Protocol of the Session on April 27, 2016

Vielen Dank, Frau Dr. Schaal. – Jetzt hat Herr Gamm von der CDU-Fraktion das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Meine Vorrednerin hat die Vorzüge des Programms fifty/fifty bereits umfassend dargestellt. Deshalb möchte ich an der Stelle darauf verzichten, das noch einmal zu wiederholen. Die Historie dieses Programms hat gezeigt, dass zur Forcierung des Klima- und Ressourcenschutzes eine rein

intrinsische Motivation oft nicht ausreicht, sondern dass es an vielen Stellen Sinn macht, für eine extrinsische Motivation zu sorgen. Genau das hat man mit diesem Programm erreicht. Das heißt, Schulen, die sich aktiv um den Umwelt- und Ressourcenschutz bemühen, helfen nicht nur der Sache des Klimaschutzes, sondern partizipieren unmittelbar selbst finanziell an den Früchten ihrer eigenen Bemühungen, und das ist sehr sinnvoll. Daher hat das Programm sich eben nachweislich bewährt und ist in der Vergangenheit auch von den CDU-geführten Senaten stets unterstützt worden. Daher scheint es sinnvoll, dieses Programm auch für künftige Schülergenerationen zu erhalten und weiterzuentwickeln.

Was nun aber den vorliegenden Antrag betrifft, so führt uns das doch zu einigen Fragen. Warum soll für die Weiterentwicklung dieses Programms ein externes Institut beauftragt werden? Ist die Behörde für Umwelt und Energie nicht willens oder, vielleicht noch schlimmer, etwa gar nicht in der Lage, eine Fortentwicklung selbstständig zu erarbeiten? Um es an dieser Stelle einmal sehr deutlich zu sagen: Es geht nicht um die eigenständige Entwicklung eines bemannten Raumfahrtprojekts für die Stadt Hamburg, sondern um die Fortentwicklung einer Maßnahme, die es schon seit 20 Jahren gibt. Da muss man, glaube ich, die Kirche im Dorf lassen. Und um dem Eindruck fehlender Ressourcen oder fehlender Kompetenzen auf dieser Seite der Regierung entgegenzutreten, der an dieser Stelle erweckt wird, möchte ich nur ein Beispiel nennen: In den Verfahren um Flüchtlingsunterkünfte hat der Senat horrende Rechtsanwaltsgebühren entrichten müssen, obwohl er über eine Vielzahl von eigenen, hochqualifizierten Anwälten verfügt, die den beauftragten Anwälten fachlich in nichts nachstehen sollten. Das ist ein ganz schwaches Bild, das an dieser Stelle nach außen vermittelt wird. Für jedes Thema werden externe Dienstleister mit Steuermitteln finanziert,

(Dr. Monika Schaal SPD: Die leben doch selbst davon!)

um Aufgaben wahrzunehmen, für die eigentlich die Behörden selbst auch operativ verantwortlich sind. Um es ganz klar zu sagen, Gutachten machen Sinn, ja, aber man muss dann doch fragen, ob man alles extern vergeben muss oder bestimmte Dinge von den Behörden nicht auch selbst erledigt werden müssen.

Doch zurück zum Antrag. Dieser ist auch vor dem Hintergrund enttäuschend, dass es keine konkreten Aussagen zu den Fördersummen gibt. Ein bisschen mehr Mut hätte ich mir da schon von den Kollegen der Regierungsfraktionen gewünscht. Somit wird fifty/fifty nicht einfach an die Gegebenheiten angepasst und fortgeführt, sondern die Entscheidungen über die konkreten Inhalte werden wieder einmal in die Zukunft vertagt. Gleichzeitig

(Dr. Monika Schaal)

wird die Entwicklung einer Kommunikationsstrategie gefordert, was sich ambitioniert anhört, aber letzten Endes inhaltsleer bleibt. Und zu der Aussage, eine Homepage würde helfen, kann ich nur Folgendes sagen: Eine Homepage hat rein gar nichts mit einer Kommunikationsstrategie zu tun, sondern es handelt sich dabei lediglich um eine einzelne Kommunikationsmaßnahme.

(Beifall bei der CDU)

Der zur Abstimmung stehende Antrag verdeutlicht erneut, was dieser Senat unter ordentlichem Regieren versteht. Rot-Grün gebärdet sich einmal mehr als Ankündigungsweltmeister. Er taucht ab im Unkonkreten, er erarbeitet in den wenigsten Fällen selbstständig eigene Lösungen und vertagt wichtige Entscheidungen in die Zukunft, sei es der Luftreinhalteplan oder die Fortentwicklung der Fernwärmeversorgung in Hamburg, und nun auch die Weiterentwicklung des Programms fifty/fifty. Dieser Stil zieht sich geradezu wie ein Tristanakkord durch das gesamte politische Handeln dieses Senats, allerdings mit dem Unterschied, dass sich diese Dissonanz nur in den wenigsten Fällen am Ende in Wohlklang auflöst. Da es aber letztendlich um das Programm und nicht um den Antrag von Rot-Grün geht, werden wir diesem zustimmen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Gamm. – Jetzt hat Frau Sparr von der GRÜNEN Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Gamm, es freut mich, dass Sie nun nach so viel bildungsbürgerlichem, hochkulturellem Aufwand dann doch unserem Antrag zustimmen wollen. Das hatte ich nach dem Aufschlag anders erwartet, aber umso besser.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Hamburg hat sich mit seinem Klimaplan das Ziel gesetzt, seinen CO2-Ausstoß drastisch zu reduzieren. Das ist dringend nötig, denn wenn wir den weltweiten Temperaturanstieg wirklich bremsen wollen, müssen Länder, Regionen und Städte ihren Beitrag dazu leisten, und das geschieht nicht von selbst.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Es sind nämlich die Bürgerinnen und Bürger, die beruflich und privat die Hebel dazu in der Hand halten, denn der Energieverbrauch sinkt nicht von selbst, sondern dann, wenn zum Beispiel eine Hauseigentümerin oder ein Firmenbesitzer beschließt, das Gebäude endlich energetisch zu sanieren und statt der alten Ölheizung vielleicht eine Solaranlage aufs Dach zu setzen und eventuell noch einen Brennkessel in den Keller zu stellen.

Das Bewusstsein dafür, dass es letzten Endes wir selbst sind, die handeln müssen, muss von nun an jede Generation wieder neu erlernen. Und welcher Ort wäre dafür besser geeignet als unsere Schulen?

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Dort kann und muss den Kindern einleuchtend erklärt werden, warum so etwas Unsichtbares wie Kohlendioxid für unser Klima so schädlich ist und was dies mit dem Lebensstil, dem Verbrauch von Heizenergie und anderen Brennstoffen und auch mit dem Einsatz von Einwegverpackungen und möglicherweise Coffee-to-go-Bechern zu tun hat.

Aus der Einsicht muss dann Handeln folgen, und am schönsten ist es immer, wenn dann noch die Erfolge unmittelbar sichtbar werden. Dies ist die unschlagbare Stärke des Programms fifty/fifty. Hier wird den Kindern und Jugendlichen klar, wenn sie als Letzte aus dem Klassenzimmer gehen und vorher das Licht ausmachen und die Fenster schließen, bringt das unmittelbar etwas für ihre Schule und damit für den Raum und das Lernumfeld, in dem sie sich täglich viele Stunden aufhalten. Wenn es gelingt, diesen Zusammenhang erfahrbar zu machen, wird er für die späteren Erwachsenen auch in abstrakteren Formen erkennbar werden, und sie werden dann auch hoffentlich danach handeln.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Nun haben sich seit der Einführung des Programms 1994 einige Rahmenbedingungen verändert. Viele Schulen sind saniert worden oder haben Anbauten und neue Gebäude erhalten, die einen besseren Energiestandard aufweisen als die Altbauten, sodass sich das Einsparpotenzial verringert hat. Wir haben es hier allerdings keineswegs mit Niedrigstenergie- oder Passivhäusern zu tun. Hamburgs Schulgebäude verbrauchen immer noch jährlich Heizenergie für 24 Millionen Euro und Strom für 13 Millionen Euro; das sind die Zahlen von 2014.

Hinzu kommt, dass die Schulgebäude nicht mehr direkt der Stadt gehören, sondern diese mietet sie vom städtischen Dienstleister Schulbau Hamburg. Dadurch lassen sich die Einspareffekte nicht mehr direkt innerhalb des pädagogischen Systems gutschreiben, sondern es müssen Umwege gegangen werden. Aber Schulbau Hamburg, und das finde ich sehr erfreulich, hat die Bedeutung des Programms fifty/fifty anerkannt und hat es zum integralen Bestandteil seines Energiemanagements gemacht.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

In diesem Zusammenhang ist noch einmal deutlich zu sagen, dass der materielle Umfang des bisherigen Programms erhalten bleiben soll. Aber man muss sich schon ein paar Gedanken darum ma

(Stephan Gamm)

chen, wie man das künftig aufstellt, wie man zum Beispiel auch Abfallvermeidung und andere Themen einbezieht.

Aber schon die Tatsache, dass Schulbau Hamburg sich weiter zu dem Programm bekennt, zeigt, dass die Probleme lösbar und gering sind angesichts der Aufgabe, den Klimaschutz als Gemeinschaftsaufgabe im Verstand und auch in den Herzen der jungen Menschen zu verankern. Um wirklich gute Lösungen zu finden, ist es manchmal schon sinnvoll, sich externen Sachverstand dazuzuholen.

(Glocke)

Vizepräsidentin Christiane Schneider (unterbre- chend): Frau Sparr, ich möchte Ihnen zum Wort verhelfen. Deswegen möchte ich alle bitten, die Gesprächsbedarf haben, nach draußen zu gehen oder der Rednerin zuzuhören. Danke schön.

Der Blick von außen findet oft schnellere und leichtere Lösungen als der von innen, besonders, wenn an der Lösung struktureller Probleme mehrere Fachbehörden beteiligt sind. Ich denke, das ist eine sinnvolle Lösung, die nicht die Welt kosten wird. Vor allem werden sich die Kosten durch die zu erzielenden Einsparungen relativ schnell amortisieren. Darum bitten wir die Bürgerschaft um Zustimmung dafür, dass der Senat das Programm weiterführen und den Beratungsauftrag vergeben kann. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank, Frau Sparr. – Jetzt hat Herr Jersch von der Fraktion DIE LINKE das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die in der letzten Zeit immer einmal wieder prophezeite Beerdigung von fifty/fifty ist vorerst abgesagt, und das ist gut so.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir haben ein tolles Programm mit Win-Situationen für Schule, Stadt, Klima und das Bewusstsein bei den Schülerinnen und Schülern. Wir haben eine prima Kosten-Nutzen-Bilanz, aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, damit dann genug der positiven Bemerkungen. Wir haben in Hamburg auch eine verheerende Klimabilanz. Da beißt keine Maus den Faden ab. Die von fifty/fifty aufgeführten CO2-Einsparungen reichen gerade einmal, um etwas mehr als acht Tage Moorburg bei Volllast fahren zu lassen, und das mit Einsparungen über 20 Jahre.

(Dr. Monika Schaal SPD: Das ist ja wohl nicht das Einzige, was passiert! Das wissen Sie auch, Herr Jersch!)

Ja, Frau Schaal, das muss man dann auch einmal wirklich so sagen und in Relation bringen.

Ich stimme Ihnen zu, dass wir auf das sich offensichtlich in der Krise befindende Programm einen kritischen Blick werfen müssen. 20 Prozent weniger Schulen nehmen daran teil. Musikinstrumente, Bibliotheksausstattungen, Lehrmaterialien müssten meiner Meinung nach aus anderen Töpfen finanziert werden. Der Schulsenator macht sich da einen richtig schlanken Fuß. Die Schulen brauchen Unterstützung, wenn sie das Geld für diese Dinge mit solchen Maßnahmen auftreiben müssen.

(Beifall bei der LINKEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, im Antrag lesen wir, dass Anreizsysteme geschaffen werden sollen, dass der finanzielle Rahmen beibehalten werden soll. Anreizsysteme gibt es allerorten. Wo sie geändert werden sollen, ist mir in diesem Antrag nicht wirklich transparent. Der finanzielle Rahmen soll beibehalten werden, ohne dass gesagt wird, wie dieses Programm weitergestaltet werden soll, ohne mehr Geld für das Klima in die Hand zu nehmen.

Sie erwarten transparente und nachvollziehbare Abrechnungsmodalitäten. Im Internet sind diese drei Seiten lang. Ich finde, das ist relativ transparent, und ich kann mir nicht vorstellen, was Sie da machen. Die hier angesprochenen Anlagen zur Gewinnung von erneuerbaren Energien beziehungsweise deren Prüfung tauchen im Klimaplan bereits an anderer Stelle auf. Hier wird recycelt. Damit tun Sie der Umwelt aber nichts Gutes. Sie recyceln Ihre eigenen Aussagen mehrfach an verschiedenen Stellen und verkaufen das dann auch noch als gut. Das ist wirklich Rosstäuscherei.

(Beifall bei der LINKEN)

Der Kollege Gamm hat die externe Beratung angeführt. Wenn ich sehe, was die externe Beratung tun soll, dann habe ich das Gefühl, dass Sie Ihren Disput aus der letzten Legislaturperiode extern gern bereinigen möchten, als es nämlich um die Kommunikationsstrategie, sprich die Website und den Newsletter, ging und darum, ob man zentralisiert oder, wie die SPD es getan hat, die Strukturen dieses Projekts zerschlägt.

Best-Practice-Beispiele gibt es bundesweit mittlerweile Hunderte, die man sich ansehen kann, und ich denke, dass die Behörde genug Know-how hat, um das für sich selbst zu tun. Eine externe Moderation, um eventuell einen Konflikt in der Koalition zu bereinigen, nachdem vergangenes Jahr der Klimabär in der Bürgerschaft hin und her wogte, ist einfach zu teuer. Das Geld könnte zusätzlich für das fifty/fifty-Budget benutzt werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Die GRÜNEN haben festgestellt, das Projekt werde zurück in die SPD-Linie geführt. Was aus dem Projekt in der letzten Legislaturperiode geworden

(Ulrike Sparr)

ist, ist in der Tat SPD-Linie, und ich sehe die GRÜNEN an dieser Stelle wieder kuschen und die Änderungen mitnehmen. Deswegen kann ich am Schluss nur sagen: So gut das Projekt ist, so wichtig es ist, es fortzuführen, hier ist wieder Zögern und Zaudern statt Handeln und Bewegen das Konzept dieser Koalition. Wir könnten schneller sein, wir könnten mehr tun mit ein bisschen mehr Engagement und ein bisschen mehr Verständnis für die Sache. – Danke.