Protocol of the Session on November 12, 2015

weil ich sage, wir machen ein Angebot, das das IOC nicht ablehnen kann. Wir wollen Spiele neuen Typs. Wir wollen Spiele, die kompakter sind. Spiele der kurzen Wege. Spiele, die bescheidener sind. Spiele, die Schluss machen mit der Gigantomanie vergangener Tage. Demokratische Spiele, die auf Transparenz, die auf Beteiligung, die auf Einhaltung von Grund- und Menschenrechten setzen. Es ist zu Recht in der Kritik gewesen, dass das bei Spielen in der Vergangenheit nicht immer der Fall gewesen ist. Ich sage noch einmal: Wir machen

ein Angebot, das das IOC nicht ablehnen kann, wenn es seine eigene Reformagenda ernst meint.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD, der FDP und bei Thomas Kreuzmann CDU und Dr. Jörn Kruse AfD)

Und wenn dann doch eine andere Stadt mit einem anderen Konzept zum Zuge kommt und plötzlich die alten Kriterien wieder Maßgabe sein sollten, dann wird es künftig vielleicht so sein, dass nur noch Schneekanonen in Wüsten aufgestellt oder Olympiastädte künstlich aus dem Boden gestampft werden, dass großflächig Natur zerstört wird und dass Menschen verdrängt werden – alles Dinge, die bei der kleinen und bescheidenen Hamburger Bewerbung nicht passieren werden.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD, der FDP und bei Thomas Kreuzmann CDU und Dr. Jörn Kruse AfD)

Gerade in Zeiten wie diesen ist die Kraft des Sports, die Integrationsfähigkeit des Sports besonders wichtig. Wir reden viel, teilweise auch sehr technisch, über Perspektiven der Stadtentwicklung, über Wohnungsbauzahlen und Zuwege zum Kleinen Grasbrook. Ich war am Kleinen Grasbrook und muss gestehen, die Vorstellung, dass dort in ein paar Jahren Spiele stattfinden könnten, ist tatsächlich sehr bewegend. Jedem, der noch nicht auf dieser Fläche war, die im Moment noch ganz anders genutzt wird, kann ich nur empfehlen, einmal dort hinzugehen. Es ist wirklich eine fantastische Vorstellung, wie sich die Stadt weiterentwickeln kann, auch mit dem dann vollständigen Sprung über die Elbe. Ich habe dabei gute Assoziationen; ich habe den Eindruck, dass das wirklich gut gelingen kann.

Entscheidend ist aber, ob wir den Glauben in die Kraft und die Integrationsfähigkeit des Sports haben, dass Sport in Zeiten wie diesen Zugehörigkeit fördert, Herr Yildiz, und Perspektiven bietet, auch für die Flüchtlinge, die zu uns gekommen sind. Die Sportvereine leisten gerade Großartiges, öffnen ihre Türen, öffnen ihre Hallen und sagen, macht mit, nehmt teil. Sport löst Begeisterung, löst Emotionen, löst Glücksmomente aus. Gleichzeitig werden auch Tiefschläge erlebt. Sport ist also rundum etwas, von dem ich sage, es bewegt die Stadt, schafft Emotionen und kann dazu führen, dass wir zusammenwachsen, dass wir nicht auseinanderfallen, sondern stärker zusammenwachsen. Das muss doch die Botschaft sein, wenn wir uns mit solchen Fragen beschäftigen, liebe Links-Fraktion.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD, verein- zelt bei der CDU und der FDP und bei Dr. Jörn Kruse AfD)

Zugehörigkeit, Teamgeist und Gemeinschaftsgefühl sind das eine. Ich habe nie einen Hehl daraus gemacht, dass ich selbst ein riesengroßer Olympia-Fan bin. Herr Kruse, Ihre ersten Spiele waren 1972 in München, sagten Sie, meine waren 1984

(Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank)

in Los Angeles. Da war ich erst sieben Jahre alt. Nicht, dass ich dort war, aber das waren die ersten Spiele, die ich vor dem Fernseher live mitverfolgt habe. Seitdem bin ich begeisterte Zuschauerin, immer interessiert an allen Sportarten und den Entwicklungen der Sportler.

Was mich allerdings ganz besonders bewegt, ist ein Thema, das etwas zu kurz kommt, aber auch den Aspekt der sozialen Nachhaltigkeit und der gesamten Stadtentwicklung mit in den Blick nimmt: die Frage der Paralympischen Spiele und was sie bedeuten.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und bei Dennis Gladiator, Thomas Kreuzmann, bei- de CDU, und Dr. Jörn Kruse AfD)

Paralympische Spiele bauen nämlich nicht nur städtische Barrieren ab, sondern sie werden auch dazu beitragen, dass die Barrieren in den Köpfen abgebaut werden.

Ich hatte letzte Woche eine Veranstaltung, bei der wir den Film "GOLD – Du kannst mehr als du denkst" gezeigt haben. Die Reaktionen des Publikums, auch die der behinderten Zuschauerinnen und Zuschauer und die der behinderten Sportlerinnen und Sportler, die dort gewesen sind, waren sagenhaft. Im Film ist zu sehen, dass die Sportlerinnen und Sportler bis zu den Paralympischen Spielen in London einen langen Weg gegangen sind, dass sie dabei Vorbild für andere waren, Entbehrungen erlitten haben, dann aber selbst das Gefühl hatten, wertvoll zu sein und etwas Außergewöhnliches zu leisten. Das ist eine Kraft, die nur der Sport geben kann.

Ich verspreche mir tatsächlich viel von dieser Kopplung Olympische und Paralympische Spiele. Schauen Sie sich die Bilder aus London an. Es war sensationell. Bei den Paralympischen Spielen gab es fast mehr Zuschauer als bei den Olympischen, es war dort eine unglaubliche Begeisterung, ein Pushen und ein Gemeinschaftsgefühl. Ich verspreche mir von der Bewerbung und den Spielen einen Ruck durch die Hamburger Gesellschaft. Ich glaube, dass auch wir mehr können, als wir denken. Hamburg kann uns vertrauen und muss sich etwas zutrauen. Wir dürfen uns nicht von unserer Angst übermannen lassen, dass wir bestimmte Dinge nicht bewältigen, umsetzen oder wuppen könnten. Wir müssen beherzt unsere Chance ergreifen, weil es eine große Chance für die Stadt und für die Hamburgerinnen und Hamburger ist. Am 29. November bitte ein Ja beim Referendum. – Vielen Dank.

(Lang anhaltender Beifall bei den GRÜNEN, der SPD, der CDU, der FDP und bei Dr. Jörn Kruse AfD)

Meine Damen und Herren! Nach unserer Geschäftsordnung haben nun

alle Fraktionen noch einmal die Gelegenheit, das Wort zu ergreifen. Es erhält zunächst Frau Timmermann von der SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte an erster Stelle einen Dank an die Zweite Bürgermeisterin für ihre klaren Worte an Herrn Yildiz und DIE LINKE richten. Ich teile diese Auffassung, denn das ist tatsächlich etwas, was wir in letzter Zeit immer wieder erleben. Ich kann nur sagen, am besten lässt man Herrn Yildiz reden, er redet sich um Kopf und Kragen.

(Beifall bei der SPD und bei Philipp Heißner CDU, Dr. Anjes Tjarks GRÜNE und Dr. Bernd Baumann AfD)

Aber kommen wir zu einem Punkt – die Zweite Bürgermeisterin hat ihn schon aufgegriffen –, der mir besonders am Herzen liegt und der häufig ein wenig zu kurz kommt: die Paralympischen Spiele. Kennen Sie Katrin Wagner-Augustin, Kirsten Bruhn, Maya Lindholm? Wenn ich mich umschaue, sehe ich fragende Gesichter. Kennen Sie Bastian Schweinsteiger? Die Gesichter hellen sich auf. Wir legen immer so viel Wert auf Zahlen. Nehme ich also einmal die Kanutin Katrin Wagner-Augustin: viermal olympisches Gold, einmal Silber, einmal Bronze, zehnmal WM-Gold, vierzehnmal Silber, zweimal Bronze, Silbernes Lorbeerblatt für außerordentliche sportliche Leistung und so weiter. Oder Kirsten Bruhn, sie möchte ich als zweites Beispiel anführen, weil ich sie gleich sinngemäß als Sportlerin zu Wort kommen lassen möchte: 34 Medaillen, 38 Weltrekorde, Paralympionikin im Schwimmen. Sie hat dreimal Gold und je viermal Silber und Bronze bei Paralympischen Spielen gewonnen. Diese Menschen sind wahre Vorbilder und haben mehr Aufmerksamkeit und Wertschätzung verdient.

(Beifall bei der SPD, der CDU, den GRÜ- NEN, der FDP und bei Dr. Jörn Kruse AfD)

Kirsten Bruhn sagte sinngemäß kürzlich auf einer Veranstaltung, sie könne zwar nicht so schnell wie Britta Steffen schwimmen – für die, die es nicht wissen: Olympiasiegerin im Schwimmen –, dazu fehle ihr der Heckantrieb. Weiter sagte sie: Wir Paralympioniken sind nicht perfekt, aber wir sind im Stande, Außerordentliches zu leisten. Uns fehlt ein Arm, ein Bein oder auch andere Gliedmaßen, aber – und das leisten die Paralympischen Spiele – wir können Barrieren im Kopf kleiner werden lassen oder auch ganz zu Fall bringen.

(Beifall bei der SPD, der CDU, den GRÜ- NEN, der FDP und bei Dr. Jörn Kruse AfD)

Deswegen bin ich ganz bei der Zweiten Bürgermeisterin, die sagt, wenn es um Teilhabe in unserer Gesellschaft gehe und darum, die Gesellschaft

(Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank)

ein wenig weiter zusammenzubringen, dann seien Paralympische Spiele ein wichtiger Meilenstein.

Ich bin sicher, DIE LINKE und viele andere Gegner würden darauf erwidern, ob wir das nicht eigentlich sowieso tun müssten. Wir tun es. In sämtlichen staatlichen Institutionen sind wir dabei, die Inklusion voranzutreiben. Wir versuchen, die EU-Behindertenkonvention umzusetzen. Herr Yildiz, Sie können sich wieder hinsetzen. Ich habe Ihnen in dieser Rede schon zu viel Zeit gewidmet, als dass ich Sie noch zu Wort kommen lassen möchte.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Ich möchte gern an einem Beispiel aufzeigen, was Paralympische Spiele leisten. Man mag die Olympischen Spiele in China sicherlich mit vielen Fragezeichen versehen, da bin ich ganz bei Ihnen, aber wenn diese Spiele eines geleistet haben, dann, dass sich für behinderte Menschen, seien sie geistig oder körperlich behindert, die in der leistungsorientierten Gesellschaft Chinas hinter verschlossenen Türen gelebt und die öffentlich nicht stattgefunden haben, im Zuge der Olympischen und Paralympischen Spiele die Türen geöffnet haben. Und das Wichtigste ist: Diese Türen haben sich nicht nur für die Dauer der Paralympischen Spiele geöffnet, sie haben sich auch danach nicht wieder geschlossen. Das ist etwas, was Paralympische Spiele leisten.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und bei Thomas Kreuzmann CDU, Carl-Edgar Jar- chow und Daniel Oetzel, beide FDP)

Ich möchte einen zweiten Aspekt anführen. Wir alle, alle Fraktionen, die hier sind, sind einhellig begeistert von der vollständig barrierefreien Halle in Alsterdorf und haben uns mit diesen Federn geschmückt.

(Zuruf von Mehmet Yildiz DIE LINKE)

Warum das, was wir dort im Kleinen alle gutheißen, nicht auch im Großen denken? Mit einem Modellstadtteil Olympic City, der inklusiv gedacht und gebaut wird und es nicht nur denen, die darauf angewiesen sind, ermöglicht, barrierefreie und inklusiv zu leben, sondern auch all denen, für die es hilfreich oder vielleicht einfach nur bequem ist. Für mich ein weiteres Argument, das umzusetzen.

(Beifall bei der SPD und bei Thomas Kreuz- mann CDU – Glocke)

Frau Abgeordnete, das Licht blinkt schon eine geraume Zeit. Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Dann bleibt mir nur ein Schlusssatz. Ich möchte Sie auffordern, liebe Hamburgerinnen und Hamburger, schenken wir uns die Paralympischen und Olympi

schen Spiele. Wir sehen die Chancen und wir sind bereit, hart zu arbeiten.

(Glocke)

Wir haben gute Grundlagen dafür. Deswegen: Ja zu Olympischen und Paralympischen Spielen.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und bei Carl-Edgar Jarchow FDP und Dr. Jörn Kruse AfD)

Das Wort erhält Herr Kreuzmann von der CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich habe nicht glauben können, dass im Rahmen dieser Debatte ein oder zwei Punkte nicht angesprochen wurden. Ich werde das zum Schluss meiner Rede tun, weil ich es für besonders wichtig halte, auch diese Personenkreise anzusprechen.

Mir geht es seit einigen Wochen ähnlich wie der Senatorin. Ich sehe mich vonseiten der LINKEN mit Argumenten konfrontiert, die absolut konträr sind – berechtigterweise konträr sind –, aber in eine Richtung gehen, die mir keine Bauchschmerzen bereitet, sondern mich fast an die Grenze der Wut bringt.

(Heike Sudmann DIE LINKE: Beispiele! Be- lege!)

Ich habe es in den vergangenen Debatten schon mehrfach wiederholt, Frau Sudmann: Zunächst haben Sie versucht, Olympia schlechtzureden, indem Sie sagten, Olympia werde eine soziale Spaltung in die Stadt bringen. Dieses Argument ist seit geraumer Zeit derart widerlegt worden, dass Sie auf das nächste Argument gesetzt haben, um den Menschen in der Stadt Angst zu machen. Sie sagten, Olympia in Hamburg würde wie Olympia in London mit Flakgeschützen ausgestattet, Soldaten durch die Stadt reiten und die Menschen sich nicht mehr bewegen können. Das ist ebenfalls widerlegt worden.

(Beifall bei der CDU, der SPD und vereinzelt bei den GRÜNEN und der FDP)

Nun greifen Sie nach dem Rettungsanker Host City Contract. Sie haben eine Übersetzung und meinen, dieser Vertrag sei rechtsbindend und so, wie er in dieser ursprünglichen Fassung vorliege – wohlmöglich noch nicht einmal rechtssicher übersetzt –, Vertragsrecht. Sie ziehen diesen Vertrag heran, um zu belegen, dass der Senat, wir als Bürgerschaft und die Stadt Hamburg derart in die Enge getrieben würden, dass wir nur Verlierer seien.

(Zuruf von der LINKEN: Rechnungshof!)

Dabei blenden Sie aber den ganz entscheidenden Gesichtspunkt aus, dass jeder Vertrag erst einmal ein Grundvertrag ist und es Verhandlungssache