Protocol of the Session on July 3, 2014

auch Studiengänge, die sinnvoll und gut sind. Oftmals sind es Angebote – wir hatten den anderen Fall zum Thema Lateinamerika-Studien –, die fakultätsübergreifend sind, aber gerade in der Wissenschaft liegt häufig in den übergreifenden Themen die Zukunft. Doch wir sehen mehr und mehr, dass der Kürzungskurs an der Universität dazu führt, dass gerade die fakultätsübergreifenden Studiengänge, wo mehrere Beteiligte dabei sind, unter die Räder kommen, weil sie vielleicht nicht immer eine starke Lobby haben. In den gerade vorgelegten hochschulpolitischen Leitlinien, den Exzellenzzielsetzungen des Senats, heißt es:

"Mit ihrem Angebot […] deckt die UHH ein sehr breites Fächerspektrum ab, das auch eine große Anzahl an sog. Kleinen Fächern in den Geisteswissenschaften umfasst, die als ein Alleinstellungsmerkmal erhalten bleiben sollen."

Mit dem Studienfach Türkisch auf Lehramt hat Hamburg ein kleines Fach mit Alleinstellungsmerkmal. Deutlicher kann man es nicht machen, dass Anspruch und Wirklichkeit bei diesem Senat hier weit auseinanderklaffen.

(Beifall bei der CDU, den GRÜNEN und bei Christiane Schneider DIE LINKE)

Es sind doch gerade die kleinen Fächer – Frau Heyenn hat es ausgeführt, auch wenn ich mir nicht alle Ihre Ausführungen zu eigen mache –, die häu

(Dr. Sven Tode)

fig personenabhängig sind, wo dann eine Juniorprofessorenstelle nicht mehr besetzt ist, weil vielleicht ein Nachwuchswissenschaftler die Stadt verlässt, und schon steht ein halber Studiengang zur Disposition. Es sind gerade die kleinen Fächer, wo diese Probleme deutlich zum Vorschein kommen, und hier muss Abhilfe geschaffen werden.

Ich finde es gut, Herr Tode, wenn Sie für sich die Hochschulautonomie reklamieren, aber wenn Sie diese ernst nähmen, dann müssten Sie nachher bei der Abstimmung über das Hamburgische Hochschulgesetz anders abstimmen. Es ist doch unehrlich zu sagen, die Hochschulen bekämen Ressourcen, denn die Ressourcen, die sie von Ihnen bekommen, werden von Jahr zu Jahr weniger,

(Jan Quast SPD: Das ist doch Quatsch! Nur durch Wiederholung wird es nicht richtig!)

und mit der Abstimmung nachher wollen Sie neue Aufgaben für die Hochschulen festlegen, von denen Sie sagen, das sei budgetneutral. Damit verlagern Sie die Probleme. Sie verlagern den Sparkurs auf die Hochschulen, und das ist unehrlich und hat nichts mit Hochschulautonomie zu tun, Herr Tode.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Es sind einige Zahlen in der Debatte genannt worden. Aber wenn man jetzt über einzelne Fächer im Lehramt diskutiert, dann muss man auch schauen, wie denn insgesamt die Zahlen im Lehramt aussehen. Ein Beispiel dafür, dass die Probleme, die der Senat schafft, dann gerne an die Hochschulen delegiert werden, ist das Thema der Masterplätze. Da ist Ihre Senatorin vorgeprescht und hat das politische Versprechen abgegeben, jeder Bachelorabsolvent, gerade bei den Lehramtsfächern, bekomme auch einen Masterplatz in Hamburg. Und wie wird das jetzt umgesetzt? Die Masterplätze werden leicht erhöht, aber die Studienanfängerplätze werden zum Wintersemester im Bereich der Lehrämter deutlich reduziert: Lehramt am Gymnasium 32 Plätze weniger, minus 11 Prozent, und Lehramt an Primar- und Sekundarschule minus 14 Prozent, das sind 45 Plätze weniger. Das zeigt doch, wie hilflos und planlos Sie mit diesem Thema umgehen.

(Beifall bei der CDU – Olaf Ohlsen CDU: Skandal! – Glocke)

Herr Kleibauer, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Tode?

Herr Kleibauer, ist Ihnen bekannt, wie die Zahlen für Bachelor und Master bei Türkisch auf Lehramt

aussehen? Es gibt für Bachelor acht und für Master elf Plätze. Da kann ich nicht erkennen, dass es zu wenige Masterplätze gibt, wie Sie gerade eben ausgeführt haben.

Mir sind die Zahlen bekannt, wobei ich es falsch finde, hier nur ein Jahr isoliert zu betrachten. Wir müssen doch insgesamt das Problem bei den Lehrämtern sehen, und je weniger Studienanfängerplätze insgesamt man im Bachelor zur Verfügung stellt, desto mehr hat man das Problem, dass kleinere Fächer noch weniger ausgelastet sind. Das ist doch das Problem, Herr Tode.

(Beifall bei der CDU, den GRÜNEN und bei Dora Heyenn DIE LINKE)

Deshalb wollen wir nicht, dass ein Studiengang mit einer Strahlkraft und einer Symbolwirkung geschlossen wird, womit ein falsches Signal in Bezug auf Internationalität und Integration gesetzt würde, sondern wir wollen, dass die Hochschulen richtig ausgestattet werden und dann auch die Möglichkeit haben, Entscheidungen anders zu fällen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Frau Dr. von Berg von der GRÜNEN Fraktion bekommt jetzt das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Hamburg rühmt sich für seine interkulturelle Kompetenz. Hamburg rühmt sich ob seiner Weltoffenheit. Hamburg rühmt sich als Tor zur Welt, und Hamburg sagt: Wir haben eine Willkommenskultur. Deswegen haben wir auch diesen ganz besonderen Studiengang hier in Hamburg, der das Lehramt und die Turkologie miteinander verbindet und damit wirklich ein Kleinod in Deutschland ist, das es seit 20 Jahren gibt. Und dieser Studiengang soll nun geschlossen werden. Ich halte das wirklich für einen gesellschaftspolitischen und integrationspolitischen Skandal.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der LINKEN)

Türkisch ist die am zweithäufigsten gesprochene Sprache, und die Türkischlehrkräfte sind unverzichtbar in unseren Hamburger Schulen, denn sie ermöglichen nicht nur, dass die Herkunftssprache gelernt wird, sondern sie garantieren auch, dass Türkisch als Fremdsprache gelernt wird. Wir sollten nie vergessen, dass es viele deutschsprachige Kinder gibt, die gerne in diese bilingualen Klassen gehen. Außerdem garantieren sie eine Kommunikation mit den Elternhäusern. Sie sind die Vertrauenspersonen für ganz viele Eltern, und wir haben einfach sehr viele Eltern mit türkischem Migrationshintergrund in unseren Hamburger Schulen. Nicht

(Thilo Kleibauer)

zuletzt ermöglichen sie die interkulturelle Öffnung in unseren Schulen. Und was wir nicht vergessen dürfen: Türkisch ist und bleibt eine Bildungssprache, deswegen darf man dieses Lehramt nicht schließen.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der LINKEN)

Herr Tode hat ausgeführt, wie gering die Zahlen sind. Das liest sich auch erst einmal so, dass man denkt, da bestehe nicht viel Interesse. Frau Heyenn hat schon ausgeführt, warum das so ist. Herr Tode, ich sage es noch einmal an Ihre Adresse: Es liegt nicht an der Sprachprüfung, sondern es liegt am NC. Der Senat muss hier ganz klar seinen politischen Willen artikulieren, dass Türkisch weiterhin als Lehramt in Hamburg studierbar ist. Dieses Signal fehlt mir jedoch. Sie sagen einfach, die Universität treffe ihre Entscheidung und Ihnen sei das egal.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Das ist doch nicht egal!)

Meine Damen und Herren! Hier fehlt mir das politische Signal in die Stadt und in die Universität, damit dieses Lehramt erhalten werden kann.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei Christiane Schneider DIE LINKE)

Möglich wäre das. Wir könnten eine besondere Quote einführen, wie wir es an anderer Stelle auch gemacht haben. Wir haben das Programm "Mehr Migranten werden Lehrer", aber wenn sie dann doppelt diskriminiert werden durch einen NC, den sie aufgrund ihres Migrationshintergrunds häufig nicht erreichen, dann ist das einfach eine falsche Entscheidung. Da gibt es die Möglichkeit, besondere Quoten zu schaffen. Und wenn das Geld einmal fehlt: Hamburg ist gerade um 30 Millionen Euro BAföG entlastet worden. Dieses Geld könnte wunderbar in die Hochschulen zurückfließen und nicht in die Finanzierung des allgemeinen Haushalts.

(Beifall bei den GRÜNEN – Dr. Andreas Dressel SPD: Das tut es ja auch nicht!)

Wir GRÜNEN plädieren dafür, dass die Senatorin sich darum kümmert, die Gespräche mit der Universität aufzunehmen, und tatsächlich dafür sorgt, dass diese Entscheidung rückgängig gemacht wird, denn das Lehramt Türkisch in diesem Profil ist wirklich ein Kleinod, unbedingt erhaltenswert und einzigartig in Deutschland. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der CDU)

Nun bekommt das Wort Herr Dr. Schinnenburg von der FDP-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Kleibauer hat nun das Thema Türkischlehramt zum Anlass für eine Generaldebatte genommen. Herr Kleibauer, Sie haben natürlich recht: Diese Senatorin spart Hamburgs Hochschulen kaputt, diese Senatorin bevormundet die Hamburger Hochschulen, und diese Senatorin vertreibt Spitzenpersonal. Das ist unbestreitbar, das ist so.

(Beifall bei der FDP und bei David Erkalp CDU – Zuruf von Kazim Abaci SPD)

Aber hier geht es um eine konkrete Frage, und lassen Sie uns diese einmal aus der Sicht der Betroffenen betrachten. Viele von Ihnen wissen, dass ich selbst mit einer Ausländerin verheiratet bin, und ich lege sehr großen Wert darauf, dass meine Kinder nicht nur Deutsch, sondern in diesem Falle auch Tschechisch lernen. Das ist ein sehr sinnvolles Anliegen für unsere Kinder. Es gibt noch weitere gute Gründe, und bei den Türken ist es noch deutlicher als bei den Tschechen, denn die sind wesentlich weniger. Es gibt sehr viele Betroffene in Deutschland und auch in Hamburg. Die Türkei ist ein wichtiges Land. Nach allem, was wir wissen, wird die Türkei eine große Expansion vor sich haben, zumindest wirtschaftlich.

(Kazim Abaci SPD: Expansion!)

Ich persönlich würde mich freuen, wenn es auch eine politische Verbesserung geben würde.

(Beifall bei Dr. Kurt Duwe FDP)

Ein Punkt wurde hier noch nicht erwähnt: Wenn jemand Türkisch kann, dann ist es für ihn persönlich sehr karrierefördernd. Ein Ingenieur oder ein anderer Wissenschaftler, der auch Türkisch spricht, hat ganz andere Möglichkeiten in seinem Beruf als derjenige, der das nicht kann.

(Jan Quast SPD: Das ist ja unbestritten! Wo ist Ihr Problem?)

Daher ist es auch im Interesse der Schüler und nicht nur der Familien, dass die Kinder Türkisch lernen.

Ein weiterer Punkt: Sie wissen vielleicht, dass die FDP allergrößten Wert auf eine Internationalisierung der Hochschulen legt. Das spricht auch dafür, das Türkischangebot an den Hochschulen ausreichend zu gestalten.

Dazu kommt noch ein Punkt, den ich mir einmal wörtlich aus der Antwort auf meine Schriftliche Kleine Anfrage abgeschrieben habe. Der Senat sagt wörtlich:

"Die Hamburger Schulen decken ihren Bedarf an Lehrkräften bundesweit ab."

(Dr. Stefanie von Berg)