Protocol of the Session on December 11, 2008

Ich sage ja, es kann ein Problem kommen, es kann auch keines kommen. Aber der Vermieter und auch die Gesellschaften werden es erst einmal so behandeln und damit muss man verhandlungstechnisch umgehen. Das wird der Senat auch tun und das wird schon relativ bald im neuen Jahr passieren.

Wir werden diesem Antrag heute nicht zustimmen, weil wir die Zahl 1000 und diese Herangehensweise so nicht unterstützen. Und was die SAGA-GWG betrifft, lassen Sie sich einmal überraschen.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Das Wort bekommt Herr Joithe-von Krosigk.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst einmal auf Herrn Hecht eingehen. Herr Hecht, ich möchte Sie gerne einladen, mittwochs zu meiner Sozialsprechstunde zu kommen und dann können Sie sich einmal damit auseinandersetzen, wie die Realität aussieht; als Einstieg wäre das sicher angebracht.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei der SPD)

(Horst Becker)

Wenn Sie da erleben, wie eine Mutter, die von der ARGE abhängig ist, mit einem erwachsenen schwerbehinderten Sohn und einer heranwachsenden Tochter eine Zwei-Zimmer-Wohnung bewohnt und eine andere preiswerte Wohnung nicht erlangen kann, dann haben Sie die Realität erreicht, Herr Hecht. Ich weiß nicht, woher Sie das haben, wenn Sie hier von ausgeglichener Wohnraumsituation sprechen. Aber wir haben bald Weihnachten, vielleicht haben Sie das geträumt.

(Beifall bei der LINKEN – Zuruf von Wolf- gang Beuß CDU)

Weihnachten ist ein Traum, Herr Beuß.

(Wolfgang Beuß CDU: Weil Sie ein Träumer sind!)

Wohnen in Hamburg wird immer teurer und schon heute sind die Mietkosten für viele Menschen in dieser Stadt eine kaum mehr tragbare Belastung. Für viele nimmt die Miete schon 50 Prozent des Einkommens ein. Eine massive Benachteiligung für einkommensschwache Haushalte, Behinderte, kinderreiche Familien, Migranten und Migrantinnen, Jugendliche und ältere Menschen wird immer mehr spürbar und das Recht, unter menschenwürdigen Bedingungen zu wohnen, gehört zu den grundlegenden sozialen Rechten, meine Damen und Herren.

(Dora Heyenn DIE LINKE: Richtig!)

Dessen Umsetzung ist in Hamburg bereits akut gefährdet. Mietsteigerungen verstärken die Armutsentwicklung, da müsste es doch bei Ihnen klingeln. Der zweite Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung vom Mai 2008 zeigt auf, dass insbesondere seit 2003 die realen Einkommensunterschiede immer größer geworden sind. Während die Masseneinkommen stagnieren, steigen sowohl der Gesamtindex der Lebenshaltungskosten als auch die Kosten des Wohnens und damit muss man als Geringverdiener zurechtkommen.

240 000 Bürger und Bürgerinnen unserer Stadt beziehen Arbeitslosengeld II, Sozialhilfe oder Grundsicherung und darunter befinden sich rund 65 000 Kinder. Von den 847 000 Hamburger Erwerbstätigen haben 50 Prozent ein Nettoeinkommen von weniger als 1500 Euro im Monat, 31 Prozent aller Erwerbstätigen haben sogar nur ein Nettoeinkommen von 1100 Euro monatlich. Herr Hecht, das ist die Realität und dann können Sie einmal die Mieten umsetzen.

Als ich 1999 von Berlin in diese schöne Stadt gekommen bin,

(Harald Krüger CDU: Warum sind Sie denn nicht da geblieben?)

habe ich mich auf dem Wohnungsmarkt umgesehen und war sehr überrascht, wie teuer Hamburg ist. Berlin steht an siebter und Hamburg an dritter

Stelle in Deutschland; das ist ein kleiner Unterschied. Die Zahl der überschuldeten Haushalte nimmt daher ständig zu und Mietschulden tragen einen wesentlichen Anteil daran.

Daher fordert die LINKE, die Mitteilungspflicht der Gerichte über den Eingang von Räumungsklagen um alle Räumungsbegehren auszuweiten, um soziale Intervention von Sozialverwaltung und Sozialarbeit rechtzeitig zu ermöglichen, denn da liegt einiges im Argen.

(Beifall bei der LINKEN)

Für Menschen, die absehbar über einen langen Zeitraum keine Chance auf dem Wohnungsmarkt haben und deshalb auf öffentliche Unterstützung angewiesen sind, müssen bessere Formen der Unterbringung geschaffen werden. Dezentrale und kleine Wohneinheiten, die Verbesserung des Wohnumfeldes, Möglichkeiten zur Wahrung der Privatsphäre und die Berücksichtigung der Bedürfnisse der Betroffenen sind dabei entscheidende Kriterien.

Mietkautionen sollten durch die ARGE nach SGB II als Darlehen unter Abtretung des Rückzahlungsanspruchs gegen den Vermieter vergeben werden statt, wie derzeit, zumeist die Darlehenstilgung durch die Leistungsempfänger mit 10 Prozent des Regelsatzes zu verlangen. Sie können sich das vorstellen: 10 Prozent des Regelsatzes bei einem Regelsatz von unter 20 Prozent des Existenzminimums abzudrücken, ist existenzgefährdend, Herr Hecht. Zumindest bis zur Beendigung der Hilfebedürftigkeit sollte das als Darlehen gewährt werden und nicht als rückzahlbar.

Der Gesetzgeber sollte schnellstmöglich einen einklagbaren Rechtsanspruch auf ein Girokonto – wir hatten das Thema schon einmal – mit Guthabenbasis schaffen, auf dem auch die Überziehung in Höhe einer Miete möglich sein muss, denn auch so entsteht Obdachlosigkeit, auch so entsteht Wohnungslosigkeit.

(Harald Krüger CDU: Das finde ich gut: Recht auf Überziehung!)

Erwerbstätige mit einem 400-Euro-Job erhalten ihre Zahlung häufig erst, wie Sie vielleicht nicht wissen oder wissen, am 15. des Monats, während die Miete am ersten des Monats fällig ist, und wenn sie Ärger mit der ARGE haben, dann kommen sie ganz schnell in Mietschwierigkeiten.

(Antje Möller GAL: Dann müsste das ja für alle gelten!)

Zwangsumzüge im Bereich des SGB II sind zu vermeiden. Die ARGE muss die bestehenden Handlungsspielräume zur Berücksichtigung der sozialen Situation der Betroffenen fachlich offensiver nutzen.

Die LINKE fordert unter anderem als konkrete Sofortmaßnahme eine Erhöhung des Wohngeldes, keine Zwangsumzüge, wie schon erwähnt, und einen Ausbau der Hilfsangebote bei Wohnungslosigkeit. Das Herausfallen von Tausenden von Sozialwohnungen aus der Sozialbindung ist eine Katastrophe für viele Mieter. Die öffentlichen Unternehmen SAGA-GWG könnten zu einer anderen Politik, wenn es denn gewollt wäre, veranlasst werden. Zusammen mit den Genossenschaften müssen die öffentlichen Unternehmen ein Gegengewicht zu den unsozialen Mietentwicklungen bilden. Ein neues Programm des sozialen Mietwohnungsbaus ist erforderlich. Die weitere Vernichtung von bezahlbarem Wohnraum muss verhindert werden. Es ist höchste Zeit für eine sozialere Wohnungspolitik. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der LINKEN und bei Dr. Peter Tschentscher SPD)

Meine Damen und Herren! Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor.

Wir kommen dann zur Abstimmung, zunächst zu dem Überweisungsbegehren. Wer einer Überweisung der Drucksachen 19/1742 und 19/1641 an den Stadtentwicklungsausschuss zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Das ist mehrheitlich abgelehnt.

Dann lasse ich in der Sache abstimmen, zunächst über den SPD-Antrag aus der Drucksache 19/1742. Wer möchte diesen Antrag annehmen? – Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Das ist mehrheitlich abgelehnt.

Wer dem Antrag der Fraktion DIE LINKE aus der Drucksache 19/1641 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Das ist auch mehrheitlich abgelehnt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich darf Sie noch einen Moment um Aufmerksamkeit bitten. Dies war der letzte Tagesordnungspunkt. Damit neigt sich ein arbeitsintensives Jahr langsam dem Ende zu. Im Namen des ganzen Hauses möchte ich mich für die tatkräftige Unterstützung herzlich bedanken bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Behörden,

(Beifall bei allen Fraktionen)

den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus dem parlamentarischen Raum und den Fraktionen,

(Beifall bei allen Fraktionen)

bei den Ratsdienerinnen und Ratsdienern,

(Beifall bei allen Fraktionen)

bei der Polizei, der Feuerwehr und dem Ordnungsdienst

(Beifall bei allen Fraktionen)

und bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Bürgerschaftskanzlei.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Mein Dank richtet sich selbstverständlich auch an die Journalistinnen und Journalisten, die uns auch in diesem Jahr wieder aufmerksam begleitet haben.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Ihnen allen, meine Damen und Herren, wünsche ich eine erholsame und besinnliche Adventszeit im Kreise Ihrer Familie und Freunde und ein gesegnetes Weihnachtsfest. Bleiben Sie gesund und kommen Sie gut ins neue Jahr 2009.

Die Sitzung ist beendet.