Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Manchmal kriege ich doch Lust auf GroKo, wenn ich Herrn Lohmann so wie heute zuhöre. Ich möchte von vornherein feststellen, dass man über eine Subventionierung von Frühstück in der Kita oder in der
Es geht los mit dem gesamten Duktus Ihres Antrags. Erst einmal ist es völlig falsch begründet, das unter die Überschrift Armutsbekämpfung zu stellen.
Es mag irgendwie einen Effekt auf Chancengerechtigkeit haben, weil es natürlich nicht gut ist, wenn Kinder ohne Frühstück in die Grundschule und in die Kita gehen. Das ist völlig unumstritten.
Aber bei aller Liebe, Sie bekämpfen damit doch nicht Kinderarmut. Ich würde mir von Ihnen einmal eine echte Debatte darüber wünschen, wie man Kinderarmut bekämpft. Ich habe von Ihnen jetzt wieder das Thema Kindergrundsicherung gehört, das ist ein toll klingendes Wort. Ich möchte Ihnen dazu nur Folgendes sagen: Wir haben eine Kindergrundsicherung in Deutschland. Wir haben eine allgemeine Existenzsicherung: Wir haben das Kindergeld, wir haben den Kinderzuschlag, und wir haben den Kinderfreibetrag. Das ist eine Kindergrundsicherung. Kein Kind in Deutschland wird verhungern. Das ist das Ergebnis der guten Politik der Bundesregierung, die diese Dinge seit vielen Jahren immer wieder erhöht hat.
Es ist einfach kontrafaktisch. Wenn Sie sich anschauen, wie Kinderarmut verteilt ist, dann müssen Sie doch einmal zur Kenntnis nehmen, dass 44 Prozent der Kinder, die bei Alleinerziehenden aufwachsen, armutsgefährdet sind, dass ein überproportionaler Teil der Kinder, die in Hartz IV aufwachsen, bei Alleinerziehenden ist. Daraus müssen wir doch zwei Schlüsse ziehen. Das eine ist: Alleinerziehende sind in einer besonders schwierigen Situation, sie müssen wir besonders unterstützen. Deswegen tut die Bundesregierung das in den letzten Jahren unter anderem mit einer erheblichen Erhöhung des Kinderzuschlags. Aber das andere ist doch, dass Sie auch einmal zur Kenntnis nehmen müssen, dass die beste Prävention gegen Kinderarmut stabile Familienverhältnisse sind.
In diese Richtung muss man arbeiten. Es geht darum, die Ursachen anzugehen, und zwar nicht mit solchen, Verzeihung, zum Populismus tendierenden Anträgen. Das sieht man auch an der Begründung Ihres Antrags. Ich bin Herrn Lohmann sehr dankbar dafür, dass er die Zahl eingeführt hat, dass etwa 10 Prozent der Kinder ohne Frühstück
in die Kita oder in die Grundschule kommen. Aber das wäre Ihre Aufgabe gewesen. Sie wollen doch begründen, warum Sie allen Kindern, übrigens auch den Kindern der reichen Rechtsanwälte und der reichen Politiker, ein Frühstück mit der Gießkanne finanzieren wollen. Das ist doch völlig verfehlte Investition von Steuergeldern, da müssen Sie doch einmal gezielt vorgehen. Und es wäre Ihre Aufgabe gewesen zu recherchieren, wie viel Prozent der Kinder überhaupt betroffen sind.
Das haben Sie nicht gemacht. An der Uni hieße das: sechs, setzen. Vielen Dank an Herrn Lohmann, dass wenigstens er die Zahl eingeführt hat.
Der Gipfel, warum Ihr Antrag wirklich nicht geeignet ist, um dieses Thema zu diskutieren, ist Ihr Gegenfinanzierungsvorschlag, nämlich die Grunderwerbsteuer anzuheben. Sie wollen die Grunderwerbsteuer – deren Aufkommen sich übrigens seit 2011 fast verfünffacht hat, sich also um etwa 400 Millionen Euro erhöht hat – um ein Drittel erhöhen, also über 30 Prozent; das ist unfassbar. Diese Erhöhung ist kontraproduktiver, als es gar nicht mehr sein kann, denn wen werden Sie damit am ehesten treffen? Das sind Familien mit Kindern, die ein Eigenheim erwerben wollen oder vielleicht etwas größere Wohnungen mieten müssen. Sie werden von den Mietkostensteigerungen, die mit Ihrem Antrag verbunden wären, am stärksten negativ betroffen sein, weil sie in Bezug auf den Wohnraum, den sie brauchen, am wenigsten Verdiener in der Familie haben. Also Entschuldigung, es ist einfach ein schlechter Antrag und absolut falsch, so etwas zu fordern.
Sie würden mit Ihrem Antrag die Kinderarmut erhöhen. Ob man noch mehr Gründe bräuchte, um diesen Antrag abzulehnen, weiß ich nicht. Für uns reicht das.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr verehrte Frau Präsidentin! Ich finde sehr wohl, dass es gut ist, wenn wir über das Thema Kinderarmut sprechen, ob nun anhand eines solchen oder irgendeines anderen Antrags. Es ist ein Problem, das wir seit so vielen Jahrzehnten in
Deutschland haben und bei dem wir bisher nicht weit genug gekommen sind. Natürlich brauchen wir eine echte Kindergrundsicherung.
Kinder sollen nicht darauf angewiesen sein, ob ihre Eltern zusammenleben, ob eine Bedarfsgemeinschaft in irgendeiner Form besteht, sondern wir müssen dafür sorgen, dass Kinder tatsächlich unabhängig von der Frage, in welchem Familienmodell sie leben, Herr Heißner, in Deutschland die gleichen Chancen vorfinden, gesund groß werden können und Armut nicht weitervererbt wird. All diese Themen hängen damit zusammen, und die Bundesregierung hat an dieser Stelle nicht genug getan. Wir alle wissen, an welchem Teil der Bundesregierung es an dem Punkt hakt und nicht ordentlich vorangeht.
Ob Sie sich nun an der Überschrift Armutsbekämpfung aufhängen oder nicht, ist total egal, denn die Fragen, wie unsere Kinder morgens in die Kitas kommen, ob sie einen guten Start in den Tag haben und so gestärkt sind, dass sie das Angebot frühkindlicher Bildung oder das Angebot in der Grundschule entsprechend aufnehmen können, sodass nicht sofort wieder soziale Exklusion stattfindet, spielen eine Rolle und sind es wert, von uns angeguckt und begutachtet zu werden. Denn wir sollten auch an dieser Stelle, was sonst gute Tradition bei uns im Familienausschuss ist, vor allem auf das Kindeswohl sehen und uns aus dieser Perspektive mit der Frage beschäftigen, wie wir die Situation für die Kinder in der Stadt, die in diesem Bereich noch nicht optimal ist, verbessern können. Deswegen finde ich es richtig, dass wir diesen Antrag überweisen und darüber weitersprechen.
Ich teile auch nicht die Auffassung, die in dem Antrag zutage gefördert wird, dass man es jetzt für alle macht. Ich glaube, es ist besser, einen zielgerichteten Weg zu finden. Ich glaube auch, dass es verschiedene Möglichkeiten gibt, um auf dieses Problem einzuwirken, und dass wir dazu interessante und produktive Diskussionen führen könnten. Aber jetzt den Antrag abzulehnen, der sich einem konkreten Problem stellt, das viele Kinder in unserer Stadt haben, ist, finde ich, eine schwierige Haltung. – Danke.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Bevor ich inhaltlich auf den Antrag eingehe, möchte ich noch ein paar Dinge ansprechen, die im Vortext dieses Antrags angesprochen werden und die teilweise eben in
der Antragseinbringung angeklungen sind. Wir hatten schon vor einigen Monaten einen Antrag der LINKEN, zu dem wir eine ähnliche Diskussion hatten, und zwar über diese meines Erachtens wenig hilfreiche Einengung auf den Begriff der relativen Armut. Die Zahlen und die Herleitung, die hier gegeneinander ausgespielt werden, dazu noch die Stadtteile, die aufgenommen werden … Ich will Ihnen einmal sagen, wohin diese relative Armut führt. Sie erwähnen explizit zwei Stadtteile, Nienstedten und Steilshoop, aber Ihr Armutsbegriff, aus dem Sie Ihre Aktionen ableiten, führt dazu, dass, wenn noch 10, 20, 100 neue Vielverdiener nach Nienstedten ziehen, die relative Armut in Steilshoop steigt, obwohl sich dort nichts verändert hat. Das sind dann die Zahlen, aufgrund derer Sie irgendwelche Maßnahmen ableiten oder sagen, die Armut in der Stadt habe sich erhöht, obwohl wir faktisch größere Steuereinnahmen haben.
Deshalb halte ich diesen Begriff der relativen Armut als Grundlage, um daraus etwas abzuleiten, für schwierig. Wir hatten zwei Jahre lang in der Enquete-Kommission zusammengearbeitet und immer wieder festgestellt, dass es verschiedene Armutsbegriffe gibt und dass auch in Stadtteilen und Familien, in denen die Leute viel Geld haben, die Kinder möglicherweise nicht immer das beste Aufwachsen haben und Kinder in Familien mit wenig Geld möglicherweise sehr liebevoll aufwachsen können.
Deshalb halte ich dieses Zuspitzen auf Reiche gegen Arme und der Stadtteil gegen den Stadtteil generell für eine schwierige Grundlage, um hinterher, wenn es doch um eine so wichtige Sache geht, eine sachliche Diskussion zu führen.
Zur Erhöhung der Grunderwerbsteuer muss ich jetzt gar nicht mehr so viel sagen, außer vielleicht noch das eine, Frau Gallina, weil Sie eben sagten, man könne diesen Antrag nicht ablehnen, weil er grundsätzlich in eine richtige Richtung gehe. Ja, er hat ein wichtiges Thema, aber zu einem Antrag gehört nun einmal auch der Gegenfinanzierungsversuch. Ich würde mir wünschen, wenn zumindest die Parteien der Mitte, so nenne ich sie jetzt einmal, sich darauf einigen könnten, dass dieser Gegenfinanzierungsversuch hoffentlich dauerhaft nur ein Versuch bleibt, weil er absolut in die falsche Richtung geht.
Inhalt des Antrags widmen, und es ist in der Tat ein wichtiges Thema, welches hier angesprochen wird. Ich fürchte nur – aber das werden wir dann im Ausschuss erläutern –, dass das, was Sie eigentlich wollen, möglicherweise mit diesem Antrag gar nicht recht erreicht wird. Sie schreiben im Vortext, dass einige Kinder gut ausgestattet, mit liebevoll geschmierten Broten, andere mit Süßigkeiten in die Kita kommen. Wenn überhaupt, werden Sie eine grundlegende Übereinstimmung der Dinge, die Kinder mit in die Kita oder in die Schule bringen, nicht erreichen. Das heißt, selbst wenn man es umsetzen würde, wäre es weiterhin so, dass die Kinder unterschiedlich ausgestattet in die Schulen gehen.
Der Punkt, der von Herrn Heißner aufgemacht wurde, dass dieser Antrag keinen grundsätzlichen Beitrag für die Beseitigung des Problems Kinderarmut leiste, das Sie zu Recht ansprechen, ist meines Erachtens vielleicht das größte Problem dieses Antrags. Frau Gallina, Sie hatten gerade gesagt, Sie könnten sich vorstellen, wie man das ein bisschen zielgerichteter macht. Das ist meines Erachtens auf jeden Fall erforderlich. Wir haben bei den Familienhilfeleistungen auf Bundesebene mittlerweile einen solchen Dschungel. Ich erzähle das immer gern anekdotisch, weil das vielleicht nicht alle wissen. Das Bundesfamilienministerium hat vor einigen Jahren eine Studie in Auftrag gegeben, um wissenschaftlich untersuchen zu lassen, welche Leistungen man eigentlich anbietet, weil der Förderdschungel mittlerweile so unübersichtlich geworden war, dass das keiner mehr wusste. Das ist ein 600-seitiges Buch, das ist echt irre. Aber es zeigt, dass wir bei der Förderung von Leistungen an Familien und auch an Kinder wirklich ganz woanders ansetzen müssen. Wir glauben daher – Sie hatten gerade das Stichwort Kindergrundsicherung genannt –, dass es auf jeden Fall … dass zumindest die Richtung … Wir würden es nicht so nennen und haben auch ein paar andere konzeptionelle Vorstellungen, wie das laufen kann. Aber die Bündelung von Sozialleistungen und Hilfeleistungen an Kinder und Jugendliche in einem neuen Modell, das es ermöglicht, die Kinder wirklich zielsicher zu erreichen – bei uns heißt das Kindergeld 2.0 –, ist wirklich willkommen, um diese Diskussion zu führen. Mal sehen, inwiefern wir die aus meiner Sicht relevanten Punkte dann im Ausschuss erörtern können. Der Überweisung stimmen wir in jedem Fall zu.
Sehr geehrtes Präsidium, meine Damen und Herren! Mit dem Antrag schießt sich DIE LINKE wieder einmal selbst ins