Protocol of the Session on September 29, 2010

Ein Satz zu unserer grundsätzlichen Intention: Dieses Sparprogramm ist eine Umverteilung, es ist eine Umverteilung zugunsten kommender Generationen, dass die nämlich nicht die Schulden bezahlen müssen, die wir heute machen. Ich kann Sie nur auffordern, dem zu folgen oder vernünftige Alternativvorschläge zu machen. Das würde uns in der Debatte deutlich weiterbringen.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Das Wort hat Herr Hackbusch.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zwei Anmerkungen zu Ihnen, Herr Heintze.

Erstens: Immer wieder die gleichen Sachen zu wiederholen, ansonsten aber keine Argumente zu nennen und vor allem nichts zu den Auswirkungen Ihrer Sparpolitik zu sagen, gehört sich nicht. Man muss ehrlich diskutieren, was Sie dort anrichten und das werde ich auch gleich tun.

Zweitens: Mit dieser Regierung haben wir einen deutlichen Rückschritt im Gegensatz zu dem, was die Vorgängerregierung, also der vorherige Finanzsenator und der vorherige Bürgermeister, an kreativer Buchführung zugegeben haben und wie viele Luftbuchungen dort insgesamt stattfinden. Man redet im Allgemeinen über Sparen und bekommt es dann in der Realität doch im Wesentlichen nicht hin. Das ist zum Teil gar nicht so schlimm, im Bereich der Kultur richten Sie aber ein Desaster an.

Darüber will ich vor allen Dingen reden und Ihnen sagen, was das Desaster ist. Das ist nicht nur unsere Meinung, sondern so wurde es in der Presse, auch in der überregionalen Presse, dargestellt und dementsprechend bedeutet es für den Kulturstandort Hamburg eine absolute Katastrophe. Sie haben eben genannt, was alles gut sei, zum Beispiel die 16,5 Millionen Euro für das Bühnenwerk im Schauspielhaus. Sie müssen das einfach machen, der TÜV würde Ihnen die Bühne sonst gar nicht

mehr abnehmen. Man müsste das Schauspielhaus sofort schließen, wenn man das nicht macht. Das kann man natürlich nicht und deshalb ist es Unsinn zu sagen, das wäre ein Zeichen für die Zukunftsinvestition.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei der SPD)

Herr Stuth hat heute in der Betriebsversammlung dargestellt, warum er nicht in den verschiedenen Häusern spart. Er hat gesagt, er könne doch nicht, wenn er diesen Bereich auf drei Theater aufteile, drei Theater in existenzielle Schwierigkeiten bringen. Das war seine Aussage. Jetzt bringt er die dreifache Summe in einem Theater unter und nennt das keine existenzielle Krise. Bitte diskutieren Sie das einmal ernsthaft und reden Sie nicht so einen allgemeinen Unsinn.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Sie wissen ganz genau, dass Sie hiermit nicht irgendetwas Elitäres treffen, sondern die einzige Einsparmöglichkeit des Schauspielhauses ist, das Kinder- und Jugendtheater, das Junge Schauspielhaus, zu schließen. Eine erfolgreiche Jugendarbeit zu sparen wäre die Auswirkung und das werden wir nicht akzeptieren und nicht zulassen.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Und was diesen etwas lächerlichen Hinweis der Erhöhung der Einnahmen betrifft, so haben wir diese Diskussion schon immer. Frau Dr. Gümbel sagt völlig richtig, dass wir mit den Preisen in den Theatern eher heruntergehen müssten und Sie sagen, das löse man schon irgendwie. Das ist unernst und gehört sich nicht für Sie.

Das Altonaer Museum ist natürlich zugegebenermaßen besonderes Herzblut von mir als Altonaer. Sie sagen, es gebe nicht nur vier, sondern zehn Orte für Geschichte in Hamburg, damit sich das alles nicht mehr so dramatisch anhört; das ist schon der erste Taschenspielertrick.

Zweitens ist dieses Museum extra als ein Museum für Altonaer Geschichte gebaut worden, das in gewisser Weise auch die Geschichte zwischen Stadt, Land und dem Fluss darstellt. Dafür gibt es dort viele Exponate. Die Sammlung, von der Sie sagen, die würde irgendwo anders untergebracht werden, kann man woanders gar nicht unterbringen.

(Dora Heyenn DIE LINKE: Nee, geht auch nicht!)

Die Stiftung Historische Museen Hamburg hat gar keine Chance, das unterzubringen und dementsprechend wird das irgendwo versteckt werden, etwas anderes geht nicht. Sie schneiden in die Existenz der Museumslandschaft in diesem Land und in dieser Stadt hinein, und zwar richtig dramatisch. Das werden und wollen wir nicht akzeptieren. Die 3,4 Millionen Euro werden Sie nur dann realisieren

(Roland Heintze)

können, wenn Sie dieses Haus verkaufen. Wir werden in Altona nicht zulassen, dass dieses wichtige öffentliche Gebäude in Altona einfach an irgendwelche Immobilienspekulanten verkauft wird, was die einzige Möglichkeit wäre, Ihre Sache zu realisieren.

(Beifall bei der LINKEN)

Das werden wir verhindern und das wird hoffentlich ganz Altona zusammen mit uns verhindern, denn Ihre Kulturpolitik drückt eines dramatisch aus: Sie finanzieren diesen Beschluss zur Elbphilharmonie, wo man meinte, man mache zusätzlich etwas für Hamburgs Kultur. Und jetzt merken wir, dass wir das in dem Moment finanzieren sollen, wo wir Fundamente der gegenwärtigen Hamburger Kultur mit abreißen, um dort irgendetwas Neues zu bauen. Das ist ein Weg, den wir nicht mitgehen, der völlig falsch ist und den Ihre Basis auch nicht mehr erträgt.

An die GAL gerichtet: Sie versuchen mit der Hamburger Kultur die 120 Millionen Euro einzusparen, die in Berlin für die Wachstumsbeschleunigungsgesetze ausgegeben werden, und das geht nicht. – Danke.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Herr Abgeordneter, darf ich darum bitten, dass Sie sich keine demonstrativen äußeren Merkmale anstecken wie Sticker und dergleichen. – Das Wort hat Herr Dr. Tschentscher.

Sehr geehrter Herr Präsident! Vielleicht darf ich noch ein paar Worte zu den Zahlen sagen, die der Finanzsenator genannt hat und vor allem zu denen, die er nicht genannt hat. Er sagt – und das stimmt –, dass Sie im Kernhaushalt 2000 17 Milliarden Euro Schulden übernommen haben. Das ist in der Tat nicht gut, aber das sind 17 Milliarden Euro gewesen, die in den Jahrzehnten nach dem Krieg entstanden sind,

(Zurufe von der CDU)

in denen Hamburg mit starken öffentlichen Unternehmen aufgebaut wurde wie zum Beispiel der HHLA, die Sie mal eben für 1,3 Milliarden Euro verkaufen, um das Geld in Ihrem Haushalt zu verfrühstücken.

(Beifall bei der SPD)

Das ist alles kein Grund, in zehn Regierungsjahren den Schuldenstand von 17 Milliarden Euro auf 27 Milliarden Euro zu erhöhen. Ihre Prozentrechnung in Ehren, das sind die absoluten Zahlen. 27 Milliarden Euro werden Sie 2012 hinterlassen plus einen Vermögensverkauf von Grund und Boden, von Hafen, von Krankenhäusern. Das ist Ihre finanzpolitische Bilanz.

(Jörg Hamann CDU: Jetzt Kommen Sie doch mal zu Ihrem Einsparprogramm!)

Wenn Sie dann vorrechnen, Herr Frigge, dass Herr Ortwin Runde 2,2 Millionen Euro pro Tag mehr ausgegeben als eingenommen hat, dann ist das für einen bestimmten Zeitraum richtig. Für den Zeitraum, Herr Senator, in dem Sie voraussichtlich im Amt sind, ab heute bis voraussichtlich 2012, werden es 4 Millionen Euro pro Tag sein, die dieser Senat mehr ausgibt als er einnimmt. Zu behaupten, der Haushalt stehe nicht auf tönernen, sondern auf festen Füßen, ist eine schlichte finanzpolitische Sorglosigkeit und es ist geradezu eine Fahrlässigkeit, der Öffentlichkeit zu signalisieren, dass wir damit zukunftsfähig seien.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Und wenn der Betriebshaushalt in zwei Jahren – Beschlüsse über die Schulreform hin oder her – um 750 Milliarden Euro gegenüber dem abgerechneten Haushaltsjahr 2009 ausgeweitet wird, dann buche ich da noch 50 Millionen Euro gesetzliche Leistungen hinein, auch die Sozialhilfe ist gestiegen, meinetwegen noch ein bis zwei Prozent allgemeine Kostensteigerung, dann bleiben 300 bis 400 Millionen Euro, die Sie in den Betriebshaushalt ausweiten. Das ist keine Konsolidierung, sondern das Gegenteil. Das ist auch kein 500-Millionen-Euro-Sparprogramm. Es ist schlicht nicht wahr, was Sie der Öffentlichkeit auf Ihrer Pressekonferenz versucht haben, darzustellen.

(Beifall bei der SPD und bei Dora Heyenn DIE LINKE)

Ich gebe allen Recht, die sagen, Sparen sei immer etwas, womit man keinen Beifall auslöse. Aber liebe Abgeordnete von CDU und GAL, fragen Sie sich doch einmal, warum Ihre Kürzungen so heftige Proteste und Kopfschütteln auch bei Leuten auslösen, die eigentlich gar nicht unmittelbar betroffen sind.

Der erste Grund liegt darin, dass Sie in den vergangenen Jahren so viel Geld verschwendet haben – von der HSH Nordbank über die Elbphilharmonie bis hin zu Ihren Lieblingsprojekten Zug der Ideen, Arbeitsstelle Vielfalt und Reiterstaffel der Polizei –, dass sich die Leute fragen, warum soll ich denn dafür bezahlen, wenn die so viele Millionen aus dem Fenster werfen.

Der zweite Grund besteht darin, dass es mit dem Geldverschwenden auch nicht aufhört. Sie subventionieren doch weiter den Büroflächenleerstand in der HafenCity, lassen den Zug der Ideen durch Europa rollen und bauen eine Umweltbehörde, die schlecht geplant ist und uns jedes Jahr 12 Millionen Euro kosten wird.

(Wilfried Buss SPD: Was?)

Drittens tun Sie so, als wäre das alles gar nicht schlimm. Der Bürgermeister sagt in seiner Regie

(Norbert Hackbusch)

rungserklärung, die Mehrkosten der Elbphilharmonie seien Nebensache, das ginge bei jedem Autobahnbau so. Das sagt man nicht, wenn es um harte Einsparungen in der Stadt geht.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Viertens ist man als Senat verpflichtet, Einsparungen sorgfältig darzulegen. Was ich über die Schließung des Altonaer Museums höre, wirkt alles andere als seriös und zu Ende gerechnet.

(Wilfried Buss SPD: Richtig!)

Das wirkt hemdsärmelig und provokant. Auf diese Art und Weise kann man Einschnitte in wichtigen Politikfeldern der Stadt nicht durchsetzen.

(Beifall bei der SPD)

Fünftens muss ein Konsolidierungsprogramm auch insgesamt einer Prüfung standhalten. Die meisten Beiträge der Senatsmitglieder sind aber grobe Daumenpeilungen, rechtlich fragwürdig und von Entscheidungen Dritter abhängig; also vermutlich so, dass die Summen gar nicht zusammenkommen. Die Justizbehörde hat gleich mehrere Bundesratsinitiativen angekündigt. Die einzige Bundesratsinitiative, die uns derzeit helfen würde, wäre eine für die Vermögensteuer und die Anhebung der Spitzensteuersätze.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Als Letztes sei gesagt, dass man für eine Konsolidierung des Haushalts über alles reden muss, vielleicht auch über Einsparungen beim Personal und über Einsparungen im Kulturhaushalt. Aber es muss erkennbar werden, dass dieses dem Ziel der Haushaltskonsolidierung dient und nicht dem Spielraum einer Regierung, die schon zu viele ihrer Kompromisse mit dem Geld der Steuerzahler bezahlt hat und dieses Spiel noch zwei Jahre fortsetzen will.

(Beifall bei der SPD und bei Dora Heyenn DIE LINKE)