Andy Grote

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Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir debattieren hier einige Große Anfragen der SPD-Fraktion zur Wohnungsbaupolitik des Senats. Da das vermutlich die letzte Wohnungsbaudebatte in dieser Legislaturperiode ist, ist das auch der richtige Zeitpunkt für eine Schlussbi
lanz nach einem Jahrzehnt CDU-Wohnungsbaupolitik. Es ist eine Bilanz, das bestätigen auch die aktuellen Anfragen, die verheerender nicht ausfallen könnte. Alle Zahlen und Fakten, die man heranziehen kann, um diese Bilanz auszustellen, belegen nichts anderes als ein zehn Jahre währendes beispielloses politisches Totalversagen der CDU als Regierungspartei.
Ich will das gerne im Einzelnen durchgehen. Seit die CDU regiert, ist der Wohnungsneubau um die Hälfte eingebrochen. Wir bauen nur noch 3500 Wohnungen im Jahr, wie Sie wissen. 2009 ist es noch einmal um 10 Prozent zurückgegangen und 2010, das zeigen auch die Indikatoren aus der Anfrage, wird es nicht besser werden. Herr Roock, Sie hatten zuletzt noch stolz darauf verwiesen, dass wir 2009 4200 Baugenehmigungen hatten. Jetzt stellt sich aufgrund der Anfrage heraus, dass davon nur 3700 Baugenehmigungen für Wohnungen Neubauten betrafen, und in 2010 haben wir sogar einen Rückgang. Seit die CDU regiert, hat es in Hamburg einen dramatischen Aderlass beim preiswerten und insbesondere beim geförderten Wohnungsbau gegeben. Der Sozialwohnungsbestand ist von 157 000 auf ungefähr 97 000 zurückgegangen. Jährlich fallen 5000 Wohnungen aus der Bindung heraus und nur 500 werden im Schnitt neu gebaut. Die Programmzahlen sind jetzt zwar erhöht worden, aber die Realisierungen an geförderten Wohnungen sind rückläufig und 2010 gegenüber 2009 gesunken. Seitdem die CDU regiert, ist die SAGA, die eigentlich einen klaren öffentlichen Versorgungsauftrag hat, was bezahlbaren Wohnraum betrifft, zweckentfremdet worden zu einem Finanzierungsinstrument Ihrer politischen Spielwiesen, genannt Sonderinvestitionsprogramm. 2010 hat die SAGA keine einzige Wohnung neu gebaut. Das ist vermutlich einmalig in der Unternehmensgeschichte und geschieht gerade in einem Jahr, wo wir diesen Neubau dringend gebraucht hätten. Seit die CDU regiert, sind die Mieten drastisch beschleunigt angestiegen, bei Neuvermietung in den letzten vier Jahren um 20 Prozent und in manchen Stadtteilen um 40 Prozent. Sie haben einen Verdrängungswettbewerb auf dem Wohnungsmarkt zu verantworten, bei dem inzwischen selbst Normalverdiener in die Peripherie abgedrängt werden, Geringverdiener immer häufiger ganz auf der Strecke bleiben, Verdrängungsprozesse in vielen Stadtteilen die gewachsene Bevölkerungsstruktur radikal verändern und Stadtteile immer schneller sozial auseinanderdriften. Das ist das Ergebnis Ihrer Politik, das ist die traurige Bilanz nach zehn Jahren CDU-Senate.
Das sehen nicht nur wir als SPD so, sondern das sieht auch die Wohnungswirtschaft so, die das
dankenswerterweise kürzlich noch einmal öffentlich gemacht hat. Das sehen die Mieterorganisationen so und das sehen vor allem auch die Menschen in der Stadt so. Es gibt eine Angst und eine Unsicherheit, bezogen auf die eigene Wohnungssituation und die Wohnsituation insgesamt, die überall spürbar ist in der Stadt. Die vielen Umfragen zeigen, welche Themen die Menschen vor dieser Wahl besonders bewegen. Da rangiert die Wohnungsfrage ganz oben und ich kenne niemanden in der Stadt, der den Ernst dieser Situation nicht erkannt hat, mit einer Ausnahme, das ist die CDU. Deswegen ist eine CDU-Regierung ein Problem für die Mieterinnen und Mieter und für die aktuell und auch zukünftig Wohnungssuchenden in dieser Stadt. Aber es gibt für die Mieterinnen und Mieter in Hamburg eine gute Nachricht: Anders als üblicherweise bei Problemen am Wohnungsmarkt lässt sich das Problem diesmal kurzfristig innerhalb von vier Wochen lösen.
Die CDU nimmt dieses Thema nicht ernst. Sie haben es die ganzen zehn Jahre nicht ernst genommen und das sieht man auch an Ihren sogenannten wohnungspolitischen Maßnahmen. Ich nenne hier nur einige besonders herausragende Glanzlichter. Sie haben schon 2002/2003 ein Sofortprogramm aufgelegt. Das hat dann, auch das zeigt die Anfrage, dazu geführt, dass immerhin bis 2010 die Hälfte dieser Wohnungsbauflächen, um die es damals ging, mit Wohnungsbau realisiert worden sind. Vollständig abgeschlossen wird dieses Sofortprogramm dann vermutlich in 20 Jahren sein. Da möchte man gar nicht wissen, was passiert, wenn Sie einmal ein langfristiges Wohnungsprogramm auflegen.
Die berühmten Wohnungsbauoffensiven sind ohne Wirkung auf den Wohnungsmarkt vollständig verpufft. Die dritte Wohnungsbauoffensive, seit Mai 2009 angekündigt, wurde mangels Masse abgeblasen. Auch in Bezug auf die sogenannten Zielvereinbarungen mit den Bezirken – um nur einmal Ihre drei wichtigsten Instrumente zu nennen – zeigt die Anfrage, dass gerade einmal die Hälfte der Wohneinheiten, die Sie vereinbart hatten, erreicht worden ist. Aber immerhin haben Sie da jetzt eine Lösung gefunden: Sie machen es einfach so, dass Sie die Zielvereinbarung für 2010 erst Anfang 2011 abschließen. Das erhöht die Treffsicherheit ungemein. Das ist keine Wohnungsbaupolitik, das ist politisches Kabarett.
Zuletzt hat dann noch Herr Ahlhaus sein persönliches wohnungspolitisches Strohfeuer hier abgefackelt. In seiner Regierungserklärung vom 15. September hat er vollmundig angekündigt, jetzt würde sich im Wohnungsbau alles ändern, endlich
würden die Rahmenbedingungen so gesetzt, dass der Wohnungsbau richtig vorankäme. Er hat mehrere Bereiche aufgezählt, wo er etwas tun will, Gewerbeflächen und vieles andere mehr. Nach dem Koalitionsbruch hat er noch einmal angekündigt, jetzt würde aber unideologisch durchregiert und es passiere richtig etwas beim Wohnungsbau. Auch hier zeigen die Antworten auf diese und andere Anfragen, dass rein gar nichts passiert ist. Es hat am 30. September ein einziges Gespräch gegeben, das sich mit diesem Thema beschäftigt hat und an dem er teilgenommen hat, und das war's. Einladungen der Wohnungswirtschaft an den Bürgermeister wurden abgelehnt. Hinsichtlich der Gewerbeflächen, mit deren geplanter Umwandlung er sich geschmückt hat, hat sich herausgestellt, dass es in Wahrheit seit vielen Jahren gängige Praxis ist, immer wieder einmal Gewerbeflächen umzuwandeln, und dass es im Grunde genommen dort kein Problem gegeben hat. Ansonsten gab es keine Idee, Initiative oder Maßnahme und insofern hat nicht nur die CDU, sondern auch Bürgermeister Ahlhaus ganz persönlich jede Glaubwürdigkeit bei diesem Thema verloren.
Alle Maßnahmen und Ankündigungen der letzten zehn Jahre, aber zunehmend die in der letzten Zeit waren kurzatmig, aktionistisch und von ständig wechselnden Vorgaben an die Beteiligten geprägt. Das Einzige, das in Ihrer Wohnungsbaupolitik kontinuierlich und verlässlich war, war der Misserfolg. Das muss ein Ende haben.
Wir müssen dafür sorgen, dass eine soziale Grundfunktion der Stadt, nämlich die Versorgung der Menschen mit ausreichendem bezahlbarem Wohnraum, wiederhergestellt wird. Wir als SPD wissen, dass es erhebliche Anstrengungen verlangt, die erforderlichen 6000 Wohnungen zu bauen, aber wir werden das mit großer Ernsthaftigkeit, langem Atem und großer Entschlossenheit verfolgen.
Die einzelnen Maßnahmen haben wir hier mehrfach in umfangreichen Maßnahmenpaketen vorgestellt, ich nenne nur die Stichworte Verdoppelung der öffentlichen Förderung, Flächenpolitik, Planrechtschaffung oder SAGA-Neubau. Sie kennen die Kataloge, Herr Roock, die von Ihnen immer abgelehnt worden sind, weil Ihre eigene Politik so erfolgreich war. Allerdings kann ich mich in den ganzen letzten Jahren und auch vor meiner Zeit, da waren Sie schon wohnungspolitischer Sprecher, nicht an eine einzige wohnungspolitische Idee oder Initiative von Ihnen erinnern.
Vielleicht hören wir heute eine.
Die SPD-Senate der Vergangenheit haben bewiesen, dass der Wohnungsbau unter SPD-Verantwortung funktioniert.
Ich kann die nervöse Reaktion verstehen, warten Sie noch einen Augenblick ab.
In den Jahren 1992 bis 2001 sind im Schnitt 7500 Wohnungen neu gebaut worden, davon 3500 Sozialwohnungen. Das sind Zahlen, von denen Sie heute träumen.
Lassen sie uns noch einen Blick auf die Bezirke werfen. Sie werden uns gleich wieder erklären, wie die SPD in den Bezirken den Wohnungsbau hintertreibt, aber die Realität ist eine andere. Während in den CDU-Bezirken Altona und Harburg noch nicht einmal die Zielvereinbarungen für 2010, also Ihre eigene Idee, im Januar 2011 abgeschlossen sind, haben die SPD-geführten Bezirke Eimsbüttel und Hamburg-Nord und auch Bergedorf Wohnungsbaukonferenzen und eigene Wohnungsbaupläne aufgestellt. In Hamburg-Mitte haben wir einen kleinen Wohnungsbauboom in der Innenstadt ausgelöst und wir werden dort ein erstes altes Bürohaus abreißen und dafür 150 neue Wohnungen schaffen. Das ist zukunftsorientierte Politik. Die werden wir in den nächsten Jahren fortsetzen und insofern werden wir, wenn das Wählervotum es erlaubt – aber da sind wir zuversichtlich –, mit Ihrer traurigen Hinterlassenschaft nach zehn Jahren CDU aufräumen. – Vielen Dank.
Das Ende der Legislaturperiode treibt so seine Blüten. Herr Frommann hat seine Abschiedsrede gehalten, jeder wählt da so seinen Stil.
Herr Hesse hat seinen ersten Oppositionsantrag eingebracht. Herr Hesse, Sie können nicht ernsthaft erwarten, dass wir diesem Zettel, den Sie uns vorgelegt haben, zustimmen. Natürlich sind die Erschließung der östlichen HafenCity und viele andere Fragen, die Sie benannt haben, eine berechtigte Thematik. Aber glauben Sie mir, damit werden wir uns in wenigen Wochen intensiver befassen. Da verlieren wir auch keine Zeit, denn der Bohrer ist bereits seit einigen Tagen abgebaut. Insofern muss man sich nicht so aufblasen wegen der Kosten, die dann entstehen würden. Wir müssen dies ohnehin in aller Ruhe neu angehen.
Dass Sie so etwas vorschlagen außerhalb jeden Kontextes mit anderen Planungen, ohne jede Finanzierungsplanung, die Sie an anderen Stellen immer anmahnen, ohne einen Gesamtblick auf die verkehrlichen Notwendigkeiten und Erschließungsaufgaben zu haben, zeigt, dass Sie schon in der Opposition angekommen sind, aber mehr auch nicht. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir sprechen über das Thema Wohnungsleerstand, ein Thema, das in den vergangenen Wochen und Monaten die Menschen in Hamburg durchaus bewegt hat und geradezu zu einem Symbol für die verfehlte Wohnungspolitik dieses Senats geworden ist. Die CDU als scheidende Regierungspartei hat es in neun Jahren nicht zustande gebracht, auch nur eine nennenswerte oder gar erfolgreiche Initiative in der Wohnungspolitik an den Start zu bringen. Das Ergebnis auf dem Wohnungsmarkt in Bezug auf Mieten und die Frage des Angebots an bezahlbarem Wohnraum ist bekannt und das haben wir hier vielfach diskutiert.
Dann kam der 15. September, die Regierungserklärung von Bürgermeister Ahlhaus. Da sollte nun alles anders und besser werden, Wohnungsbau sollte ein politischer Handlungsschwerpunkt des Bürgermeisters werden und – ich muss hier gar nicht wieder den Begriff der Chefsache bemühen – er wollte persönliche Zeichen setzen. Das war vor drei Monaten. Was ist passiert? Gar nichts, keine einzige Maßnahme, keine Initiative, kein Stück mehr Förderung des Wohnungsbaus.
Nun haben wir den Koalitionsbruch und nun bekommen wir wieder eine neue Geschichte erzählt. In den zweieinhalb Jahren Koalition sei vieles falsch gelaufen, es habe Blockaden gegeben, gerade auch im Wohnungsbau, aber schuld sei nicht die CDU, sondern schuld sei natürlich die GAL und die GAL-geführte BSU. Das werde sich nun aber alles ändern, jetzt gebe es CDU in Reinkultur, nun würden die Hemmnisse alle abgebaut und es gehe richtig voran beim Wohnungsbau. Insofern wäre natürlich heute der richtige Zeitpunkt gewesen – wenn man schon wie vorhin eine Agenda oder eine programmatische Aufzählung von Themen vorbringt –, einmal zu sagen, was denn die konkreten Hemmnisse waren, die nun abgebaut werden. Was sind denn die konkreten Maßnahmen, die jetzt noch angeschoben werden, wo die CDU ganz alleine und in ganzer Kraft und Pracht regieren kann? Nichts ist benannt worden und die Wahrheit ist, dass es keine Wohnungsbaupolitik des Bürgermeisters Ahlhaus und der CDU gibt. Die hat es in den ganzen Jahren nicht gegeben, das ist alles leeres Gerede. CDU pur im Wohnungsbau bedeutet Stillstand und nichts anderes. Sämtliche Ankündigungen in dem Bereich aus den letzten Wochen und Monaten zeigen, dass dieses Politikfeld wie andere auch zum Spielball Ihres politischen Niedergangs geworden ist, und das ist eine Schande gerade bei diesem Thema.
Dabei wäre konkret der Leerstand ein Thema gewesen, bei dem es durchaus die Chance gegeben hätte, entschlossen und schnell zu handeln. Die Vorschläge der Mieterorganisationen und die Gesetzesinitiative der SPD lagen auf dem Tisch. Stattdessen werden Sie uns aber gleich wieder erklären, Herr Roock, davon gehe ich fest aus, dass es eigentlich gar kein Problem gebe beim Wohnungsleerstand,
dass es spekulativen Leerstand gar nicht gebe und falls es ihn doch gebe, man jedenfalls nichts mit den von uns vorgeschlagenen Maßnahmen tun
könne. Tatsächlich haben wir einen erheblichen Missstand in dem Bereich. Wir haben vielfach Leerstand von Mietwohnungen trotz oder möglicherweise auch gerade aufgrund äußerster Wohnungsknappheit. Er tritt gerade in den Teilen der Stadt besonders auf, wo wir die größten Versorgungsprobleme haben. Die Meldungen der Mietervereine, was Leerstand angeht, haben drastisch zugenommen. Sie kennen alle die ausführlichen Medienberichte über Vermieter im Schanzenviertel und anderswo, die gleich zu Dutzenden Wohnungen über Monate, zum Teil über Jahre leer stehen lassen, und wir können feststellen, dass wir keine ausreichende Handhabe haben. Es gibt kaum erfolgreiche Fälle, in denen entsprechend vorgegangen wird, obwohl längerfristiger Leerstand eine Zweckentfremdung ist. All das ist in der Bevölkerung nicht mehr vermittelbar. Es gibt gerade zunehmenden Protest, der sich gegen das Thema Leerstand richtet. Es gibt ganze Internetportale, die sich unter der Überschrift Leerstandsmelder dieser Thematik widmen, und diese Eigeninitiative hat natürlich auch viel damit zu tun, dass dem Senat in diesem Bereich schlicht nichts mehr zugetraut wird, und das zu Recht.
Unsere Initiative zur Verschärfung des Wohnraumschutzgesetzes haben Sie abgelehnt; wir haben das im Ausschuss ausführlich diskutiert. Der GAL/ CDU-Antrag ist punktuell durch Übernahme eines unserer Vorschläge etwas verbessert worden. Wir haben dem auch zugestimmt, das ist besser als nichts. Es geht natürlich bei Weitem nicht weit genug und ein Prüfauftrag ist auch völlig unzureichend, gerade jetzt, wo wir alle wissen, dass dieser Senat mit Sicherheit gar nichts mehr prüfen wird und auch insgesamt in der Wohnungspolitik nichts mehr bewegen wird.
Wir brauchen deshalb eine verlässliche, langfristig angelegte stabile Wohnungs- und Wohnungsbauförderungspolitik mit klaren Prioritäten in Richtung bezahlbaren Wohnraum. Darauf wird es ankommen in der Regierungsarbeit des Senats nach dem 20. Februar und ich kann beim besten Willen nicht erkennen, welchen Beitrag die CDU dazu noch leisten könnte oder dazu bereit wäre. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir sprechen über die Alte Rindermarkthalle. Das ist ein sensibles Grundstück, ein 3,4 Hektar großes Areal, zentral und prominent gelegen. Man kann sagen, es ist eine städtebauliche Schnittstelle zwischen dem Heiligengeistfeld und den umliegenden Quartieren, dem Karo-Viertel, der Schanze, St. Pauli. Einerseits ist hier ein gesamtstädtisch relevantes Potenzial, andererseits hat es eine große Ausstrahlung und Bedeutung für die umliegenden Wohnquartiere.
Nach Bekanntwerden der Nutzungsaufgabe durch den Real-Markt, der dort vorher, neben anderen Marktbetreibern, die dominierende Nutzung hatte, hat es sehr viele Begehrlichkeiten gegeben. Fast jeder Immobilienentwickler Hamburgs hatte ein Auge darauf geworfen, weil es eine sehr attraktive Fläche ist. Deswegen hat die Bezirksversammlung Hamburg-Mitte vor annähernd zwei Jahren einen einstimmigen Beschluss gefasst mit den Stimmen aller Fraktionen – übrigens auch der LINKEN –, ein bezirkliches Planungsverfahren einzuleiten, einen Workshop mit Wettbewerbsverfahren mit Bürgerbeteiligung.
Vorgeschlagen wurde eine Nutzungsmischung, die zwei mittelgroße Nutzungen beinhaltet mit einem wesentlichen Schwerpunkt im Bereich Einzelhandel, weil das für die Quartiere ein zentraler Bedarf ist – das hat Thomas Felskowsky richtig gesagt – und einer Musikhalle, weil es eine naheliegende Idee ist, denn eine solche Musikhalle hat natürlich Bezug zu St. Pauli. Es ist sinnvoll, das an diesem Standort zu machen, abgesehen natürlich von der Diskussionsbedürftigkeit des Vorschlags auf der anderen Seite. Es soll auch kleinere, ergänzende Nutzungen geben wie beispielsweise Handwerk, Gewerbenutzung, Wohnen, Sport, Freizeit, die wir in den umliegenden Wohnquartieren schlecht unterbringen können. Das ist eigentlich eine relativ ausgewogene Nutzung.
Medial ist der Schwerpunkt ganz deutlich von Anfang an auf die Musikhalle gelegt worden. Das hat in der Folgezeit auch die Diskussionen beherrscht, auch wenn diese Nutzung nur etwa 15 bis maximal 20 Prozent der Fläche ausmachen würde. Im Nachhinein wäre es wahrscheinlich klüger gewesen, nach dem Beschluss der Bezirksversammlung vor Ort Veranstaltungen dazu durchzuführen und die Diskussion über die einzelnen Elemente der Nutzung zu suchen. Man ist dann in den Wettbewerb gegangen mit eineinhalb Jahren Verzögerung, hat dann leider sehr kurzfristig zu einer öffentlichen Auftaktveranstaltung eingeladen. Das war auch sehr unglücklich, da hatte sich dann schon einiges an Unmut aufgestaut. Diejenigen, die dabei waren, können sich noch gut daran erinnern, dass diese Veranstaltung gesprengt wurde. Es gab erhebliche Emotionen und auch Aggressivität. Zum Teil ist das zumindest nachvollziehbar, weil sich viele vor vollendete Tatsachen gestellt gefühlt haben,
aber auch mit durchaus tatkräftiger Unterstützung von außen. Seitdem haben wir eine emotional aufgeheizte Diskussion. Der Wettbewerb ist durchgeführt worden, auch mit Bürgerbeteiligung, aber in etwas eingeschränkter Form, mit einer Anmeldeerfordernis.
Es hat zwei Entwürfe gegeben, die daraus hervorgegangen sind und auch eine ganz ordentliche Grundlage für eine weitere Diskussion bilden, die aber andererseits auch Gegenstand von Kritik sind. Die Kritik richtet sich gegen das Verfahren und gegen die Nutzung einer Music Hall. Man muss sehen, dass das nicht im luftleeren Raum stattfindet, sondern dass es einen Hintergrund gibt, über den wir auch an anderer Stelle schon diskutiert haben. Es gibt eine stark gestiegene Belastung im Stadtteil St. Pauli durch Events, Partygänger, Veranstaltungen und Tourismus. Es gibt tiefgreifende Veränderungsprozesse, die aus guten Gründen kritisch gesehen werden in der Bevölkerung. Es gibt Aufwertungsprozesse, Befürchtungen und Widerstand gegen Veränderungen. Und es gibt ein Misstrauen gegenüber behördlich und politisch geführten Planungsprozessen.
Vieles davon richtet sich dann auch gegen dieses Vorhaben und das konkrete Projekt dort, auch wenn es vielleicht mehr um grundsätzliche Fragen geht und gar nicht so sehr um die Sache. Trotzdem stehen wir da vor einer Herausforderung – und die trifft alle dort politisch Beteiligten –, eine richtige Form der Fortsetzung des Verfahrens zu finden und auch eine richtige Form der Bürgerbeteiligung.
In dem jetzt vorliegenden Antrag sind entscheidende Punkte hierzu genannt. Der Antrag ist relativ identisch mit dem, der von Rot-Grün im Bezirk eingebracht und beschlossen wurde, aber er ist noch etwas detaillierter. Kern des Ganzen ist ein offener Dialog, der die bisherigen Ergebnisse hinterfragt, überprüft, zur Disposition stellt und keine Vor-Festlegungen enthält, weder für noch gegen den einen oder anderen Bestandteil. Insofern begrüßen wir den hier vorliegenden Antrag, besonders auch, weil er offenbar das Ziel verfolgt, eine gemeinsame Verantwortung von Bezirk und Fachbehörden nach außen hin erkennbar zu machen. Bisher ist es so, dass alle Einzelheiten des Verfahrens abgestimmt worden sind, wir ein Einvernehmen mit der Finanzbehörde und der BSU hatten, nach außen hin aber das Verfahren vom Bezirk geführt wurde. Ich glaube, es ist richtig, dass in Zukunft die Stadt einheitlich und gemeinsam auftritt und sich die Organisation und auch die finanziellen Anforderungen des weiteren Verfahrens teilt.
Ihr habt das Thema zur Debatte angemeldet, dann müsst ihr das auch aushalten. Wenn es euch nicht interessiert, dann solltet ihr es nicht anmelden.
In diesem Verfahren wird man auch darüber sprechen müssen, ob die Music Hall an dem Standort funktioniert oder nicht. Falls es berechtigte Bedenken gibt, wird man sagen müssen, dass es dort nicht funktioniert. Meiner Einschätzung nach sind
Konzertbesucher nicht das größte Problem auf St. Pauli und sprengt diese Live-Musik-Halle nicht alle Dimensionen.
Frau Möller, halten Sie sich einmal einen Augenblick zurück. Ich muss Ihnen auch häufig genug zuhören.
Wenn man wie die GAL so etwas in einen Koalitionsvertrag hineinschreibt und sagt, man hielte eine solche Halle für erforderlich, dann wird man natürlich irgendwann auch die Frage nach dem Standort beantworten müssen und, wie Horst Becker dankenswerterweise gesagt hat, sich darüber Rechenschaft ablegen, wo die Musik spielt, wo die Klubkultur zu Hause ist, wo das Reeperbahn-Festival stattfindet und wo in Hamburg moderne Musik mit internationaler Ausstrahlung gespielt wird. Das ist eben nicht in Stellingen oder in der HafenCity, sondern auf St. Pauli. Insofern ist dieser Standort sehr plausibel. Wenn man die Halle ernsthaft will, dann kann und muss man diesen Standort ernsthaft und kritisch diskutieren. Aber wenn man sagt, man wolle ihn dort nicht, dann muss man auch eine Alternative anbieten. Insofern wäre es schön, wenn Sie auch einmal einen Beitrag zur Förderung und Realisierung dieses Projekts, das Sie sich auf die Fahnen geschrieben haben, liefern würden.
Zum Antrag der LINKEN nur so viel: So einfach kann man es sich nicht machen. Im Grunde genommen entspricht es weitgehend dem, was wir auf den Flugblättern der Initiative gegen eine Music Hall in diesem Stadtteil lesen können. Diesen Text haben Sie mit dem Logo der LINKEN versehen und im Grunde genommen eins zu eins übernommen. Das funktioniert so nicht. Wenn man das von allen händeringend benötigte Einzelhandelsangebot, das jetzt auch in der bezirklichen Planung sehr prominent in Form eines entsprechenden Supermarktes und einer St. Pauli-Markthalle enthalten ist, als Shopping Hall diffamiert, trägt das nicht zu einer sachlichen Diskussion bei und bringt im Ergebnis nichts. Ich hoffe, dass uns in einem Workshop-Verfahren eine sachliche Diskussion gelingt, und bin gespannt, ob alle, die sich lebhaft an dieser Debatte beteiligt haben, das in Zukunft auch in diesem Workshop-Verfahren tun. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich bin sehr darüber erleichtert, Herr Roock, dass Sie neue Wohnungen bauen wollen; ich frage mich nur, wann. Aktuell haben wir eine sehr schwierige, fast schon explosive Situation auf dem Wohnungsmarkt. Wir haben deutlich steigende Mieten und wir stellen fest – wie Sie teilweise auch –, dass die Mechanismen, die es zum Schutz der Mieter vor unverhältnismäßigen Mietsteigerungen gibt, aufgrund rechtlicher Rahmenbe
dingungen im BGB, im Wirtschaftsstrafgesetz, nicht mehr funktionieren und es dazu eine geänderte Rechtsprechung gibt. Die Mietsteigerungen haben etwas zu tun mit den katastrophalen Versäumnissen in den letzten Jahren im Wohnungsbau, mit laufenden Aufwertungsprozessen und zunehmend auch und insbesondere für die Zukunft mit Modernisierungsmaßnahmen. Wenn das erklärte Ziel auch dieses Senats, bis 2050 den Hamburger Wohnungsbestand energetisch zu sanieren, realisiert werden soll, dann bedeutet dies, dass wir jedes Jahr 10 000 bis 20 000 Wohnungen im Bestand sanieren, und zwar immer mit der Möglichkeit, 11 Prozent der Kosten der Baumaßnahme zeitlich unbegrenzt und ohne Bindung an den Mietenspiegel, auch den ökologischen Mietenspiegel, auf den Mieter umzulegen. Das heißt, hier drohen in vielen Fällen drastische Mieterhöhungen. Es sind einzelne Fälle in den Medien vorgerechnet worden; das kann bis hin zur Verdoppelung und mehr gehen. Nur ein Bruchteil dieser Kosten kann durch Einsparungen an Energiekosten wieder hereingeholt werden. Das heißt, es rollt eine Welle flächendeckender Mieterhöhungen auf die Hamburger Mieterinnen und Mieter zu und alle wissen, dass das eine erhebliche soziale Sprengkraft hat. Insofern geht es nicht, dass Sie das ignorieren, wie Sie es eben gerade wieder getan haben.
Wenn wir steigende – im Übrigen politisch verursachte – Mieten feststellen und sagen, wir würden sehr ehrgeizige klimapolitische Ziele verfolgen wollen, dann steht der Senat auch in der Verantwortung, Lösungen anzubieten, wie diese Belastungen fair verteilt werden können, und das tun Sie nicht. Die GAL und auch Sie sagen, energetische Sanierung müsse sein. Gleichzeitig sagen Sie, Herr Roock, sie dürfe aber nicht zulasten der Vermieter erfolgen. Auf diese dürften keine zusätzlichen Kosten zukommen, das wäre sozialistische Politik. Das bedeutet aber im Ergebnis, dass die Mieter die Zeche zahlen und am Ende mit den Kosten allein dastehen.
Aber selbstverständlich, das schlagen Sie vor.
Das ist das Ergebnis der jetzigen Lage und was wirtschaftlich dabei herauskommt. Es ist ein typisches Beispiel für den hiesigen schwarz-grünen Politikstil. Sie haben keine gemeinsame Linie, jeder arbeitet in seinem Klientelinteresse und das Interesse einer breiten Bevölkerungsschicht, in diesem Fall das der Hamburger Mieterinnen und Mieter, gerät dabei völlig aus dem Blick.
Genau.
Nun beklagt die GAL gerne, dass sie die Auswirkungen dieser Modernisierung für die Mieter nicht will und dass es eine Bevorzugung der Vermieter gibt. Dazu gibt es von Ihnen, Herr Becker, mehrere Presseerklärungen, in denen Sie sagen, es sei eine Ungerechtigkeit, der Mieter sei viel zu stark belastet und die geltenden Regelungen seien viel zu günstig für die Vermieter. Soviel mir bekannt ist, bieten Sie aber keine Lösungen an und Herr Roock sagt sogar, man bräuchte sie im Grunde genommen gar nicht.
Der Berliner Senat geht eben einen anderen Weg, den man gerne im Einzelnen diskutieren kann. Wir glauben, dass diese Bundesratsinitiative jedenfalls ein Schritt in die richtige Richtung ist, der zeigt, dass auch ein Stadtstaat handeln kann, und zwar anders, als Hamburg es bisher tut. Einer der Vorschläge ist eine moderate Reduzierung der Umlegbarkeit der modernisierungsbedingten Kosten, eben nicht mehr 11 Prozent, sondern 9 Prozent. Wir glauben, dass man da tatsächlich sogar noch weiter gehen kann. Aber wir begrüßen es als einen Schritt in die richtige Richtung, den Berlin immerhin geht, während Hamburg nichts dagegen unternimmt. Insofern sagen wir, dass Klimaschutz durch energetische Sanierung wichtig ist. Aber energetische Sanierung ist teuer und deswegen brauchen wir eine gerechte Verteilung der Lasten. So wie sie jetzt ist, ist sie sozial nicht verträglich, nicht verantwortbar und kein fairer Interessenausgleich. Um diesen herzustellen, fehlt Ihnen jegliches Rezept und das nennen wir unverantwortlich. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Antrag heißt "Neue Mitte Altona" – ein neuer Stadtteil für das 21. Jahrhundert; kurz Altona 21, Herr Roock hat es auch schon gesagt. Man könnte meinen, Sie hätten das zur Debatte angemeldet, weil Sie denken, dass es eines der wenigen positiven Themen ist, die Sie vielleicht als Koalition noch besetzen können, aber man hat dann in den Beiträgen doch auch schon gemerkt, dass Ihnen das Problempotenzial durchaus bewusst ist, wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß.
Herr Becker hat so ein bisschen das Gemälde dessen, was dort in Zukunft kommen könnte, gemalt. Richtig euphorisch klang das auch nicht. Herr Roock hat in einer völlig anders ausgerichteten Rede ungewöhnlich nachdenklich die Schwierigkeiten und Problemfelder beleuchtet und dies zu Recht, denn die beiden entscheidenden Fragen, um die es im Zusammenhang mit dem Projekt gehen wird, sind bisher nicht gelöst und werden auch durch diesen Antrag nicht gelöst.
Das eine ist das Thema Bürgerbeteiligung, wo außerordentlich hohe Erwartungen bestehen. Es ist das erste Mal, dass man einen ganzen neuen
Stadtteil nicht in ein ehemaliges Hafengebiet, sondern in ein bestehendes, funktionierendes Stadtteilgefüge hineinsetzt. Das ist so ungefähr das Komplexeste, was man sich an einem Planungsvorhaben mit Bürgerbetroffenheit vorstellen kann. Insofern braucht man einen Beteiligungsprozess, der dem angemessen ist. Nun haben Sie es in einem ersten Schritt so gehandhabt, es dem Bezirk zu entziehen, wie eigentlich bei allen wichtigen Verfahren in Altona. Es mag durchaus stilprägend für schwarz-grünes Regieren in Altona sein, so vorzugehen. Aber es stärkt nicht das Vertrauen in die Bürgernähe, die Ortsnähe, die Ortkundigkeit und die örtliche Verankerung dieses Prozesses und war insofern ein falscher Schritt.
Und, Herr Becker, man kann natürlich auch nicht erst den Bezirken das Personal wegnehmen und anschließend sagen, jetzt müssen wir euch auch die Aufgaben wegnehmen, weil ihr sowieso nicht mehr das Personal habt, das überhaupt ordentlich wahrzunehmen in Altona. In Wahrheit können Bezirke, wenn sie entsprechend ausgestattet sind, das machen. Das entsprechende Beispiel sind die Pläne, die wir für IBA und igs machen. Das macht der Bezirk Hamburg-Mitte in gutem Einvernehmen mit der Fachbehörde, mit dem entsprechenden Personal geht das auch und das könnten die Altonaer selbstverständlich auch, wenn man es denn wollte.
Sie schreiben in Ihrem Antrag viel zur Bürgerbeteiligung, die Realität vor Ort sieht anders aus. Der Wettbewerb läuft längst. In ihm sind Eckpfeiler und Grundzahlengerüste enthalten und es wird ein Ergebnis geben, das in der Konkretisierung weit über das hinausgeht, was in Ihrem Antrag steht. Da hat es natürlich keine echte Mitsprache und keine echte Mitwirkung gegeben. Es hat ein paar Diskussionsveranstaltungen gegeben, aber Sie wissen genau, dass echte Mitsprache anders aussieht. Die Erwartungen im Stadtteil sind andere und insofern reicht es nicht, was Sie da bisher machen und das wissen Sie auch.
Das zweite Thema ist die Frage, wie wir bezahlbaren Wohnraum in diesem neuen Stadtteil realisieren können. Es ist die größte Potenzialfläche für bezahlbares Wohnen in Hamburg und eine einmalige Chance, diesen dringenden Bedarf, in gewissen Teilen jedenfalls, endlich zu decken. Insofern ist das die zentrale Aufgabe und hat auch Vorrang vor anderen Zielsetzungen für diese Fläche. Da war es bemerkenswert, wie die Koalitionsfraktionen sich positioniert haben.
Herr Roock, ansonsten bin ich kein großer Freund Ihrer Redebeiträge, aber es war sehr nachvollziehbar, wie Sie sich positioniert haben und wie Sie natürlich auch auf Distanz gegangen sind zu dem An
trag, den Sie mit eingebracht haben. Eines ist richtig: Wenn man dort bezahlbaren Wohnraum realisieren will, dann wird man außerordentliche Schwierigkeiten haben, gleichzeitig ein ökologisches Modellprojekt zu bauen.
Sie wollen dort – das ist Ihr vorderstes Ziel und Sie sagen das auch an jeder Stelle – sehr ehrgeizig modellhaft ökologisch-energetische Standards haben. Wie gesagt, wir sprechen über 2000 Wohneinheiten und mehr, das ist keine kleine Siedlung irgendwo, sondern flächendeckend ein neuer Stadtteil oberhalb des Niveaus, das wir überall in Hamburg schon haben. Sonst hätte es keinen Modellcharakter. Das heißt, im Grunde genommen sprechen wir da über Passivhausstandard. Wenn Sie das aber wollen, dann ist klar, dass Sie die Ziele zum bezahlbaren Wohnen dort nicht hinbekommen werden.
Diesen Zielkonflikt kann man nicht ignorieren, den muss man auch einmal benennen und sagen, wie man ihn lösen will. Insofern bin ich tatsächlich Herrn Roock ganz dankbar, dass er das an dieser Stelle benannt hat, denn die Ankündigungen allein, dass Sie das wollen, reichen nicht. Tatsächlich haben Sie für diesen Zielkonflikt keine Lösung. Jeder, der etwas von Wohnungsbau versteht, sagt Ihnen, dass Passivhausbauweise flächendeckend in der Stadt nicht funktioniert, dass es das Wohnen teurer macht. Ihr eigener Wohnungsbaukoordinator des Senats sagt Ihnen, dass die Umwelthauptstadt Wohnen teurer macht. Die einzigen, die das ignorieren, sind Sie und deshalb funktioniert es an der Stelle nicht. Sie müssen hier eine Lösung anbieten, sonst nimmt man Ihnen das mit dem bezahlbaren Wohnraum nicht mehr ab. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Senatorin, darauf möchte ich doch kurz erwidern. Wenn Sie uns Plattheit in der Argumentation vorwerfen,
dann kann ich das nur zurückgeben. Es ist auch etwas schlicht argumentiert zu sagen, dass das gesamte Verfahren an den Senat gezogen werden muss und der Bezirk nicht mehr das Planverfahren führen kann, weil wir es dort mit einem Partner wie der Deutschen Bahn zu tun haben. Das stimmt schlicht nicht. Selbstverständlich können Sie als Stadt auftreten, als Senatorin auftreten und die entsprechenden Fragen verhandeln, wenn das Planverfahren gleichzeitig im Bezirk läuft. Das haben wir an vielen anderen Beispielen auch gehabt.
Sie stellen die gesamte Planungslogik, wie sie im Bezirksverwaltungsgesetz und in der Verwaltungsreform angelegt ist, auf den Kopf, weil Sie sagen,
die Geschichte sei so, da gäbe es Beteiligte, da müssten der Senat und Sie selbst als Senatorin ran, sonst klappe es nicht. Das ist falsch, das ist nicht schlüssig und zwingend, wie Sie es darstellen. Sie könnten Ihre Rolle auch in einem beim Bezirk verankerten Verfahren finden. Das funktioniert in vielen anderen Bereichen.
Wenn Sie sagen, dass Sie als zentrale Fachbehörde auch eine örtliche Bürgerbeteiligung organisieren und sich bürgernah verhalten könnten, dann mag das in der Theorie richtig sein. Nur das, was bisher dort an Veranstaltungen gelaufen ist und wie der Prozess wahrgenommen wird, hat eben dazu geführt, dass in Altona die Menschen anfangen, über Altona 21 zu reden und die Auftritte, die Sie als Fachbehörde bisher hatten, nicht so goutiert werden, wie Sie das nahelegen. Insofern ist nicht alles positiv. Es ist nicht so, dass dieser Beteiligungsprozess bisher funktioniert, und das sollte Ihnen zu denken geben.
Wenn Sie sagen, dass wir Klimaschutz und das Ziel bezahlbare Wohnungen zu bauen, nicht gegeneinander ausspielen dürften, dann haben Sie natürlich recht. Selbstverständlich ist beides wichtig und von zentraler Bedeutung für die Zukunft der Stadt. Wir haben aber im Klimaschutz – und das ist der Unterschied – riesige Fortschritte gemacht. Wir sind deutlich oberhalb dessen, was bundesweit passiert. Hamburg ist vorbildlich; das ist großartig.
Diese Fortschritte haben wir im geförderten Wohnungsbau, im bezahlbaren Wohnungsbau aber eben gerade nicht gemacht. Dann ist doch die Frage, ob ich immer noch eine, noch eine und noch eine energetische Anforderung draufsattle, alle sechs Monate eine neue. Da hat der Kollege Roock recht, das ist irgendwann ein Problem. Die Ausgewogenheit, die Sie anmahnen, muss ich irgendwo finden.
Wenn Sie sagen, dass ab 2012 und am liebsten schon ab 2011 der gesamte geförderte Wohnungsbau nur noch Passivhausstandard sein soll – in der HafenCity nur Passivhäuser, die SAGA soll eigentlich nur noch Passivhäuser bauen und in der "Neuen Mitte Altona" eigentlich auch –, dann überfordern Sie das, was an Möglichkeiten, an Potenzial, das sozialverträglich und mit dem Ergebnis bezahlbare Wohnungen zu schaffen, noch vorhanden ist; das bekommen Sie nicht hin.
Der Konflikt geht bei Ihnen quer durchs Haus, das ist bekannt, aber nicht gut, weil wir dadurch keine einheitliche klare Stimme haben, die sagt: Das ist die Linie, so ist unsere Abwägung, darauf läuft es hinaus.
(Olaf Ohlsen CDU: Ihr habt doch keine Linie! Es muss endlich eine klare Haltung geben, (Heiko Hecht CDU: Quatsch!)
bezahlbaren Wohnungsbau zu schaffen,
und das mit der Förderung und auch mit der SAGA hinzubekommen. Sie wissen genau, dass wir seit Beginn dieser Legislaturperiode über die Wohnungsbauverpflichtung der SAGA sprechen und darüber, was die SAGA machen muss. Und Sie wissen ganz genau, dass die SAGA im Jahr 20010 nicht eine einzige Wohnung fertiggestellt hat. Das kann niemanden befriedigen, da stimmt etwas nicht. Insofern ist die Ausgewogenheit nicht da und es ist noch viel zu tun. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kollege Roock, das war ein beeindruckendes Zeugnis Ihrer Realitätswahrnehmung.
Am Samstag haben mehrere Tausend Menschen gegen die Wohnungspolitik des Senats demonstriert – alle fehlgeleitet von der Opposition, wie wir von Ihnen gehört haben. Ich würde Ihnen raten, das ernst zu nehmen. Es ist nichts Alltägliches, wenn Menschen gegen Wohnungsnot demonstrieren. Das gab es in Hamburg seit Jahrzehnten nicht mehr. An Ihrer Stelle würde ich die Ursachen woanders suchen, als bei der Opposition.
Die Unzufriedenheit, die die Menschen auf die Straße treibt, ist verständlich. Wir erleben eine Zuspitzung auf dem Wohnungsmarkt, wie es sie lange Zeit, wahrscheinlich überhaupt noch nie, gegeben hat. Die Durchschnittsmiete bei Neuvermietungen – und das ist für Wohnungssuchende das Entscheidende – ist in den letzten vier Jahren um 20 Prozent angestiegen. In einigen Quartieren haben wir geradezu Mietpreisexplosionen. Sie wissen, dass wir in St. Pauli Steigerungen von 40 Prozent haben. Früher wurde ein Drittel der Einkom
men für Miete ausgegeben, heute ist es die Hälfte. Wohnungsbesichtigungen geraten in vielen Stadtteilen zu Massenveranstaltungen mit Casting-Charakter, inklusive der Abgabe von Bewerbungsunterlagen. In einer solchen Situation wird es für Menschen mit geringem Einkommen in vielen Teilen der Stadt immer schwieriger, eine Wohnung zu finden. Sie werden in Randlagen abgedrängt, häufig in Quartiere, die schon heute sozial belastet sind. Die soziale Kluft zwischen den Stadtteilen nimmt zu. Das ist das Ergebnis Ihrer Politik und dagegen wachsen zu Recht der Protest und der Widerstand in der Stadt.
Die Verantwortung hierfür trifft den Senat insbesondere deshalb, weil diese Wohnungskrise nicht überraschend gekommen ist wie andere Engpässe, die es zugegebenermaßen gab – etwa nach der Wiedervereinigung –, sondern sehenden Auges und geradezu vorsätzlich herbeigeführt worden ist. Sie wussten 2001, dass die Bevölkerung wächst, haben das unter dem Banner der Wachsenden Stadt auch forciert und gleichzeitig jede vernünftige Wohnungsbauförderungspolitik eingestellt. Sie haben die Wohnungsknappheit, die wir heute haben, geradezu vorprogrammiert.
Entsprechend sind die Neubauzahlen eingebrochen – im bezahlbaren Bereich gegen Null – und der Sozialwohnungsbestand schmilzt dramatisch ab. In diesem Jahr werden wir einen Bestand von unter 100 000 Sozialwohnungen erreichen. Eine Veränderung ist nicht in Sicht. Im Gegenteil, auch aktuelle Chancen, Fehlentwicklungen zu korrigieren, werden nicht wahrgenommen. Dr. Bischoff hat es gesagt: Sie sind weder bereit, gegen spekulativen Wohnungsleerstand vorzugehen, noch steuern Sie beim Büroleerstand, etwa im Überseequartier, um. Von diesem Senat ist in dieser Hinsicht nichts mehr zu erwarten, obwohl es allen Grund gäbe, endlich entschlossen etwas zu tun. Alles, was wir von Ihnen erleben, sind Ankündigungen ohne Folgen, Fehlschläge in einer beeindruckenden Chronologie und kleinere kosmetische Maßnahmen, die in der Substanz nichts ändern.
Wenn ich Sie dann allerdings höre, Herr Roock, wundert es mich nicht, dass wir diese Probleme haben, denn laut Ihren Aussagen ist das, was getan wird, ausreichend. Wenn es keinen Erfolg hat, sind andere schuld
und eigentlich ist das Problem gar nicht so schlimm, sondern im Wesentlichen von der Opposition herbeigeredet.
Ich weiß es nicht, wahrscheinlich hat ihn das eben schon überfordert.
Das größte Hindernis zu einer guten Wohnungsbaupolitik in Hamburg sind weder die Unternehmen, die nicht bauen, noch die Bezirke oder die Opposition, die dagegen Stimmung machen, auch nicht die Bürger, die sich wehren, oder die Konjunktur, das größte Hindernis auf dem Weg zu einer ordentlichen Wohnungsbaupolitik ist dieser Senat.
Im Herbst Ihrer Regierungszeit versuchen Sie nun, ein wenig wohnungsbaupolitischen Aktionismus zu verbreiten; wahrscheinlich werden sie noch darauf zu sprechen kommen. Nach neun Jahren fällt dem Sozialsenator plötzlich auf, dass wir zu wenige Sozialwohnungen haben und er darüber einmal mit der Stadtentwicklungssenatorin sprechen müsste. Ich bin gespannt, was bei diesem Gespräch herausgekommen ist, vielleicht wird uns noch davon berichtet. Der Bürgermeister widmet in Altona eigenhändig Gewerbeflächen in Wohnungsbauflächen um, nachdem ihm der örtliche Bezirksabgeordnete das in der "Bild"-Zeitung nahegelegt hat. Aus der BSU kommen vereinzelt kleinere, eher kosmetische Maßnahmen. Das führt alles nicht weiter. Wenn Sie jetzt verkünden, dass Sie noch ernsthaft etwas in der Wohnungsbaupolitik tun wollen, dann fragt man sich bei der Bilanz, die Sie vorzulegen haben, wer Ihnen das noch glauben soll. Das ist durchsichtig, kurzatmig und wirkungslos.
Sie haben das Problem in den letzten zehn Jahren nicht gelöst und Sie werden es in den verbleibenden 15 Monaten auch nicht mehr lösen. Es wird Zeit, dass diese wichtige Aufgabe in eine andere Verantwortung gelegt wird. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kollege Hamann, wenn der Wohnungsbau in seiner jetzigen Situation ein Zeugnis davon ist, was passiert, wenn ein Politikfeld bei Ihnen hohe Priorität hat, möchte ich nicht wissen, was passiert, wenn Sie ein Politikfeld vernachlässigen.
Wenn Sie erklären, dass es bundesweit Rankings in den Mieten gäbe, in denen Hamburg nur auf Platz 15 läge und insofern alles nicht so wild sei, dann sage ich Ihnen, dass es demjenigen in Hamburg, der eine Wohnung sucht und mit durchschnittlich 10,25 Euro Neuvermietungsmieten konfrontiert ist, mit Verlaub gesagt vollständig egal ist,
ob in München, Baden-Baden oder Kitzbühel die Mieten vielleicht noch höher sind.
Sie sagen, wir hätten einen gesunden Büroleerstand. Als wir 500 000 Quadratmeter Leerstand hatten, haben Sie gesagt, das sei genau das, was man brauche. Als wir 800 000 Quadratmeter hatten, sagten Sie, das sei das, was der Büromarkt eigentlich ständig brauche. Als wir eine Million Quadratmeter hatten, war das auch noch so. Jetzt haben wir 1,2 Millionen Quadratmeter und das ist immer noch gesund. Niemand, auch in der gesamten Hamburger Immobilienszene nicht, wird Ihnen erklären, dass das noch ein gesunder Leerstand ist. Natürlich haben wir beim Büroraum ein massives Problem und eine Fehlentwicklung; das ist überhaupt nicht zu leugnen. Der einzige, der es noch leugnet, sind Sie.
Insofern muss dann natürlich umgesteuert werden und natürlich sind die Möglichkeiten begrenzt. Der Umbau von neuen Büros in Wohnungen ist schwierig, aber ich kann bei neuen Büroplanungen neue Prioritäten setzen. Das hätten Sie in der HafenCity zum Beispiel tun können und im Überseequartier; es wird gerade nicht gemacht. Es gibt natürlich auch die Möglichkeit, alten Büroraum abzureißen und neue Wohnungen dort zu bauen und das auch zu fördern. Das wäre etwas, was getan werden kann.
Insofern verweise ich, Herr Roock, gerne auf den Bezirk Hamburg-Mitte, der Ihrer Ansicht nach fest in sozialistischer Hand ist. Dort wird erstmals ein über 30 Jahre altes Bürogebäude abgerissen und 150 Wohnungen, zum Teil gefördert, werden neu gebaut. Das ist erfolgreiche Wohnungsbaupolitik; daran können Sie sich orientieren.
Wenn Sie dann sagen, wir hätten keine Lösungen und würden praktisch in derselben Situation dastehen, wenn wir regieren würden, dann kann ich Ihnen nur sagen, dass wir in den Neunzigerjahren eine ähnlich schwierige Situation durch den starken Zuzug nach der Wiedervereinigung hatten. Der Senat hat aber gehandelt und entschlossene Wohnungsbaupolitik gemacht. Wir hatten damals die gesamten Neunzigerjahre Jahre im Durchschnitt 7000 Neubauwohnungen im Jahr, davon 3000 Sozialwohnungen. Das waren noch Zahlen, an denen sollten Sie sich orientieren.
Das ist schlagartig abgebrochen, als Sie das Zepter übernommen haben. Sie haben dann noch lange Zeit von dem entspannten Wohnungsmarkt, den wir Ihnen beschert haben, profitiert und sind jetzt in die Krise reingelaufen, die Sie selbst verschuldet haben. Im Übrigen liegen unsere Vor
schläge, um da wieder herauszukommen, auf dem Tisch; die kennen Sie ganz genau. Natürlich müssen wir die Wohnungsbauförderung deutlich ausweiten. 1200 Wohnungen sind schon etwas, aber es reicht natürlich bei Weitem nicht.
Und wenn Sie das mit anderen Städten vergleichen, Frau Senatorin, dann zählt dieser Vergleich natürlich nicht, denn Hamburg ist, wie Sie selbst gerne betonen, Herr Hamann, so unvergleichlich viel attraktiver als andere Städte dank der CDU.
Deswegen wollen hier viel mehr Menschen wohnen und deswegen haben wir ein größeres Problem und deswegen müssen wir mehr tun. Deswegen können wir uns nicht vergleichen mit dem, was andere Städte machen.
Nun kriegen Sie sich mal wieder ein.
Deshalb muss die Wohnungsbauförderung mindestens verdoppelt werden. Wir brauchen von SAGA GWG einen Beitrag von mindestens 1000 Wohnungen pro Jahr. Wenn Sie jetzt Vereinbarungen haben, dass in diesem Jahr 250 Wohnungen gebaut werden sollen, dann können Sie das doch nicht ernst meinen. 206 davon sind im Weltquartier in Wilhelmsburg, dagegen stehen aber 250 Abrisse von Wohnungen der SAGA zur gleichen Zeit. Insofern kommen wir überhaupt nicht voran. Außerdem müssen wir Belegungsbindungen ankaufen und Grundstücke, von denen Sie übrigens, Herr Becker, laut Ihrem Wohnungsbauentwicklungsplan selbst sagen, dass es die in Hamburg gibt. Dann müssen wir sie auch kostengünstig für bezahlbaren Wohnungsbau zur Verfügung stellen.
In puncto Wohnungsleerstand: Wenn das alles gar kein Problem ist, Herr Hamann, dann frage ich mich, warum wir eigentlich über lange Zeit ein Wohnraumpflegegesetz in Hamburg hatten. Es wurde angewandt und mit diesem Instrumentarium haben wir in jedem Jahr ein paar hundert Wohnungen wieder der Wohnnutzung zugeführt. Dieses Gesetz haben Sie 2008 unter der Überschrift Deregulierung abgeschafft. Heute tun Sie so, als gäbe es das Problem gar nicht und man hätte das nie gebraucht. Das ist geheuchelt.
Wenn Sie im Übrigen strapazieren, dass wir gelegentlich gemeinsame Beschlüsse gefasst haben, sage ich als letzten Satz: Wir haben das ein einziges Mal bei der Gen
trifizierung gemacht, weil Sie fast unseren kompletten Antrag übernommen haben. Da haben wir Ihnen zugestimmt und ich bin jetzt sehr gespannt, ob Sie das auch umsetzen werden. Bei der Frage Leerstand haben Sie unseren Antrag abgelehnt und wir haben, weil Sie einen Punkt in Ihren Antrag übernommen haben, dem am Ende mit zugestimmt. Das ist nichts, womit man sich brüsten muss. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kollege Roock, Sie hatten das Problem, dass die Senatorin das, was Sie sagen
wollten, vorher schon gesagt hat; das hat sich ein bisschen wiederholt.
Deswegen will ich nur auf einzelne Punkte eingehen. Ich finde es immerhin erstaunlich, dass Sie sagen, nach neun Jahren CDU-Regierung fangen wir einmal mit der Wohnungsbaupolitik an. Daran kann man schon sehen, dass das nicht auf Ihrem Mist gewachsen ist, sondern dass diese Impulse natürlich von der GAL kommen.
Sie sagen, Sie machen ganz viel für den Klimaschutz. Es ist wichtig und richtig, dass etwas für den Klimaschutz getan wird, aber auf dem Wohnungsmarkt ist das natürlich überhaupt keine Hilfe, sondern ein Problem. Sie wissen genau, dass aufgrund gestiegener energetischer Anforderungen eine große Mietsteigerungswelle auf uns zukommt.
Wenn man sich dieses Thema so auf die Fahnen schreibt, wie dieser Senat das macht – wofür ja auch viel spricht und was anzuerkennen ist –, dann darf man auf der anderen Seite nicht außer Acht lassen, was das für soziale Folgen hat. Man darf die Mieter mit diesen Kostensteigerungen nicht allein lassen. Genau das passiert aber im Moment.
Sie zählen auf, was Sie alles schon getan haben. Das Ergebnis alles dessen, was Sie aufgelistet haben, kann man in blanken Zahlen ablesen: Im Jahr 2009 wurden 3167 Wohneinheiten neu gebaut. Das ist das spürbare Ergebnis Ihrer umfangreichen Bemühungen.
Das liegt noch unter dem Stand der Jahre davor, das heißt, es gibt keine spürbare Auswirkung Ihrer Politik auf dem Wohnungsmarkt.
Auch Herr Lieven hat ausgeführt, was alles getan wird, und er verfügt sicherlich über größere Kenntnisse als wir. Ich will auch anerkennen, dass manches in die richtige Richtung angedacht und geplant wurde. Noch ist der Wohnungsbauentwicklungsplan allerdings nicht viel mehr als ein Plan. Gerade der gebundene Wohnraum, den Sie angeführt haben, ist dafür ein Beispiel. Da passiert etwas, aber es reicht nicht. Es sind jetzt 1200 Wohneinheiten vorgesehen, wir brauchen aber das Doppelte. Wir hatten früher das Doppelte und haben früher auch mehr gebaut. Wenn Sie jetzt sagen, Sie schaffen auch Bindungen außerhalb des Neubaus, dann ist das richtig; aber wir brauchen eine deutlich erhöhte Zahl.
Frau Senatorin, Sie wünschen sich mehr Unterstützung aus den Bezirken; das ist heute mehrfach gesagt worden.
Dann sehen Sie sich doch einmal alle Fraktionen an. Ich komme aus einem Bezirk, der durchgängig sozialdemokratisch regiert wurde, und bei uns wird jedes Wohnungsbauvorhaben nach Kräften unterstützt, und zwar trotz unseres dortigen Koalitionspartners. Und wenn Sie einmal mit der SAGA sprechen
Sie haben gesagt, die SAGA kämpfe mit den Problemen in den Bezirken –,
dann wird man Ihnen zum Wohnungsbau der SAGA in der Finkenstraße einiges erzählen können. Es war außerordentlich mühsam, unseren Koalitionspartner in Hamburg-Mitte davon zu überzeugen, dass wir dort sozialen Wohnungsbau brauchen und aufstocken müssen.
Insofern bitte ich Sie, mit Ihren Appellen außerordentlich zurückhaltend zu sein und sie in alle Richtungen gleichmäßig zu verteilen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir sprechen über die Anpassung des Kaufvertrags zum Überseequartier und damit über nichts Geringeres als über die Frage, ob das Herzstück der zukünftigen HafenCity auf der Grundlage der bisherigen Konzeption noch realisierbar ist oder nicht. Der gesamte Vertrag ist eine Hinterlassenschaft des früheren CDU-Senats, der entgegen aller Warnungen, damals insbesondere aus den Reihen der GAL, entschieden hat, dieses Mammutprojekt langfristig an einen einzi
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gen Investor zu geben. Das hat sich im Kaufvertrag niedergeschlagen und heute stehen wir vor den Folgen dieser Entscheidung und können feststellen, dass diese Konzeption von vor fünf Jahren gescheitert ist.
Gerade einmal ein Drittel ist realisiert. Das Projekt ist wirtschaftlich tot und kann nur mit erheblichen zusätzlichen öffentlichen Subventionen künstlich am Leben gehalten werden. Genau das will der Senat und das liegt uns heute zur Entscheidung vor.
Worum geht es konkret? An zwei Punkten lassen sich die finanziellen Risiken vielleicht besonders gut festmachen.
Der eine Punkt ist die Frage der Anmietungsverpflichtung der Stadt. Hier erhöhen sich die potentiellen Kosten für die Flächen, die die Stadt Hamburg anmieten muss, von bisher 125 Millionen Euro auf bis zu 167 Millionen Euro, das sind 42 Millionen Euro mehr. Wenn wir bis zum 1. Januar 2012 14 000 Quadratmeter an Dritte vermieten, haben wir die Chance, diesen Betrag auf 115 Millionen Euro zu reduzieren. Wie wahrscheinlich es ist, dass das gelingt, darüber kann man trefflich streiten.
Der zweite Punkt ist der Verzicht auf einen Mehrerlös zum Kaufpreis aufgrund einer gestiegenen Miethöhe. Wenn man sich das aufgrund der Informationen, die wir trotz entsprechender Nachfragen im Ausschuss nur sehr spärlich bekommen haben, einmal anschaut, dann kann man das hin und her rechnen, wie man will, aber die Stadt verzichtet auf einen Betrag von mindestens 40 Millionen Euro. Das ist eine Dimension, die in der Drucksache nicht benannt ist und bei der ich davon ausgehe, dass sie auch in den Koalitionsfaktionen so nicht erörtert wurde. Wenn es schlecht läuft, können es bis zu 100 Millionen Euro sein. Diese Änderung des Vertragswerks ist unterm Strich auf jeden Fall eine erhebliche finanzielle Schlechterstellung für die Stadt und insofern ist sie auch deutlich zu kritisieren.
Nun könnte es ja sein, dass dem ein entsprechender Nutzen gegenübersteht. Was ist der Nutzen? Sie werden sagen, das sei die Fortführung des Projekts. Das Projekt ist aber notleidend geworden. Es wird eine gigantische Menge an Bürofläche produziert, die keiner braucht und für die es keinen Bedarf gibt. Das ist der Kern des Problems, vor dem wir stehen. Es wird ein staatlich subventionierter Büroleerstand in einem bisher nicht gekannten Umfang produziert. Der Investor sagt, das müsse so sein oder er stelle seine Bemühungen
ein. In dieser Situation kommt nun die private Wohnungswirtschaft und bietet dem Senat an, einzuspringen und die Entwicklung des Überseequartiers ohne Subventionen und mit einem deutlich erhöhten Wohnanteil in der HafenCity fortzuführen und abzuschließen. Da könnte man meinen, dass das zu Dankbarkeit führt, aber was macht Schwarz-Grün? Sie reagieren beleidigt und entrüstet und Herr Becker spricht von einem ominösen Angebot. Das Angebot war ernst gemeint. Kurz nachdem er das Angebot ausgesprochen hat, hat der BFW bei der Senatorin um ein Gespräch gebeten. Dort ließ man ihn ziemlich kühl abblitzen und gab zu verstehen, dass man kein Interesse an einem Gespräch habe.
Der BFW steht für rund 70 Prozent des aktuell in Hamburg realisierten Wohnungsneubaus. Er ist, unter anderem bei den Wohnbauoffensiven, ein wichtiger Vertragspartner Hamburgs. Es ist mir unbegreiflich, wie man in einer solchen Situation so mit einem solchen Angebot umgehen kann und dass man einen wichtigen Vertragspartner der Stadt in dieser Art und Weise vor den Kopf stößt. Dafür fehlt mir jedes Verständnis.
Wenn der Senat im Wohnungsbau noch irgendwelche ernsthaften Ziele hätte, dann wäre er mit dem BFW an dieser Stelle so nicht umgegangen.
Im Übrigen ist es auch nicht so, dass, wie gern behauptet wird, auf den Flächen kein Wohnungsbau möglich sei. Wir haben das in den Ausschussberatungen vertieft und inzwischen liegen auch Antworten auf Kleine Anfragen vor. Auf vier der sechs Baufelder, um die es geht, ist Wohnungsbau möglich. Er ist schwierig und zum Teil mit Einschränkungen, wie es auch anderswo in der Stadt der Fall ist, aber er ist möglich.
Richtig ist natürlich, dass es mit Risiken verbunden ist, wenn man das Projekt an einer solchen Stelle mit dem bisherigen Partner abbricht und es auf eine andere Grundlage stellt, um es mit neuen Partnern fortzusetzen. Das ist kein einfacher Prozess, aber es bieten sich auch erhebliche Chancen. Es ist die Chance, dieses Projekt auf eine funktionierende Grundlage zu stellen und die Hamburger Immobilienwirtschaft, insbesondere die Wohnungswirtschaft, mit einzubinden. Es ist die Chance, aufgrund des höheren Wohnungsanteils eine Nutzung zu erhalten, der auch eine Nachfrage gegenübersteht und die deswegen realisiert wird und nicht auf staatliche Subventionen angewiesen ist. Und schließlich ist es die Chance auf ein urbaneres, vielfältiges und lebendiges Überseequartier. Das sind die Chancen, die Sie heute vertun und die Sie nicht einmal prüfen wollen. Ich glaube, das ist ein schwerer Fehler.– Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Vielen Dank für die erfreuliche Nachricht. Ich werde dem gleich auch nachkommen. Frau Senatorin, Sie haben die Dinge sehr umfassend und mit sehr vielen Einzelheiten dargelegt. Es würde jetzt ein bisschen den Rahmen sprengen, wenn ich auf alles eingehen würde, auf ein paar Punkte werde ich aber noch zurückkommen.
Am Anfang möchte ich mich auf die Rede von Herrn Roock beziehen. Sie haben eine Ihrer bekannten Durchhaltereden gehalten. Sie sind nun schon so lange Sprecher Ihrer Fraktion für Stadtentwicklung und da wäre es eigentlich endlich an der Zeit, dass Sie anfangen, sich mit den Dingen ernsthaft zu befassen und entsprechend Stellung zu nehmen. Dazu wäre heute eine gute Gelegenheit gewesen und es ist ein bisschen schade, dass Sie die verpasst haben.
Wenn Sie sagen, die Ausschussberatungen hätten Sie genervt, glaube ich Ihnen das auf's Wort, man hat Ihnen das angesehen.
Sie hatten auch keine einzige Frage, Sie haben nichts hinterfragt, Sie hatten keinerlei Interesse am Inhalt der Drucksache, weil Sie natürlich – Herr Becker hat das auch so ausgedrückt –, getragen von grenzenlosem Vertrauen in den Senat, davon ausgehen, dass der fehlerlos arbeitet und man gar nicht so viele Fragen stellen muss. Das ist, wie Sie
sich vielleicht denken können, nicht unser Parlamentsverständnis. Insofern machen wir das ein bisschen anders.
Nun haben Sie gesagt, die Rahmenbedingungen hätten sich durch die Wirtschafts- und Finanzkrise so sehr verändert und deswegen hätte man den Vertrag anpassen müssen. Wir haben Ihnen auch beim letzten Mal schon gesagt, dass sich die Rahmenbedingungen für alle geändert haben, nicht nur für den Investor im Überseequartier. Und es ist gerade nicht so, wie Sie sagen, dass nämlich der Investor viele der Risiken trägt. Wir nehmen sie ihm in vielen Bereichen ab, auch das ist gesagt worden. Die Baukostensteigerung, die in die Risikosphäre des Investors fällt, wird von der Stadt ausgeglichen, ebenso die Finanzierungsschwierigkeiten, ebenfalls ein Investorenrisiko. In Bezug auf das Vermietungsrisiko werden ihm bestimmte Verpflichtungen erlassen. In diesen Bereichen verbessert die Stadt die Position des Investors und verschlechtert die eigene Position. All dies wird mit anderen Investoren in der HafenCity nicht verhandelt.
Und wenn Sie sagen, aus Verantwortung für das Projekt und weil die Entwicklung weitergehen muss, müsse man dem zustimmen, denn sonst drohe ein Baustopp – die Senatorin hat das auch ein bisschen anklingen lassen –, dann entgegne ich: Diese Vertragsanpassung sichert gerade nicht die Fortführung und Realisierung des Projekts. Das einzige, was noch gesichert ist, sind die nächsten beiden Baufelder. Das sind zwei von noch ausstehenden sieben, die restlichen fünf Baufelder sind völlig offen. Mit der Vertragsanpassung entlassen Sie den Investor doch gerade aus der Verpflichtung, innerhalb bestimmter Fristen anzufangen und fertigzustellen. Das heißt, mit dieser Vertragsanpassung ist die Realisierung zeitlich unsicherer als vorher.
Und er muss erst vermieten, wenn er 60 oder sogar 70 Prozent vermietet hat, und das ist derzeit unrealistisch, das wissen Sie auch. Insofern ist das Vertrauen auch von Herrn Becker, dass das in absehbarer Zeit vermietet werden kann, schön und es ehrt ihn, aber das allein führt uns nicht zu einer realistischen Betrachtung.
Sie sprechen von einem Vertrauensverlust, der eintreten würde, wenn man nicht ordentlich mit dem Konsortium weiterarbeiten und sich stattdessen Alternativen überlegen würde. Doch wessen Vertrauen und wessen Einschätzung in unser Handeln ist uns wichtig, wer setzt den Maßstab, wo ist unser Bezugspunkt? Vielleicht ist das der Kern des Problems, dass wir und auch Sie zu sehr darauf achten, wie dies in der internationalen Investorenszene aufgenommen wird. Aber das Rückgrad der wirtschaftlichen Entwicklung in der HafenCity sind nicht internationale Investorenkonsortien, sondern das ist die Hamburger Immobilienwirtschaft, die
norddeutsche, die regionale und ein Stück weit die deutsche Immobilienwirtschaft. Und dort gibt es, ausgelöst durch Ihr Verhalten, im Moment einen massiven Vertrauensverlust.
Und es geht um einen weiteren Vertrauensverlust, nämlich um das Vertrauen der Bürger, dass der Senat die Kraft hat, eigene Fehlentscheidungen zu korrigieren, Dinge zu überprüfen und auch Alternativen ernsthaft zu prüfen. Das Verfahren, das Sie gewählt haben – ein Jahr wird hinter verschlossenen Türen verhandelt und dann wird die Sache in vier Wochen durch das Parlament gepeitscht –, ist keines, das Vertrauen schafft. Insofern würde ich mir wünschen, Sie würden das anders machen. – Vielen Dank.
Herr Kerstan, Sie haben schon im Ausschuss behauptet, durch die angeblich teuren Sonderwünsche des sozialdemokratischen Bezirksamtsleiters würde alles viel teurer.
Wir haben in Hamburg-Mitte eine hervorragende rot-grüne Koalition und alle Themen, die dort in Richtung Mehrbedarfe geäußert wurden, sind einvernehmlich behandelt worden, auch mit Ihrer Fraktion. Sprechen Sie mit dem Kollegen Osterburg, der wird es Ihnen bestätigen. Dafür gab es auch gute Gründe. Ich hätte mir gewünscht, dass Sie nach den Ausschussberatungen oder durch die Kleinen Anfragen, in denen es überall schriftlich dargelegt ist, erkannt hätten, woher die Mehrkosten eigentlich kommen, nämlich nicht aufgrund irgendwelcher vergoldeten Sessel von Bezirksamtsleitern, sondern weil es im Bezirksamt eine Kundendienststelle gibt. Die musste ins erste Obergeschoss, weil Sie im Überseequartier die Erdgeschosszonen alle für den Einzelhandel disponiert haben in diesem Vertrag. Und deshalb müssen dort Rolltreppen, Fahrstühle, breite Treppen und alle möglichen Sonderanfertigungen eingebaut werden. Die wären sonst nicht notwendig gewesen, die Mehrkosten kommen nur durch die Belegung der Erdgeschosszonen. Es geht darum, diesen Standort bürgertauglich zu machen, dadurch sind die Mehrkosten entstanden.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Nachdem Herr Lafrenz weitgehend zutreffend den Inhalt der Website der HafenCity GmbH wiedergegeben hat,
sollten wir uns einmal mit den Realitäten in der HafenCity auseinandersetzen und da haben wir natürlich ein erhebliches Problem. Wenn man sich das anschaut, muss man feststellen, dass die HafenCity immer mehr von einem Vorzeigeprojekt zu einem Krisengebiet wird.
Nach der Elbphilharmonie, nach der HCU, nach vielen gescheiterten Büroprojekten sind wir jetzt in einer Situation, dass auch das Herzstück der HafenCity, das Überseequartier, in der Konzeption – jedenfalls so, wie dieser Senat es geplant hat – zu scheitern droht. Wir haben wieder einmal ein Großprojekt in die Hände des einzigen Investors gegeben
und auch dieses Projekt kann der Investor, nachdem es zu einem Drittel fertig ist, nicht ohne weitere Unterstützung aus Steuergeldern realisieren.
Das kommt nicht überraschend, wenn man ehrlich ist. Der ganze Deal zum Überseequartier war 2005 hoch umstritten. Es ist alles diskutiert worden, die Abhängigkeit vom Investor, die fehlende Flexibilität in der Planung – gerade auch, wenn es einmal Krisensituationen gibt –, die wirtschaftlichen Risiken, das war alles bekannt. SPD und GAL, die damals zu den vehementesten Gegnern dieses Vertrages gehört haben, haben das abgelehnt. Es war aber damals die Zeit, als kein Projekt groß genug sein konnte, man im Grunde genommen klotzen, nicht kleckern wollte und die große Geste wichtiger war als jede stadtentwicklungspolitische Vernunft.
Es ist genau diese Haltung, diese Großspurigkeit und Selbstüberschätzung im Umgang mit und in der Herangehensweise an große Projekte, die den Senat jetzt einholt, und wieder einmal droht dem Steuerzahler, die Zeche zahlen zu müssen.
Worum geht es denn jetzt? 280 000 Quadratmeter sind ein gigantisches Projekt. Fast die Hälfte davon sind Büroflächen, 35 000 Quadratmeter davon sind fertig und die Vorvermietungsquote beträgt null Prozent – das braucht im Moment kein Mensch. Was passiert? Es werden an jedem Bedarf vorbei weitere annähernd 100 000 Quadratmeter geplant. Niemand braucht diese Flächen und weil es natürlich für eine solche Fehlplanung keine Finanzierung von den Banken mehr gibt, soll die Stadt 50 000 Quadratmeter übernehmen. Das ist ein Flächenvolumen, für das die Stadt keine Nutzer hat, es ist ein Mietpreis, der teurer ist als an anderen Stellen in der Stadt und es führt zu Mehrausgaben für den Haushalt, die wir uns im Moment nicht leisten können.
Die Stadt subventioniert mit Geld, das sie nicht hat, Büroflächen, die sie nicht braucht, um ein Projekt am Leben zu halten, das nicht mehr funktioniert. So ist die Situation und das sollte Sie etwas nachdenklicher machen, als ich das dem Redebeitrag von Herrn Lafrenz entnehmen konnte. Zudem findet diese ganze Diskussion, dieses "weiter so", dieses Kurshalten, vor dem Hintergrund eines massiven Wohnungsmangels in der Stadt statt und es liegt das Angebot der Wohnungswirtschaft auf dem Tisch, in ungewohnter Deutlichkeit. Es droht eben kein Stillstand beim Überseequartier, sondern die Wohnungswirtschaft ist bereit, einzuspringen und sagt, wir realisieren dort Wohnungsbau. Darüber könnte man zumindest einmal nachdenken.
Dass die Immobilienwirtschaft sich in den letzten Tagen in einer einmaligen Art und Weise – das wird auch bei Ihrer Fraktion angekommen sein –
gegen diese Fortschreibung und Anpassung des Vertrages wehrt, hat noch einen weiteren Grund, denn Sie schädigen natürlich alle anderen Investitionen, auch in Büroflächen rundherum, die alle ohne staatliche Hilfe durch die Krise kommen müssen und die natürlich jetzt auch Probleme haben. Die schädigen Sie ganz erheblich, indem Sie als Stadt mit subventionierten Büroflächen in erheblichem Umfang selber an den Markt gehen. Das ist Wettbewerbsverzerrung und es ist eine Situation, aus der Sie auch einmal Konsequenzen ziehen sollten. Das wollen Sie aber nicht, sondern stattdessen wollen Sie, weil Sie es vor fünf Jahren so geplant haben, mit Staatsgarantien gigantische Überkapazitäten an Büroflächen subventionieren, völlig an jedem Bedarf des Marktes vorbei. So etwas hat man früher Planwirtschaft genannt.
Nun haben wir gehört, dass der Bürgermeister kürzlich erklärt hat, mit der Marktwirtschaft könne das so nicht weitergehen, aber ob das die Konsequenzen sein sollen, würde ich dann gerne doch noch einmal von Ihnen wissen. Wir sagen Nein, es ist jetzt der richtige Zeitpunkt umzudenken.
Die bisherigen Büroplanungen in der HafenCity lassen sich nicht mehr umsetzen. Das Projekt, insbesondere das Überseequartier, ist wirtschaftlich nicht mehr lebensfähig, es muss komplett auf den Prüfstand. Wir müssen prüfen, wie wir es schaffen, dort deutlich mehr Wohnungsbau zu realisieren. Wenn es vonseiten der Wohnungswirtschaft – Herr Hesse, Sie verstehen auch ein bisschen davon – die Bereitschaft gibt, dort einzuspringen, dann sollte man das sehr ernst nehmen und schauen, auf welchen Flächen das geht. Es geht nicht auf allen, aber es ist auch nicht so, dass alles, was noch brachliegt, nicht für Wohnungsbau geeignet ist, sondern man kann eine erhebliche Steigerung erreichen und das muss jetzt probiert werden.
Im Übrigen müssen wir, wenn es bei den Anmietverpflichtungen der Stadt bleibt, auch andere Projekte auf die Probe stellen, die Anmietung neuer Büroflächen in eigenen Gebäuden, in Wilhelmsburg oder auch die HCU.
– Ich komme zum Schluss.
Insofern ist deshalb aus unserer Sicht nicht das Vertrauensverhältnis der Stadt zu einem einzelnen Investor entscheidend, sondern das Vertrauen der Bürger in dieser Stadt.
Herr Präsident, Frau Senatorin Hajduk, meine Damen und Herren! Zunächst einmal können Sie sich dessen gewiss sein, dass wir als sozialdemokratische Fraktion die Bedeutung der HafenCity für die gesamte Stadt und ihre zukünftige Entwicklung kennen. Die HafenCity ist als sozialdemokratisches Projekt angeschoben worden und es liegt natürlich in unser aller Interesse, dass die HafenCity eine gute Entwicklung nimmt. Aber was eine gute Entwicklung ist
und wie man den jetzigen Zustand bewertet, das wird man wohl noch diskutieren dürfen und auch kontrovers diskutieren dürfen, und dass wir das hier tun, dafür besteht aller Anlass.
Ich kann verstehen, dass Sie sich bemüht haben, den Blick auch auf positive Entwicklungen zu lenken, und wir werden in Zukunft noch eine Reihe von Debatten zu diesem Thema haben. Der fortgeschriebene Masterplan überzeugt mich nicht in allen Einzelheiten. Die darin enthaltene Verdichtung, die Sie benannt haben, ist natürlich richtig, aber wir müssen auch feststellen, dass diese Verdichtung zum ganz überwiegenden Teil einem Mehr an Gewerbeflächen zugutekommt und nur zu einem ganz geringen Teil einem Mehr an Wohnen. Insofern müssen wir auch darüber hier noch einmal intensiv streiten. Nun haben Sie gerade die Flexibilität für die Fortschreibung des Masterplans angemahnt und gesagt, wie wichtig das sei. Man fragt sich natürlich schon, wo denn diese Flexibilität beim Überseequartier ist, denn natürlich müssen wir die Möglichkeit haben, Dinge, die wir vor fünf Jahren vielleicht einmal so angedacht und geplant haben, auch wieder zu überdenken. Natürlich darf man die Weiterentwicklung dieses Zentrums der HafenCity nicht gefährden, aber das hat auch niemand vor. Es geht schlicht darum zu überprüfen, ob wir es hinbekommen, unter den gegebenen Rahmenbedingungen den Vertrag, den wir jetzt haben, aufrechtzuerhalten oder nicht. Aber wir müssen in beiden Varianten denken und da wird das Thema Wohnungsbau eine große Rolle spielen. Wenn Sie sagen, in weiten Teilen werde man dort keinen Wohnungsbau realisieren können, dann müssen wir uns das noch einmal genau ansehen; ich nehme Ihnen das so nicht ab. Wenn Sie sagen, dass man die Behördenbauten, die noch nicht stehen, jetzt schon nicht mehr weiter nach Süden verlagern könne und man im nördlichen Teil, der jetzt noch Brachfläche ist, kein Wohnen machen könne, dann glaube ich das nicht. Ungefähr 100 Meter von diesen Kreuzfahrtanlegern entfernt, um die es immer geht, steht das vermutlich teuerste Wohnhaus Hamburgs, der Marco Polo Tower. Insofern sieht es nicht danach aus, dass das eine schlechte Wohnlage ist, und deshalb müsste man sich das einfach noch einmal genau anschauen.
Sie sagen, es dürfe keinen Vertrauensverlust für die Immobilienwirtschaft und für internationale Investoren geben, aber der Vertrauensschaden, den Sie gerade jetzt in der Hamburger Immobilienwirtschaft damit anrichten, dass Sie dieses Projekt gegen jeden Bedarf und gegen jede Vernunft stur so weiterführen wollen, wie Sie das bisher getan haben, ist jetzt schon so groß, dass er kaum noch wiedergutzumachen ist.
Es ist ein einmaliger Vorgang, dass der BFW sich in dieser Weise äußert, und Sie bekommen nicht nur vom BFW, sondern auch von vielen anderen Investoren, die in der HafenCity aktiv sind, ganz
massiv mitgeteilt, dass es doch nicht sein könne, dass sie, die überall in der Stadt und auch in der HafenCity investierten und alleine über die Krise hinwegkommen müssten, jetzt noch Billigkonkurrenz durch die Stadt bekämen, sie füttere niemand durch in der Krise und sie müssten das alleine bewältigen. Hier ist ein Investor, dem geholfen wird, und allen anderen rundherum nicht.
Die Verträge werden nur bei diesem einen Investor angepasst und dadurch entsteht ein massiver Vertrauensverlust.
Wenn man erwartet, dass aus veränderten Rahmenbedingungen aufgrund einer Krise Konsequenzen gezogen werden, dann muss das wohl auch für den Senat gelten. Dann kann doch die Konsequenz aus völlig veränderten Rahmenbedingungen nicht sein, dieses Projekt eins zu eins so fortzusetzen, nur den Investor noch ein bisschen stärker zu unterstützen und ansonsten nichts zu verändern. Sondern da muss man doch hingehen und sagen, wir brauchen unter den jetzigen Rahmenbedingungen möglicherweise einen anderen Nutzungsmix und wir tun alles, um das auch hinzubekommen. Das muss doch die Lösung sein.
Letzte Bemerkung: Herr Becker, ich muss mich schon ein bisschen wundern. Die GAL hat damals berechtigte Bedenken vorgetragen, und zwar sehr intensiv und heftig. Sie können sich einmal mit dem Kollegen Lieven, der jetzt wieder Mitglied dieses Hauses ist, darüber unterhalten. Es ist einigermaßen absurd, dass die GAL sich jetzt, wo sich all ihre Bedenken als richtig herausstellen, hier hinstellt und sagt, sie hätten damals unrecht gehabt. Das müssen Sie noch einmal erklären. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir werden der Drucksache zustimmen, aber mit nicht unerheblichen Bedenken. Ich möchte darum noch ein paar Worte dazu und auch zu unserem Zusatzantrag sagen.
IBA und igs sind gute und richtige Projekte für Hamburg – insbesondere für Wilhelmsburg – und verdienen deswegen im Grundsatz selbstverständlich auch die Unterstützung aller Fraktionen der Bürgerschaft.
Die Rolle des Parlaments besteht hier im Wesentlichen darin, die Haushaltsmittel zu bewilligen und dafür gibt es Regeln. Wir brauchen saubere und transparente Entscheidungsgrundlagen. Es gelingt Ihnen bei großen Investitionsvorhaben immer seltener, taugliche Vorlagen auf den Tisch zu bringen und so ist es auch in diesem Fall. Der Rechnungshof hat das deutlich formuliert. Er sagt in Bezug auf die Bewilligung der Haushaltsmittel, es seien keine ausreichend klaren Ziele benannt, keine Erfolgskriterien in ausreichender Schärfe definiert und daher auch keine Möglichkeiten für eine Erfolgskontrolle gegeben. Insofern ist diese Drucksache ungeeignet.
Bei aller Unterstützung in der Sache lässt die vorliegende Drucksache leider den erforderlichen soliden Umgang mit Haushaltsmitteln nicht nachvoll
ziehbar erkennen. Das wäre umso wichtiger, als es sich um ein sehr komplexes, umfangreiches Vorhaben handelt, das in viele Einzelprojekte zerfällt. Abgesehen von den Infrastrukturmaßnahmen haben wir aus den entsprechenden Töpfen Investitionsmittel von 70 Millionen Euro für die IBA und 60 Millionen Euro für die igs. In der Drucksache lässt sich zu den einzelnen Projekten nichts ersehen. Die Mittel sind in keiner Weise zugeordnet, die Finanzierungsstruktur der einzelnen Projekte ist nicht transparent und es ist nicht zu erkennen, wie hoch die privaten Finanzierungsanteile sind, wie hoch die Finanzierungsanteile aus den entsprechenden Haushaltstiteln oder aus anderen Haushaltstiteln sind. Insofern haben wir eine komplett intransparente Situation, auch was Verschiebungen und Entwicklungen in diesem Bereich betrifft. Man kann kaum etwas über die einzelnen Projekte, ihre Solidität, ihre Finanzierungsstruktur, ihre Entwicklung und ihren Umsetzungsstand erkennen und das geht nicht bei einem solchen Projekt.
Wir haben insofern – wieder einmal, muss man sagen – eine undurchsichtige und haushaltsrechtlich außerordentlich zweifelhafte Finanzierungssituation, die ein großes und wichtiges Investitionsvorhaben überschattet. Deswegen haben wir – das habe ich schon gesagt – erhebliche Bedenken und deswegen fordern wir Sie auf, die offenen Punkte zu klären und eine solide Finanzierungsstruktur vorzulegen. Wir haben das in unserem Zusatzantrag formuliert und geben Ihnen damit die Gelegenheit,
Ihre unzulängliche Vorlage nachzubessern, die erforderlichen Dinge klarzustellen und damit auch für eine größere Akzeptanz der entsprechenden, im Grundsatz wichtigen und richtigen Projekte zu sorgen. Ich hoffe, Sie nehmen diese Gelegenheit war. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das waren wieder zwei engagierte, funkensprühende Beiträge zum Thema kreative Milieus. Die Debatte, die wir in der Stadt an vielen Stellen zu diesem Thema haben, ist durchaus engagiert. Da geht es um die Frage, welchen Stellenwert noch nicht kommerziell erfolgreiche, nicht etablierte, aber besonders spannende, lebendige und kreative Nutzungen in der Stadt bekommen und wie wir es schaffen, kulturelle Vielfalt zu erhalten und Freiräume für kreative Szenen und Künstler in einem immer stärker ökonomisch geprägten Stadtraum zu fördern.
In diesem Zusammenhang wird die Stadtentwicklungspolitik des Senats bisher nicht besonders positiv wahrgenommen und das ist auch kein Wunder, weil diese Politik in den letzten Jahren mit dazu geführt hat, dass die kulturellen und kreativen Nutzungen an vielen Stellen an den Rand gedrängt worden sind. Es gibt einen zunehmenden Widerstand dagegen, der sich im letzten Jahr in dem Künstlermanifest "Not In Our Name" niedergeschlagen hat wie auch in der Initiative im Gängeviertel, für das wir übrigens noch keine wirkliche Lösung haben, woran ich an dieser Stelle auch noch einmal erinnern möchte.
Nun haben wir aber das Gutachten der BSU "Kreative Milieus und offene Räume in Hamburg", das sich mit diesem Thema befasst und in dem auch viel Spannendes steht. Alles wartet nun, was die Koalition und der Senat tun und welche Schlussfolgerungen man aus diesem Gutachten zieht. Da liegt uns nun dieser Antrag zu den kreativen Milieus in der Speicherstadt vor, der sich ausdrücklich auch auf das Gutachten bezieht. Wenn man das liest, dann hat man den Eindruck, dass die Koalition ihrerseits das eigene Gutachten nicht allzu intensiv gelesen hat und dass sie auch die Debatte, die wir seit vielen Monaten in der Stadt führen, nicht wirklich verinnerlicht und verstanden hat, denn ihr Antrag offenbart ein doch offen gestanden sehr ökonomisch-kommerziell geprägtes Verständnis von Kreativität. Der Schwerpunkt liegt ganz eindeutig in der Kreativwirtschaft. Sie sagen, Sie wollen die Förderung dieses ökonomischen Clusters erreichen. Kultur, auch Ateliers oder noch nicht etablierte Kultur beziehungsweise Kultur im eigentlichen Sinne bekommt ein Nischendasein zugewiesen. Sie formulieren das auch als Nische in dem Antrag – das muss man hier wirklich einmal wörtlich vorlesen und sich auf der Zunge zergehen lassen – und schreiben:
"Neben einer Reihe von Museen, Büros der Werbe- und Architektenbranche und der Stage School haben sich hier auch kreative touristische Highlights wie die Miniatureisenbahnwelt und das 'Dungeon' angesiedelt. Sie bilden mittlerweile einen eigenen 'Kreativcluster'."
Da frage ich mich, ob Sie das wirklich ernst meinen, was Sie in diesem Antrag schreiben.
Ich fürchte auch, dass Sie das ernst meinen.
Wir diskutieren über Flächen für Kreative, über Freiräume, offene Räume und Sie kommen hier mit Modelleisenbahn und stationären Geisterbahnen; das kann nicht wirklich Ihr Ernst sein.
Ich habe nichts gegen diese Einrichtungen; da kann man mit kleinen Kindern gut hingehen, das ist alles super, aber das hat natürlich nichts mit der Debatte zu tun, die wir hier eigentlich zu führen haben.
Wenn Miniatur Wunderland und das Hamburg Dungeon die Maßstäbe für Kreativförderung sind, lieber Farid, dann ist wahrscheinlich der Hamburger Dom das größte Kreativcluster, das wir in Hamburg haben, und dann sollten wir das auch deutlicher fördern. Vielleicht haben Sie auch deswegen das Dom-Referat in die Kulturbehörde verlegt. Dann frage ich mich nur, warum Sie das jetzt wieder zurückverlegen.
Insgesamt ist dieser Antrag schon ein bisschen hilflos. Er ist auch keineswegs ein Paradigmenwechsel, Frau Martens, weil Sie schon vor fünf Jahren einen ganz ähnlichen Antrag hier eingebracht haben, der sogar noch weiter gegangen ist. Da stand wenigstens noch etwas drin zur Förderung von Künstlerateliers und bezahlbaren Mieten in der Speicherstadt. Damals hatten Sie das noch als Ziel, davon ist in dem neuen Antrag nichts mehr zu finden. Der hieß damals "Nutzung von Böden in der Speicherstadt für Künstlerateliers". Sie haben dann übrigens drei Monate später noch einen Antrag gestellt, in dem Sie Wohnraum in den Böden der Speicherstadt gefordert haben. Beide Anträge sind praktisch vollständig ohne Folgen geblieben. Wohnraum gibt es da gar nicht und wie der Kollege Becker dankenswerterweise noch einmal ausgeführt und heute auch in der Presseerklärung mitgeteilt hat, haben wir 650 Quadratmeter Künstlerateliers bei 300 000 Quadratmetern Nutzfläche in der Speicherstadt. Was Ihnen da also in den fünf Jahren gelungen ist, bewegt sich im Promillebereich und hat keinen ordentlichen Beitrag geleistet.
Dass Sie gerade zu einem Zeitpunkt, wo Sie sagen, dass der Druck steigt, die Flächen attraktiver geworden sind und die Mieten in der Speicherstadt steigen, mehr an bezahlbaren Flächen schaffen wollen, als Ihnen in den letzten fünf Jahren gelungen ist, erschließt sich niemandem so richtig und deswegen glaube ich, dass diese Neuauflage Ihres alten Antrags im Wesentlichen eine Alibiveranstaltung ist, die nicht viel bewegen wird. Wenn man aber tatsächlich etwas bewegen will, dann muss man ein paar Hundert Meter weiter nach Osten zum Oberhafen gehen, denn da spielt die Musik zu diesem Thema. Das ist die Fläche, an der sich beweisen muss, ob Sie das wirklich ernst meinen und ob Sie wirklich etwas bewegen wollen in diesem Bereich.
Das Gutachten, auf das Sie sich beziehen, widmet der Fläche im Oberhafen ein ganzes Kapitel und weist sie als eine wichtige Potenzialfläche für kreative Entwicklung in Hamburg aus. Das ist auch plausibel, weil dieses Areal zu beiden Seiten der Uferflächen des Oberhafens ideale Bedingungen bietet. Viele alte Logistik- und Industrieflächen, alter Gebäudebestand, historische Lagerhallen sind ausgesprochen gut geeignet für künstlerische und kreative Nutzung. Die Gebäude fallen jetzt nach und nach aus den alten Nutzungen heraus und sind der Prototyp dessen, was Sie selbst auch als Zielvorstellungen formuliert haben. Das ist genau die Art von Fläche, für die bisher Künstler und Kreative in vielen Fällen nach Berlin ziehen, weil wir die in Hamburg fast nirgendwo haben. Hier haben wir sie, sie sind geeignet, sie liegen auch noch im Windschatten von Stadtentwicklungsprozessen, sie liegen zentral, aber trotzdem in einer gewissen Insellage und taugen auch nicht besonders gut als weitere Ausbauflächen für die HafenCity mit einer doch sehr stark investorengeprägten Nutzung und Architektur. Für eine Fortsetzung dieser Entwicklung besteht im Oberhafen eben auch kein Bedarf, Herr Becker. Das ist auch der Grund, warum es sinnvoll ist, diese Flächen aus dem Masterplan herauszulösen, denn wir haben am Oberhafen eine Chance, eine ganz andere Art von Entwicklung und von Herangehen an Prozesse zu ermöglichen. Hier besteht wirklich die Chance, offene Räume, wie sie Ihr Gutachten als Ziel formuliert, zu schaffen und neue kreative Milieus entstehen zu lassen.
Diese Chance wird sich aber nicht bieten, wenn wir dort herangehen, wie wir das im Rest der HafenCity gemacht haben. Sie können sich das kreative Potenzial in der HafenCity zum jetzigen Zeitpunkt mit der bisherigen Planungs- und Architekturgeschichte selbst ansehen; das ist genau kein Beitrag zu dieser Debatte. Die Chance, etwas zu bewegen, haben wir im Oberhafen und wir haben sie in vergleichbarer Weise an keiner anderen Stelle in der Stadt. Deswegen muss diese Chance genutzt werden. Und wenn Sie unseren Antrag an den
Ausschuss überweisen – das passiert ja auch nicht so häufig –, dann hoffen wir, dass Sie Ihren Ankündigungen hinsichtlich der Dinge, die im Gutachten gefordert werden, auch Taten folgen lassen. Wir sind da sehr gespannt und werden Sie an dem messen, was dann tatsächlich passiert. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lieber Kollege Hesse, die Hafenquerspange ist ein langwieriges, schwieriges Thema und bisher in Wahrheit natürlich keine Erfolgsgeschichte, für frühere Senate nicht, für diesen Senat allerdings auch nicht und ebenso wenig für die ganzen CDU-geführten Senate. Ich kann auch die Euphorie, die Sie versucht haben zu versprühen, nicht ganz nachvollziehen. Es ist sicherlich richtig, dass wir im Hamburger Süden leistungsfähige Verkehrsverbindungen brauchen für die Hafenwirtschaft. Genauso wichtig ist, dass wir einen sorgsamen Umgang mit den betroffenen Stadtteilen und den dort lebenden Menschen brauchen. Ich muss Ihnen allerdings sagen, dass, je länger und intensiver ich mich mit den Planungen beschäftigt habe, so wie sie aktuell verfolgt werden, wie sie in der Drucksache vorgelegt werden und wie sie auch die DEGES-Studie beschreibt, ich immer größere Zweifel habe, ob wir diese Ziele mit dieser Planung erreichen können.
Ich will Ihnen sagen, welche Zweifel das sind und worauf sie sich gründen. Zum einen ist es die DEGES-Studie selbst, die an vielen Stellen nicht überzeugend ist, das haben wir auch in der Ausschussberatung bemerkt. Die Trassenbewertung zugunsten der von vornherein präferierten Variante Süd 1 ist, um es freundlich auszudrücken, nicht vollständig transparent. Die Validität der zugrunde liegenden Zahlen, die Verkehrsaufkommensprognosen, muss man bezweifeln, Stichworte: Erwartungen an den zukünftigen Hafenumschlag, die neuen ÖPNV-Verbindungen beim Pkw-Verkehr, die S-Bahn Stade und so weiter.
Dann gibt es einen Widerspruch, der in der Studie aufgetaucht und deutlich geworden ist. Es gibt östlich der Überquerung der Wilhelmsburger Reichsstraße beziehungsweise beim Anschluss an die A 253 eine sehr massive Betroffenheit der Wohnbevölkerung. Gleichzeitig hat man da das geringste Verkehrsaufkommen von geschätzten 29 000 Fahrzeugen pro Tag. Das entspricht ungefähr dem, was wir auf der Kieler Straße nördlich der Anschlussstelle Stellingen haben; hier wird es auf eineinhalb Spuren abgewickelt. Auf anderen Stadtstraßen innerhalb Hamburgs gibt es dagegen bis zu 80 000 Fahrzeuge am Tag. Das ist nicht besonders plausibel, denn bei diesen Stadtstraßen ist
noch niemand auf die Idee gekommen, sie durch die betroffenen Stadtteile hindurch zu einer Autobahn weiterzuentwickeln. Dies ist eine absurde Vorstellung, aber was Wilhelmsburg betrifft, wird genau so argumentiert und das ist nicht besonders plausibel, nämlich den massivsten Eingriff dort zu machen, wo die Autobahn am wenigsten erforderlich ist.
Wir haben außerdem ein Problem, was den ganzen Begründungszusammenhang betrifft. Die Studie hat auch festgestellt, dass ein Argument, das über lange Jahre gebracht wurde, nämlich dass wir eine verkehrsmäßige Entlastung auch innerstädtischer Gebiete in Hamburg bekommen, gerade nicht zu erwarten ist. Das ist auch eine Schwierigkeit im Zusammenhang mit der Studie.
Es gibt einen weiteren Mangel, nämlich dass es keine Einbindung in ein Gesamtverkehrskonzept für den Süderelberaum gibt. Es wurde angekündigt, dass es jetzt, wo die Trassenführung feststeht, eine nachträgliche Einbettung in ein Gesamtmobilitätskonzept gibt. Das halten wir für keine logische Herangehensweise.
Besonders absurd ist natürlich der sogenannte Beteiligungsprozess gewesen; da finde ich Ihren Beitrag auch etwas schwer nachvollziehbar. Ihr Verständnis von Beteiligung ist offenbar, dass man den Menschen vor Ort noch einmal intensiv Gelegenheit gibt, sich von der Richtigkeit der schon feststehenden Planungen überzeugen zu lassen. Das ist nicht unsere Vorstellung von Beteiligung an dieser Stelle. Insofern war auch nicht verwunderlich, dass praktisch keinerlei Veränderungen aus dem Beteiligungsprozess herausgekommen sind und diejenigen, die aus der Bevölkerung und den Initiativen vor Ort daran teilgenommen haben, das als Farce empfunden haben.
In der Drucksache findet sich der schöne Satz, man habe einen Konsens darüber erreicht, dass Dissens bestehe. Das habe ich noch in keiner Drucksache gelesen und das spricht Bände über das Erfolgsverständnis und das Ziel, mit dem man an diesen Beteiligungsprozess herangegangen ist, wenn man hinterher sagt, man habe immerhin Konsens darüber, dass man Dissens habe.
Ein weiteres Kunststück der Beteiligung war die Beteiligung des Bezirks. Nachdem man zwei Jahre geplant hat, hat der Bezirk eine Stellungnahmefrist von 24 Stunden bekommen. Damit war klar, dass alle politischen Gremien ausgebootet waren. Auch das ist natürlich ein Vorgang, der mit echter Beteiligung nichts zu tun hat.
Nun mag das alles trotzdem richtig gewesen sein, weil wir die Hafenquerspange in dieser Form für die Hafenwirtschaft genauso brauchen. Hier muss
man schauen, was die Hafenwirtschaft braucht. Der westliche Teil des Hafens ist überwiegend vernünftig an die A 7 angeschlossen. Für den nördlichen Teil bringt die Hafenquerspange in der jetzigen Südtrasse kaum eine Verbesserung, relevant ist es für den südöstlichen Teil. Da stellt sich allerdings die Frage, die auch in der Studie nicht ausreichend belegt ist, ob nicht über mehrere Stadtstraßen eine Ertüchtigung bestehender Straßenverbindungen geleistet werden kann. Insofern ist das alles nicht so offenkundig, wie von Ihnen unterstellt.
Aber selbst einmal angenommen, die Hafenwirtschaft würde deutlich profitieren von der Südtrasse, dann natürlich nur, wenn die auch kommt, und sie kommt nur, wenn der Bund sie finanziert. Und wie realistisch ist das?
Sie wissen, dass wir im Bundesverkehrswegeplan, um nur in den weiteren Bedarf hineinzukommen, einen Kosten-Nutzen-Wert von oberhalb eins brauchen. Das haben wir bei der Nordtrasse in einer Kostenhöhe von 475 Millionen Euro gerade so geschafft, auch mit ein bisschen Hilfe, denn wie Sie wissen, hatte Hamburg damals im Bundesverkehrsministerium noch gewisse Einflussmöglichkeiten, die wir heute nicht mehr haben. Die Südtrasse kostet jetzt 715 000 Millionen Euro nach aktueller Schätzung. Wir können uns alle überlegen, wie sich diese Kostenschätzungen möglicherweise weiterentwickeln. Die Südtrasse ist damit auf jeden Fall schon deutlich teurer gegenüber der damaligen Schätzung der Kosten für die Nordtrasse. Das heißt, wir brauchen einen deutlich gestiegenen Nutzwert. Der besteht jedenfalls für die Hafenwirtschaft durch die Südtrasse nicht und es gibt auch keine Angaben oder weitere Erkenntnisse aus der Studie, die auf einen gestiegenen Nutzwert hindeuten. Insofern muss man das als zweifelhaft bezeichnen.
Selbst wenn wir in den weiteren Bedarf hineinkommen, brauchen wir eine Hochstufung in den vordringlichen Bedarf, damit das auch langfristig realistisch wird. Wenn Sie wissen, wie der neue Bundesverkehrswegeplan, der jetzt in Arbeit ist, finanziert ist, nämlich chronisch unterfinanziert, dann ist es in Wahrheit außerordentlich zweifelhaft, dass wir die Hafenquerspange in dieser Konzeption in den Bundesverkehrswegeplan hineinbekommen. Es ist nicht unrealistisch, aber extrem zweifelhaft.
Wir haben nun einmal folgendes Problem: Wenn wir diese Querspange, in welcher Trasse auch immer, durch besiedeltes Gebiet führen, dann sind wir zu technischen Maßnahmen gezwungen, die die Straße so teuer machen, dass sie unter den üblichen Kosten-Nutzen-Gesichtspunkten im Bundesverkehrswegeplan nicht so hoch positioniert werden kann, dass die Umsetzung realistisch ist.