Protocol of the Session on December 11, 2008

In 2007 hatten wir damit eine der schlechtesten Zahlen, Herr Roock, in der Nachkriegsgeschichte und das Ganze nannten Sie dann Wohnungsbauoffensive. So sieht bei Ihnen eine Offensive aus.

(Hans-Detlef Roock CDU: Machen Sie doch mal einen Vorschlag?)

Da möchte man gar nicht wissen, was passiert, wenn Sie gerade keine Offensive machen, Herr Roock.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Tatsächlich sind diese Zahlen ein Armutszeugnis für den Senat und es ist auch für die Zukunft keinerlei Besserung in Sicht, denn die eigentlichen Daten, was die Förderung betrifft, die Volumina für die Förderung von Neubauwohnungen, wollen Sie nicht anfassen, sondern Sie schreiben das im Gegenteil in den nächsten Jahren auf dem Minimalniveau der CDU-Alleinregierung fest; das ist im Übrigen auch für die GAL nicht gerade ein Ruhmesblatt.

Sie propagieren eine wachsende Stadt, in der insbesondere die Einwohnerzahl wächst. Aber dort, wo es für die Menschen am Dringlichsten wäre, nämlich beim Wohnungsbau, wächst gar nichts. Da haben wir Stagnation, zum Teil sogar Rückgang und das ist blamabel und nicht das Verständnis, was man eigentlich von einer wachsenden Stadt haben sollte. Diese Entwicklung führt zu Druck auf dem Wohnungsmarkt, zu zunehmender Konkurrenz, zu steigenden Mieten und natürlich auch zur Verdrängung. Es führt dazu – das ist schon gesagt worden und in dem Fall stimmt es auch –, dass auf dem Wohnungsmarkt manche auf der Strecke bleiben. Das sind schlicht die Men

(Heiko Hecht)

schen mit geringem Einkommen und Menschen mit besonderen sozialen Problemlagen.

Damit sind wir beim preislich gebundenen Wohnungsbestand, den sogenannten Sozialwohnungen, die ein Regulativ auf dem Wohnungsmarkt darstellen und eine Schutzfunktion für diese Bevölkerungsgruppen haben. Und hier, wo es besonders wichtig wäre, etwas zu leisten, ist die Senatsbilanz noch schlechter als in der Wohnungspolitik insgesamt. Jährlich fallen 5000 bis 6000 Wohnungen aus der Bindung heraus. Seit Regierungsantritt der CDU hat sich der Gesamtbestand an geförderten Wohnungen um ein Viertel auf nur noch 109 000 Wohnungen reduziert und dem stehen gerade einmal 450 neue Wohnungen pro Jahr in diesem Bereich gegenüber. Mit Ihrer sogenannten Investitionszulage, mit der Sie dem begegnen wollten – in Ihrem Programm steht, dass Sie damit 500 neue Wohnungen im sozialen Wohnungsbau schaffen wollten –,

(Hans-Detlef Roock CDU: Wahrscheinlich haben Sie das Förderprogramm immer noch nicht verstanden!)

sind 50 neue Wohnungen pro Jahr in den letzten Jahren realisiert worden. Einen deutlicheren Flop haben wir in der Wohnungsbaupolitik seit Jahrzehnten nicht erlebt.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Der Versorgungsgrad für Menschen, die Anspruch auf eine geförderte Wohnung haben, liegt in den letzten Jahren konstant bei nur noch 30 Prozent und diese Entwicklung halten wir als SPD für nicht mehr hinnehmbar. Wir wollen Ihre gescheiterte Investitionszulage ersetzen durch ein "Programm 1000", mit dem jährlich 1000 neue Belegungsbindungen angekauft werden, um zumindest einen ersten Schritt in die richtige Richtung zu tun.

(Hans-Detlef Roock CDU: Wo Sie hin wol- len, da sind wir doch längst!)

Das wird noch nicht reichen, aber es ist ein erster Schritt, denn dass der Senat bereit ist, dort substantiell etwas zu tun, ist für uns nicht erkennbar.

Und dass Sie jetzt, Herr Kollege Hecht, die Wohngeldnovelle der Bundesregierung als Fortschritt in der Wohnungspolitik anführen, ist doch abenteuerlich. Im September haben wir das in der Bürgerschaft beantragt, da haben Sie es abgelehnt und jetzt stellen Sie sich hin und sagen, diese Wohngeldnovelle sei überhaupt das Großartigste, was es gebe.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Wir erleben tatsächlich das Gegenteil eines ernsten Herangehens an die Probleme. Sie beschleunigen vielmehr den Abbau von Belegungsbindungen aktiv, indem das städtische Wohnungsunternehmen SAGA-GWG vorzeitig in großer Zahl Woh

nungen aus der Bindung entlässt, indem die entsprechenden Darlehen vorzeitig abgelöst werden. Wenn Sie an dieser Stelle etwas tun wollen, dann beenden Sie das einmal.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Denn was bedeutet dieses etwas technisch klingende Auslaufen von Belegungsbindung? Das bedeutet drastische Mietsteigerung, und zwar auch im Wohnungsbestand von SAGA-GWG.

(Hans-Detlef Roock CDU: Das ist falsch!)

Im Jahr 2007 sind über 2000 SAGA-Wohnungen aus der Bindung gefallen. Bei 64 Prozent dieser Wohnungen hat es unmittelbare Mietsteigerungen von 18 bis 20 Prozent gegeben.

(Hans-Detlef Roock CDU: Das Wort dra- stisch ist schon falsch!)

Wenn für Sie 18 bis 20 Prozent nicht drastisch sind, dann kann ich Ihnen nur sagen, dass das für die Menschen, die das betrifft, drastisch ist, Herr Roock.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

In vielen Quartieren – St. Georg ist genannt worden – stehen damit SAGA-GWG an der Spitze der Mietpreistreiberei und auch das muss beendet werden.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Wir alle wissen, dass diese Mietpreissteigerungen insbesondere die Menschen treffen, die jetzt schon besonders stark belastet sind und denen damit noch weniger zum Leben bleibt und das sind nicht nur Menschen mit besonderen sozialen Problemlagen, sondern es sind relativ breite Schichten der Bevölkerung, die Anspruch auf geförderte Wohnungen haben. Das sind Friseure, Sprechstundenhilfen, Reinigungskräfte, Verkäuferinnen, Kellner. Es sind eine große Zahl von Teilzeitbeschäftigten und vor allem auch viele alleinerziehende Mütter.

Wir fordern Sie deshalb auf, endlich die Versorgung dieser Menschen mit ausreichendem und bezahlbarem Wohnraum in Hamburg sicherzustellen.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der LINKEN)

Das von uns geforderte "Programm 1000" ist ein erster, aber ein wichtiger Beitrag dazu, weil er an einer entscheidenden Stelle ansetzt. Insofern bitte ich Sie um Zustimmung zu unserem Antrag. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Das Wort bekommt Herr Becker.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Lage auf dem Wohnungsmarkt

(Andy Grote)

halte ich – da unterscheide ich mich vielleicht von dem Kollegen Hecht – für angespannt.

(Beifall bei der GAL, der SPD und der LIN- KEN)

Wir haben deutlich mehr Interessenten als Wohnungen, wir haben für die Leute, die es sich leisten können, immer mehr Begehrlichkeiten, sie beanspruchen pro Person immer mehr Wohnraum. Wir haben in einigen Quartieren explodierende Mieten und das bringt uns auf Dauer Probleme. Wir haben erkannt – das steht auch im Koalitionsvertrag – und sind uns einig darüber, dass wir die Neubauzahlen nennenswert steigern müssen. Wir haben aber auch eine schwierige Situation, was die Grundstücke und die Bauträger betrifft. Es sind nicht nur die Privaten, es sind auch die Genossenschaften, die sich in ihren Beständen relativ wohl fühlen, die nicht sehr gewillt sind, Neubauten zu errichten.

(Karin Timmermann SPD: Da muss man Grundstücke zur Verfügung stellen!)

Woher nehmen wir die Grundstücke? Wir können uns die Grundstücke nicht nach Belieben schnitzen und es gibt Grundstücke, die zwar zur Verfügung stehen, die wir aber nicht über den Markt bekommen können, weil die Wohnungswirtschaft sie nicht bebauen will, weil sie ihnen nicht attraktiv genug sind.

(Karin Timmermann SPD: Weil es Ladenhü- ter sind! – Andy Grote SPD: Sie müssen ge- eignete Flächen anbieten!)

Was wollen Sie denn eigentlich? Wollen Sie Wohnungen oder wollen Sie keine Wohnungen? Wir brauchen jedenfalls jemanden, der sie errichtet. In dieser Situation brauchen wir Instrumente und müssen sehen, dass wir zu höheren Zahlen kommen und da hilft uns der hier eingebrachte Antrag der LINKEN nicht weiter, weil dort nur verlangt wurde, die letzten zehn Jahre zu betrachten und aufzuarbeiten. Das brauchen wir nicht, wir brauchen eine Bestandsaufnahme, wir brauchen Maßnahmen und Zielsetzungen, die uns in der Sache weiterbringen. Die Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt wird im nächsten Vierteljahr, also Ende des ersten Quartals oder Anfang des zweiten Quartals, eine Drucksache vorlegen, in der Zielsetzungen und Maßnahmen und auch die Bestandsaufnahme genannt sind. Insoweit schlage ich vor, diese Debatte dann zu führen, wenn wir tatsächlich die Fakten, Zielsetzungen und Maßnahmen auf dem Tisch haben.

Was den Zusatzantrag der SPD betrifft, so halten wir die Belegungsbindung für einen gangbaren Weg und der Senat wird das auch angehen. Ich werde die Summen und die Zielzahlen nicht nennen. Es wird auch an die Investitionszulage gehen und es wird darüber mit der Wohnungswirtschaft verhandelt werden. Ich werde aber dazu nichts sa

gen, denn wenn hier jemand von denen sitzt und einen Taschenrechner dabei hat, dann kennt er die Kalkulation. Insoweit muss man das hier schon ein bisschen offen lassen.

Um eine Belegungsbindung für Personen mit Marktzugangsproblemen – so sagt man das – zu bekommen, muss man den Vermieter darauf ansprechen. Da kann man nicht daherkommen und sagen, wir machen jetzt mal 1000 Belegungsbindungen, sondern man muss den Vermieter ansprechen. Der Vermieter wird dann erst einmal vermuten …

(Andy Grote SPD: Es gibt doch immer Ziel- zahlen!)

Nein, man muss über Größenordnungen und über Preise verhandeln und dann kann man sehen, wie viel Geld man zur Verfügung hat und dann weiß man auch, wo man landet. Der Senat wird das Thema über die WK-Förderung und die Umsteuerung von Mitteln angehen.

Jetzt zur Größenordnung. Wenn Sie sagen, wir wollen 1000, dann sagt die Wohnungswirtschaft, prima, dann bezahlt uns das einmal ordentlich, denn wenn sogenannte Leute mit Marktzugangsproblemen kommen, dann sagt sich der Vermieter immer, hier kommt ein Problem, das nicht unbedingt sein muss. Aber der Vermieter versucht, sich das bezahlen zu lassen.

(Andy Grote SPD: Das sind ganz normale Geringverdiener!)

Ich sage ja, es kann ein Problem kommen, es kann auch keines kommen. Aber der Vermieter und auch die Gesellschaften werden es erst einmal so behandeln und damit muss man verhandlungstechnisch umgehen. Das wird der Senat auch tun und das wird schon relativ bald im neuen Jahr passieren.