Protocol of the Session on July 2, 2010

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Das Wort hat Frau Schiedek.

(Hans-Detlef Roock CDU: Das sieht nach ei- ner längeren Rede aus!)

– Nein, nein. Darauf haben wir uns verständigt, aber ob ich es ganz so kurz schaffe, weiß ich nicht.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Titel der Debatte und die momentane Haushaltslage sprechen in der Tat dafür, an dieser Stelle jetzt nicht im Detail über Erfolge oder Misserfolge im Bereich der Jugendstrafverfahren oder Optimierungsbedarfe bei Projekten wie PRiJuS oder PROTÄKT zu reden, sondern einmal auf die generelle Situation der Staatsanwaltschaft einzugehen. Frau Spethmann hat schon angedeutet, dass das natürlich primär die personelle Situation betrifft. Fakt ist, dass es heute gerade noch 175,5 Staatsanwaltstellen gibt und 3,5 Stellen davon dauerhaft nicht besetzt sind, vermutlich sogar mehr; so lauten zumindest die Antworten der Justizbehörde.

Die Zahl der Staatsanwälte in Hamburg sinkt also bereits und wird nach Aussagen der Justizbehörde noch weiter sinken. Personell sieht die Situation der Staatsanwaltschaft schon jetzt nicht rosig aus, zu der Arbeitsbelastung komme ich gleich noch. Das ist die Ist-Situation, da haben wir noch nicht einmal über das Sparpaket des letzten Jahres gesprochen, geschweige denn über die aktuell angekündigten Sparmaßnahmen. Und wenn man sich dann überlegt, dass im Rahmen der letzten Sparbeschlüsse vom November in Höhe von 1,15 Milliarden Euro in den Jahren 2010 bis 2013 der Konsolidierungsbeitrag der Justizbehörde bei 45 Millionen Euro innerhalb von vier Jahren lag, dann kann man sich ungefähr vorstellen, wie der Umfang in der nächsten Sparrunde aussehen wird, wenn jährlich mindestens 250 Millionen Euro zusätzlich bei den Fachbehörden einzusparen sind.

Die Justizbehörde hat für 2011 schon aufgrund der alten Sparbeschlüsse vom November Stellenstreichungen bei der Staatsanwaltschaft angekündigt und unsere Befürchtung ist, dass im Rahmen der nächsten Sparrunde sogar noch weitere Stellenstreichungen dazukommen. Diese Stellenstreichungen kann man, wie Frau Spethmann zu Recht gesagt hat, in der Tat nicht mit einer sinkenden Arbeitsbelastung bei der Staatsanwaltschaft rechtfertigen, denn jeder, der mit der Staatsanwaltschaft zu tun hat, weiß, dass sie in vielen Bereichen am absoluten Limit arbeitet.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Insoweit hat die Staatsanwaltschaft zu Recht darauf hingewiesen, dass auch die Rückläufigkeit der absoluten Eingangszahlen aktuell – wobei sie immer noch deutlich höher liegt als 2001 – keine Rückschlüsse auf diese Arbeitsbelastung zulässt, insbesondere die Zahl der Sitzungstage ansteigend ist und die Wirtschaftsstrafverfahren beispielhaft dafür sind, wie komplex und immer umfangreicher Verfahren werden; HSH Nordbank ist da sicherlich nur ein Beispiel. Natürlich ist es auch kein Geheimnis, dass die Arbeitsbelastung sowohl der Staatsanwaltschaft als auch der Gerichte durch die Intensivierung der nächtlichen Bereitschaftsdienste im Rahmen der Diskussion um die Praxis der nächtlichen Blutprobenentnahme bei alkoholisierten Autofahrern und dem Richtervorbehalt noch weiter gestiegen ist.

Angesichts der verheerenden Haushaltslage fordert heute natürlich keine Oppositionspartei mehr – ich weiß nicht, was die LINKE sagen wird, aber ich gehe auch bei Ihnen einmal davon aus – eine Personalaufstockung um 10 Prozent, wie die CDU das noch 2001 getan hat. Aber vor massiven Stellenstreichungen bei unserer Staatsanwaltschaft kann ich an dieser Stelle nur vehement warnen. Ansonsten werden wir uns nämlich bald nicht mehr über beschleunigte Jugendstrafverfahren, intensivere Betreuung von PROTÄKT-Tätern, geschweige denn Überlegungen wie eine regionalisierte Jugendstaatsanwaltschaft unterhalten müssen.

(Beifall bei der SPD)

Angesichts dieser Personalsituation bei der Staatsanwaltschaft werden wir uns vielmehr in Zukunft über eine generelle Aufgaben- und möglicherweise auch Organisationskritik bei der Staatsanwaltschaft unterhalten und intensiv über Entlastungsmöglichkeiten für die Staatsanwälte nachdenken müssen, insbesondere und gerade auch im Bereich der Massenkriminalität, um sicherzustellen, dass sie ihren wichtigen und wirklich dringenden Aufgaben nachkommen kann. Insofern wird dieses Thema im Rahmen der Haushaltsberatungen dann wieder auf die Tagesordnung kommen, wenn die Sparbeschlüsse endlich konkretisiert werden und wir wissen, womit wir es zu tun haben. Ich befürchte, dass diese Diskussion unter einem deutlich schlechteren Vorzeichen stehen wird und kann Ihnen versprechen, dass wir das Thema dann wieder auf die Tagesordnung setzen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren! Bevor ich nun Herrn Müller das Wort erteile, habe ich doch die herzliche Bitte, dass Sie sich an unsere Übereinkunft erinnern mögen, Nebengespräche nach draußen zu verlegen. Ich kann mir vorstellen, dass es viele Damen und Herren gegeben hat, die Frau Schiedek gerne interessierter hätten zuhören mögen und sich ein bisschen

(Viviane Spethmann)

gestört fühlten. Vielleicht können wir das künftig doch arrangieren und uns an diese Vereinbarung halten. Vielen Dank. – Das Wort hat nun Herr Müller.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Drucksache, die uns als Basis der Debatte vorliegt, war eine Anhörung im Rechtsund Gleichstellungsausschuss. Die Staatsanwaltschaft war mit dem leitenden Staatsanwalt und dem Generalstaatsanwalt vertreten und das Thema war tatsächlich die Situation in einzelnen Bereichen der Staatsanwaltschaft. Aus diesem Austausch von Informationen – Anhörung wäre vielleicht etwas übertrieben – habe ich als Abgeordneter mitgenommen, dass die Situation bei der Staatsanwaltschaft angespannt, aber nicht kritisch ist. Natürlich kann man zu Recht darauf hinweisen, dass wenn man im Zuge der Sparmaßnahmen dort etwas wegnimmt, das dann natürlich anders aussehen kann.

Wir sollten aber diese Debatte nicht als Ressortdebatte nutzen, um zu sagen, hier darf auf keinen Fall gespart werden und da hinten doch. Wir müssen sehen, wie wir damit bei den Haushaltsberatungen zurechtkommen. Das ist keine leichte Aufgabe und uns allen ist bewusst, dass das bisher auch noch keine Landesregierung in diesem Ausmaß machen musste.

In diesem Gespräch im Ausschuss wurde unser einstimmig verabschiedeter Antrag zur Verstärkung der Abteilung Wirtschaftskriminalität sehr wohlwollend von der Staatsanwaltschaft angenommen. Die Hilfe, die da zuteil wurde, wird auch dringend benötigt und wurde entsprechend honoriert. Insofern konnten wir doch beruhigt aus diesem Ausschuss herausgehen. Die Hamburger Staatsanwaltschaft ist gut aufgestellt und wir sollten alle daran arbeiten, dass das auch so bleibt. – Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Meine Damen und Herren! Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor.

Dann stelle ich fest, dass die Bürgerschaft von der Drucksache 19/6478 Kenntnis genommen hat.

Ich rufe den Punkt 27 der Tagesordnung auf, Drucksache 19/6481, Bericht des Haushaltsausschusses: Haushaltsplan 2009/2010 Einzelplan 3.2 "Behörde für Wissenschaft und Forschung" Titel 3660.702.01 "Herrichtung der ehemaligen Frauenklinik Finkenau für einen Kunst- und Mediencampus" Nachbewilligung von Haushaltsmitteln für das Haushaltsjahr 2010

[Bericht des Haushaltsausschusses über die Drucksache 19/5950:

Haushaltsplan 2009/2010 Einzelplan 3.2 "Behörde für Wissenschaft und Forschung" Titel 3660.702.01 "Herrichtung der ehemaligen Frauenklinik Finkenau für einen Kunst- und Mediencampus" Nachbewilligung von Haushaltsmitteln für das Haushaltsjahr 2010 (Senatsantrag) – Drs 19/6481 –]

Die Fraktionen haben sich darauf verständigt, auf die Debatte zu verzichten. Wir kommen daher gleich zur Abstimmung.

Wer sich der Empfehlung des Haushaltsausschusses aus der Drucksache 19/6481 anschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Das ist einstimmig geschehen.

Es bedarf einer zweiten Lesung. Stimmt der Senat einer sofortigen zweiten Lesung zu?

(Der Senat gibt seine Zustimmung zu erken- nen.)

Das tut er. Gibt es Widerspruch aus dem Hause? – Den sehe ich nicht.

Wer den soeben in erster Lesung gefassten Beschluss auch in zweiter Lesung fassen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Das ist einstimmig geschehen und damit in zweiter Lesung endgültig beschlossen.

Ich rufe dann den Punkt 13 der Tagesordnung auf, Drucksache 19/5690, Senatsantrag: Haushaltsplan 2009/2010, Stellungnahme des Senats zu dem Ersuchen der Bürgerschaft vom 12. Juni 2007 "Evaluation der Entwicklung der Hamburger Museumsstiftungen", Nachforderung von Haushaltsmitteln im Einzelplan 3.3 "Behörde für Kultur, Sport und Medien".

[Senatsantrag: Haushaltsplan 2009/2010 Stellungnahme des Senats zu dem Ersuchen der Bürgerschaft vom 12. Juni 2007 "Evaluation der Entwicklung der Hamburger Museumsstiftungen" – Drucksache 18/6423 Nachforderung von Haushaltsmitteln im Einzelplan 3.3 "Behörde für Kultur, Sport und Medien" – Drs 19/5690 –]

Hierzu liegen Ihnen als Drucksache 19/6611 ein Antrag der SPD-Fraktion sowie als Drucksache 19/6625 ein gemeinsamer Antrag der CDU- und der GAL-Fraktion vor.

[Antrag der Fraktion der SPD: Die Politik für die Hamburger Museen neu ausrichten!

(Vizepräsident Wolfhard Ploog)

Drs 19/6611 –]

[Antrag der Fraktionen der CDU und GAL: Museumsstiftungsgesetz – Drs 19/6625 –]

Wie ich sehe, wünscht Herr Buss das Wort. Bitte, Herr Buss, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Vor gut drei Jahren haben wir schon einmal einvernehmlich das ganze Thema in der Bürgerschaft beschlossen. Es ging auch damals um eine Entschuldung der Hamburger Museen. Wir haben das als SPD-Fraktion mitgetragen, obwohl wir auch schon zu dieser Zeit Bedenken geltend gemacht haben, ob diese Maßnahmen sowohl finanziell als auch vor allem strukturell ausreichend seien, um die Hamburger Museen nachhaltig auf eine gute Basis zu stellen. Doch da Sie damals zu mehr nicht bereit waren, haben wir immerhin zugestimmt, damit die Museen wenigstens erst einmal wieder Luft zum Atmen haben.

Heute müssen wir leider feststellen, dass unsere Bedenken, die wir schon vor drei Jahren geäußert haben, nur allzu begründet waren. Weder wurden die Museen strukturell entschuldet noch eine ihren Aufgaben gerecht werdende finanzielle Grundlage gelegt und schon gar nicht wurde ein effektives Controlling eingeführt, das einerseits ein rationelles Wirtschaften unterstützt, andererseits aber den spezifischen Anforderungen der jeweiligen Museen gerecht wird. Museen sind, wie Kunst- und Kultureinrichtungen überhaupt, etwas anderes als gewöhnliche Wirtschaftsbetriebe. Deshalb darf man ihnen auch nicht mit der Mentalität und den Instrumenten aus dem betriebswirtschaftlichen Standardbaukasten begegnen.

Wer hat denn über sechs Jahre das Sagen gehabt und die Verantwortung in den jeweiligen Stiftungsräten getragen? Das waren doch Sie, Frau Senatorin, die damals die entsprechenden Wirtschaftspläne abgenickt und die jetzt verheerenden Jahresabschlussbilanzen zur Kenntnis genommen hat. Unsere Befürchtungen von damals haben sich also nicht nur bewahrheitet, schlimmer noch, das peinliche Gezerre um diese Sparvorgaben mit der Brandschutzklappen-Posse bei der Galerie der Gegenwart als Gipfelpunkt hat insgesamt dem Ansehen der Hamburger Museen und dem Ansehen Hamburgs massiv geschadet. Sie, Frau Senatorin von Welck, haben Hamburgs Museen zum Gespött in der ganzen Republik gemacht.

(Beifall bei der SPD und bei Dr. Joachim Bi- schoff und Norbert Hackbusch, beide DIE LINKE – Jörg Hamann CDU: Gehen Sie lie- ber Fußball gucken, bevor Sie reden!)

Herr Hamann, wie kann man denn ernsthaft behaupten, die Museen seien auskömmlich finan

ziert, wenn sie nur die Hälfte der Zuschüsse erhalten, die andere, vergleichbare Häuser in anderen Städten erhalten, wie wir das am Beispiel der Kunsthalle nachweisen konnten. Das ist nur ein Beispiel, das sicherlich nicht für alle Häuser gilt.

Das kann man aber nur aufrechterhalten, wenn man meint, wie es auch dieses grandiose Expertengutachten sagt, es sei völlig ausreichend, wenn die Museen einfach jahraus, jahrein das Gleiche aus ihren Beständen zeigen, sie also nur Dauerausstellungen durchführen. Wenn man meint, dass weder Neuanschaffungen noch Sonderausstellungen zu den Aufgaben großer Museen in einer Stadt wie Hamburg gehören oder wenn man gar meint, dass man zwar großartige Sonderausstellungen haben will, aber bitteschön fast ausschließlich privat über entsprechendes Sponsoring finanziert. Aber dass attraktive oder gar innovative Projekte ohne finanzielles Risiko nicht zu haben sind, ist doch jedem klar, der ein bisschen Verständnis für Kultur und den Betrieb in der Kultur hat. Sonderausstellungen sind das Salz in der Suppe der Museumsarbeit.

Mit der Drucksache, die Sie uns vorgelegt haben, kommt die künftige Vertragsregelung mit den Direktoren hinzu. Diese legt nämlich fest, dass künftig die Direktoren nur 80 Prozent garantiert ausgezahlt bekommen und das restliche Fünftel ihres Jahresgehalts erst dann, wenn ein ausgeglichener Jahresabschluss vorgelegt wird.

(Zuruf von Farid Müller GAL)

Das wollte ich gerade erklären, Herr Müller.

Man muss sich einmal klarmachen, was das eigentlich bedeutet. Da wird in die Vergütung eines Direktors ein leistungsbezogenes Element eingebaut; so weit, so zeitgeistmäßig in Ordnung. Doch die Leistung, Herr Müller, die Sie jetzt belohnen beziehungsweise deren Nichterbringung bestraft wird, ist eben nicht das Organisieren attraktiver und innovativer Ausstellungen, sondern im Gegenteil das Nichtstun. Unternehme nichts, riskiere nichts, dann wirst du durch deinen ausgeglichenen Haushalt auch belohnt. Versuchst du aber mit Engagement und Leidenschaft das zu tun, was eigentlich dein Job ist, dann riskierst du haushaltsmäßig Bestrafung. Das ist eine ganz neue Form von Managerboni. Null Risiko wird belohnt und Initiative wird bestraft.

(Beifall bei der SPD)