Protocol of the Session on December 18, 2019

Wir schlagen vor, die Amtsdauer der Bezirksamtsleitenden mit der Wahlperiode für die Bezirksversammlungen zusammenzulegen. Das würde natürlich auch bedeuten, dass immer neu gewählt werden wird, aber wahrscheinlich werden die Wahlgänge viel kürzer sein, und ich glaube auch, dass so mehr Kontinuität in die Verwaltungen der Bezirksämter kommen wird.

Ich würde mich freuen, wenn Sie diesem Antrag zustimmen würden, und freue mich auf jeden Fall schon einmal, dass viele Fraktionen diesen Antrag an den Verfassungsausschuss überweisen wollen, damit wir darüber reden können, damit wir ein bisschen mehr Ruhe in die Bezirke bekommen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Das Wort bekommt Herr Steinbiß für die SPD-Fraktion.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Sehr geehrte Damen und Herren! Ein Antrag der FDP, dessen Inhalt tatsächlich schon häufiger einmal in der Stadt erörtert wurde, sei es in der Presse, sei es von unserem grünen Koalitionspartner, der diese Idee schon einmal in seinem Zukunftsprogramm hatte.

Ich glaube, wir können an dieser Stelle zum Ende der Legislaturperiode ruhig einmal feststellen, dass wir gerade im Verfassungsausschuss und auch in unserem Unterausschuss zur Stärkung der Bürgerschaft immer sehr gut und einvernehmlich zusammengearbeitet haben, vielleicht in der Sache gestritten haben, aber doch die gemeinsame gute Fortentwicklung im Vordergrund stand. Dafür möchte ich mich bei allen Kolleginnen und Kollegen aus den demokratischen Parteien recht herzlich bedanken.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und bei André Trepoll CDU)

Wie gesagt, es ist durchaus eine Idee wert, so eine Anknüpfung zu machen. Aber man kann sicherlich auch noch eine Menge anderer Ideen haben. Passt es tatsächlich so gut, dass wir diese Entkopplung von Bürgerschaftswahl und Bezirkswahl haben, wie wir sie haben?

Es gibt eine Menge Sachen, die man in diesem Zusammenhang bedenken muss. In dem gegenwärtigen System ist vorgesehen, dass der Senat abschließend die Bezirksamtsleitung bestimmt und Bezirksamtsleitungen daher Senatsbeamte auf Zeit sind. Ob der politische Zwang, der sich durch diese vorgeschlagene Neuausrichtung ergeben würde, wirklich noch kompatibel wäre mit dem aktuellen Status, ob es nicht doch mehr eine Änderung hin zu Wahlbeamten wäre – das zumindest ist dann die logische Folge, denke ich –, muss man auch einmal bedenken. Wir müssten bei dieser Gelegenheit eine Menge weitere Gesetze – das Bezirksverwaltungsgesetz, das Hamburgische Beamtengesetz – ebenfalls ändern; wir hätten einen echten Systemwechsel, der aus meiner Sicht immer die Gefahr in sich birgt, dass wir eben nicht mehr dieses Verwaltungskonstrukt der Einheitsgemeinde hätten, sondern dies durch die Hintertür aufgeben könnten.

Es klingt auf den ersten Blick interessant, aber es hängt noch eine Menge dran. Wir sollten das deshalb wie all die anderen Dinge, die wir bisher im verfassungsrechtlichen Bereich vorangebracht haben, in Ruhe gemeinsam diskutieren; vielleicht bekommen wir das noch in diesem Jahr hin, ansonsten spätestens in der nächsten Legislaturperiode. Ich bin mir sicher, dass wir unsere vernünftige Arbeit, so wie wir sie bisher geleistet haben, dann fortsetzen können. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort bekommt Herr Trepoll für die CDU-Fraktion.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Meine Damen und Herren! Das Bezirksverwaltungsgesetz regelt, dass Bezirksamtsleiter von den Bezirksversammlungen in geheimer Wahl gewählt und dann vom Senat auf sechs Jahre bestellt werden. Das ist keine neue Erkenntnis, das muss man ausdrücklich sagen, sondern es war bereits so, als die Bezirksversammlungen regelhaft nur alle vier Jahre gewählt wurden. Das heißt, das ist eine bewusste Entscheidung gewesen, die im Übrigen – 1978, glaube ich – von einer SPD-FDP-Regierung getroffen wurde und Einfluss auf das Recht genommen hat. Ich finde es aber nachvollziehbar, dass die Gleichen nun sagen, sie wollten darüber einmal sprechen. Das sage ich Ihnen jetzt schon zu.

Die Amtszeit der Bezirksamtsleiter ist unabhängig von den Wahlperioden der Bezirksversammlung.

(Dr. Kurt Duwe)

Warum ist das so? Warum ist das so gewollt? Das ist ja die entscheidende Frage, die wir uns stellen müssen, wenn wir das gegebenenfalls ändern wollten. Ich glaube, grundsätzlich sind wir nicht weit auseinander: Wir wollen eine stärkere Beteiligung der Bezirke, der Menschen vor Ort, das Subsidiaritätsprinzip durchsetzen. Wir haben das in unserer Regierungszeit mit der Bezirksverwaltungsreform angefangen. Aber es gibt eine Menge Dinge zu klären. Da sind die beamtenrechtlichen Fragen. Sie wissen, dass Bezirksamtsleiter Wahlbeamte auf Zeit sind; sie sind nicht wie unsere Senatssyndikusse, die Staatsräte. Sie sind keine politischen Beamten. Die haben eine andere auch rechtliche Normierung. Das Letztentscheidungsrecht des Senats bezieht sich auch auf die Bestellung der Bezirksamtsleiter. Und all das würden wir natürlich bei einer solchen Änderung infrage stellen.

Wie soll das dann funktionieren mit der Ausschreibung, die ja regelhaft zumindest vorgesehen ist? Das ist doch sehr problematisch. Und zu was würde das führen? Sie hätten bei den Bezirksversammlungswahlen, wenn Sie nach Vorschlag der FDP sechs Wochen später einen Bezirksamtsleiter wählen müssten, im Prinzip das Spitzenkandidatenmodell. Das heißt, die Parteien müssten vorschlagen, wählen Sie die SPD oder die CDU oder die FDP, wir wollen dann die Person XY zum Bezirksamtsleiter vorschlagen. Der Senat hat sein Letztentscheidungsrecht, kann dann also sagen, nein, Moment mal, aus gewissen Gründen wollen wir das gar nicht machen. Die Bürger würden dann sagen, na, wir haben ihn doch gewählt, indirekt. Wie kann das funktionieren?

(Zuruf)

Das muss man bei dieser Frage durchaus bedenken. Das geht dann natürlich tief an unsere Verfassung und an die staatliche Ordnung in Hamburg als Einheitsgemeinde.

Und rein praktisch: Vergessen wir nicht, unsere Kollegen in den Bezirken sind wirklich ehrenamtlich tätig. Herr Dressel, in Wandsbek haben Sie letzte Woche getwittert, die Verhandlungen mit dem Koalitionspartner, den GRÜNEN, seien abgeschlossen. Nach sechs Wochen? Nein, nach sechs Monaten. Und niemand in diesem Haus – und ich schon gar nicht – würde sagen, Herr Dressel sei kein guter Verhandler. Das hat er schon oft unter Beweis gestellt.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD – Heiterkeit bei allen Fraktionen)

Also wenn Herr Dressel das gerade einmal in sechs Monaten schafft, dann sind sechs Wochen nach der Bezirksversammlungswahl ein sehr, sehr sportlicher Ansatz, Herr Duwe. Das ist für Kollegen, die ehrenamtlich tätig sind, gar nicht zu erreichen. Und deshalb, glaube ich, geht das nicht.

(Beifall bei der CDU – Zuruf)

Sie sehen es auch jetzt: Selbst wenn es politisch gewollt ist – man kann Bezirksamtsleitungen ja neu wählen, dieses Recht haben die Bezirksversammlungen; in Eimsbüttel wird das in den nächsten Tagen auch wieder geschehen –,

(Zuruf von Dirk Nockemann AfD)

bedeutet das einen gewissen Vorlauf und eine gewisse Zeit, anders ist es nicht möglich. Es geht auch schneller, wie in Mitte. Dort ist die Deutschlandkoalition, das haben die Kollegen gesagt, eine reine Liebesheirat gewesen. Die waren etwas schneller. Aber das muss man alles bedenken, weil es, wie gesagt, Kolleginnen und Kollegen sind, egal welcher Fraktion sie angehören, die das ehrenamtlich machen. Und deshalb kann man nicht einfach mal den Schalter umdrehen und sozusagen ein Spitzenkandidatensystem für die Bezirksversammlung einrichten.

Über diese offenen Fragen in Ihrem Antrag müssen wir uns Gedanken machen, müssen wir diskutieren. Wir müssen auch die dahinterliegenden Fragen bewerten. Das können wir alles nur in Ruhe im Verfassungsausschuss machen. Ich denke, nicht mehr in diesem Jahr, also werden wir das dann im nächsten Jahr, wenn Sie es wünschen, wieder auf die Tagesordnung nehmen. Aber das ist erst einmal unser Wunsch als CDU, dass wir darüber im Verfassungsausschuss sprechen. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort bekommt Herr Müller von der GRÜNEN Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Aus unserer Sicht kommt der Antrag ein Jahr zu spät, die Bezirkswahlen waren ja jetzt gerade erst. Nichtsdestotrotz kann man über dieses Problem sprechen; es ist natürlich immer ein bisschen blöd, wenn man danach damit anfängt.

Wir teilen Ihre Motive, die Sie im Antrag genannt haben, nicht so sehr.

(Zuruf von Michael Kruse FDP)

Die Kostenfrage wäre für uns nicht leitend in der Frage, ob wir das ändern wollen, und die Frage, ob es Unruhe in den Ämtern gibt, wenn es da eine Änderung gibt, wäre für uns auch nicht zentral leitend. Zentral leitend wäre für uns als GRÜNE die Frage, ob es richtig ist, demokratiepolitisch, wenn wir Wahlen zur Bezirksversammlung haben, ein zentral wichtiger Job im Bezirksamt aber gar nicht zur Wahl steht. Und da vertreten wir – es wurde eben bereits gesagt – in unserem Wahlprogramm die deutliche Meinung, dass das eigentlich zusammengehört, weil klar ist, wenn Ehrenamtler in der Bezirksversammlung Anträge beschließen, die

(André Trepoll)

dann vom Bezirksamt umgesetzt werden sollten, braucht man natürlich ein gewisses Vertrauen, dass es eine Einheit zwischen Exekutive und Legislative gibt. Es kann durchaus passieren, dass das so ist. Aber deswegen wollen wir das als Grundlage unserer Gedanken, dort vielleicht etwas zu ändern.

Und dann haben wir ein bisschen darüber nachgedacht, was Sie an Übergangsfristen vorschlagen. Wir haben ähnliche Bedenken wie Herr Trepoll: Sechs Wochen sind wirklich ein bisschen knapp, wenn man noch mit Ausschreibungen arbeitet et cetera, et cetera. Ich glaube, da braucht man länger. Und eines müssen wir uns auch noch vergegenwärtigen: In der jetzigen Arbeitsmarktlage für fünf oder sechs Jahre einen zeitbefristeten Job vergeben, da muss man auch erst einmal schauen, dass man die Leute bekommt, die das machen wollen und übernehmen möchten. Deswegen glauben auch wir, dass sechs Wochen echt ein bisschen kurz ist.

Wir haben Ihr Anliegen verstanden, dass das nicht eine ewige Übergangsgeschichte ist. Das ist wohl klar. Deswegen haben wir gesagt, dass wir es gern an den Ausschuss überweisen wollen, damit wir dort dieser Sache noch einmal nachgehen. Und die grundsätzlichen staatspolitischen Fragen, Herr Trepoll, wie das geht, wenn auf einmal ein Senat jemanden, den er vielleicht parteipolitisch nicht so mag, zur Bezirksamtsleiterin oder zum Bezirksamtsleiter ernennen soll, auch darüber kann man im Ausschuss reden. Dafür überweisen wir jetzt. Ich sehe das aber nicht als zentrales Problem, zumindest nicht in Hamburg. – Vielen Dank; ich glaube, es wird klar, der Antrag ist noch nicht beschlussfähig, darüber müssen wir noch einmal reden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das Wort bekommt Herr Jersch von der Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Als ich den Antrag gesehen habe, war ich eigentlich recht enttäuscht über das Petitum. Denn ich muss sagen, wir sehen in erster Linie Probleme bei der Umsetzung eines solchen Antrags.

(Michael Kruse FDP: Ihr seht immer nur Pro- bleme, das zeichnet euch doch aus!)

Herr Kruse, wenn ich Sie anschaue, habe ich auch ein Problem bei Ihren Forderungen. Sorry.

Nein, es ist eher ein Rückschritt, vor allem für die Bezirke und für die Bezirksämter, bei denen es darum geht, sie zu stärken, für die 1,8 Millionen Menschen, die in der Region der Bezirke leben. Dabei kommt es darauf an, eine Stärkung dieser Ämter herbeizuführen, Partizipation auszubauen. Das

kann ich an dieser Stelle überhaupt nicht feststellen. Stattdessen wird der Posten des Bezirksamtsleitenden zum Geschachervolumen der Wahlen für die Bezirksversammlungen erklärt.

(Zuruf von Farid Müller GRÜNE)

Und da, muss ich Ihnen wirklich sagen, wenn ich auch an vielen Stellen …

(Zuruf von Farid Müller GRÜNE)

Herr Müller! Herr Müller, wir können uns gern an anderer Stelle noch einmal darüber unterhalten, aber jetzt habe ich das Wort und stehe am Mikro.

(Zuruf von Farid Müller GRÜNE)

Ja, Sie können rummoppern. Machen Sie das.

(Farid Müller GRÜNE: Ja, mache ich auch!)