtlingen in prekären Wohnsituationen.
Das ist doch das Ziel: Es geht nicht darum, sich freizukaufen und die Flüchtlinge in das Nachbarland abzuschieben, sondern darum, sie möglichst schnell herauszuholen. Und dort sind Kapazitäten sowohl in Form von Helfern als auch in Form von Wohnraum vorhanden. Warum diese also nicht nutzen? Notfalls kann man dies auch mit Geld erkaufen, um die Zeit dafür zu gewinnen, diesen geplanten Wohnungsbau, der jetzt richtigerweise avisiert wird, durchzuführen, um Druck aus dem Kessel zu nehmen.
Stattdessen versuchen Sie, in Hamburg mit relativ großer Hektik Flüchtlingsunterkünfte aus dem Boden zu stampfen. Das bringt jede Menge Unruhe in die Bevölkerung. Bei übereiltem Aktionismus werden dann – so ist es nun einmal, wenn man in Eile handeln muss – auch noch Fehler gemacht. Wir haben es vorhin gehört: monatelanger Leerstand von 900 Plätzen aufgrund fehlender Brandschutzklassen. Eine Politik der ruhigen Hand, so wie sie Ex-Bundeskanzler Helmut Schmidt einmal angemahnt hat, wäre sehr wohl angebracht.
Wäre es Ihnen ernst mit der Unterbringung von Flüchtlingen mit Bleibeperspektive, hätten Sie Ihren Handlungsschwerpunkt nicht darauf gelegt, eilig Gesetzesänderungen durchzuprügeln, um Enteignungen zu vereinfachen und ein Zweiklassenbaurecht zu schaffen. Dann basteln Sie das ganze Konstrukt auch noch so falsch, dass die ursprünglich geplanten 5 600 Wohnungen, die Sie für Ende dieses Jahres avisiert hatten, nur dann gebaut werden könnten, wenn diese zu 100 Prozent mit Flüchtlingen belegt werden. Herr Tjarks, es tut mir leid, dass ich dieses Wort jetzt doch noch einmal benutzen muss: Sie manifestieren mit dieser Vor
gehensweise genau die Gettoisierung der Flüchtlinge und garantieren die Schaffung der künftigen sozialen Brennpunkte.