Protocol of the Session on June 17, 2004

sondern uns die Belastung anschauen und dabei beispielsweise feststellen, dass wir dem Sozialgericht keine einzige Streichung zumuten können.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, man kann über Vollzugspolitik in verschiedener Hinsicht verschiedener Auffassung sein. Dass man aber, wenn man Mitglied einer Oppositionsfraktion ist, ständig und stets falsche Zahlen wiederholt, gehört jedenfalls nicht zur niveauvollsten Form des politischen Umgangs.

(Beifall bei der CDU – Michael Neumann SPD: Da kennen Sie sich aus!)

Wenn ich Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, einmal freundlicherweise über die Belegungssituation des Hamburger Strafvollzuges informieren darf – das könnten Sie auch täglich selbst machen, aber ich möchte es Ihnen hier gerne abnehmen: Gestern, am 16. Juni 2004, hatten wir eine Belegungsfähigkeit beim geschlossenen Männervollzug von 1698 Haftplätzen. Die tatsächliche Belegung war 1727 Plätze. Dazu kommt die in der Billwerder-Drucksache dargelegte Notwendigkeit einer Dispositionsreserve von 10 Prozent und zusätzlich die dringend nötige Befreiung der Untersuchungshaftanstalt von Strafgefangenen. Das bedeutet, dass wir beim Stand von gestern einen Haftplatzbedarf von 2096 Plätzen gehabt hätten. Das sind 398, die uns gestern fehlten. Das heißt, nach Ihrer Aussage bauen wir in Billwerder eine Haftanstalt, die nach gestrigem Stand zwei Plätze Überkapazität hat. Diese zwei Plätze können sich aber auch morgen in zehn Plätze in die andere Richtung verändert haben, denn wir haben in diesen Monaten den niedrigsten Gefangenenstand seit zwei Jahren, das heißt, wenn wir die Vollzugszahlen des Jahres 2003 als Durchschnitt nehmen, die durchschnittlich 250 Plätze über dem momentanen, gestrigen Stand liegen, hätten wir bei dieser Prognose sogar gemessen an unseren eigenen Erwartungen in der Billwerder-Drucksache ein Defizit von rund 200 Haftplätzen.

Die Anstalt Billwerder ist für die Sicherheit der Freien und Hansestadt Hamburg unerlässlich. Das müssen Sie sich nicht nur von mir sagen lassen, sondern das lassen Sie sich bitte doch auch von den Nachbarn sagen. Fragen Sie einmal die Menschen, die am Billwerder Billdeich wohnen, ob sie gerne wieder zu einer offenen Anstalt zurückkehren würden. Da werden Sie eine hundertprozentige Antwort bekommen, die sehr eindeutig ist.

(Beifall bei der CDU)

Von mir bekommen Sie in Übereinstimmung mit den Rechtspolitikern der CDU-Fraktion noch eine andere Antwort. Als der Senat am 1. November 2001 das rotgrüne Ruder übernommen hat, gab es rund 750 Gefangene

im offenen Vollzug in Hamburg. Wir haben in diesen zweieinhalb Jahren in Übereinstimmung mit sämtlichen rechtspolitischen Zielen der CDU und der früheren Koalition keinerlei Anweisungen an das Vollzugsamt oder an die Vollzugsanstalten gegeben, auf irgendeine niedrigere Quote zu kommen. Wir haben als einzigen Maßstab vorgegeben, den wir gar nicht vorgeben müssen, weil er im Gesetz steht, dass Gefangene für den offenen Vollzug geeignet sein müssen. Wissen Sie, wie viele Gefangene gestern für den offenen Vollzug geeignet waren? – 295 Gefangene. Wir hatten 105 nicht besetzte offene Plätze in Hamburg, die nicht aus ideologischer Vorgabe nicht besetzt sind, sondern weil wir nicht mehr Gefangene haben, die für diese Vollzugsform geeignet sind.

(Beifall bei der CDU)

Mir ist gerade von der Opposition vorgeworfen worden, dass wir keinen sparsamen Umgang mit Haushaltsmitteln im Strafvollzug durchführen. Dieser Vorwurf ist ganz interessant, denn er bringt mich auf die Idee, Ihnen das Thema Weihnachtsamnestie nahe zu bringen als Beispiel, wie man Haushaltsmittel sparsam verwenden kann.

Weihnachtsamnestie ist ein Instrument, damit Gefangene, deren Haftende zufällig kurz vor Weihnachten ist, am 20., 21. Dezember, nicht wenige Tage vor Weihnachten entlassen werden müssen. Deshalb hat der Senat für Weihnachten 2003 festgelegt – wie das in anderen Bundesländern auch der Fall ist –, dass Gefangene ab dem 1. Dezember bis zum 5. Januar entlassen werden, aber frühestens, wenn sie nicht mehr als drei Wochen Reststrafe zu verbüßen haben. Durch diese Weihnachtsamnestie haben wir 640 Hafttage erspart. Wenn wir den Haftkostensatz von derzeit 92 Euro nehmen, hat uns diese Weihnachtsamnestie als angenehme Begleiterscheinung 60 000 Euro Haftkosten erspart.

(Beifall bei der CDU)

Man kann die Weihnachtsamnestie auch etwas anders gestalten. Das hat Rotgrün im Jahr 2000 gemacht. Da begann Weihnachten bereits am 24. Oktober und endete erst am 15. Januar. Durch diese Weihnachtsamnestie wurden in der Tat sehr viel mehr Hafttage erspart, nämlich 5300 Hafttage mit einem Gesamtwert von 430 000 Euro. Das heißt, wenn man Leute nicht einsperrt, spart man in der Tat Geld.

(Beifall und Lachen bei der CDU)

Ich würde einmal empfehlen zu überlegen, ob man Weihnachten nicht vielleicht am 1. Juli beginnen lassen kann und bis 30. Juni des nächsten Jahres durchführt. Dann sparen wir nämlich in Hamburg 142 Millionen Euro. Soviel kostet uns der Strafvollzug jedes Jahr.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren! Zu meiner Überraschung ist in einem umfangreichen Antrag, den die SPD heute zur Abstimmung stellt, ein Vorschlag, bei dem ich fast geneigt gewesen wäre, meinen Parteifreunden auf dieser Seite die Zustimmung zu empfehlen.

(Rüdiger Schulz SPD: Das wäre uns ziemlich un- angenehm geworden!)

Fast wäre es mir doch passiert, dass ich vorgeschlagen hätte, der SPD-Forderung zuzustimmen, die Sporthalle der Justizvollzugsanstalt Hahnöfersand endlich zu renovieren, denn ein Jugendvollzug ohne Sporthalle ist in der

Tat ein Skandal. Das Problem der Zustimmung besteht nur darin, dass die Sanierung im Sommer 2003 abgeschlossen wurde.

(Anhaltender Beifall bei der CDU)

Das Wort hat jetzt Herr Klooß.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wenn ich nicht wüsste, dass in den Reihen der CDU nicht wenige, vielleicht sogar viele, die Kritik der Opposition an diesem Justizsenator teilen,

(Zurufe von der CDU: Stimmt nicht!)

dann wäre ich durch dieses Klatschen beeindruckt.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Aber Sie tun hier Ihre Pflicht. Das ist wahr.

Meine Damen und Herren! Sie haben sich darüber geärgert, dass ich meine Haushaltsrede nicht nur mit Zahlen, sondern auch mit einer Kritik an diesem Senator versehen habe. Das kann ich gut nachvollziehen, aber das musste gemacht werden.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD – Frank-Thorsten Schira CDU: Ziehen Sie Ihren Antrag zurück!)

Sie haben vom Senator wunderbare Zahlenspielereien über die Bedarfe im Vollzug gehört. Was er immer noch nicht gesagt hat, ist, dass nach allen Berechnungen beim Abschluss des Bauabschnitts II von Billwerder ein Überhang von 500 Haftplätzen da sein wird. Er hat uns nach wie vor nicht gesagt, wie er die füllen will. Die wachsende Stadt wird es nicht sein, die das Loch stopft. Deswegen ist die Frage immer noch nicht geklärt.

(Klaus-Peter Hesse CDU: Sagen Sie mal was zur Sporthalle!)

Wenn vom Senator hier etwas spöttisch gesagt wird, dass für den offenen Vollzug nur wenige Leute geeignet seien, dann mag er doch einmal vortreten und sagen, was denn seine Kriterien für den offenen Vollzug seien. Was tut dieser Senat dafür, dass die Menschen, die im Vollzug sind, durch den offenen Vollzug in das spätere Leben in Freiheit herangeführt werden?

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Den Hinweis auf die Weihnachtsamnestie habe ich, ehrlich gesagt, nicht richtig verstanden. Die hat in Hamburg lange Tradition. Damit muss sich dieser Senat nicht brüsten.

(Zuruf von der CDU)

Ich gehe noch einmal auf Frau Spethmann ein. Frau Spethmann, Sie rühmen jetzt die Verfahrensdauer. Das haben Sie früher mit umgekehrtem Vorzeichen gemacht. Da haben Sie das immer kritisiert.

Nun zu den Anträgen. Ihr Antrag zur Justiz 2000 ist eine Travestie. In Wirklichkeit wollen Sie das nicht mehr. Sie wollen auch nicht das Vorhaben 2010. Deswegen werden wir das ablehnen. Die weitere Aufspaltung des Familiengerichts werden wir nicht mittragen. Wir befinden uns auch darin in Übereinstimmung mit der Justiz und den Anwälten dieser Stadt. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Wort hat jetzt Herr Steffen.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Der Umstand, dass es gegenwärtig tatsächlich freie Haftplätze gibt, ist nicht zu leugnen. Wir haben – das war die Antwort des Senats – am 26. Mai 2004 263 nicht belegte Haftplätze gehabt. Der Senator selber war mit dieser Antwort unzufrieden, was sich bei verschiedenen Diskussionen herausgestellt hat. Dem gegenüber stehen an anderer Stelle Überbelegungen. Aber die Frage ist natürlich, warum das so ist, warum der Senator diese freien Haftplätze nicht belegt bekommt und die Überbelegungen an anderer Stelle bestehen bleiben. Dazu hat der Senator hier kein Wort verloren. Ein Hinweis ist zum Beispiel die schlechte Sicherheitsausstattung in Billwerder, weswegen bestimmte Strafgefangene da noch ein Weilchen nicht hin können. Aber das ist tatsächlich das Fehlmanagement, das ich vorhin angesprochen habe.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Der zweite Punkt betrifft die Kriterien für den offenen und geschlossenen Vollzug. Das liegt in der Tat auch in der Hand des Senats, darauf einzuwirken.

(Dr. A. W. Heinrich Langhein CDU: Im Gesetz!)

Die Kriterien stehen im Gesetz, aber auf die Anwendung dieser Kriterien hat der Senat doch erheblichen Einfluss. Diesen Einfluss hat der Senat auch genutzt, denn anders wäre gar nicht zu erklären, dass die tatsächliche Belegung von November 2001 bis zum 12. Mai 2004 von 681 auf 367 gesunken ist. Wir haben hier durchaus einen gewissen Spielraum. So stark verändert haben werden sich die Strafgefangenen nicht, wie das in der Zeit der verantwortliche Senat getan hat.

(Beifall bei der GAL)

Das heißt, wir haben hier durchaus Spielraum, um die möglicherweise entstehenden Engpässe hinzubekommen, ohne die Erweiterung durch den zweiten Bauabschnitt in Billwerder in Anspruch nehmen zu müssen.

Es gibt darüber hinaus noch eine Reihe von weiteren sehr bewährten Maßnahmen. Ich habe das vorhin nicht im Detail ausgeführt, möchte aber nur ein Beispiel sagen und das sind die unseligen Ersatzfreiheitsstrafen. Wenn jemand zu einer Geldstrafe verurteilt wird und er diese Geldstrafe – aus welchen Gründen auch immer nicht zahlt, denn es gibt ja Leute, die mit Geld nicht umgehen können – …

(Zurufe)

Nein, ich will das mal ganz ernsthaft sagen. Da wird jemand wegen einer kleinen Straftat – einmaliger Ladendiebstahl oder dreifaches Schwarzfahren – zu 30 Tagessätzen verurteilt. Dann zahlt er diese Geldstrafe nicht. Natürlich muss man dann eine Sanktion haben und kann das nicht demjenigen anheim stellen, ob er seine Geldstrafe zahlt oder nicht. Aber was machen wir normalerweise mit unserem gegenwärtigen System? Wir stecken denjenigen für einen Monat in den Vollzug und das kostet sehr viel Geld. Es gibt andere Bundesländer, die schon sehr viel weiter sind mit gemeinnütziger Arbeit statt Vollzug, also "Schwitzen statt Sitzen" heißt es. Das ist tatsächlich eine Maßnahme, die der Stadt sehr viel Geld sparen würde, und es würden auch die Kapazitäten aus