Das Zweite sind diese Krankenhausfälle. Diese Krankenhausabrechnungsfälle machen niemandem Spaß. Und da sitzt meines Erachtens die Ursache woanders. Das ist weniger das Problem des Gerichts – das ist im Grunde genommen das letzte Glied in der Kette –, das ist vielmehr etwas, was unter den Krankenkassen und den Leistungsträgern zu tun hat. Da müssen wir am Ende die Lösung suchen, und dafür gibt es verschiedene Ansätze. Das wäre in unserem Antrag enthalten gewesen. Jetzt müssen wir uns auf einem anderen Wege darum kümmern. Das wollen wir auch gern tun. Ich will nur sagen: Allein die Stellen sind an der Stelle nicht das Problem.
Und das Dritte, das ist noch einmal sehr signifikant, weil es heißt: Wir haben doch so schön viele Stellen geschaffen. Das ist gut und richtig. Aber vielleicht auch mal ein bisschen Selbstkritik. Was ist denn in den letzten Jahren passiert? In den letzten Jahren ist keine vernünftige Personalplanung im Bereich Justiz erfolgt. Sonst hätten wir heute diese Geschichten mit dem Druck immer hinterherlaufend, revolvierend nicht gehabt.
Eines dürfen wir dabei auch nicht außer Acht lassen: Es bringt nicht nur Vorteile, sondern auch handfeste Schwierigkeiten mit sich, wenn diejenigen, die wir beispielsweise in der Strafgerichtsbarkeit im Landgericht sitzen hatten und für die wir dann beim Oberlandesgericht entsprechende Stellen geschaffen haben, analog jetzt wieder beim Oberverwaltungsgericht – nach Eignung, Leistung und Befähigung kommen die besten Richter da hin. Das bedeutet: Damit saugt man in gewisser Weise gleichzeitig die Leistungsträger von den Gerichten ab, wo richtig viel zu tun ist und die dort richtig etwas wegschaffen, und schafft die nach oben hin.
Das sind alles Probleme, die das mit sich bringt. Deswegen appelliere ich an dieser Stelle: Machen Sie bitte eine langfristige Personalplanung, behalten Sie das im Blick. Nicht nur, weil wir jetzt näher an die Wahl heranrücken, sondern weil das gerade in dem Bereich, in dem man Beamte nicht kurzfristig hin und herschieben kann,
sondern das Ganze im Blick behalten muss, aus einem Guss gemacht werden und auf die nächsten 10 bis 15 Jahre betrachtet werden muss. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Seelmaecker, was in den letzten Jahren passiert ist, mag interessant sein, aber das können wir doch jetzt im Nachhinein nicht mehr ändern. Entscheidend ist doch, was wir jetzt machen.
(Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein FDP: Das kommt von den Richtigen! – Zuruf von Dirk Nockemann AfD)
Wir gucken in die Zukunft, schaffen jetzt neue Stellen und reagieren damit auf die Situation, wie sie ist, und das ist das Entscheidende.
Wir haben in dieser Legislaturperiode im Justizbereich seit Jahrzehnten den größten Stellenzuwachs mit nunmehr 200 neu geschaffenen Stellen. Da kommen Sie als Opposition mit Ihren Forderungen gar nicht mehr hinterher. Und wenn Sie sich auf Ihren Antrag mit Bezug auf die Sozialgerichte vor zwei Wochen beziehen: Wir stärken auch die Verwaltungsgerichte, gehen also auch in fachlicher Hinsicht über Ihre Forderung hinaus.
Damit sichern wir die Funktionsfähigkeit der Justiz. Alle Bürgerinnen und Bürger sollen Zugang zu einem möglichst effektiven und schnellen Rechtsschutz haben. Wir stärken den Rechtsstaat insgesamt. Gerade heutzutage in den unruhigen Zeiten brauchen wir einen starken Rechtsstaat – was passiert, wenn man den nicht hat, sieht man gerade in Großbritannien –, und dieser starke Rechtsstaat gewährleistet auch Sicherheit.
Jetzt fordern wir Regierungsfraktionen mit diesem Antrag noch einmal 16 zusätzliche Stellen im Justizbereich als Reaktion auf konkrete Bedarfe. Mit den drei weiteren Richterstellen für die Sozialgerichtsbarkeit als Reaktion auf die nach wie vor massiven Auswirkungen der Klagewelle Ende 2018 in Krankenversicherungssachen nach geänderten Verjährungsfristen können Rückstände in den Sozialgerichten effektiv abgebaut werden, sodass dann auch keine neuen Bestände bestehen. Ein effektiver, zeitnaher Sozialrechtsschutz ist wichtig, denn da geht es gerade auch um die Bedürftigen, die einen besonderen Rechtsschutz erhalten müssen.
Dann haben wir vier Richterstellen am Verwaltungsgericht wegen der anhaltend hohen Belastung vor allem bei Asylsachen, zwei Richterstellen
am Oberverwaltungsgericht, auch wegen Asylsachen, weil dort jetzt die Berufungsverfahren hinzukommen, aber vor allem wegen sehr komplexer Großverfahren wie zum Beispiel Luftreinhalteplan oder dem neuen Fernbahnhof Altona. Das alles ist mit dem vorhandenen Personal nicht mehr machbar. Deshalb verstärken wir es gezielt. Parallel dazu sollen diese neuen Richterinnen und Richter jeweils wieder Servicekräfte zur Unterstützung erhalten. Den Servicebereich berücksichtigen wir immer, um die Arbeitsfähigkeit zu gewährleisten, denn die Abläufe bei Gericht funktionieren nur mit einem gut ausgebauten funktionierenden Servicebereich.
An diesen vielen Verstärkungsmaßnahmen sieht man, wie ernst wir die im Koalitionsvertrag geforderten angemessenen Ausstattungen der Justiz nehmen und wie zielgerichtet wir es umsetzen, denn wir beobachten konsequent die Arbeitsbelastungen im Hinblick auf Eingangszahlen, Verfahrensdauer und Komplexität der Verfahren. Diese drei Kriterien sind immer sehr maßgeblich. Beobachten allein reicht aber nicht. Wichtig ist natürlich, schnell und zielgerichtet auf neue Situationen, aktuelle Trends und dauerhafte Belastungen zu reagieren, und das tun wir. Das machen wir kontinuierlich mit der Schaffung neuer Stellen, wenn sich herausstellt, dass dauerhaft erhöhte Personalbedarfe bestehen. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Hamburgerinnen und Hamburger! Gegen Ihr Vorhaben ist erst einmal gar nichts zu sagen. Das ist gut, das ist längst überfällig. Es ist gut, dass immer nachgebessert wird. Das haben wir auch in Haushaltsberatungen gefordert, und Sie sind dem dann auch nachgekommen. Das ist gut und richtig. Allerdings muss ich an der einen oder anderen Stelle doch ein bisschen Wasser in den Wein gießen. In der Drucksache sagen Sie, Sie reagierten damit auf die Klagewelle Anfang 2018. Das ist gut, das ist richtig. Aber es geht nicht nur um die Verjährungsfristen und die dann auf uns zukommenden neuen Verfahren, sondern bei den Sozialgerichten lag die durchschnittliche Verfahrensdauer bei Klagen schon 2016 und 2017 bei rund 17 Monaten, im Vergleich dazu im Amtsgericht bei 4 Monaten.
Das hat sich bis heute nicht geändert, und da hilft auch die alleinige Maßnahme der Aufstockung der Stellen für Richterinnen und Richter und weiteres Personal nichts; da muss mehr getan werden.
Konkret ist es so: Im Ausschuss hat die Justizbehörde berichtet, dass die Krankenkassen bei nahezu jedem verlorenen Verfahren einen Widerspruch einlegen, sei der Widerspruch auch noch so aussichtslos. Das ist eine zynische Praxis, und trotz Milliardengewinnen wird bis heute so verfahren. Auch an dieser Stellschraube muss man drehen, wenn man eine Reduzierung der Verfahren erzeugen will. Da könntet ihr auch ruhig klatschen,
Auch in anderen Fällen ist die Dauer der Verfahren beim Sozialgericht ein Problem, nämlich bei der Bearbeitungszeit von Klagen gegen das Jobcenter. Wenn zum Beispiel die Bearbeitung eines Eilantrags zur Erteilung einer Zusicherung für die Anmietung einer Wohnung so lange dauert, dass die Wohnung bereits anderweitig vergeben wurde, bevor das Gericht darüber entscheiden konnte, dann kann das bei den Menschen zu existenziellen Schwierigkeiten führen. Das darf nicht so weitergehen.
Die neuen geplanten Stellen im Verwaltungs- und im Oberverwaltungsgericht begrüßen wir ebenfalls. Allerdings wird auch hier nicht weit genug gedacht. Urs, du hast es schon ein Stück weit angesprochen: Schnelle Entscheidungen in Asylverfahren sind anstrebenswert. Das finden wir alle. Das ist richtig, und das ist gut. Allerdings hilft das relativ wenig, wenn Bund und Länder sich immer weiter abschotten und das Asylrecht immer weitergehend ausgehöhlt wird. Gleichzeitig ist ein Problem, dass die gleichbleibende Zahl von Anwältinnen und Anwälten, die auf diesen Fachbereich spezialisiert sind, einem immer größeren strukturellen Ungleichgewicht beim BAMF und bei den Gerichten gegenübersteht. Auch hier müssen wir zusehen, dass wir Maßnahmen ergreifen, damit dieser Berufszweig, und zwar genau in diesem Feld, attraktiver wird,
Und das führt dann nicht zu dem von der SPD gewünschten sozialen Frieden. Da müssen wir ganzheitlicher denken.
Wir freuen uns insgesamt, dass Rot-Grün aufrüsten will, und zwar bei den Richterinnen und Richtern – in einem anderen Bereich fänden wir das nicht so lustig und auch nicht so gut. Allerdings ist das ein überfälliger Schritt und bei Weitem nicht weit genug und auch nicht weit genug gedacht.
Vielen Dank, Herr Dolzer. – Als Nächste erhält das Wort Frau von Treuenfels-Frowein für die FDP-Fraktion.
Vielen Dank. – Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich kann es kurz machen. Jeder weiß, dass wir für die Ausstattung der Gerichte sind. Wir finden das gut. Das ist ein guter Schritt in die richtige Richtung – man soll loben, wenn es sein muss.
Dennoch, muss ich dazu sagen, Herr Tabbert, fand ich gerade lustig, dass Sie sagten, Sie täten das nicht nach dem Gießkannenprinzip. Das, was hier gerade passiert, ist Gießkannenprinzip. Weil es immer dann passiert … Die GRÜNEN sagen: Wir justieren immer dann nach, wenn es nötig ist. Das ist doch Quatsch. Im Grunde genommen muss man doch eine Strategie haben, die so nachhaltig ist, dass sie dann auch länger wirkt. Was hier passiert, ist, dass kurz vor der Wahl – wir finden es trotzdem gut, egal wann Sie es machen – einmal nachgesteuert wird. Aber deswegen ist es in dem Moment nicht so gut zu sagen, Sie handelten nicht nach dem Gießkannenprinzip. Uns ist egal, nach welcher Kanne Sie es machen, Hauptsache Sie machen es.
Frau Timm fand die Idee sehr interessant zu sagen, wir sollten nicht darüber nachdenken, was vorher war, es gelte, was jetzt ist. Ich würde mich freuen, wenn die GRÜNEN das öfter denken würden, denn normalerweise machen Sie das doch bis zum Abwinken – und noch viel weiter – mit der CDU.
Gerade auch Ihnen möchte ich sagen: Ich finde es sehr wichtig, dass wir endlich ein Konzept bekommen, hinter dem wir alle stehen, und die Gerichte auch auf lange Sicht wissen, wie geplant wird. Nicht immer hier ein paar Richter, da ein paar Richter, und damit haben wir es dann wieder ein bisschen glattgezogen. Sondern eigentlich müsste es doch so sein, dass wir in dieser Stadt, wenn wir den Rechtsstaat wirklich effizient machen wollen … Bei Verfahrensdauern wie gerade in den Verwaltungsgerichten bei Asylverfahren von 17 Monaten kann man doch nicht davon reden, dass wir das hier alles locker im Griff haben. Wir müssen ein nachhaltiges Konzept haben, und ich bin mir sicher, wenn wir daran alle zusammen arbeiten, dann werden wir das auch bekommen. Das setzt aber voraus, dass diese Seite sich nicht dafür abfeiert, dass sie gerade ein paar Richterstellen nachsteuert, sondern wir müssen ein gutes Konzept haben,
Erster Vizepräsident Dietrich Wersich (unterbre- chend): Weil Sie noch dort stehen, frage ich, ob Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Müller zulassen.