Protocol of the Session on January 20, 2016

Dabei wollen wir gar nicht die Grenzen für Flüchtlinge schließen. Wir wollen nur die Grenzkontrollen zu Österreich verschärfen. Und wir müssen auch nicht fürchten, dass Frankreich oder Belgien oder Polen neue Durchreiseländer werden. Es reicht vollkommen aus, die Grenzkontrollen zu Österreich zu machen. Denn die anderen an Österreich angrenzenden Länder haben sich das alles schon zu eigen gemacht, weswegen von daher kein Durchstrom von Flüchtlingen kommen wird.

Es gibt keine Alternative zu strikten Grenzkontrollen in Deutschland. Alles andere hat versagt. EUSchengen an den Außengrenzen hat nie funktioniert, was die unbedingte Voraussetzung für die Öffnung der Binnengrenzen war. Frontex ist wirkungslos. Die Verhandlungen mit der Türkei haben gar nichts gebracht. 160 000 Flüchtlinge sollten in die einzelnen EU-Länder umverteilt werden und Aufnahme finden. Bei 272 hat die EU-Kommission es geschafft, das sind 0,2 Prozent. Die deutsche Politik müsste aber dafür sorgen, dass das funktioniert. Das ist ein Armutszeugnis der deutschen Politik, wie es das in der Nachkriegsgeschichte überhaupt noch nicht gegeben hat.

(Beifall bei der AfD)

Zu dieser Außensicht, die für sich schon reicht, kommen noch fünf Probleme im Inneren hinzu.

(Frank Schmitt SPD: Oder auch sechs!)

Auch Deutschland kann den ungebremsten Anstieg nicht länger bewältigen. Täglich kommen

trotz bitterer Kälte 3 000 bis 4 000 Menschen – das war Stand 7. Januar 2016. Aufs Jahr gerechnet wären das noch einmal 1,3 Millionen. Die Zahl ist nicht mehr handhabbar, das wissen wir von den Ländern und Kommunen.

Schwedens Ministerpräsident Löfven begründet die Einführung strikter Passkontrollen noch mit einem weiteren Argument. Er sagt, dass wir uns wieder Klarheit verschaffen müssen, wer in unser Land kommt, wer durch unser Land fährt, wer sich in unserem Land aufhält. Beispiele dafür, wie wenig das zurzeit in Deutschland der Fall ist, haben wir doch genug. Das fängt an bei dem islamistischen Attentäter, der die Polizeistation in Paris gestürmt hat. Er hatte sieben verschiedene Identitäten – Tunesier, Marokkaner, Syrer, Georgier –, zuletzt war er in Recklinghausen. Das reicht bis zu den Abertausenden Menschen, die aus Marokko und Algerien ohne Asylgründe plötzlich im Land sind, meistens als Syrer eingereist. Anlässlich der jüngsten Polizeirazzia in Düsseldorf wegen Diebstählen, Raub, Drogenhandel, Bandenwesen wurden 294 Menschen überprüft, und gleich 40 mussten festgenommen werden, davon 38 auch wegen illegalen Aufenthalts. Heute Morgen ist Ähnliches in Köln passiert – gleiche Zielgruppe, gleiches Ergebnis. Das sind Zustände wie in einer Bananenrepublik. Das darf so nicht hingenommen werden. Wir müssen zurück zu rechtsstaatlichen Kontrollen.

(Beifall bei der AfD)

Jetzt ist der richtige Zeitpunkt dafür. Jetzt im kalten Winter fällt das Umsteuern leichter. Die Zahlen sind deutlich geringer. Im Frühjahr werden sie wieder steigen. Dann haben wir nicht mehr 3 000, sondern wieder 10 000 Menschen vor den Grenzen stehen. Das ist unverantwortlich. Wir müssen das jetzt machen, auch im Sinne der Flüchtlinge.

Die Integration geht nicht ohne Beteiligung, ohne inneren Zuspruch der deutschen Bevölkerung, denn sie muss die Zuwanderer im Alltag integrieren. Nach dem jüngsten ZDF-Politbarometer glauben 60 Prozent der Bevölkerung nicht mehr, dass wir die vielen Flüchtlinge verkraften. Sie stehen nicht mehr hinter dieser Politik. Sie glauben nicht mehr, dass wir die Flüchtlinge integrieren können. Wir müssen doch einmal zur Kenntnis nehmen, dass zwei Drittel der Bevölkerung das nicht mehr sehen.

Man muss bedauern, was im Moment auch innerhalb unserer Republik passiert, nämlich dass sich Bürgerwehren bilden, Abertausende Likes auf ihren Gründungsseiten haben, Kneipen- und Clubbesitzer sich zum Selbstschutz zusammenschließen und es einen republikweiten Run auf Eigenbewaffnung, wie seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr, gibt. Frei verkäufliche Waffen sind praktisch nicht mehr zu erhalten. Registrieren Sie das, meine Damen und Herren, oder geht das völlig an Ihnen vorbei?

Erkennbar ist auch, dass sich immer mehr Politiker zur Wende bekennen. 44 Bundestagsparlamentarier schreiben jetzt einen Brandbrief an Merkel, in dem wörtlich steht, sie stünden vor der Überforderung ihres Landes und hielten deshalb die Rückkehr zur strikten Anwendung des Rechts für dringend geboten. Genau das fordern auch wir, meine Damen und Herren. Haben Sie den Mut dazu.

(Beifall bei der AfD)

Selbst Altkanzler Schröder hebt seine Stimme in diesem Sinne. Höchste Verfassungsrichter formulieren Appelle an Merkel, die dramatischer nicht sein könnten. Hans-Jürgen Papier, bis 2010 Präsident des Bundesverfassungsgerichts, geißelt eklatantes Politikversagen, weil die deutschen Grenzen nicht geschützt werden. Ein Umsteuern sei überfällig, sagt er. Deutschland müsse jetzt – wörtlich – umgehend durch strikte Asylpolitik die Außengrenzen des Landes sichern. Illegale Einreisen seien zu unterbinden. Genau das wollen auch wir, meine Damen und Herren. Schließen Sie sich dem an.

Ebenso der ehemalige Bundesverfassungsrichter Udo Di Fabio, der sagt, die Bundesregierung sei jetzt rechtlich verpflichtet, staatsrechtlich gezwungen – wörtlich –, wirksame Kontrollen der Bundesgrenzen wieder aufzunehmen, weil die EU-Außengrenzensicherung durch offene Grenzen nicht funktioniere. Und selbst die "New York Times", eines der liberalsten, wenn nicht das liberalste Blatt dieser Welt, veröffentlicht Alarmkommentare in Richtung Berlin, Richtung Merkel: Der Irrweg der Grenzöffnung solle gestoppt werden. Frau Merkel solle zurücktreten. Die Deutschen sollten aufhören – da muss man einmal zuhören –, sich durch geschichtliche Vergangenheiten den Blick auf aktuell politische Notwendigkeiten zu verstellen. Den Versuch haben wir doch heute wieder von linker Seite gehört.

Kommen wir nun zu unserem Petitum.

(Michael Westenberger CDU: Das ist das Beste!)

Ich beginne mit Petitum 2: Der Hamburger Senat möge sich im Bundesrat und auf Bundesebene dafür einsetzen, an der Grenze zu Österreich wieder die Bestimmungen des geltenden Asylgesetzes zur Gänze anzuwenden und nach Asylgesetz geltende illegale Einreisen zu unterbinden. Wer sich dazu, aus welchen Gründen auch immer, nicht entschließen mag, sollte sich wenigstens unserem Petitum 1 anschließen, wonach zumindest wieder normale, echte Passkontrollen an der Grenze zu Österreich eingeführt werden. So wüsste man wenigstens, wer zu uns kommt.

Das alles hätte auch eine starke Signalwirkung. Auch das, was Schweden und Dänemark am 4. Januar 2016 gemacht haben, hat die Flüchtlingszahlen stark gesenkt. Als Flankierung für die Flüchtlinge, damit sie nicht überrascht sind und in

Not geraten, muss massiv – und das geschieht auch – in die UN-Aufnahmeeinrichtungen des UNHCR investiert werden, die nachhaltig Sicherheit und Versorgung vor Ort im eigenen Kulturkreis sicherstellen.

Überdies sollte Flüchtlingen auch ohne deren Pässe die Möglichkeit gegeben werden, in den jetzt gerade fertig werdenden Hotspots – drei von elf sind schon fertig – Aufnahme zu finden, selbst wenn sie keine Pässe haben. Dort können sie Aufnahmeanträge stellen und bei Berechtigung in Europa Asyl finden.

Wir brauchen jetzt Lösungen, die schnell wirken, der deutschen Bevölkerung wieder sichere Grenzen geben, die Anliegen der Flüchtlinge im Blick behalten und Europa wieder vereinen. – Danke.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank, Herr Dr. Baumann. – Jetzt haben Sie, Herr Schumacher von der SPD-Fraktion, das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! In diesen Tagen wird viel über unsere Grenzen debattiert. Besser gesagt, viele, ob aus Hannover, Wildbad Kreuth, Wien oder Berlin, äußern ihre Meinung. In der Bürgerschaft haben wir schon einmal vor einem Jahr fast die gleiche Debatte geführt,

(Dr. Bernd Baumann AfD: Völlig anderes Thema!)

und schon damals sagte ich, es gelte die europäische Idee zu verteidigen. Und das gilt auch heute noch.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU)

Die Forderung, nationale Grenzen wiederherzustellen, ist einfach dahergesagt, von wegen, es wäre doch alles so schön, wenn wir die Grenzen schließen würden, keine weiteren Flüchtlinge mehr nach Deutschland einreisen ließen und unsere Ruhe hätten. Doch so einfach ist die Welt nicht.

(Dr. Bernd Baumann AfD: Habe ich auch nicht behauptet!)

Und so einfach ist die Lösung für die vielen Flüchtlinge schon gar nicht. Wer nationale Grenzen in Europa schließt, löst einen Dominoeffekt aus. Und das wollen Sie.

(Dr. Bernd Baumann AfD: Das ist Dublin! Hat Ihre Partei ausgearbeitet!)

An diesem ist nichts Positives zu erkennen. Die vor dem Krieg fliehenden Menschen würden einfach im Süden Europas stranden, und die Not und das Elend würden sich verschärfen. Wir können und dürfen zum Beispiel diese Herausforderung nicht

(Dr. Bernd Baumann)

allein Griechenland oder Italien vor die Füße kippen. Europa lebt von seiner Solidarität untereinander.

(Beifall bei der SPD, der CDU und den GRÜNEN)

Wer diese Solidarität in Europa verweigert, wird nicht nur an der Flüchtlingspolitik scheitern, sondern Europa insgesamt zum Scheitern bringen. Der Preis wäre sehr hoch. Der Erfolg Europas liegt im Zusammenwachsen. Unser Frieden und unsere Freiheit wären in Gefahr. Gerade wir Deutschen profitieren von einem freien Handel und von offenen Grenzen.

(Dr. Jörn Kruse AfD: Was hat das damit zu tun?)

Wer Nein zu einer europäischen Lösung sagt und glaubt, dafür keinen Preis zahlen zu müssen, der ist eben nur ein Populist.

(Beifall bei der SPD, der CDU, den GRÜ- NEN und vereinzelt bei der FDP)

Die Europäische Kommission und die nationalen Regierungen arbeiten intensiv an einer Verbesserung und Sicherung der Schengen-Außengrenzen. Wir müssen unsere europäischen Partner unterstützen und nicht allein lassen. Ihre Forderung lehnen wir ab. Eine komplexe Herausforderung lässt keine einfachen Lösungen zu. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, der CDU, den GRÜ- NEN und vereinzelt bei der FDP – Dr. Bernd Baumann AfD: War das alles?)

Vielen Dank, Herr Schumacher. – Herr Westenberger von der CDU-Fraktion, bitte, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Ja, wir brauchen Lösungen. Nur warte ich ehrlich gesagt darauf, dass aus dieser Ecke dort irgendwann einmal eine Lösung für die Probleme unseres Landes oder auch des europäischen Hauses kommt. Immer dann, wenn irgendein Problem auf europäischer Ebene auftaucht, fallen Sie politisch betrachtet auf den Rücken und jammern wahllos herum, Schuld habe Europa und sonst wer, aber zu Lösungen

(Dr. Bernd Baumann AfD: Merkel ist schuld!)

haben Sie in diesem Haus, seitdem ich hier bin, weder in den Ausschüssen beigetragen noch im Plenum. Sie jammern herum,

(Dr. Bernd Baumann AfD: Allgemeinplätze!)

und der wesentliche Kern Ihrer Politik

(Dr. Bernd Baumann AfD: Zum Thema!)

ist der Auszug aus dem europäischen Haus, weil Sie mit der Aufgabe der Nationalstaaten, nämlich