Protocol of the Session on September 16, 2015

die nach Schätzungen erheblich sein werden. Allein für 2015 sollen es 327 Millionen Euro und für 2016 414 000 Millionen Euro sein. Frau Suding hat Frau Kraft zitiert, ich zitiere einen Kollegen von Ihnen aus dem Landtag in Nordrhein-Westfalen, nämlich den FDP-Abgeordneten Joachim Stamp. Der hat neulich in einer Debatte gesagt – ich zitiere –:

(Andrea Oelschläger)

"Humanität hat kein Preisschild."

Das ist, wie ich finde, eine sehr gute Aussage, und wenn man sie zu Ende denkt, bedeutet das, dass die Festlegung, alle Steuermehreinnahmen für die Schuldentilgung einzusetzen, unverantwortlich ist. Das ist Ideologie, und die werden Sie nicht durchhalten. Ich warte gespannt auf den Antrag, das Haushaltsrahmengesetz außer Kraft zu setzen. Alles andere können wir uns einfach gar nicht leisten. Wir müssen alles tun, damit die Flüchtlingsbewegung nicht im Desaster endet. Und dazu gehört eine bessere Finanzierung und nicht eine Umschichtung zulasten anderer Aufgaben. – Danke schön.

Das Wort bekommt die fraktionslose Abgeordnete Güçlü für ebenfalls maximal fünf Minuten.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Zeit werde ich gar nicht brauchen, denn vieles ist schon gesagt worden. Ich glaube, im Grundsatz sind sich eigentlich alle darüber einig, dass gehandelt werden musste. Und bei allen Oppositionsspielchen, denke ich, kann man dem Senat zugutehalten, dass er handelt und dass diese Mehrbedarfsdrucksache notwendig ist. Wir haben sie im Sozialausschuss gemeinsam mit dem Haushaltsausschuss beraten. Natürlich kann man mäkeln, sie sei nicht ausreichend, aber ich glaube, wir sind uns alle darüber einig, dass sie notwendig ist, bei aller Kleinkritik. Auch ich habe bei den Beratungen meine Kritik geäußert, aber sie war gar nicht fundamentaler Art, sondern es ging wirklich darum, deutlich zu machen, dass die Mehrbedarfsdrucksache sehr pauschal ist. Ich glaube, wir alle hätten uns gewünscht, dass sie sehr viel konkreter ausgestaltet worden wäre, Herr Finanzsenator.

Es gab diesbezüglich Rückfragen, auch von meiner Seite, beispielsweise zu den Referenzgrößen. Wie kann man die Summen in Relation setzen zu der Anzahl der Menschen, der Schutzsuchenden, die zu uns kommen? Was bedeutet das zukünftig, wenn sich die Zahl zum Beispiel verdoppelt oder verdreifacht? Müssen wir dann zukünftig mit Mehrbedarfsdrucksachen rechnen, in denen sich die Beträge verdoppeln oder verdreifachen? Das bleibt nach wie vor relativ pauschal. Aber aus sozialpolitischer Sicht kann ich nur sagen, dass sie mehr als notwendig ist und im Moment auch dazu geeignet, die Probleme anzugehen.

Viele Aufgaben sind, wie gesagt, gesetzliche Aufgaben, die wir angehen müssen. Natürlich werden wir auf Bundesebene aktiv werden müssen, das ist ebenfalls in diese Debatte eingeflossen. Ich habe zudem die Wahrnehmung, dass Debatten, bei denen es auch nur im Ansatz um Flüchtlinge geht, immer ein bisschen als Sammelsurium-Debatten

benutzt werden. Ich habe mich sehr darüber gewundert, Frau Oelschläger, dass Sie hier eine frauenpolitische Debatte eröffnen. Sie haben das eigentliche Thema nur gestreift.

Auch über Sie, Frau Prien, habe ich mich ein bisschen gewundert. Zumindest durch Ihre Beiträge in den Ausschüssen habe ich Sie immer etwas anders wahrgenommen. Der Antrag, den Sie heute für Ihre Fraktion eingereicht haben, ist meiner Meinung nach ein absoluter Zickzack-Antrag, der sich eigentlich gar nicht sicher ist, welche Linie er fahren möchte. Damit sind Sie weit hinter das zurückgefallen, was ich bisher bei Ihnen an anderen Stellen herausgehört habe. Ich glaube, bei aller Kleinkritik ist es richtig, was der Senat in diesen Punkten macht. Die Mehrbedarfsdrucksachen sind mehr als notwendig, und ich werde daher dem Antrag zustimmen. – Danke.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD und bei Antje Möller GRÜNE)

Das Wort bekommt Senator Tschentscher.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Flüchtlingssituation ist eine Bewährungsprobe für Deutschland und Europa. Wir können die Herausforderungen meistern, nicht zuletzt aufgrund der Finanz- und Wirtschaftspolitik der letzten Jahre.

(Beifall bei der SPD)

Sie dürfen ruhig mitklatschen, weil dies der Bundesfinanzminister in der Haushaltsberatung des Deutschen Bundestags in der vergangenen Woche gesagt hat.

(Dennis Gladiator CDU: Wenn der das sagt, stimmt das auch!)

Und beide Aussagen gelten auch für Hamburg.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Im Vordergrund steht aber die rechtliche, vor allem die politische und humanitäre Verpflichtung, Menschen aufzunehmen, die auf ihrer Flucht zu uns nach Hamburg kommen.

Der Senat hat hierfür von Anfang an konsequent die erforderlichen Entscheidungen getroffen. Die Behörden und öffentlichen Unternehmen arbeiten jeden Tag mit vielen Beschäftigten an der Bewältigung der Aufgaben. Hinzu kommen die Ehrenamtlichen, viele Bürgerinnen und Bürger, die mit Spenden und ihrer eigenen praktischen Arbeit helfen, dass die Stadt die große Zahl an Flüchtlingen gut aufnehmen kann. Die Entwicklung der Zuwanderung hat aber auch erhebliche finanzielle Auswirkungen auf die Haushalte der Länder und Kommunen, und damit besonders auf die Stadtstaaten, die beides auf einmal sind.

(Dora Heyenn)

Schon bei der Haushaltsplan-Aufstellung im Herbst 2014 haben wir den damaligen Stand der Flüchtlingszahlen strukturell in die Ansätze für die Jahre 2015 und 2016 aufgenommen. Die seitdem tatsächlich noch einmal deutlich gestiegene Zuwanderung führt aber zu einer so starken Inanspruchnahme dieser Ansätze, dass die Fachbehörden zusätzliche Bedarfe von 200 bis 300 Millionen Euro pro Jahr ermittelt haben. Der Senat hat deshalb eine Nachbewilligungsdrucksache vorgelegt mit zusätzlichen Mitteln im Umfang von rund 240 Millionen Euro für 2015 und 260 Millionen Euro für 2016. Bereits im Juni wurden knapp 70 Millionen Euro für dringende Investitionsentscheidungen bewilligt. Damit stehen insgesamt rund 570 Millionen Euro im Doppelhaushalt zusätzlich zur Verfügung für den Lebensunterhalt, die Unterbringung und Betreuung von Asylbewerbern und Flüchtlingen, den Kita-Besuch und den Schulunterricht ihrer Kinder, für die Sprachförderung und besondere Hilfen für Minderjährige, die Gesundheitsversorgung, die Unterstützung ehrenamtlicher Arbeit und für viele notwendige Maßnahmen mehr.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Die konkrete Höhe der Mehrbedarfe in zeitlicher Hinsicht und die Verteilung auf die einzelnen Maßnahmen und haushaltstechnischen Produktgruppen sind vor dem Hintergrund der Unsicherheit der weiteren Entwicklung und der Vielzahl der Maßnahmen schwer vorherzusagen. Deshalb beantragt der Senat, die zusätzlichen Mittel zentral bei der Finanzbehörde zu veranschlagen und von dort entsprechend der konkreten Bedarfslage auf die jeweiligen Produktgruppen zu übertragen.

Die Finanzierung erfolgt ohne Überschreitung der geltenden Ausgabeobergrenzen für den Doppelhaushalt. Für die Finanzierung stehen ausreichend Reservemittel und Entlastungen bei den Zinsaufwendungen zur Verfügung. Das sind, Frau Suding, nur diejenigen, die wir aufgrund niedrigerer Neuverschuldung und bereits abgeschlossener Anschlussfinanzierung sicher nicht mehr in der Planung benötigen. Wir haben also weiterhin sehr vorsichtig Zinsaufwendungen in der Planung. Aber wir haben auch eine Reihe von weiteren Umschichtungen derzeit nicht benötigter Mittel der Fachbehörden eingeplant. Eine Änderung oder Fortschreibung des Finanzrahmengesetzes ist anlässlich dieser Drucksache nicht erforderlich. Ob der langfristige Steuertrend und damit der Finanzrahmen aktualisiert werden kann, wird der Senat im Zusammenhang mit der bevorstehenden Fortschreibung seiner Finanzplanung bis 2019 prüfen und erörtern.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bereits im Haushaltsausschuss habe ich ausdrücklich gesagt, dass der tatsächliche Finanzierungsbedarf im Hamburger Haushalt angesichts der Unsicherheiten bei der weiteren Entwicklung der Zuwande

rung, aber auch bei möglichen Kostenübernahmen durch den Bund, schwer vorherzusagen und erst recht nicht präzise zu berechnen ist.

Ich will ausdrücklich nicht ausschließen, dass wir wie im vergangenen und in diesem Jahr auch im nächsten Jahr noch einmal eine Nachbewilligungsdrucksache beraten werden, wenn die weitere Entwicklung dies erfordert. Dem Senat kommt es darauf an, dass wir jederzeit alle erforderlichen Maßnahmen ergreifen können und dass für die öffentliche Unterbringung nichts unterbleibt, was notwendig ist.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Mit der vorliegenden Drucksache zur Anpassung der Unterbringungskapazitäten sowie der finanziellen und personellen Ressourcen haben wir eine belastbare Grundlage geschaffen, um weiterhin eine gute Aufnahme, Unterbringung, Betreuung und Integration von Flüchtlingen in Hamburg sicherzustellen. – Vielen Dank für Ihre Unterstützung.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Das Wort bekommt Herr Quast von der SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Senator Tschentscher hat eben ausgeführt, auf welcher Basis wir diese Drucksache beraten konnten, nämlich auf Basis der Erkenntnisse, die der Senat hatte, als er die Drucksache auf den Weg gebracht hat. Das sind Erkenntnisse, die sich ständig ändern, das ist richtig, und deswegen ist auch wichtig, was eben gesagt wurde. Wenn sich Bedarfe verändern, wenn es Mehrbedarfe geben wird, dann wird natürlich diese rotgrüne Koalition zu ihrer Verantwortung stehen und die notwendigen Mittel zur Verfügung stellen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Wir gehen aber davon aus, dass wir mit den Mitteln, die wir heute bewilligen, erst einmal über die Runden kommen werden. Die Mittel haben wir aus dem Haushalt erwirtschaftet, durch Umschichtungen bereitgestellt im Rahmen dessen, was wir im Haushalt beschlossen haben. Ich finde es vernünftig, dass man sich, bevor man sich überhaupt Gedanken darüber macht, Schulden aufzunehmen, erst einmal mit dem auseinandersetzt, was sich im Laufe des Haushaltsjahres im Haushalt an Möglichkeiten ergeben hat, an Vorhaben, die nicht realisiert werden können oder sich verschieben. Ich finde es sehr vernünftig und auch sehr solidarisch, dass sich alle Behörden an diesem Verfahren beteiligen und erst dann auf die größeren Reservepositionen, die doch gerade für solche Vorhaben oder Problematiken vorgesehen sind, zurückgegriffen wird.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

(Senator Dr. Peter Tschentscher)

Das ist ein finanzpolitisch richtiger Weg, sodass es vor diesem Hintergrund zurzeit nicht erforderlich ist, sich Gedanken über das Finanzrahmengesetz zu machen, das ohnehin doch ein mehrstufiges Verfahren wäre, das auch gar nicht zeitgerecht umzusetzen wäre für das, was wir heute beschließen. Ich finde es eine interessante Botschaft, dass nach der Links-Fraktion nun auch die CDU-Fraktion an diesem Instrument drehen und etwas verändern möchte. Ich glaube, das ist für unsere Diskussion in der Zukunft eine wichtige Erkenntnis.

(Beifall bei der SPD)

Was mich erstaunt, ist, dass trotz der intensiven Beratungen im Haushaltsausschuss und der gerade hierzu gezielt gestellten Nachfragen auch von mir im Antrag der CDU immer noch behauptet wird, dass wir deswegen keine Hafeninvestitionen tätigen könnten, die notwendig wären. Es ist klipp und klar vom Senat dargestellt worden, dass keine HPA-Investitionen und auch keine Planungen gefährdet sind. Das können Sie in der Drucksache nachlesen.

Das Gleiche gilt für die RISE-Investition. Auch dort ist kein Vorhaben gefährdet. Die Mittel, die aus dem Vorjahr in Resten zur Verfügung stehen – übrigens auch in der Vergangenheit unter CDU-Verantwortung zur Verfügung standen –, sind ausreichend vorhanden, damit 2015 kein Projekt gefährdet ist.

(Zurufe)

Dass Sie hier anderes behaupten, hat meines Erachtens nach nur damit zu tun, Herr Trepoll und Frau Prien, dass Sie für Ihren Antrag wenigstens ein paar handfeste haushaltspolitische Ansätze brauchten, denn Ihr Antrag – und das finde ich äußerst bedauerlich – ist einer, der das Thema Flüchtlinge erneut wieder nur unter dem Gesichtspunkt Repression sieht. Er sieht es nicht unter dem Gesichtspunkt der Verantwortung dieser Stadt, Hilfe zu leisten. Sie denken bei Flüchtlingen immer nur an Repression.

(Beifall bei der SPD und bei Farid Müller GRÜNE – Dennis Gladiator CDU: Sie ver- stehen es einfach nicht! – Dennis Thering CDU: Das scheint Ihnen alles zu hoch!)

Sie stehlen sich aus der Verantwortung. Nachdem Sie sich im Haushaltsausschuss doch zumindest noch enthalten haben, habe ich vernommen, dass Sie heute offenbar gegen diesen Antrag stimmen wollen, an dem wir noch einmal hätten deutlich machen können, dass wir in Hamburg gemeinsam zu unserer Verantwortung stehen. Gleichzeitig werden auf Bundesebene verschiedene Themen angegangen, die Sie erwähnt haben. Aber in Hamburg müssen wir konkret dafür sorgen, dass die Menschen die bisher eingebrachte Hilfsbereitschaft weiter einbringen werden.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren! Wir sehen, dass es auch Bedenken und Sorgen bei den Menschen gibt; mit denen müssen wir uns auseinandersetzen. Deswegen werden vor Ort Veranstaltungen durchgeführt. Deswegen führen wir sehr viele Gespräche.

(Dennis Thering CDU: Halbinformation!)

Ach, Herr Thering, Sie sind doch einer von denjenigen, die durch gezielte Fehlinformationen die Bevölkerung aufbringen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Das ist die Politik, die ich bei Ihnen sehe.