Protocol of the Session on July 2, 2010

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Die jüngsten Ergebnisse machen klar, dass Hamburg die Reform braucht und sie ist eine gute Sache. Für den Volksentscheid zu werben lohnt weiterhin. Die letzten Stimmen müssen in den Briefkasten, ich habe meinen Zettel auch noch nicht ausgefüllt. Es wird Zeit, dass wir jetzt noch Menschen überzeugen. Ich habe festgestellt, dass viele Falschinformationen gefruchtet haben, also lohnt es sich wirklich, auch im persönlichen Gespräch die Menschen zu informieren und aufzuklären. Zum Beispiel steht das Elternwahlrecht zentral auf den Plakaten der Initiative. Aber darum geht es überhaupt nicht mehr, denn wir haben das Elternwahlrecht schon längst aufgenommen. Daher muss man die Menschen noch einmal informieren, damit wir mehr Aussicht auf Erfolg haben.

Oftmals stellt man sich die Frage, wie es kommt, wenn Schülerinnen und Schüler zu schwach sind. Ich bin jedoch davon überzeugt, dass die Leistungen der Schülerinnen und Schüler in der heutigen Zeit beachtenswert sind. Man sagt immer so dahin, dass früher alles besser gewesen wäre, dass besser gelernt worden wäre und so weiter. Aber wenn man sich anschaut, was selbst kleine Kinder schon für eine intensive Lernzeit in der Schule erfahren, dann sieht man, dass auch große Lernerfolge zu

verzeichnen sind. Es wird sehr viel vermittelt und die Breite der Bildung sollte man nicht unterschätzen. Wenn man genauer hinsieht, dann wird man feststellen, dass die Schülerinnen und Schüler in Hamburg zu durchaus erheblichen Leistungen kommen. Zudem ist ein Schultag heute sehr lang. Früher gingen wir für zwei oder drei Stunden in die Grundschule, heute sind es fünf Stunden. Ich bin fest davon überzeugt, dass hier auch sehr viel herauskommt.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Herr Freistedt ist der nächste Redner.

(Ingo Egloff SPD: Mein Gott, müsst ihr eine Angst vor der Haushaltsdebatte haben!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Abstimmung am 18. Juli ist eine besondere Abstimmung. Sie zeigt nicht nur, dass wir den Bürgerwillen ernst nehmen, das haben wir immer wieder gesagt, sondern sie zeigt auch am Beispiel unserer Schulreform, dass wir die Bürgerinnen und Bürger tatsächlich mitnehmen. Mitgenommen haben wir sie, indem wir an den Schulen eine große Beteiligung der Interessierten, der Lehrer, Eltern und Schüler durchgeführt haben. In den Schulkonferenzen ist diskutiert worden über die Zusammenlegung von Schulen und Schulformen und über das entsprechende Angebot. Darüber hinaus haben wir – das sollten wir noch einmal herausstellen – einen Sonderausschuss eingerichtet, der diese Bildungsreform begleitet. Es ist eine einmalige Sache in der Bundesrepublik, dass wir bei einem Gesetzesvorhaben gleichzeitig in einem Ausschuss eines Landesparlaments die Umsetzung dieses Gesetzes diskutieren.

Ich wende mich auch an die Gruppierungen, die durchaus mit Bedenken dieser Reform gegenüberstehen, zum Beispiel die Gymnasien. Ich sage das selbst als langjähriger Leiter eines Gymnasiums. Natürlich müssen wir im Bereich eines erfolgreichen Systems, das allerdings auch nur 30 bis 35 Prozent aller Jugendlichen mitnimmt, allerdings europaweit auch vorbildlich ausbildet, Veränderungen anstreben, Veränderungen, die dazu führen, dass wir insgesamt eine bessere und größere Leistungsspitze erreichen, aber dabei auch diejenigen mitnehmen, die zunächst einmal nicht den Vorteil haben, sofort auf ein Gymnasium zu kommen.

(Beifall bei der CDU und bei Andreas Wal- dowsky GAL Es ist eine einmalige Chance, einerseits eine Stadtteilschule zu haben, die in 13 Jahren zum Gymnasialabschluss führt, und andererseits ein Gymnasium, das tatsächlich auch in zwölf Jahren, wie unsere Vorgänger es wollten, zum Abitur führt. (Egbert von Frankenberg)

Dieses ist eine Chancenerweiterung und wenn wir es schaffen, durch die Primarschule einen wesentlich besseren Übergang zu schaffen entweder in die Stadtteilschule oder ins Gymnasium, dann wird das Gymnasium auch davon profitieren, denn das Gymnasium trifft dann auf Schülerinnen und Schüler, die in den ersten sechs Jahren besser ausgebildet wurden. Es gibt noch einen weiteren positiven Punkt bei den Gymnasien, Frau Senatorin sagte es eben. Die Gymnasien können ihr Angebot nicht erst ab Klasse 5 wirken lassen, sondern schon ab Klasse 4. Und Kolleginnen und Kollegen von Gymnasien, die zum Beispiel drei oder vier Jahre lang ihre Klasse begleiten – Klasse 4, 5, 6 und eventuell auch 7 –, begleiten eine Klasse, die sie in der Primarschule übernommen haben und wofür sie auch Verantwortung in den ersten Jahren des Gymnasiums übernehmen. Ich halte dies für einen eindeutigen Vorteil, weil sich nämlich beide Seiten kennen, Schüler und auch Lehrer. Die Lehrerteams wissen dann, worauf es ankommt, und das kann eine Hilfe sein bei der Entscheidung, die wir am 18. Juli in Hamburg zu treffen haben, die Eltern und Lehrer mitzunehmen zur Unterstützung dieser Reform.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Ein letzter Gedanke, was mich geärgert hat bei den Diskussionen mit denjenigen, die diese Schulreform ablehnen. Sie behaupten, dass diese Reform nur in Strukturen investiere und fordern gleichzeitig aber kleinere Klassen. Wenn die Reformgegner kleinere Klassen fordern, weil sie jetzt auch gemerkt haben, dass dies ein pädagogisches Mittel ist, dann müssten wir doch auch diese Schulen entsprechend umbauen und das kostet ebenfalls Geld. Dann müssten wir auch Hunderte von Millionen Euro investieren, um flächendeckend kleinere Klassen zu schaffen.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Ich ziehe das Positive daraus: Wir alle in der Stadt investieren in die Köpfe, allerdings auch in die Gebäude unserer Schulen, damit die Kinder und Lehrer zu einer besseren und im Endeffekt zu einer langfristig anhaltenden Steigerung der Bildungsqualität kommen. Dafür sollten wir auch weiterhin in den letzten Tagen gemeinsam kämpfen. – Danke schön.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Meine Damen und Herren! Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr zu diesem Thema vor. Wir haben noch fünf Minuten für die Aktuelle Stunde.

Ich rufe dann das dritte Thema auf, angemeldet von der SPD-Fraktion:

Schwarz-grüne Haushaltskrise: Diffuse Diskussion statt konsequenten Handelns

Wird dazu das Wort gewünscht? Das ist der Fall. – Herr Dr. Tschentscher hat das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident! Ich habe schon nicht mehr damit gerechnet und dachte, es kommt nun ein sechster Wortbeitrag von der CDU-Fraktion, um uns von etwas zu überzeugen, was wir alle richtig finden.

Meine Damen und Herren! Herr Senator Frigge, ich habe noch eine Bemerkung in der Aktuellen Stunde zu Ihren Ankündigungen in der Presse, dass wir nun eine harte Spardiskussion bekommen würden. Wenn man mit Diskussionen in der Presse allein den Haushalt sanieren könnte, hätten wir die Finanzkrise schon überwunden. Aber Diskussionen allein helfen nicht weiter, wenn die konkreten Entscheidungen fehlen. Schwarz-Grün hat bisher jeden Sparvorschlag der Opposition abgelehnt, trifft aber selbst keine eigenen Entscheidungen. Jetzt verschieben Sie die Haushaltsberatungen um viele Monate, die Zinsen und Ausgaben laufen weiter. Mich erinnert das an die Ankündigung des Senats vor einigen Monaten, eine Milliarde Euro Zinsen jetzt im Betriebshaushalt einsparen zu wollen. Es ist keine einzige echte Einsparung entstanden bei Ihren Luxusprojekten, sondern Sie haben auf breiter Front Gebühren erhöht, von den Bezirken bis zu den Kitas. Das ist keine Konsolidierung, das ist Abkassieren bei den Familien.

(Beifall bei der SPD)

Jetzt erleben wir den zweiten Akt der gleichen Aufführung. Der Bürgermeister gibt eine wichtige Regierungserklärung, dass Dinge, die einfach nur schön seien, "nice to have", jetzt nicht mehr infrage kämen. Noch in der gleichen Sitzung beschließt Schwarz-Grün eine Werbekampagne zur Umwelthauptstadt, von der man nach dieser Regierungserklärung

(Zuruf von Barbara Ahrons CDU)

mindestens den Zug der Ideen hätte streichen müssen, Frau Ahrons, und zwar sofort.

(Beifall bei der SPD)

Als nächstes beschließt der Senat zweistellige Millionenbeträge, um in der HafenCity Büroflächenleerstand zu subventionieren, das haben wir gestern besprochen. Heute geht es weiter mit 600 000 Euro, um die Preisgelder beim Deutschen Derby zu erhöhen und notleidende Tennisspieler beim German Open zu unterstützen. Das verstehen Sie unter Einsparungen. Heute noch soll eine Projektgruppe eingesetzt werden, um für 1 Million Euro ein Sondervermögen Hochschulbau vorzubereiten, das der Senat noch gar nicht beschlossen hat und das die Universität selbst mittlerweile ablehnt.

(Marino Freistedt)

(Jens Kerstan GAL: Dann haben Sie unse- ren Zusatzantrag gar nicht zur Kenntnis ge- nommen?)

Den Zusatzantrag ergänzen wir heute noch, Herr Kerstan.

Demnächst kommt das Thema Neues Haushaltswesen, da sind Sie wieder im Spiel, Herr Kerstan. Während die GAL nämlich nicht weiß, wohin das Projekt führen soll und ob sie es überhaupt weiterführen will, beantragt der Senat schon einmal weitere 9 Millionen Euro. Das geht so nicht, meine Damen und Herren von CDU und GAL. Das ist die falsche Reihenfolge. Sie haben einen enormen Entscheidungsstau und den sollten Sie schleunigst beheben.

(Beifall bei der SPD und bei Kersten Artus und Dr. Joachim Bischoff, beide DIE LINKE)

Die eine Nachtragsdrucksache ist noch nicht beschlossen, schon legt uns die Finanzbehörde eine weitere Nachtragsdrucksache in den Haushaltsausschuss. Diesmal geht es um 266 Millionen Euro, aber nicht um Einsparungen, sondern es geht um 266 Millionen Euro Mehrausgaben. Statt endlich mit dem Sparen an den richtigen Stellen zu beginnen, setzen CDU und GAL die Ausgaben hoch und vergrößern das Defizit damit auf 2,165 Milliarden Euro, ein historischer Negativrekord in der Geschichte Hamburgs.

Liebe CDU und GAL, Sie machen große Ankündigungen und ändern nichts an Ihren Entscheidungen. Das Argument, dass jeder Sparvorschlag, den wir machten, könne allein den Haushalt nicht sanieren, ist eine Ausrede, weil es auf die Gesamtheit vieler Einzelausgaben ankommt. Das Defizit, das Sie in vielen Jahren aufgebaut haben, besteht aus vielen Einzelpositionen. Deshalb sind die Haushaltspläne so umfangreich und Sie müssen die Haushaltsberatungen verschieben, weil Sie in der Finanzkrise nicht entscheidungsfähig und daher im Kern eigentlich auch nicht regierungsfähig sind. Das kostet die Steuerzahler viele Millionen Euro extra.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren! Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Aktuelle Stunde zu Ende.

(Zurufe von der GAL: Die Zeit ist um! – Jens Kerstan GAL: Wenn wir noch Redezeit hät- ten, würden wir uns melden!)

Es ist 16 Uhr, wir sind wegen Zeitablaufs am Ende der Aktuellen Stunde angekommen.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 24, Drucksache 19/6478, Bericht des Rechts- und Gleichstellungsausschusses: Situation bei der Staatsanwaltschaft.

[Bericht des Rechts- und Gleichstellungsausschusses zum Thema: Situation bei der Staatsanwaltschaft (Selbstbe- fassungsangelgenheit) – Drs 19/6478 –]

Wer wünscht das Wort? – Frau Spethmann hat das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich würde Ihnen empfehlen, den Raum nicht zu verlassen. Die rechtspolitischen Sprecher haben sich darauf geeinigt, dass wir Sie nur kurz behelligen werden. Viele wollen zum Fußball, wir haben Verständnis dafür und werden darauf eingehen.

Wir haben die Selbstbefassung "Staatsanwaltschaft" angemeldet, da wir dem Plenum einmal verdeutlichen wollen, welche Leistungen die Staatsanwaltschaft in Hamburg erbringt. Die Arbeit der Staatsanwaltschaft ist geprägt von einem Massengeschäft auf der einen und einer Spezialisierung auf der anderen Seite. Das Massengeschäft ergibt sich aus vielen Betrügereien und Ähnlichem, die Spezialisierung ergibt sich angesichts dessen, was Sie in den letzten Monaten gehört haben, insbesondere im Bereich der Wertpapieranlagen und Wirtschaftskriminalität oder auch im Bereich der IT-Kriminalität. Die Verfahren sind in dem Bereich ausgesprochen umfangreich und außerordentlich kompliziert geworden; Sie brauchen also entsprechende Fachleute. Was wir Ihnen heute verdeutlichen wollen – und da schaue ich auch ein paar Haushaltssprecher an, egal aus welcher Fraktion –, ist die enorm hohe Arbeitsbelastung bei der Staatsanwaltschaft. Versuchen Sie einmal, einen Staatsanwalt abends um 20 Uhr anzurufen,

(Vizepräsident Wolfhard Ploog übernimmt den Vorsitz.)

dann erreichen Sie ihn mit Sicherheit noch am Dienstort. Das ist ein für die Hamburger Verwaltung wirklich außergewöhnliches Beispiel, das auch einmal honoriert werden sollte.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Der Personalrat hat in den letzten Monaten mit Sorge gesehen, dass teilweise im Durchschnitt Arbeitszeiten von 50 Stunden die Woche erreicht werden. Insofern wird in der nächsten Zeit kaum jemand größere Einsparungen im Bereich der Staatsanwaltschaft auf die Tagesordnung bringen. Stattdessen werden wir darauf achten, die hohe Qualität und auch die Schnelligkeit der Staatsanwaltschaften weiter zu fördern. Ein Beispiel: Im Bereich Jugendstrafsachen hat sich die Schnelligkeit so erhöht, dass der durchschnittliche Jugendstaatsanwalt für ein Jugendstrafverfahren nur 28 Tage braucht. Das ist eine sensationell kurze Zeit, die es in keinem anderen Bundesland gibt,

(Dr. Peter Tschentscher)

und das wollen wir Ihnen hier verdeutlichen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der GAL)