Protocol of the Session on April 27, 2016

(Beifall bei der CDU und der AfD)

Bürgermeister Scholz und besonders Herr Innensenator Grote, stellen Sie sich Ihrer Verantwortung. Packen Sie es an nach 100 Tagen Amtszeit. Befassen Sie sich mit dieser Thematik, sonst wird das demnächst ein schlimmes Ende haben. – Vielen Dank.

Das Wort hat Herr Gögge von der GRÜNEN Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Für die AfD geht es heute angeblich nicht um die Kunstfreiheit an und für sich. Ich sage aber: Es geht um gar nichts anderes bei diesem Antrag.

Kollege Schmidt hatte schon erwähnt, dass wir vor Kurzem im ganzen Land die Causa Böhmermann diskutiert haben, und damals kritisierte die AfD den – Zitat –

"politischen Kniefall der Bundeskanzlerin vor Präsident Erdogan"

und bezeichnete diesen als

"rückgratlos".

Einige Wochen später – wenige Tage, würde ich sogar behaupten – sieht das schon wieder ganz anders aus, und die AfD möchte munter die freie Meinungsäußerung einschränken und Auftrittsverbote für Musikgruppen verhängen, die von Ihnen als sogenannte Hass-Bands eingeordnet werden. Kann das zusammenpassen? Nein, aber zur AfD passt es umso besser.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Artikel 5 Absatz 3 des Grundgesetzes schützt die Freiheit des künstlerischen Ausdrucks. So viel wurde heute auch schon erwähnt. Klar ist, Kunst darf, nein, muss sogar provozieren. Unsere Demokratie kann, soll und wird das aushalten.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Jede Punkband muss natürlich ihr Image pflegen, erst recht, wenn sie aus Hamburg-Langenhorn stammt. Songs gegen Staat, Polizei und Politik sind durchaus auch dabei. Keine Frage, es gibt Grenzen, nicht nur die des sogenannten guten Geschmacks. Einer der beiden Titel, der im AfD-Antrag erwähnt wird, ist daher wie schon erwähnt seit Jahren indiziert und wird von Slime auch überhaupt nicht mehr zum Besten gegeben. Er spiegelt übrigens in klassischer Punk-Tradition die radikale Ablehnung einer Gesellschaft wider, mit der die Mitglieder der Band und auch ihre Fans nur negative Erfahrungen gemacht haben, aber der Jugendschutz hatte hier Vorrang vor dem Kunstschutz.

Auch bei Volksverhetzung, Sexismus und Homophobie – das alles ist Ihnen zumindest von Ihren Kolleginnen und Kollegen in anderen Bundesländern bekannt – gibt es selbstverständlich in unserem Staat Stoppsignale.

(Beifall bei den GRÜNEN, der LINKEN und vereinzelt bei der SPD)

Aber diese Grenzen werden nicht von Parlamenten, sondern von Gerichten gesetzt, und das ist auch gut so.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und ver- einzelt bei der LINKEN)

Beim Lied "Deutschland", aus dem der Kollege Nockemann zu zitieren versucht hat, sieht die Sachlage anders aus. Dazu gibt es ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts – ich weiß nicht, ob Sie es gelesen haben; das wäre eigentlich angebracht gewesen. Dort wurde festgestellt – ich führe das noch einmal weiter aus als der Kollege Schmidt –, dass dieser Titel keinen Aufruf zur Vernichtung des Staates darstellt, sondern ihn anerkennt als, und jetzt zitiere ich aus dem Urteil:

"[…] plakative, drastische Kritik mit satirischem Einschlag an gesellschaftlichen und politischen Zuständen in Deutschland".

(Dirk Nockemann AfD: Armes Deutschland!)

(Karl-Heinz Warnholz)

Sie können beim Bundesverfassungsgericht persönlich anbringen, dass Sie das so sehen.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Ich finde, wir als Parlament und auch Sie als AfDFraktion haben die Würde der Gerichte zu wahren.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Ich gehe einmal genauer auf den Inhalt ein: Was hat die Band Slime denn eigentlich gemacht? Sie hat provozierend die Parole "Deutschland muss leben, und wenn wir sterben müssen" vor dem Kriegsklotz am Stephansplatz, den Sie alle kennen, provokant umgekehrt in "Deutschland muss sterben, damit wir leben können".

Ich muss mich einmal outen: Ich bin kein Fan von Punkrock, aber diese drastische Art der Kritik muss drin sein, und zwar auch dann, wenn es den Herren rechts außen nicht passt.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Auf die CDU und ihren Zusatzantrag möchte ich nur kurz eingehen. Das populistische Gebrüll der AfD gilt es zu entlarven, doch stattdessen versuchen die Christdemokratinnen und Christdemokraten in diesem Haus, ein paar Bonuspunkte von ganz rechts zu sammeln. Das geht nicht.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Meine Damen und Herren von der CDU, es spricht doch wahrlich Bände, dass ein seriöser, gestandener Kulturpolitiker wie Dietrich Wersich sich heute nicht zu diesem Antrag äußert und damit nicht in Verbindung gebracht werden will. Das spricht doch alles für sich.

(André Trepoll CDU: Weil er Geburtstag hat, Mensch!)

Ja, er sitzt hinten. Er ist nicht nicht da.

(André Trepoll CDU: Aber der hält keine Re- den an seinem Geburtstag!)

Das ist Ihre Entscheidung, aber es sendet ein sehr deutliches Signal aus.

Nicht nur die Trittbrettfahrerei der CDU, sondern auch das Stellen eines exakt wortgleichen Antrags, der bereits vor Monaten behandelt wurde, ist nicht nur peinlich, sondern auch unanständig.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Wer ständig von Ideologie spricht, sollte doch hin und wieder auch sich selbst reflektieren. Slime singt "Demokratie, die klappt wohl nie." Ich meine: Sie klappt wohl. In diesem Sinne erkläre ich für meine Fraktion: Ja zur Demokratie, Ja zum Rechtsstaat, Ja zur Kunstfreiheit. Und genau aus

diesem Grund: Nein zum CDU-Antrag und ein sehr klares Nein zur AfD. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Das Wort hat Frau Schneider von der Fraktion DIE LINKE.

Meine Damen und Herren, Herr Präsident! Meine Vorredner haben schon viel gesagt, und eigentlich müsste ich nicht mehr viel dazu sagen, aber es macht gerade so viel Spaß, und deswegen sage ich auch noch etwas.

Die AfD beantragt, auf den Senat einzuwirken, damit er für die Gruppe Slime und andere sogenannte extremistische Gruppen und Hass-Musiker ein Auftrittsverbot beim diesjährigen und bei allen künftigen Hafengeburtstagen durchsetzt. Dann springt ihr auch noch die CDU bei, die aus der aktuellen Entwicklung in Österreich offensichtlich nichts lernen will. Wenn Parteien der Mitte Rechtsaußenpositionen übernehmen, dann stärkt das Rechtsaußen und die Leute wählen das Original, nicht die Kopie.

(Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN)

Nach scharfen Rechtskurven der ÖVP erhielt der ÖVP-Kandidat bei den Präsidentenwahlen 11,1 Prozent im Gegensatz zu dem FPÖ-Kandidaten, der 35 bis 36 Prozent erhielt.

(André Trepoll CDU: Über Österreich reden wir hier doch gar nicht! Du musst auch mal zur Sache sprechen!)

Der ÖVP-Kandidat erhielt 11 Prozent und, meine Damen und Herren auch von der CDU, da ist bei Ihnen doch noch Luft nach unten.

(Beifall bei der LINKEN)

Kolleginnen und Kollegen von der CDU, lassen Sie sich doch nicht von der AfD so am Nasenring herumführen. Worum geht es? Es geht um Slime, eine Punkband; der "Spiegel" schrieb 2013 in einer Rezension:

"Nur wenige deutsche Gruppen verstanden sich jemals so geschickt darauf, Rock 'n' Roll mit Provokationen, Politik und Haltung zu kombinieren".

Slime war von Beginn an nicht nur eine Punkband, sie war eine linke Punkband, die unterschiedliche Lebensgefühle und Haltungen ansprach und zum Ausdruck brachte: nonkonformistische, rebellische, anarchistische, antiautoritäre, libertäre. Ich kann schon nachvollziehen, dass Sie von Rechtsaußen Slime als Ausdruck all dessen sehen, was Sie nie