Protocol of the Session on May 10, 2012

Die Sanierung der Hochschulen, insbesondere die Universität und die HAW, aber auch die anderen Hochschulen mit vielen Gebäuden, hat für uns eine hohe Priorität. Wenn wir jetzt in die Haushaltsberatungen einsteigen und den finanziellen Rahmen der Stadt für die Jahre 2013 und 2014 festlegen, bietet es sich an, dass Sie dann auch Ihre Planung, Ihre Prognosen und Ihren Stand zum Sanierungsprogramm vorlegen. Dazu wollen wir Sie mit den Anträgen auffordern. Die Bürgerschaft hat ein Anrecht darauf, dass die Hochschulsanierung im Rahmen der Haushaltsberatungen thematisiert werden kann.

(Beifall bei der CDU)

Ich überlasse nun den anderen Fraktionen das Wort.

(Beifall bei der CDU)

Bevor ich Herrn Kühn das Wort erteile, wären Sie, Herr Kühn, da

(Thilo Kleibauer)

mit einverstanden, dass Frau Dr. Gümbel Ihren Antrag vor Ihnen begründet?

(Philipp-Sebastian Kühn SPD: Aber selbst- verständlich! – Jan Quast SPD: Ist sie denn jetzt da?)

Dann bekommt Frau Dr. Gümbel das Wort.

Das ist sehr nett, vielen Dank, Herr Kollege. Manchmal redet die LINKE eben doch kürzer als man denkt.

(Christiane Schneider DIE LINKE: Aber wir bringen es immer auf den Punkt!)

Jetzt komme ich zur Antragsbegründung. Wir haben eine Große Anfrage zur Infrastruktur und zum Sanierungsstau bei den öffentlichen Gebäuden gestellt, und die Entwicklung bei den Hochschulen ist dramatisch. Insgesamt gibt es einen 192-MillionenEuro-Sanierungsstau bei den Hamburger Hochschulen ohne die Universität und das UKE, so die Aussage von Ihnen, Frau Senatorin. Das fächert sich laut dem Senat folgendermaßen auf: 88 Millionen Euro bei der HAW, 10 Millionen Euro bei der Technischen Universität in Harburg, 20 Millionen Euro bei der Hochschule für Musik und Theater, 1 Million Euro bei der HFBK und fast 40 Millionen Euro beim Studierendenwerk in der Wohnanlage Borgfelder Straße und Grandweg. Das sind dramatische Zahlen. Wir wissen, wie hoch der Sanierungsstau an der Universität ist und wie lange wir darum gerungen haben, wie dieser Sanierungsstau behoben werden kann. Der Kollege Kleinbauer hat bereits auf die Haltung der SPD bei der Regierungsübernahme hingewiesen, dass es jetzt endlich losgehe, Schluss mit dem Gequatsche; als wäre die sorgfältige Abwägung zwischen den Standorten überflüssig gewesen. Das halte ich für eine falsche Einschätzung. Und wir erleben jetzt, dass bei der Universität Stillstand herrscht und dass darüber hinaus die dramatischen Sanierungsdefizite in keiner Weise Berücksichtigung finden. Der Senat sagt uns, dass die Mängel gravierend sind, und die Hochschulen sagen uns, dass sie überlegen, ganze Gebäudeteile zu schließen. Um Ihnen einmal einen Eindruck zu vermitteln: An der HAW am Berliner Tor regnet es ins Gebäude hinein, das sind ähnlich dramatische und schlimme Zustände wie in der Universität. Studierende sind auf adäquate Räumlichkeiten angewiesen.

Die Situation zeigt, dass die Hochschulen bei Ihnen, liebe SPD, nicht an erster Stelle stehen. Ich begrüße außerordentlich, dass wir zu dieser späten Stunde zwar, aber immerhin am heutigen Tage über dieses Thema sprechen.

(Kai Voet van Vormizeele CDU: Gefühlte späte Stunde! – Dr. Till Steffen GAL: Für einen Politiker ist das doch noch keine Zeit!)

Wir haben zwei Punkte angesprochen. Die Kollegen aus dem Wirtschaftsausschuss haben ausgeführt, was Innovation ist, wo diese stattfindet und was eine Stadt braucht, um sich gut entwickeln zu können. Natürlich braucht sie Anregungen aus den Hochschulen. Nach der Aktuellen Stunde haben wir über die Schuldenbremse gesprochen, zu der sich auch meine Fraktion klar bekennt. Um das zusammenzufügen: Wir sind nicht der Auffassung, dass wir eine Springflut von Finanzmitteln in diese Stadt investieren müssen.

(Zuruf aus dem Plenum: Aber die Hoch- schulen!)

Aber die Hochschulen, genau, Frau Hajduk hat das in ihrem Beitrag ausgeführt.

Die Frage, was eine Stadt voranbringt, muss ganz klar damit beantwortet werden, was sie zukunftsfähig macht. Das sind die Hochschulen. Die Hochschulen sind nicht nur der technische Motor einer Gesellschaft, sondern werden auch als Reflexionsboden für gesellschaftliche Veränderungen gebraucht. Insofern appelliere ich an Sie, liebe SPD, den Kollegen Herrn Kühn, der gleich sprechen wird, aber auch den Kollegen Tode und die Senatorin Frau Dr. Stapelfeldt, die Hochschulen zu unterstützen und auch gegenüber finanziellen Wünschen von anderer Seite zu verteidigen. Ich appelliere an Sie, Hamburg zu einer konkurrenzfähigen Stadt in Deutschland zu machen. Über die Frage, wie die Hochschulen räumlich und das Budget betreffend ausgestattet sind, werden wir sicherlich noch an anderer Stelle debattieren. Wir haben aber Zweifel, ob die Ausstattung so gut ist wie sie sein sollte.

Unsere Große Anfrage hat ergeben, dass die räumlichen Verhältnisse nicht nur an der Universität, sondern auch an den anderen Hochschulen so schlecht sind, dass es unbedingt eines Umsteuerns bedarf. Deshalb haben wir unseren Antrag so verfasst. Wir fordern Sie auf, deutlich zu benennen, welche Konsequenzen ein Nichthandeln hat. Sie sollten uns Ihre Pläne vorlegen, sodass wir in den Haushaltsberatungen an einer guten Zukunft für die Hochschulen Hamburgs arbeiten können.

(Heike Sudmann DIE LINKE: Haushalts- bremse!)

Dem Antrag des Kollegen Kleibauer aus der CDU wollen wir ebenfalls zustimmen. Dieser fokussiert sich, wie dargelegt, auf die Universität. Selbstverständlich müssen wir dort vorankommen. Es ist beklagenswert, dass Sie nun schon seit einem Jahr regieren und wir kaum einen Fortschritt sehen. Insofern kann ich Sie nur auffordern, im Sinne der Stadt und der Hochschulen endlich zu handeln.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der CDU)

(Vizepräsidentin Barbara Duden)

Nun bekommt Herr Kühn das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch ich bin froh, dass wir in der Hamburgischen Bürgerschaft wieder einmal über das Thema Wissenschaft und Forschung sprechen können. Wir müssen aber bei der Wahrheit bleiben, meine sehr verehrten Damen und Herren von der CDU und von den Grünen. Man muss zur Einordnung fürs Plenum erklären, wie es eigentlich kommt, dass plötzlich GAL und CDU einen solchen Antrag vorlegen. Das hängt damit zusammen, dass wir in der kommenden Woche am Dienstag im Wissenschaftsausschuss die Drucksache zur baulichen Entwicklung des Campus Bundesstraße behandeln werden. Sie sehen also, dass wir den Zug schon längst aufs Gleis gesetzt haben und dass dieser Fahrt aufgenommen hat.

(Thilo Kleibauer CDU: Den haben wir aufs Gleis gesetzt! – Dietrich Wersich CDU: Das ist jetzt aber ziemlich kühn!)

Sie versuchen, im Nachhinein noch auf diesen Zug aufzuspringen. Dieser Versuch ist ziemlich peinlich.

(Beifall bei der SPD)

Ich bin seit knapp vier Jahren, der 19. Legislaturperiode, in diesem Parlament. Damals saßen hier vorne Herr Beuß von der CDU, er war wissenschaftspolitischer Sprecher seiner Fraktion, und Frau Dr. Eva Gümbel, wissenschaftspolitische Sprecherin der GAL und Vorsitzende des Wissenschaftsausschusses. Umso mehr erstaunt es mich jetzt in der 20. Legislaturperiode, dass Sie plötzlich all diese Themen für sich entdecken, vor allem, dass es einen Sanierungsstau an den Hamburger Hochschulen gibt. Herzlichen Glückwunsch zu dieser Erkenntnis, sie ist längst überfällig.

(Beifall bei der SPD)

Wir wollen einmal in die 19. Legislaturperiode zurückschauen.

(Dr. Eva Gümbel GAL: Sie regieren jetzt!)

Was haben Sie denn damals Großartiges geleistet, um den Sanierungsstau an den Hamburger Hochschulen anzugehen? Wir haben über eine Verlagerung der Universität vom Standort Eimsbüttel auf den Kleinen Grasbrook diskutiert. In diversen Gutachten wurden dann der Sanierungsstau künstlich hoch- und der Neubau künstlich heruntergerechnet.

Es gibt ein gutes Beispiel in der Bundesrepublik, nämlich die Universität Frankfurt, die ungefähr so viele Studierende hat wie die Universität Hamburg. In Frankfurt hat das Land Hessen – wohlgemerkt nicht die Stadt Frankfurt, sondern das Land Hes

sen mit seinen 6,5 Millionen Einwohnern – knapp 2,5 Milliarden Euro für den Neubau der JohannWolfgang-Goethe-Universität verbaut. Das ist eine gute, belastbare Zahl. Ihr Szenario, die Hochschule am Kleinen Grasbrook neu zu errichten, hätte irgendwas zwischen vier und fünf Elbphilharmonien gekostet.

(Dietrich Wersich CDU: Jetzt führen Sie aber die Debatten von vorgestern! Sagen Sie doch mal was zu heute!)

Wenn man sich die Diskussionen, die wir seit Wochen, eigentlich seit Monaten führen, anschaut und sich die Haushaltssituation dieser Stadt vor Augen führt, dann weiß man, dass das Potemkinsche Dörfer waren, die nichts mit der Realität dieses Haushalts zu tun haben.

(Beifall bei der SPD)

Den Sanierungsstau der Hamburger Hochschulen zu thematisieren, ist richtig und wichtig, aber wir Sozialdemokraten haben diesen nie bestritten, auch die Senatorin nicht.

(Jens Kerstan GAL: Sie machen ja nichts!)

Ich habe Ihnen gerade gesagt, dass wir nächste Woche am Dienstag im Wissenschaftsausschuss die Drucksache zur baulichen Entwicklung des Campus Bundesstraße vorstellen werden, immerhin eine Investition im dreistelligen Millionenbereich. Es ist der beste Beweis dafür, dass wir etwas tun; die SPD handelt.

(Beifall bei der SPD)

Mich ärgert seit geraumer Zeit bei diesen Debatten, dass wir immer wieder der Versuchung erliegen, den Wissenschafts- und Forschungsstandort Hamburg schlechter zu reden, als er ist.

(Jens Kerstan GAL: Das hörte sich bei Ihnen als Opposition noch anders an!)

Hamburg ist im Moment mit zwei Wettbewerben in der Bundesexzellenzinitiative, und wir haben gute Chancen, dort erfolgreich zu sein. Die bauliche Entwicklung des Campus Bundesstraße ergibt in besonderem Maße Sinn, weil Elemente, auch bauliche Elemente, die wir dort entwickeln wollen, Teil der Exzellenzwettbewerbe sind beziehungsweise die Voraussetzungen dafür mit schaffen sollen. Insofern ist es vollkommen richtig, logisch und durchdacht, was die SPD in diesem Punkt tut. Ich kann gegenüber der Senatorin und der Behörde nur meinen Dank bekunden, dass wir so weit sind, kommende Woche Dienstag im Wissenschaftsausschuss mit den sachlichen Beratungen beginnen zu können.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kühn, gestatten Sie dem Abgeordneten Herrn Kleibauer eine Zwischenfrage?

– Vielen Dank, Herr Kühn.

Habe ich Sie richtig verstanden, dass es aus Ihrer Sicht ausreichend ist, in dieser Legislaturperiode nur das Projekt Campus Bundesstraße weiterzuverfolgen und nichts Weiteres in dem Bereich zu unternehmen?

(Gerhard Lein SPD: Das hat er nicht ge- sagt!)