Till Steffen

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Last Statements

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Frau Spethmann, das erinnerte mich an die Büttenrede von Otto Waalkes:
"Die Presse und der Umweltschutz die ziehn die Chemie in Schmutz
Des het uns lang genug verdrosse
ab heute word zurückgeschosse!"
Nach diesem Motto haben Sie eben geredet und es ist tatsächlich sehr putzig, dass Sie zwei Fälle genannt haben und sich darüber empören, dass wir Sie nicht gleich erwischt haben, sondern ein bisschen länger gebraucht haben, um mitzubekommen, was für ein falsches Spiel Sie treiben; das ist in der Tat erstaunlich. Wenn Sie sagen, ich würde Mitarbeiter belasten und in den Dreck ziehen, dann frage ich einmal, wer es denn ist, der die ganze Zeit die Verantwortung von sich schiebt und sagt, ich trage dafür keine Verantwortung, das war die Mitarbeiterin in der Statistikabteilung. Wir brauchen nur ins Hamburg-Handbuch zu schauen und sehen, wer namentlich gemeint ist. Dieser Justizsenator macht das reihenweise, nie ist er verantwortlich, es sind immer die Mitarbeiter.
Sein Markenzeichen ist, dass er nie irgendetwas mitbekommen hat und sich auf Kosten seiner eigenen Mitarbeiter entlastet; soviel zur Loyalität gegenüber den eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.
Wenn man in einer Führungsposition in der Verwaltung ist, dann kann man auch schon einmal Kritik ab; das ist durchaus in Ordnung. Aber nicht in Ordnung ist, sich auf niedere Chargen herauszureden und die Verantwortung nach unten abzuschieben.
Was ist die Geschichte dieses Statistikskandals in der Justiz? Es gab schlicht und einfach zwei Zahlen, die immer wieder öffentlich diskutiert wurden. Bei der Frage, wie sich die Verurteilung junger Straftäter entwickele, wie viele Bewährungsstrafen verhängt wurden und wie viele der Haftstrafen tatsächlich verbüßt werden mussten, gab es seit dem Jahre 2002 einen Wechsel in der statistischen Darstellung. Das wurde immer wieder öffentlich
gefeiert und es ist zunächst auch in Ordnung, dass Sie sich darüber freuen, aber das war Gegenstand der öffentlichen Debatte und deswegen konnte sich auch niemand der Erkenntnis entziehen, dass das ein wichtiger Punkt ist. Wenn so eine Zahl veröffentlicht wird - wir haben jetzt einen tollen Schwenk bei der Verurteilung, die jungen Straftäter erhalten nicht mehr Bewährungsstrafen und freuen sich, sondern gehen in den Bau -, dann erwartet man von der Justizbehörde, selbst wenn sie diese Freude der CDU-Fraktion nicht teilt, dass sie sagt, es könnte sein, dass wir ein Kapazitätsproblem im Jugendvollzug bekommen. Wenn es wirklich drastisch mehr Haftstrafen gibt, wird man das erwarten. Tatsächlich - zweite Zahl - ging die Belegung in den Haftanstalten insgesamt und insbesondere im Jugendvollzug zurück. Jeder vernünftige Beobachter musste sich da wundern und sich fragen, wie passen diese beiden Zahlen zusammen. Entweder stimmt eine der beiden Zahlen nicht, stimmen beide Zahlen nicht oder gibt es eine überraschende Erklärung, wie es sein kann, dass immer mehr Jugendliche von den Richtern in die Haftanstalten geschickt werden und gleichzeitig immer weniger dort ankommen.
Nachdem ich zwei Anfragen gestellt hatte, eine im Herbst 2004 und eine im Herbst 2005, habe ich gesehen, dass die Belegung im Jugendvollzug erheblich zurückgeht. Dann bin ich im Gespräch mit Journalisten natürlich dieser Frage nachgegangen und im Herbst 2005 konnte man in der "Welt am Sonntag" die Frage lesen: Lassen die Jugendrichter die Zügel schleifen und verhängen weniger Haftstrafen? Dieses würde zu den Jubelmeldungen im krassen Widerspruch stehen.
Diese Frage ist immer wieder aufgeworfen worden und hat sich jedem vernünftigen Beobachter der rechtspolitischen Entwicklung aufgedrängt, jedem, der sich für die Politik in Hamburg interessiert. Nun frage ich Sie, Frau Spethmann, warum Sie sich diese Frage nicht gestellt haben. Herr Hesse, Sie haben die Anfragen mit diesen tollen Zahlen gestellt. Warum haben Sie nicht danach gefragt, wieso diese Zahlen nicht zusammenpassen?
Der Justizsenator hat im Rechtsausschuss letzten Freitag gesagt, er hätte sich in den Jahren, in denen er Staatsrat in der Justizbehörde gewesen sei, nie die Frage gestellt, warum diese beiden Zahlen nicht zusammenpassen. Herr Bürgermeister - das ist eine zentrale Frage der Wahlauseinandersetzung im Jahre 2001 gewesen, Herr Dressel hat es hier betont -, warum haben Sie sich nie die Frage gestellt, warum diese beiden öffentlich diskutierten Zahlen, weniger Belegung in den Haftanstalten und mehr Verurteilungen zu zu verbüßenden Haftstraßen, nicht zusammenpassen?
Tatsächlich behaupten Sie hier, blöd zu sein, um die Täuschung nicht zugeben zu müssen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Herr Trepoll, ich möchte mich bei Ihnen und auch bei den anderen Rednern und Rednerinnen der CDU-Fraktion herzlich für die Komplimente bedanken. Sie haben selber anerkannt, dass wir als Opposition unsere Arbeit gemacht haben. Dass wir das schon ein bisschen früher gemerkt haben als Sie alle, haben Sie anerkannt. Ich habe vorhin ausgeführt, dass ich im Herbst 2005 Journalisten auf diesen Widerspruch hingewiesen habe. Auch finde ich es in der Tat ein sehr erfreuliches Kompliment, dass Sie ruck zuck bei der Änderung des Beamtengesetzes eingelenkt haben. Das macht deutlich, dass wir ziemlich genau ins Schwarze getroffen haben.
Man muss sagen - wenn man ein bisschen zurückschaut -, dass die CDU als Opposition auch viel Erfahrung hat. Es hat schon weitaus geringere Anlässe dafür gegeben, dass Senatorinnen oder Senatoren dieser Stadt zurücktreten mussten, vor allem, wenn man all das mit einbezieht, was in der jüngsten Vergangenheit passiert ist, wofür Herr Lüdemann die Verantwortung trägt, und auch die anderen Dinge, die ein bisschen länger zurückliegen. Ich will an dieser Stelle nur den Umstand benennen, den ich besonders herausragend finde, nämlich dass tatsächlich einem Strafgefangenen Geld gegeben wurde, damit er von einem Gerichtsverfahren, das gegen einen Bediensteten des Strafvollzugs gerichtet war, Abstand nimmt. Das ist unter der Verantwortung von Herrn Lüdemann passiert. Es hat wahrlich schon geringere Anlässe dafür gegeben, dass ein Senator des Amtes enthoben wurde, als das, was wir jetzt diskutieren und was wir bei Herrn Lüdemann bilanzieren können.
Man kann insgesamt sagen: Herr Lüdemann, Sie sind nur noch im Amt, weil es nur noch wenige Wochen bis zur Wahl sind und die zweite Auswechslung eines Justizsenators in der gleichen Wahlperiode das Eingeständnis des totalen Scheiterns in der Rechtspolitik wäre.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Herr Reinert, ich würde sagen, dass Sie im Moment in diesem Hause nicht ein
mal eine Mehrheit haben.
- Das ist auch nicht erforderlich. Wir können uns mit der SPD zusammentun und Ihr Gesetz erreicht dann nicht das Gesetzblatt.
Bei diesem Gesetz sind wir auch nicht sonderlich erstaunt, dass wir nicht nur über Geisterknäste reden, sondern auch eine Geisterdebatte führen, denn dieses Gesetz ist wirklich gründlich missraten.
Dieses Gesetz ist immer noch von dem ideologischen Kurs Ihres früheren Senators Kusch geprägt, an den Sie sich so ungern erinnern. Herr Kusch war seinerzeit bei Sheriff Joe in Arizona, weil er sich dort abschauen wollte, wie man Strafvollzug durchführen soll.
Dieser ideologische Kurs, der tatsächlich sämtliche Erkenntnisse der Kriminologie und erfolgreicher Maßnahmen zur Verhinderung künftiger Straftaten ignoriert, wird in dieses Gesetz geschrieben. Das ist das Problematische daran.
Sheriff Joe ist insoweit ein gutes Stichwort. Der "Economist" hat im Jahre 2003 einmal über die USA und das dortige Gefängnissystem geschrieben, ich zitiere:
"The most aggressive jailor must now confront the iron law of imprisonment: those who go in always almost come out."
Das heißt frei übersetzt: Diejenigen, die dort hineingehen, kommen irgendwann auch wieder heraus, jedenfalls die allermeisten. Das ist eine ganz einfache Erkenntnis, die Ihnen so schwerfällt, aber wenn Sie diese Erkenntnis beherzigen würden, dann würden Sie nicht ein solches Gesetz - um einen weiteren englischen Begriff zu verwenden, den man anderswo normalerweise kennt -, das eine derartige "end of pipe"-Terminologie atmet -, hier beschließen wollen, das tatsächlich nur darauf schaut, wie man das Risiko minimiert, dass es Schlagzeilen über Ausbrüche sowie weggelaufene Gefangene gibt und denen es ganz egal ist, was eigentlich nach der Haftentlassung passiert.
Das Interessante daran ist, dass man Ihnen nicht nur diesen mittelschweren Gedanken vermitteln muss, dass diejenigen, die dort hineingehen, auch irgendwann einmal wieder herauskommen, sondern man muss Ihnen auch - wenn man die Presse vom Wochenende liest - erst einmal beibringen, dass Nichtinhaftierte erst gar nicht weglaufen können.
Was den Strafvollzug in Hamburg betrifft, müssen wir, wenn man mit Ihnen diskutieren will, ganz von vorn anfangen. Sie präsentieren hier Zahlen, die überhaupt nicht berücksichtigen, dass wir mittlerweile ein Drittel weniger Gefangene haben, als das 2001 noch der Fall war, und rechnen uns dann hierauf nur die absolute Summe an Entweichungen vor. Das ist absoluter Unsinn und ist in Wirklichkeit eine Zahlenspielerei, die nichts mit der Realität zu tun hat.
Durch dieses Gesetz soll eine bislang vielfach rechtswid
rige Praxis legalisiert werden, die eine massive Einschränkung von Lockerungen und des offenen Vollzugs vorsieht, die durch die Zahlen, die Sie selbst auch bekanntgegeben haben, überhaupt nicht zu begründen ist.
Frau Spethmann, Sie haben seinerzeit eine Anfrage gestellt, die ich bereits oft zitiert habe, und dann kam heraus, dass bei vielen Lockerungsmaßnahmen die Missbrauchsquote bereits im Jahre 2001 im Promillebereich lag. Das heißt, über 99 Prozent der Gefangenen waren in der Lage, mit den ihnen gewährten Lockerungen dann auch verantwortlich umzugehen und sich an die Regeln zu halten.
Aber trotzdem ist seinerzeit Herr Kusch darangegangen und hat massiv diese Lockerungen sowie den offenen Vollzug reduziert. Genau dieser Kurs ist von Herrn Lüdemann fortgesetzt worden und wird jetzt in dieses Gesetz hineingeschrieben. Das hat überhaupt nichts mit der vollzuglichen Realität zu tun und ist ein Angriff auf die langfristige Sicherheit der Bevölkerung, weil tatsächlich Chancen genommen werden, die diese Gefangenen benötigen, um sich wieder in die Gesellschaft eingliedern zu können.
Und Chancen ist genau das Stichwort. Herr Trepoll, Sie haben erklärt, dass die Gefangenen nicht nur ihre Strafe absitzen, sondern die Haftzeit auch nutzen sollen. Dann sollte es aber wenigstens gewährleistet sein, dass die Haftzeit derjenigen Gefangenen, die vor ihrer Entlassung keine Chance erhalten, sich schrittweise an die Freiheit zu gewöhnen, konsequent für die Vorbereitung auf die Freiheit genutzt wird. Aber die Realität sieht anders aus und dieses Gesetz ist auch anders gestrickt.
Dieses Gesetz sieht nämlich vor, dass die Gefangenen, die sich nicht bemühen und keine Initiative mitbringen, keine Angebote im Vollzug erhalten. Das werden viele Gefangene sein, weil es diejenigen sind, die im Vollzug landen, die eine solche Persönlichkeitsstruktur aufweisen und am Ende nur die Strafe absitzen. Sie werden weder während der Zeit, in der sie eingesperrt sind, Angebote erhalten, noch werden sie die Möglichkeit kurz vor der Haftentlassung bekommen, sich an die Freiheit zu gewöhnen beziehungsweise wieder in die Freiheit hingeführt zu werden.
Von den Experten ist massiv kritisiert worden, dass die Vorbereitung auf die Haftentlassung im Gesetz eine viel zu geringe Rolle spielt und dass es viel zu wenige Regelungen gibt, die gewährleisten sollen, dass die Haftentlassung funktionieren kann und dass die Lockerungen und der offene Vollzug in sachlich nicht zu begründender Weise eingeschränkt worden sind.
Von den von Ihnen benannten Experten aus der Praxis ist aber auch kritisiert worden - deswegen finde ich es infam, dass Sie sich hier positiv auf die Bediensteten beziehen -, dass es zu enge Regelungen für Lockerungen und den offenen Vollzug gibt. Ihnen ist deutlich gesagt worden, dass diese Regelungen ein massives Misstrauen gegenüber den Bediensten bedeuten. Dieses Gesetz sagt, wir trauen euch nicht zu, dass ihr in der Lage seid, verantwortliche Entscheidungen zu treffen. Es ist nicht in Ordnung, dass man gegenüber den qualifizierten Bediensteten des Strafvollzugs in Hamburg eine solche Haltung an den Tag legt. Die von Ihnen benannten Experten aus der Praxis haben gesagt, die im Strafvollzug arbeitenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter - das
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gilt für Hamburg und für die Bundesländer, aus denen die Experten kamen -, wissen genau, wann es zu verantworten ist, dass ein Gefangener eine bestimmte Lockerung erhält und in den offenen Vollzug verlegt wird. Wer soll es besser wissen als die Bediensteten? Natürlich ist es eine Gratwanderung zwischen kurzfristigen und langfristigen Sicherheitsinteressen. Aber keine der beiden Pole darf vernachlässigt werden. Ihr Gesetz nimmt den Bediensteten die Entscheidung zwischen diesen beiden wichtigen Polen, verlagert eindeutig das Gewicht auf die kurzfristige Sicherheit und nimmt ihnen damit die Chance, ihre Qualifikation für eine langfristige Verbesserung der Sicherheit der Bevölkerung einzubringen.
Der dritte massiv kritisierte Punkt ist die Kollision mit den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts. Herr Trepoll, Sie haben gesagt, wir nehmen hier unsere Aufgabe wahr. Bitte tun Sie es. Aber nehmen Sie nicht nur die Aufgabe wahr, indem Sie irgendein Gesetz schreiben und sagen, jetzt ist alles klar. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 31. Mai letzten Jahres hat eindeutig gesagt, man braucht kein Gesetz, um die Maßnahmen zu rechtfertigen, die in die Freiheitsrechte der Gefangenen eingreifen, sondern man braucht ein Gesetz, das bestimmten Anforderungen genügt und Regelungen schafft, die der besonderen Lebenssituation von Jugendlichen und jungen Erwachsenen Rechnung trägt. Sie haben aber ein Gesetz geschaffen, das vielfach nur zum Schein die besondere Lebenslage junger Menschen berücksichtigt, indem es zunächst die Standards für Erwachsene herunterschraubt und dann den Jugendlichen das gewährt, was bisher Standard für die Erwachsenen war. Beispielsweise wird den Jugendlichen - das war in der Praxis bisher Standard - jetzt als besondere Maßnahme sozialpädagogische Betreuung angeboten. Auf diesen billigen Trick wird das Bundesverfassungsgericht nicht hereinfallen. Ich kann nur die Hoffnung äußern, dass in der Praxis die Standards im Erwachsenenvollzug nicht auf ein Minimum heruntergefahren werden, wenn zum Beispiel die Rede davon ist, dass den Jugendlichen berufliche Qualifikationen zu gewähren sind, das aber für Erwachsene nicht mehr im Gesetz steht.
Der letzte Punkt. Die GAL hat einen Zusatzantrag eingebracht, in dem sie den Senat auffordert, eine Bundesratsinitiative zu starten. Herr Klooß hat den gleichlautenden Antrag der SPD bereits vorgestellt. Es ist ein unglaublicher Vorgang, dass Hamburger Justizvollzugsanstalten in einer ganzen Reihe von Fällen eindeutige Entscheidungen von Gerichten missachten. Es wurde zum Beispiel nicht nur irgendwann eine eigentlich zu beachtende gesetzliche Norm nicht eingehalten, sodass ein Gericht nachher sagen musste, das war nicht in Ordnung, nein, es wurden in einer Reihe von Fällen - wir haben im Rechtsausschuss mindestens zehn Fälle diskutiert - konkrete Entscheidungen der Strafvollstreckungskammern am Landgericht missachtet, nicht umgesetzt oder mit so extremer Verzögerung umgesetzt, dass es gar keinen Sinn mehr hatte. Und der Senat sagt, es gibt keinen Handlungsbedarf. Das kann nicht sein. Wenn man erreichen will, dass diese Menschen, die mit der Beachtung unserer Rechtsordnung ein Problem haben - sonst säßen Sie nicht im Vollzug -, mehr Respekt vor der Rechtsordnung bekommen, kann das nur gelingen, wenn der Vollzug sich selbst an die Rechtsordnung hält. Es muss eine Regelung geben, die sicherstellt, dass der Vollzug sich an Recht und Gesetz hält.
Dieses Gesetz ist aus den genannten und aus weiteren Punkten, auf die ich nicht alle eingehen will, missraten. Es wird dringend Zeit, dieses Gesetz nach der Wahl so schnell es geht durch ein Gesetz zu ersetzen, das die bewährte Praxis des Strafvollzugs berücksichtigt und mit dem man eine Vergleichbarkeit mit anderen Bundesländern herstellen kann. Deswegen wird dieses Gesetz die allerkürzeste Zeit in Kraft sein. - Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Frau Spethmann, wie heißt es immer so schön? Ein Blick ins Gesetz erleichtert die Rechtsfindung. Die Lektüre unseres Antrags hätte noch weiterhelfen können.
Sie sagen, wo gibt es so etwas, Zwangsmittel gegen eine
Behörde? Ich kann Ihnen sagen, wo es das gibt. Es steht in Paragraf 170/172 VwGO. Für eine Vielzahl von Behörden gibt es derartige Regelungen. Der Bereich des Strafvollzugs wird durch die Verwaltungsgerichtsordnung nicht geregelt. Deswegen müsste man eine solche Regelung im Strafvollzugsgesetz haben. Das ist der Inhalt der Anträge von SPD und GAL. Deshalb ist es gar nicht so ungeheuerlich, sondern man hat bisher immer gesagt, wir wollen es nicht, dass ausgerechnet Strafgefangene solche Zwangsmittel durchsetzen können. Aber es hilft bei Ihnen nicht, man muss beim Hamburger Strafvollzug, bei der Hamburger Justizbehörde, auch den Strafgefangenen wie allen anderen Bürgerinnen und Bürgern in anderen Situationen Zwangsmittel zur Durchsetzung ihrer Rechte gegen eine Behörde in die Hand geben. Das ist erforderlich. Das ist die Situation. Insoweit haben Sie hier ein interessantes rechtspolitisches Argument geschaffen.
Sie haben zum wiederholten Male gesagt, unter Rotgrün hätte es auch solche Missachtung von Gerichtsentscheidungen gegeben. Frau Spethmann, Sie dürfen hier nicht die Namen der Betroffenen, aber das Aktenzeichen nennen, sodass wir es nachvollziehen können. Die Akten liegen noch unten. Deswegen fordere ich Sie auf - in dieser Debatte ist die letzte Gelegenheit -, diese Behauptung zu untermauern. Nennen Sie das Aktenzeichen, dann können wir das überprüfen. Ansonsten ist es eine Behauptung, die auf Sand gebaut ist und als Argument so nicht gelten kann.
Im Übrigen ist die Behörde der konkreten Auflistung, die der Präsident des Landgerichts vorgelegt hat und die sehr anschaulich war, nicht entgegengetreten. Darin standen konkrete Vorwürfe, welche Maßnahme vom Gericht angeordnet wurde, wie die Behörde sich verhalten oder nicht verhalten hat. Der Senat hat es vorgezogen, sich im Ausschuss nicht konkret dazu zu äußern. Sie haben die Selbstbefassung zum Thema abgelehnt. Daraus kann nur der Schluss gezogen werden, dass Sie kein konkretes Argument haben, das diese sachliche Darstellung des Präsidenten des Landgerichts entkräften könnte. Deswegen kann man das seriös zur Grundlage unserer Forderung machen. Es hat eine ganze Serie von Missachtungen von Gerichtsentscheidungen durch den Hamburger Strafvollzug gegeben. Es ist der Justizbehörde peinlich - das ist gut, vielleicht wirkt das schon ein bisschen -, aber es ist einer politischen Linie geschuldet, die Roger Kusch in dieser Stadt gesät hat und die Sie hier weiter vollstrecken. Deswegen braucht man eine konkrete Möglichkeit, im Hamburger Strafvollzug für Recht und Gesetz zu sorgen.
Ich empfehle Ihnen einen Blick ins Gesetz, wenn wir über die Frage sprechen, inwieweit es besondere Regelungen für Jugendliche und Erwachsene gibt.
In Paragraf 3 Absatz 3 des Gesetzes heißt es:
"Den Gefangenen im Vollzug der Jugendstrafe werden unter Berücksichtigung ihres jeweiligen Entwicklungsstandes und ihres persönlichen Erziehungs- und Förderbedarfs differenzierte Maßnahmen, Programme der schulischen und beruflichen Qualifizierung, der Arbeit, der psychologischen und sozialpädagogischen Betreuung und Behandlung sowie der sinnvollen Gestaltung des alltäglichen Zusammenlebens, der freien Zeit und der Außenkontakte angeboten, die geeignet sind, die Gefangenen in Entwicklung und Stärkung ihrer Fähigkeiten […]."
Es wird also eine ganze Reihe von Maßnahmen aufgezählt, die im Strafvollzug generell selbstverständlich sein sollten. Ein Beispiel ist die berufliche Qualifizierung. Sie sagen, wir haben einiges im Angebot. Das mag sogar sein, aber man wundert sich, warum es diese gesetzliche Regelung nicht für den Erwachsenenstrafvollzug gibt. Das kann nur darauf zurückzuführen sein, dass Sie befürchten, von den Angeboten, die Sie immer bewerben, auf Dauer nicht sehr viel übrig bliebe. Dann gibt es auch einen konkreten Anlass zur Sorge, weil die meisten Qualifizierungsmaßnahmen, die eine etwas höhere Qualifizierung vermitteln, aus EU-Mitteln gefördert werden. Sie wissen noch gar nicht, ob Sie dafür auf Dauer eine Finanzierung haben, und deswegen schreiben Sie es nicht in das Gesetz, weil man nicht weiß, ob man es finanzieren kann. So herum kann es aber nicht sein. Das Gesetz sollte die Standards definieren und die Finanzierung muss die Standards gewährleisten und nicht umgekehrt. Dann wird das für die Erwachsenen nicht gewährleistet. Der einzige Sinn dieser ganzen Regelungstechnik ist - jetzt reden wir über die gesetzliche Technik, die hier eine Rolle spielt -, dass Sie diesem Gebot des Verfassungsgerichts scheinbar Genüge leisten wollen, differenzierte Regelungen zu schaffen. In Wahrheit schreiben Sie einen Standard auf, der generell gilt, für den Erwachsenen- wie für den Jugendvollzug jedenfalls gelten sollte, den Sie zum Beispiel bei der psychologischen Betreuung im Erwachsenenvollzug schon geschliffen haben.
Sie haben über die Belegungszahlen gesprochen. Wir werden es in dieser Wahlperiode wahrscheinlich noch erleben, dass Herrn Lüdemanns Traum Realität wird und jedem Gefangenen ein kleines Appartement angeboten werden kann.
Es ist interessant, dass Sie der von Herrn Schill propagierten Idee, der Vollzug könnte Hotelcharakter haben, auf die Weise zur Durchsetzung verhelfen wollen. Interessant ist auch hier wieder, mit welcher Wurstigkeit Sie an das Gesetz herangehen. Die Saalunterbringung ist von Experten vor dem Hintergrund des schrecklichen Vorfalls in Siegburg massiv kritisiert worden. Es ist gesagt worden, dass es bei den gruppendynamischen Prozessen, die regelmäßig in Gefängnissen stattfinden, unverantwortlich sei, weiterhin Saalunterbringung fortzuführen. Wir haben in Hamburg aufgrund dieser Belegungssituation generell nicht das Problem. Deswegen ist es Ihnen auch leicht gefallen zu sagen, im geschlossenen Vollzug gibt es keine Saalunterbringung. Aber wenn man diese Erkenntnisse tatsächlich ernst nehmen und mit dem Gesetz nicht so wurstig umgehen würde, dann hätten Sie in dieses Gesetz hineinschreiben müssen, dass das auch für den offenen Vollzug gilt oder man das zumindest mit einer Übergangsfrist entsprechend regeln sollte. Das wäre eine verantwortliche Gesetzgebung gewesen. Nicht das Gesetz zeichnet Realität nach, sondern das Gesetz muss die Standards setzen und die Realität muss diese Standards gewährleisten.
Sie behaupten, die Belegungszahlen seien ein Erfolg Ihrer Politik. Es gibt keine Untersuchung, die nachzeichnet, dass das so ist. Es gibt auch keine Untersuchung, die plausibel macht, warum die Gefangenenzahlen derart zurückgehen. Aber eines ist vollkommen klar, Sie können sich nicht mehr dafür loben, dass der Einfluss Ihrer Politik dazu führen würde, dass es mehr Verurteilungen zu Haftstrafen gegeben hat. Das behaupten Sie im Hinblick auf
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die Jugendlichen, bei denen wir auch einen Rückgang der Gefangenzahlen haben. Sie haben jahrelang mit falschen Argumenten gearbeitet und die Bevölkerung glauben lassen, es hätte sich etwas getan, was in Wahrheit gar nicht stattgefunden hat.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Herr Lüdemann, es ist schon erstaunlich, dass Sie dermaßen darauf angewiesen sind, sowohl falsche Zahlen als auch falsche Argumente zu benutzen.
- Ja, das ist so. Über die falschen Zahlen haben wir vorhin schon diskutiert. Mit absoluten Verringerungsraten, was Entweichungen betrifft, zu argumentieren, ist unsachlich und falsch. Die falschen Argumente waren tatsächlich eine Menge. Sie argumentieren mit der Abschiebehaft und tatsächlich war es Ihr Senat, der eine Rüge vom Antifolterkomitee des Europarats bekommen hat, was schon ein ziemlich gravierender Vorgang ist, wenn das einer Landesregierung passiert,
und zwar nicht für eine Einrichtung, die Ihnen Rotgrün hinterlassen hätte, sondern die unter Kusch so geschaffen worden ist.
Diese Zustände, die unter Kusch geschaffen worden sind, hat das Antifolterkomitee des Europarats kritisiert und das finde ich ziemlich unlauter, wenn Sie uns vorwerfen, das von uns übernommen zu haben. Sie haben erst einmal solche Zustände geschaffen,
die Sie zwar mittlerweile abgestellt haben, aber erst einmal musste das Antifolterkomitee kommen und Ihnen sagen, dass es so überhaupt nicht geht.
Zu dem Thema Sozialtherapie. Ich finde es schon erstaunlich, dass Sie sagen, die leichte Steigerung der Plätze in der Sozialtherapie sei ein toller Erfolg. Wir hatten vorher eine Maßnahme der Sozialtherapie, die bundesweit und sogar über die Grenzen Deutschlands hinweg anerkannt war, die von ihrer konzeptionellen Anlage her als Vorbild galt. Die Einrichtung, die Sie geschaffen haben, war ein Jahr nach Betriebsaufnahme nicht einmal in der Lage, überhaupt ein Konzept vorzulegen. Es gab kein Konzept, man hat ins Blaue hineingearbeitet. Dieser Vergleich wird so deutlich. Ein Konzept, das vorher zum Nachahmen empfohlen wurde, gegen eine Einrichtung,
die erst einmal ohne Konzept arbeitet. Deutlicher kann man es nicht machen, dass einem die Qualität total egal ist.
Auch als Justizsenator sollte man gelegentlich in Gesetze hineingucken, wenn man sie kritisiert. Wenn Sie jetzt wieder mit der Argumentation offener Vollzug kommen und wir würden argumentieren, wir lassen die Gefangenen erst einmal raus und gucken dann, was passiert, dann steht das weder in unserem Gesetzentwurf noch in dem der SPD. In dem Gesetzentwurf, den wir vorgelegt haben, steht, dass der offene Vollzug der Regelvollzug ist und Gefangene, die sich nicht für den offenen Vollzug eignen, werden in den geschlossenen Vollzug gebracht. Natürlich kann für diese Beurteilung auch alles herangezogen werden, was man vor der Inhaftierung über diesen Gefangenen wusste. Wenn jemand eine Reihe gefährlicher Straftaten begangen hat, wird man gleich am Anfang feststellen, dass der sich wohl nicht eignet. Genauso ist es auch unter Rotgrün gemacht worden, dass der Großteil der Strafgefangenen zunächst einmal in den geschlossenen Vollzug gegangen ist und es nur in wenigen Fällen den direkten Übergang in den offenen Vollzug gab. Der entscheidende Punkt ist die Frage, wie wir als Gesetzgeber und wie der Senat und der Strafvollzug mit den Grundrechten von Gefangenen umgehen soll. Das mag Ihnen egal sein. Ich finde aber auch, dass der Staat in diesen schwierigen Bereichen mit Grundrechten sauber umgehen muss und der schwerere Eingriff genauer zu begründen ist. Das ist die einzige, aber auch erforderliche Konsequenz des Unterschieds, den wir vorgelegt haben.
Schließlich zu den Disziplinarmaßnahmen. Auch hier arbeiten Sie mit unsauberen Beispielen. Zuletzt haben Sie mit der Super Nanny argumentiert, die auch irgendwie strafend vorgehen müsse, wenn sie erzieherische Erfolge haben wolle. Tatsächlich steht in unserem Gesetzentwurf, dass es natürlich Sicherungsmaßnahmen geben kann. Insassen des Jugendvollzuges, die für andere Gefangene gefährlich sind, können selbstverständlich entsprechenden Maßnahmen unterzogen werden. Das ist selbstverständlich möglich. Die einzige Frage ist, ob man einen Fortschritt bei den Jugendlichen erzielt, wenn man sie mit Disziplinarmaßnahmen überzieht. Die Erkenntnisse, die uns dazu vorliegen, sind nicht sehr ermutigend, dass man dadurch tatsächlich Erfolge erzielt. Deswegen sagen wir, dass wir - und auch das steht in unserem Gesetzentwurf - ein differenziertes System der Belohnungen und Vergünstigungen brauchen und jemand, der sich nicht an die Regeln hält, wird keine Vergünstigungen bekommen. Auch das ist möglich und pädagogisch viel erfolgreicher. Jede Lehrerin und jeder Lehrer wird genauso arbeiten und auch nur so pädagogische Erfolge erzielen. Ich rate Ihnen, wenn Sie schon keine Ahnung von Schule haben, was Sie nicht müssen, nehmen Sie wenigstens die Erkenntnisse zur Kenntnis, die es im Hinblick auf den Strafvollzug gibt. Da haben wir deutliche Hinweise gehört, dass Sie auf dem falschen Weg sind. Deswegen muss dieses Gesetz abgelehnt werden.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben jetzt einiges zu dem Thema Scientology gehört. Wir haben über verschiedenste Aspekte geredet. Um das ganz klar vorwegzuschicken: Auch wir teilen die Sorge im Hinblick auf Gefahren, die von Scientology, insbesondere für Leute ausgehen können, die dort als Mitglieder geworben werden, die Gefahren, die dann von diesen Leuten ausgehen, wenn sie dort länger in Behandlung sind. Was man hierzu an Berichten lesen kann, ist in der Tat sehr besorgniserregend und eine große Gefahr für die Personen, die in die Fänge dieser Organisation geraten. Aus dem Grunde gibt es überhaupt nichts an dem zu deuteln, was hier über die Arbeitsgruppe Scientology gesagt wurde, die in Hamburg ihre Arbeit macht. Diese Arbeit ist sehr wichtig und ist wichtig in der Aufklärung, damit möglichst wenige Leute überhaupt erst in die Fänge dieser Organisation geraten. Sie ist noch wichtiger für Leute, die das hinter sich haben, die aussteigen wollen, ausgestiegen sind und dann möglicherweise Belästigungen durch diese Organisation oder schlimmeren Nachstellungen ausgesetzt sind. Das ist extrem wichtig. Daran gibt es nichts zu deuteln.
Hier ist immer wieder die Frage über die Anerkennung dieser Organisation als Kirche aufgekommen, was in anderen Staaten der Fall ist, aber in Deutschland nicht der Fall ist. Das ist heute auch nicht das Thema. An dieser Stelle haben wir auch keine zwei Meinungen. Es ist heute auch nicht die Frage zu diskutieren, ob es sinnvoll, geboten und rechtmäßig ist, dass diese Organisation durch den Verfassungsschutz beobachtet wird. Sie hatten da aus einem Urteil zitiert, das genau diese Frage zum Gegenstand hatte.
Die Frage, die Sie mit dem Antrag aufgeworfen haben, ist eine andere, nämlich die des Vereinsverbots. Die Voraussetzungen für ein Vereinsverbot sind nun einmal deutlich höher gehängt als die Voraussetzungen dafür, einen Verein durch den Verfassungsschutz beobachten zu lassen. Durch den Verfassungsschutz werden eine Menge Organisationen beobachtet und bei Weitem - nicht bei allen - sind die Voraussetzungen gegeben, dass ein solches Verbot durchgeht. Es gab in den letzten Jahren eine Handvoll Verbote gegen Organisationen im rechtsextremistischen Bereich, aber bei dem Versuch, die NPD als Partei verbieten zu lassen, hingen die Hürden so hoch, dass dieses Verfahren, obwohl quasi alle Verfassungsorgane daran mitgewirkt haben, letztlich gescheitert ist. Man kann natürlich auch sagen, vielleicht weil sie alle mitgewirkt haben.
Aber die Anforderungen an ein Vereinsverbot sind letztlich die gleichen wie bei einem Parteienverbot und es reicht nicht aus, dass tatsächliche Anhaltspunkte für eine entsprechende verfassungsfeindliche Bestrebung vorlie
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gen, sondern es muss auch nachgewiesen werden können, dass diese Bestrebungen tatsächlich vorhanden sind.
Jetzt haben wir diesen Aufschlag gehabt, Herr Nagel hat gesagt, man müsse diese Organisation sofort verbieten, wir müssen ran an das Thema. Dann haben eine Menge Innenminister in der Bundesrepublik gesagt, dass sie davon eher abraten würden. Deswegen werden wir Ihrem Antrag auch nicht zustimmen. Er ist nämlich entweder unnütz oder sogar schädlich. Man möge sich einmal vorstellen, die Polizei hätte irgendeinen Straftäter im Auge und würde glauben, na, der hat doch bestimmt irgendein dickes Ding am Laufen. Dann würde er erst einmal eine Pressekonferenz machen und würde sagen, wir werden demnächst einmal anfangen, eine Hausdurchsuchung zu machen und dann gucken wir vielleicht auch mal auf seine Konten, ob da irgendetwas gewesen ist und ab nächster Woche machen wir noch eine Telefonüberwachung.
So professionell ist Ihr Vorgehen in dieser Angelegenheit, dass Sie, bevor der Bundesinnenminister das entsprechende Ermittlungsverfahren eingeleitet hat, hier eine öffentliche Diskussion starten. Es bedarf keines Beschlusses der Hamburgischen Bürgerschaft, damit der Bundesinnenminister eine Prüfung durchführt, die klärt, ob Voraussetzungen für ein Verbot vorliegen. Ich gehe davon aus, dass der Bundesinnenminister das machen wird. Er wird von Ihrer Grundeinstellung sicherlich nicht abweichen. Wenn er zu dem Ergebnis kommt, dass tatsächlich die Voraussetzungen für ein Verbot vorliegen, dann wird er das Verbot aussprechen; es braucht weder die Hamburgische Bürgerschaft noch die Innenministerkonferenz.
Langwierige Diskussionen behindern eher ein derartiges Ermittlungsverfahren. Deswegen kann ein solcher Beschluss, ein solcher politischer Vorgang, sogar schädlich sein, wenn am Ende der Debatte, die Sie öffentlich über das Verbot führen, anstatt über die konkreten Gefahren und die konkreten Abwehrmaßnahmen zu reden, nach der Innenministerkonferenz kleinlaut herauskommt, das werden wir wohl nicht hinbekommen. Da wird sich Scientology natürlich die Hände reiben und das als Persilschein werten. Dieses Vorgehen ist im Kampf gegen Scientology unprofessionell und deswegen sollte man sich auf das konzentrieren, was wirklich wichtig ist: Aufklärung und Hilfe für Aussteiger.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Man merkt am Redebeitrag des Innensenators und auch von Herrn Warnholz, dass Sie tatsächlich sehr nervös sind und versuchen, mit Statistiken die Realität wegzudefinieren. Wie sieht schlicht und einfach die Realität aus? Sie regieren seit sechs Jahren und an jedem Wochenende werden auf dem Kiez Leute abgestochen. Das ist eine schreckliche Realität, der Sie sich stellen müssen, und nicht 20 Minuten lang darüber reden, dass dieses Phänomen statistisch eigentlich gar nicht stattfindet. Das wird der Sache überhaupt nicht gerecht.
Wo sind wir denn, dass Sie sich hier hinstellen und sagen können, seit 20 Jahren nimmt die Gewaltkriminalität bundesweit zu. Ist das die Lizenz zum Nichtstun, ist das die Lizenz zum sechs Jahre langen Schnarchen? Das kann es nicht sein.
Meine Fraktion hat bereits im Jahre 2002 ein detailliertes Konzept vorgelegt - es gab schon wiederholt Debatten -, wie man präventiv auf junge Menschen einwirken kann, die gefährdet sind, zu solchen notorischen Gewalttätern zu werden, nachdem wir diesen unsäglichen Wahlkampf 2001 gehabt hatten. Die Maßnahmen können Sie jetzt noch nachlesen. Davon haben Sie nichts aufgegriffen und sich stattdessen darauf konzentriert, den unsäglichen Parolen von Herrn Schill hinterherzulaufen. Damals hieß es, wir bräuchten die Zerschlagung des Kartells strafunwilliger Jugendrichter. Dann wurde das alles dezentralisiert und jetzt, wo wir das fachlich alles aufarbeiten und schauen, was passiert ist, stellt sich heraus, dass die Jugendgerichtshilfe nicht mehr in der Lage ist, an allen Verhandlungen teilzunehmen. Prävention, die bei diesen extrem gefährdeten jungen Menschen ansetzen soll, kann nicht mehr richtig stattfinden. Das ist Ihr Erfolg, wunderbar, herzlichen Glückwunsch, liebe CDU.
Wenn Sie denn Recht hätten, dass es tatsächlich in erster Linie erforderlich ist, mit mehr Härte auf diese jungen Menschen zu reagieren, wenn diese Schwerpunktsetzung, die auch in den aktuellen Maßnahmen deutlich zum Tragen kommt, richtig wäre, dann hätte das ja Früchte tragen müssen. Entweder sind Sie nur in der Lage, Sprüche zu machen und am Ende passiert nichts, oder das, was Sie tatsächlich gemacht haben, mehr Repression, ist absolut wirkungslos. Der Wahlkampf 2001 hat hauptsächlich darin bestanden, über junge Menschen zu reden, die notorisch straffällig sind, die Gewaltstraftaten begehen, Raubstraftaten mit gefährlichen Waffen.
Und jetzt haben wir die gleiche Diskussion, die gleiche Gruppe von Menschen und Sie reden über die Gesamtkriminalitätsstatistik. Wir reden über die Gefährdung von
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jungen Menschen auf der Straße durch gefährliche andere junge Menschen und da hätten Sie handeln müssen. Stattdessen haben Sie mehr Strafe gefordert; das bringt es, wunderbar. Man kann anhand Ihrer Statistik nicht einmal erkennen, ob das tatsächlich stattfindet, was Sie immer vorgeben: mehr Strafe, mehr Haftstrafen. Damit schmückt sich immer Herr Hesse. Tatsächlich kommen diese jungen Menschen nicht einmal im Jugendstrafvollzug an, wenn man die anderen Zahlen des Senats sieht, und Sie setzen weiterhin auf mehr Härte gegenüber jungen Menschen und das unabhängig davon, in welchem Stadium. Sie erkennen leider viel zu spät, wo man eingreifen muss, wenn man kriminelle Karrieren stoppen und solche schrecklichen Vorfälle künftig zumindest im Umfang vermindern will, damit sie nicht mehr jedes Wochenende auf der Reeperbahn stattfinden.
Herr Warnholz, Sie sagen, wir haben hier eine Meile, auf der sich jedes Jahr 7 Millionen Touristen vergnügen, da passiert es schon einmal, dass ein paar Leute abgestochen werden.
Wenn sich diese öffentliche Wahrnehmung bestätigt, dann werden wir nicht mehr lange so viele Touristen auf der Reeperbahn haben, dann können wir uns die 7 Millionen Touristen in die Haare schmieren.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Das mit dem Vorbild, Herr Reinert: Sie meinten offensichtlich den Bürgermeister, der einmal über Plakate Ihres früheren Koalitionspartners gesagt haben soll, dass er das nicht ganz so schlimm finde, wenn die beschädigt würden. Darauf haben Sie offensichtlich angespielt, als Sie eben über Ihre Plakate geredet haben.
Aber ich will noch einmal sagen: Es geht im Kern der Auseinandersetzung um die Frage, welcher Schaden eigentlich entsteht, wenn tatsächlich Volksentscheide entscheiden können und wir tatsächlich Sicherungen in die Verfassung einbauen, die eine Verbindlichkeit der Volksentscheide gewährleisten sollen. Welcher Schaden entsteht dadurch? Welcher Schaden entsteht, wenn wir uns auf Auseinandersetzungen zum Beispiel über den Verkauf der Krankenhäuser einlassen und wirklich die Regierung in der Verantwortung ist, die Bürgerinnen und Bürger davon zu überzeugen, dass ihre Gesundheitsversorgung gewährleistet ist, auch wenn die Krankenhäuser verkauft werden? Welcher Schaden würde entstehen im Vergleich zu der Situation, die wir jetzt erreicht haben? Der Schlamassel, den Sie beim LBK angerichtet haben - so schlimm hätte ein noch so populistisch irregeleitetes Volk diese Frage gar nicht entscheiden können.
Welcher Schaden soll eigentlich dadurch entstehen, dass das Volk nach einer ausführlichen Diskussion entscheidet, wie es das Parlament wählen will?
Welcher Schaden hätte dadurch entstehen sollen? Wir haben gesehen: Da wo es unbedingt erforderlich war, gab es eine Kontrollmöglichkeit durch das Verfassungsgericht. Es entsteht kein Schaden dadurch, wenn wir durch dieses erleichterte Referendum eine zusätzliche
Sicherung einbauen, nachdem die Bürgerschaft, wenn sie das für notwendig hält, eine Änderung an einem vom Volk beschlossenen Gesetz vornimmt. Es entsteht dadurch kein Schaden, sondern es entsteht mehr Verbindlichkeit. Ich habe Ihnen schon einmal gesagt: Sie täten gut daran, wenn Sie das Band zu den Bürgerinnen und Bürgern enger knüpfen würden. Stattdessen sehen Sie das Volk als Feind und gehen immer auf Konfrontationskurs, sobald es um Direkte Demokratie geht.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Das ist ein ganz hervorragender Antrag, den meine Fraktion ausdrücklich unterstützt und über den wir jetzt auch abstimmen sollten.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte an den Anfang auch das Verbindende stellen, den Dank an den Arbeitsstab, ohne den ein solcher Untersuchungsausschuss nicht sinnvoll arbeiten kann. Man braucht nicht nur irgendeinen Arbeitsstab, man braucht auch einen engagierten Arbeitsstab. Ich möchte es ausdrücklich sagen, wir hatten einen solchen engagierten Arbeitsstab und die Zusammenarbeit mit dem Arbeitsstab hat auch sehr gut funktioniert. Das ist ein positiver Punkt.
Ich möchte das Verbindende auch nicht auf diesen einen Punkt beschränken und ausdrücklich sagen, sehr gut fand ich die Zusammenarbeit im Ausschuss, weil wir an vielen Punkten ganz pragmatisch entschieden haben, wie wir sinnvoll durch diese Untersuchung hindurchkommen. Wir haben uns nicht mit ewig langen Zeugenvernehmungen aufgehalten, die keiner braucht, sondern wir haben uns auf das Wesentliche konzentriert. Wir haben uns frühzeitig auf einen zügigen Zeitplan geeinigt. Ich denke, viel schneller kann man einen solchen Untersuchungsausschuss nicht durchziehen. Es war notwendig, dieses Programm so zu machen, um den Untersuchungsauftrag abzuarbeiten. Ich denke, wir haben im Ausschuss sehr sinnvoll mit dem Vorsitzenden und den Obleuten zusammengearbeitet. Das hat trotz aller Streitigkeiten im Hinblick auf die Frage, was ist der Untersuchungsgegenstand, immer gut funktioniert. Als das vom Gericht geklärt war, haben wir das sofort ganz klar und entsprechend umgesetzt.
Nun zum Trennenden. Herr Krüger, wenn ich Sie hier reden höre, dann möchte man meinen, Sie sind das Dornröschen der Hamburger Politik.
Man bekommt den Eindruck, Sie haben eineinhalb Jahre sanft geschlafen. Zum Glück hat Ihr Schnarchen die Arbeitenden nicht gestört. Wir kamen trotz allem gut durch, aber Sie haben einiges versäumt und verschlafen. Sie haben nicht mitbekommen, dass es einen dringenden Grund gab, diesen Ausschuss einzusetzen, denn selbst der Sachverhalt, wie er sich vor Beginn der Untersuchungen darstellte,
machte deutlich, dass dieser parlamentarische Kontrollmechanismus in Gefahr ist. Allein der Umstand, dass diese nicht öffentlichen und teilweise ausdrücklich vertraulichen Papiere des Untersuchungsausschusses Feuerbergstraße beim Senat und bei den betreffenden Behörden gelandet waren, was sehr schnell bekannt war, macht natürlich deutlich, dass die Gefahr bestand, dass die gesamten Ermittlungen untergraben werden. Das macht deutlich, dass das Parlament da sehr aufmerksam sein muss.
Wenn ein Abgeordneter hier über einen Untersuchungsausschuss, der in einer solchen Situation eingesetzt wird, sagt,
"Außer Spesen nichts gewesen …"
dann ist diese Kommentierung außerordentlich unparlamentarisch, unwürdig für dieses Haus. Das Parlament und die Abgeordneten müssen darauf pochen, dass ihre Rechte vom Senat nicht untergraben werden.
Verschlafen haben Sie offenbar auch, dass die Protokollaffäre einem Staatsrat und einem Senator das Amt gekostet hat. Herr Dressel hat es schon gesagt, einen größeren politischen Skandal, ein größeres politisches Problem hat es offenbar in dieser Wahlperiode für diesen Senat nicht gegeben. Das ist bislang einmalig, wahrscheinlich wird es das auch bleiben. Es ist unmöglich, diese Affäre so herunterzureden, wie Sie es hier versuchen.
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Sanft geschlummert haben Sie offensichtlich auch, als wir herausgefunden haben, dass es Staatsrat Schön war, der Teile des nach wie vor nicht veröffentlichten GedaschkoBerichts mitsamt Mitarbeiterdaten, und zwar Daten über Herrn Meister und Herrn Böwer hinaus, an die Presse und somit an unbefugte Personen weitergegeben hat. Wir durften herausfinden, dass der Bürgermeister auch noch Schadenfreude empfand, als er das im Nachhinein erfahren haben will. Ob das wirklich so war, dass er das erst im Nachhinein erfahren hat, können wir natürlich nicht widerlegen. Es mag so sein. Aber selbst wenn es so ist, dann haben beide - der Bürgermeister und Staatsrat Schön, also der engste Mitarbeiter des Bürgermeisters - diese selbst aufgestellte moralische Hürde "Die Form ist die Mutter der Demokratie" ganz bequem unterlaufen.
Sie haben offensichtlich auch gedöst, als wir uns die Verhältnisse in der Sozialbehörde genauer angesehen haben. Wir haben feststellen dürfen, dass die Leiterin der Präsidialabteilung, Staatsrat Meister, eine Sekretärin in der Präsidialabteilung, zwei Amtsleiter und die Pressesprecherin in unterschiedlicher Weise davon wussten, dass Unterlagen des PUA Feuerbergstraße sich in der Behörde befanden. Es wird also deutlich, das gesamte enge Umfeld, genau die Personen, die dort beschäftigt werden, um der Senatorin zuzuarbeiten, um dabei eine wichtige Stütze zu sein, diese Behörde zu leiten, all diese Personen waren frühzeitig involviert, haben einerseits keinen Anlass gesehen, selber Alarm zu schlagen und zu sagen, in unserer Behörde läuft irgendetwas schief, und andererseits auch keinen Anlass gesehen, die Senatorin darüber zu informieren. All diese Personen waren informiert, nur die Senatorin will nicht informiert gewesen sein. Es mag so sein, dass diese Senatorin tatsächlich derart ahnungslos war. Aber es fragt sich, warum diese Senatorin nicht einmal mit ihren engsten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern redet.
Wir haben auch herausgefunden, dass die Untersuchungen des damaligen Staatsrats Gedaschko genau an dieser entscheidenden Stelle der politischen Verantwortung und der Frage, welche Kenntnisse die Senatorin als Leiterin der Sozialbehörde hatte, äußerst ungenau wurden, um es vorsichtig auszudrücken. Der Leitspruch "Die Kleinen hängt man, die Großen lässt man laufen" war schon im Design der Untersuchung - wie man vielleicht Neudeutsch sagen würde - angelegt. Herr Gedaschko befragte - das haben wir ihn auch deutlich gefragt und versucht, einen sinnvollen Grund dafür zu finden - ausgerechnet die Senatorin als Allererste bei seinen Untersuchungen, ob sie irgendetwas wüsste. Er konnte sie gar nicht mit dem Wissen, mit den Umständen in ihrem direkten Umfeld konfrontieren und somit die Glaubwürdigkeit ihrer Aussagen überprüfen. Bei allen anderen Personen hat er das anders gemacht. Da ist er genau dem Weg der Protokolle und der sonstigen vertraulichen Unterlagen gefolgt und hat dann tatsächlich jeweils die Person, die dann als Zweite, als Dritte, als Vierte die Unterlagen hätte bekommen oder davon hätte erfahren können, befragt mit den Kenntnissen, die er vorher gewonnen hat, von den Personen, die diese Unterlagen als Erste bekommen haben. Dass natürlich in einer Behörde die Senatorin nicht die Erste ist, die ein solches Papier bekommt, sondern dass sie solche Unterlagen, wenn sie sie bekommen hat, über Mitarbeiter zugespielt bekommt, liegt auf der Hand. Deswegen ist es überhaupt nicht verständlich, dass die Senatorin hier als Allererste gefragt wurde und
nicht noch einmal befragt worden ist, nachdem es diese Erkenntnisse gab, dass das gesamte Umfeld der Senatorin in diese Protokollaffäre verstrickt war.
Sie haben offenbar auch geschlafen,
als wir genauer untersucht haben, wie eigentlich der Bürgermeister an die Aufklärung dieser Affäre herangegangen ist. Er wollte immer den Eindruck erwecken, als hätte er das Heft des Handelns in der Hand. Aber das Gegenteil war der Fall. Wir konnten durch die Untersuchungen, die wir im Untersuchungsausschuss durchgeführt haben, nachweisen, dass der Bürgermeister erst dann gehandelt hat, als ihm durch entsprechende Medienveröffentlichungen gar keine andere Wahl blieb, als die Flucht nach vorne anzutreten. Bis dahin hatte er mehrfache Versuche unternommen, die Protokollaffäre kleinzureden und, was Sie jetzt hier im Ergebnis auch tun, so zu tun, als sei da gar kein Problem. Erst als deutlich wurde, das funktioniert nicht, und ihm die Presse auf den Fersen war, hat er gehandelt und den Sonderermittler eingesetzt.
Ihr Schlaf wurde auch nicht unterbrochen, als wir im PUA ausdrücklich den Arbeitsauftrag an den Arbeitsstab gegeben haben, die Verstöße gegen das PUA-Gesetz zu untersuchen. Wir haben es Ihnen mehrfach erklärt. Das, was Herr Dressel Ihnen eben gesagt hat, haben Sie nicht das erste Mal gehört. Es ist sehr ärgerlich, dass Sie hier über diesen Untersuchungsauftrag absichtlich die Unwahrheit sagen. So kann man mit derartigen Untersuchungsergebnissen nicht umgehen. Sie sollten bei der Wahrheit bleiben und deutlich machen, dass es sich nur um einen Untersuchungsauftrag handelte, Verstöße gegen das PUA-Gesetz zu untersuchen. Sie vergessen dabei auch zu erwähnen, dass es gerade Ihr Fraktionsmitarbeiter war, der nach der Untersuchung von Herrn Gedaschko den Vermerk Nummer 18 an die Sozialbehörde weitergegeben haben soll. Das konnten wir nicht nachweisen, weil dieser Mitarbeiter natürlich - mit gutem Recht - die Aussage verweigert hat, weil das möglicherweise eine Straftat gewesen wäre.
- Selbst das war ihm peinlich, dass er Mitarbeiter bei Ihnen war.
Genau an diesem Punkt wäre ich an Ihrer Stelle etwas kleinlaut.
Ganz kurz aufgeschreckt wurden Sie dann, als der Arbeitsstab seinen Sachbericht vorgelegt hat und wir auf der Basis dieses Sachberichts unsere Bewertungen vorgenommen haben. Da musste dann, damit Sie nicht tatsächlich doch aufwachen, ein eifriger Fraktionsmitarbeiter von Ihnen an den Sachbericht heran und ganz dringend Retuschen vornehmen.
Es wurden an ganz vielen Stellen scheinbar harmlose Veränderungen vorgenommen, die aber tatsächlich zu ganz erheblichen Verdrehungen geführt haben und den Versuch darstellen, die Geschichte umzuschreiben. Das lassen wir Ihnen nicht durchgehen.
Herr Dressel hat bereits ein Beispiel genannt und ich möchte ein weiteres Beispiel benennen, was deutlich macht, mit welcher Methode Sie hier vorgegangen sind.
Sie haben bei der Frage, ob die Senatorin - das ist ein wichtiger Untersuchungsgegenstand gewesen - anlässlich ihres Fernsehauftritts bei Hamburg 1 die Unwahrheit gesagt hat, indem sie versichert hat, dass keinerlei Protokolle in ihrer Behörde gelesen worden seien, einen Satz von Herrn Meister eingefügt, der zu Frau Havemeister, der seinerzeitigen Pressesprecherin, gesagt haben will, ich zitiere:
"Da müssen Sie sich nicht erschrecken. Der Sachstand der Senatorin war nicht der, den Sie haben."
Die Pressesprecherin wusste nämlich, dass das, was die Senatorin gesagt hatte, nicht der Wahrheit entsprach. Darüber war sie erschrocken, was sie uns gegenüber auch geäußert hat. Genau darauf bezieht sich dieses Zitat von Herrn Meister. Das hatte er zwar gesagt, aber Herr Meister hat so allerlei gesagt. Sie mussten aber Herrn Meister sehr lange und immer wieder befragen, bis genau diese Aussage kam.
Vorher hatte er aber auf die Frage von Herrn MüllerKallweit geäußert, als dieser seine Frage mit den Worten einführte, dass Frau Schnieber-Jastram in dieser Sendung gesagt habe, ich zitiere:
"Wir haben diese Protokolle allesamt zurückgeschickt - dahin, wo sie hingehören. Und ich darf Ihnen ein Weiteres versichern: Es hat sie noch nicht einmal jemand bei uns gelesen."
Ist das mit den Worten von Frau Schnieber-Jastram das, was Sie bei Ihrer ersten Unterhaltung zu diesem Thema gesagt haben? Daraufhin erwiderte Herr Meister - man muss genau zuhören -, ich zitiere:
"Ja, ich glaube ja. Wenn ich sage, ich glaube ja, so will ich sagen dieses in der Tat ja. Frau Tichy hatte mir, nachdem das im Ausschuss mir vorgehalten worden ist, dieses Schreiben von Herrn Mose habe ich Frau Tichy dazu befragt und sie hat mir gesagt, ich hätte die Dinge zurückgewiesen. Und so ähnlich muss ich es ihr auch gesagt haben. Ob ich zurückgeschickt gesagt habe, das weiß ich nicht. Das glaube ich eher nicht. Das weiß ich aber nicht. Also nageln Sie mich an dem Wort nicht fest. Also, ich habe jedenfalls - und das weiß ich aber genau -, ich habe zu Frau Schnieber immer gesagt: An diesem Protokoll, also immer, als es auftauchte, sei überhaupt nichts dran. Wir haben keine Protokolle. So, und deswegen kam ich mir wie ein begossener Pudel vor, als ich ihr berichtete, dass Frau Gschwendtner Protokolle gehabt hätte. Das fand sie gar nicht gut, wenn ich mich recht erinnere. Aber ich konnte es ja auch nicht ändern. Insofern habe ich eigentlich immer den Eindruck vermittelt, also immer in dieser Zeitspanne den Eindruck vermittelt, an dieser Protokollgeschichte sei nichts dran. Warum sie da in der Sendung gesagt hat, sie seien zurückgeschickt worden oder zurückgewiesen, ich weiß es nicht."
Also, Herr Meister sagt binnen nicht mal einer halben Stunde, einmal das eine und einmal das Gegenteil. Sie zitieren natürlich nur das, was für Sie günstig ist.
Aber ehrlich gesagt, wenn Sie solche Zeugen brauchen, um Ihre Position zu untermauern, dann sind Sie wirklich arm dran.
Nach allen diesen Dingen, die dieser PUA zutage gefördert hat, kann ich nur sagen: Herr Krüger, ich weiß nicht, wer Sie wachküssen soll.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Herr Lemke, Sie haben in Ihrem Redebeitrag zwei zentrale Punkte angeführt - ich höre gerade, eine sehr gute Rede - und diese Rede basierte an zwei Stellen auf bewussten Falschbehauptungen, um nicht ein Wort zu benutzen, wofür ich hier gerügt würde und was so beginnt, wie Ihr Name, und ungefähr so weitergeht, wie der Name von Herrn Krüger, wo Sie sich auch nahtlos dann anschließen, was diese Methode betrifft.
Zum einen haben Sie behauptet, Frau Blömeke habe für einen Untersuchungsauftrag gestimmt und dann ihre Mitarbeit versagt, indem sie die Aussage verweigert hat.
- Das haben Sie soeben behauptet. Wir haben das bereits im Ausschuss erörtert. Frau Blömeke hat dem Untersuchungsauftrag, in dessen Rahmen sie befragt wurde, nicht zugestimmt. Das war nämlich der Untersuchungsauftrag, den Sie auf den Weg gebracht haben. Daher ist Ihr Vorwurf in der Sache einfach falsch.
- Natürlich gilt der Parlamentsbeschluss, aber es gilt auch die Verfassung, die in dem Fall ein Aussageverweigerungsrecht gewährt. Ihr Argument war ein anderes. Ihr Argument war ein Argument der politischen Lauterkeit. In der Tat würde ich zustimmen, wenn es wirklich so gewesen wäre, dass Frau Blömeke, wenn sie sich auf ein Zeugnisverweigerungsrecht beruft, ihre Mitarbeit bei einem Untersuchungsgegenstand, dem sie selbst zugestimmt hat, verweigert. Genau das Argument, was Sie benutzt haben, stimmt einfach nicht, sondern ist eine bewusste Falschbehauptung.
Die nächste Falschbehauptung betrifft dann meinen Kollegen Dressel. Sie haben behauptet, er habe alle Protokolle gelesen, um sich dann als Zeuge vernehmen zu lassen. Das hat Herr Marx bereits klargestellt. Herr Dressel hat die Protokolle nicht gelesen, die diesen Erweiterungsgegenstand betrafen, was Sie auch wussten, Herr Lemke. Daher ist auch diese Behauptung bewusst falsch. Ich finde das nicht in Ordnung, so zu argumentieren und so zu tun, als würden sich hier Abgeordnete der Opposition tatsächlich in der Weise schäbig verhalten, wie Sie das versuchen, hier darzustellen. Das stimmt einfach nicht und wir lassen Sie mit solchen Behauptungen nicht durchkommen.
Sie haben diesen Erweiterungsbeschluss auf den Weg gebracht und sind zum Verfassungsgericht gegangen, obwohl von der Bürgerschaftskanzlei erklärt worden ist, dass ein Gutachten eigentlich nicht möglich ist. Das Gericht hat Ihnen recht gegeben.
Danach habe ich gedacht, dass Sie jetzt loslegen und die Angelegenheit untersuchen. Sie erheben gewaltige Vorwürfe und befragen nur diejenigen, denen Sie tatsächlich die Vorwürfe machen. Das ist ungefähr das gleiche wie Herr Gedaschko, der die Senatorin befragt, bevor er irgendetwas weiß. Wenn Sie die Angelegenheit wirklich hätten untersuchen wollen, dann hätten Sie die Journalisten befragen müssen, was wir Ihnen gegenüber mehrmals geäußert haben. Das wäre die Sorgfaltspflicht gewesen.
Natürlich haben auch die Journalisten ein Zeugnisverweigerungsrecht.
Wenn Sie diesen Gegenstand unbedingt untersuchen wollen - wir haben immer gesagt, dass das keine gute Idee ist -, dann hätten Sie sie auch befragen müssen, denn es hätte ja sein können, dass die Journalisten aus irgendwelchen Gründen tatsächlich sehr aussagebereit sind.
Auch wir haben uns überlegt, wer außer den Personen, denen wir den politischen Vorwurf machen, etwas mitbekommen haben könnte. Daher haben wir auch alle Zeugen in den Behörden rauf und runter befragt. Die Personen, die möglicherweise von diesen Dingen, die Sie den Oppositionsabgeordneten vorwerfen, etwas mitbekommen hätten, haben Sie überhaupt gar nicht befragt.
Das wundert einen doch sehr, wie nachlässig Sie diese Angelegenheit angegangen sind. Sie haben sich einfach darauf verlassen, die Abgeordneten ein bisschen zu befragen und haben eine Show daraus inszeniert, dass auch ein paar Oppositionsabgeordnete vorgeladen werden. Daraus haben Sie Honig gezogen und darauf einen Vorwurf begründet, dass ein Zeugnisverweigerungsrecht in Anspruch genommen wird. Aber eine ernsthafte Untersuchung war das nicht, denn daran waren Sie gar nicht interessiert.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Als ich zunächst in der Zeitung und dann konkret von Ihrem Antrag erfuhr, habe ich mich gefragt, was der Anlass ist, dass Sie damit die Bürgerschaft behelligen, denn viel Neues steht nicht in Ihrem Antrag. Sie berufen sich zum großen Teil auf Dinge, die überhaupt nur auf Bundesebene geregelt werden können, die Sie zum Teil auch längst gefordert haben und immer wieder fordern, gewissermaßen Ihre Evergreens in der Frage, wenn es um Opferschutz geht. Neue Ideen sind nicht dabei. Soweit überhaupt neue Themen darin stehen, ist es auch nicht Ihre Erfindung. Die Ambulanzen, die Nachsorgemaßnahmen für die Gewaltstraftäter und Sexualstraftäter ist eine Forderung, die sich aus einer bundesgesetzlichen Änderung ergibt. Das Gesetz zur Reform der Führungsaufsicht fordert die Länder quasi auf, es kann die Länder nicht rechtlich verpflichten, aber es ergibt sich daraus indirekt die Forderung an die Länder, solche Einrichtungen vorzuhalten. Deswegen ist es natürlich höchste Eisenbahn, dass die Justizbehörde handelt.
Ich habe bereits einige Zeit bevor Sie Ihren Antrag auf den Tisch gelegt haben den Senat in einer Schriftlichen Kleinen Anfrage gefragt, wann es endlich soweit ist, dass der Senat die im Strafgesetzbuch vorgesehenen Ambulanzen einrichtet. Es heißt dann, es wird an einem Konzept gearbeitet. Das erstaunt insoweit, als dieses Gesetz zur Reform der Führungsaufsicht eine durchaus lange Geschichte im Gesetzgebungsprozess hat und auch intensiv mit den Ländern entwickelt wurde. Hamburg kann überhaupt nicht überrascht sein. Ich hätte erwartet, dass in dem Moment, wo der Bundesgesetzgeber sagt, so soll es sein, das Konzept aus der Schublade geholt und unmittelbar umgesetzt wird.
Aber auch wir wollen uns natürlich differenziert verhalten. Und wenn Sie eine Forderung, die quasi eine Selbstverständlichkeit ist, noch einmal zum Antrag erheben, stimmen wir gerne zu. Wir unterstützen die CDU-Fraktion gerne darin, wenn Sie den Senat zum Jagen trägt.
Ähnliches gilt für Ihre Forderung "Sicherheitsmanager". Man kann das so nennen. Wir reden herkömmlich von der Führungsaufsicht. Das, was Sie inhaltlich fordern, ist auch Gegenstand dessen, was im Gesetz zur Reform der
Führungsaufsicht vorgesehen ist, nämlich ein etwas engeres Raster im Rahmen der Führungsaufsicht vorzusehen. Das ist sinnvoll. Das ist auch im Gesetz vorhanden. Es ist auch notwendig, dass das umgesetzt wird. Das ist eine bundesrechtliche Forderung.
Soweit es um die Frage der Sexualstraftäterdatei geht, hat Ihre Forderung zunächst einmal mehr Fragen aufgeworfen, als dass sie durch Ihren Antrag beantwortet worden wären. Denn es bleibt in Ihrem Antrag vollkommen offen, was das eigentlich für eine Datei sein soll. Diese Klarstellung wäre aber insbesondere vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussion notwendig gewesen. Eine Sexualstraftäterdatei, die, wie sie teilweise auch aus der Union gefordert wird, sozusagen den Schutz vor Sexualstraftätern in die Hand der Bevölkerung legt - das kann es nicht sein. Da gibt es in anderen Ländern in Europa und auch in den USA unrühmliche Beispiele. So kann man keine Prävention vor Straftaten schaffen, sondern, wenn überhaupt, kann es nur darum gehen - ich finde die Differenzierung, die die SPD hier gemacht hat, ist sehr vernünftig -, dass durch einen Wohnortwechsel niemand aus der Beobachtung herausfällt. Es kann natürlich nicht sein, dass allein der Wohnortwechsel darüber entscheidet. Warum sollte jemand weniger kontrolliert werden, nur weil er einmal umzieht. Wenn es solche Regelungslücken gibt - insoweit finde ich auch die differenzierte Formulierung in dem SPD-Antrag sehr vernünftig -, dann sollten sie geschlossen werden.
Die wichtige Frage, die offen gehalten wird - das ist vor allem so erstaunlich, weil die forensischen Ambulanzen, wie es in der Fachsprache heißt, diesen konzeptionellen Gedanken so gekonnt aufnehmen -, ist in der Tat die Frage nach der Sozialtherapie. Die Sozialtherapie arbeitet inhaltlich mit bestimmten Konzepten. Und es ist immer die Frage gewesen, was eigentlich nach der Haftentlassung passiert. Die Sozialtherapie hat sich damit auch geholfen. Die Sozialtherapie hat selber eine ambulante Nachsorge sichergestellt. Sie ist in einem gewissen Maße bislang gesetzlich dazu verpflichtet gewesen. Natürlich gab es keinen engen gesetzlichen Rahmen für diese Nachsorge aber es war immer das Bemühen darum vorhanden, das Sinnvolle, was die Sozialtherapie geleistet hat, auch nach der Haftentlassung fortzusetzen.
Wenn diese Erkenntnis - die in diesen Gesetzgebungsprozess auf Bundesebene eingeflossen ist -, dass es wirklich wirksame und sinnvolle Maßnahmen gibt, die frühere Straftäter von Sexual- und Gewaltstraftaten davor bewahren können erneut Täter zu werden, schon in einen Gesetzgebungsprozess eingeflossen ist, dann müsste spätestens bei Ihnen auch der Gedanke angekommen sein, dass es vielleicht nicht so eine schlaue Idee war, dieses erfolgreiche Konzept der Sozialtherapie zugrunde zu richten.
Wir haben in der Bürgerschaft und im Rechtsausschuss eine sehr ausführliche Debatte zu dem Thema der Sozialtherapie geführt. Sie haben sich durch nichts beirren lassen. Sie sind Roger Kusch wie blöd hinterhergetrottelt
und haben diese Einrichtung zugrunde gerichtet, für die wir bundesweit und auch über die Bundesgrenzen hinaus beneidet wurden. Die Einrichtung - das zeigen alle Berichte aus der Praxis -, die Sie an diese Stelle gesetzt
haben, vermag bei Weitem nicht das zu leisten, was die drei Einrichtungen, die es vorher gab, geleistet haben. Das ist wirklich der größte Anschlag auf den Opferschutz, den eine Regierung in Hamburg zu verantworten hat.
Ich will zuletzt einen Satz zu dem Punkt sagen, in dem wir uns von SPD und CDU unterscheiden. Das ist nämlich das Thema der Sicherungsverwahrung insbesondere für Jugendliche. Wir werden diese Forderung in beiden Anträgen ablehnen. Es ist, wie gesagt, Ihr Ladenhüter. Aber wir sind der Meinung - wir sind auch der festen Überzeugung -, dass dies nicht der richtige Ort für das Instrument der Sicherungsverwahrung ist. Wenn ein junger Mensch im Alter von 16 oder 17 Jahren eine schwere Straftat begeht, dann ergibt das natürlich auch eine entsprechend schwere Strafe. Dann gibt es einen langen Zeitraum der Haft, in dem auf diesen Menschen eingewirkt werden kann.
Aber was unserer Meinung nach nicht möglich ist, ist die Prognose, die Voraussetzung für die Sicherungsverwahrung ist, dass bei diesem Menschen eine Besserung nicht mehr möglich ist und dass auf Dauer eine Gefahr von diesem Menschen ausgehen wird. Das halten wir für verfehlt, weil ein solcher junger Mensch noch sehr stark in der Entwicklung ist. Diesem Gedanken muss ein Jugendstrafvollzugsrecht Rechnung tragen. Das ist eine Diskussion, die wir auch nachher noch führen und an dieser Stelle schon einmal geführt haben.
Aber wir meinen: Es kann nicht sein, dass der Jugendstrafvollzug aus der Verantwortung entlassen wird, diese Chance zu nutzen, die gegeben wird, wenn zum Beispiel ein junger Mensch zu fünf Jahren Haft verurteilt wird, auf diesen Menschen einzuwirken. Wir sehen darin eine große Gefahr, dass dieser Mensch von vornherein aufgegeben wird. Das Beispiel des Mörders von Herrn Dabelstein zeigt auch - es gibt solche Beispiele -, dass unter Ihrer Verantwortung Täter von solchen schweren Straftaten aufgegeben wurden und dass in der Haft nicht alles Mögliche unternommen wurde. Aus dieser Verantwortung und auch aus dieser Chance wollen wir den Jugendvollzug nicht entlassen.
(Beifall bei der GAL)
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Nüchtern betrachtet ist es doch so, dass wir die Debatte bereits zum dritten Mal führen und es daher logischerweise so gut wie keine neuen Argumente geben kann. Das hat man an der Rede von Frau Spethmann gemerkt, die ziemlich hastig heruntergeleiert wurde. Daher will ich hier auch gar nicht den großen Bogen machen. Ich denke, dass wir die Debatte zunächst einmal intensiv im Ausschuss führen werden. Wir werden eine Expertenanhörung vornehmen, aus der wir dann hoffentlich alle schlauer hervorgehen und dann werden wir hier im Plenum die Debatte wieder aufnehmen.
Daher will ich nur auf drei Punkte eingehen, die soeben noch einmal angesprochen worden sind, auch wenn ich mich wiederholen muss.
Aber das ist offenkundig notwendig, weil bestimmte falsche Behauptungen wiedergegeben worden sind.
Punkt 1 - Geschlossener oder offener Vollzug als Regelvollzug: Sie reden immer über das Zahlenverhältnis. Das Zahlenverhältnis ist in den Gesetzentwürfen, die vorgelegt worden sind, überhaupt nicht angesprochen. Es geht überhaupt nicht darum, wie viele Leute am Ende im geschlossenen oder offenen Vollzug sind. Es geht um die Entscheidung im Einzelfall. Es geht um die Frage: Was ist genauer zu begründen?
Erstens die Entscheidung, ob der zuständige Vollzugsbedienstete für denjenigen, der in den offenen Vollzug gegeben werden soll, hierfür extra eine Begründung verfassen muss oder ob zweitens im umgekehrten Fall eine gesonderte Begründung vorliegen muss, wenn jemand in den geschlossenen Vollzug gesteckt wird. Das ist die einzige Frage, der Sie sich stellen müssen. Warum muss eine gesonderte Begründung gegeben werden, wenn jemand in den offenen Vollzug kommt?
Wir sagen ganz klar: Das logische Verhältnis ist, dass eine besondere Begründung gegeben werden muss, wenn ein tieferer Grundrechtseingriff vorliegt. Das ist ganz normal und ist bei jedem Verwaltungsakt so. Je tiefer man in die Grundrechte eingreift, desto mehr muss man das begründen. Das ist das Verhältnismäßigkeitsprinzip, wie es in unserer Verfassung verankert ist. Davor drücken Sie sich. Sie wollen tatsächlich Fälle gar nicht stattfinden lassen, in denen der offene Vollzug durchaus angebracht ist, weil der damit zusätzliche Aufwand gescheut wird.
Das ist auch aus dem Grunde falsch, weil es sich zeigt, dass diejenigen, die im offenen Vollzug ihre Freiheitsstrafe verbüßen, zu einem geringeren Teil rückfällig werden. Es ist also praktizierter Opferschutz, wenn man den
offenen Vollzug sinnvoll einsetzt und ihm den Vorrang gibt, soweit es möglich ist. Alle Entwürfe, sowohl von der SPD als auch von uns, die dem offenen Vollzug den Vorzug geben, sagen aus, dass es den geschlossenen Vollzug dann gibt, wenn es im Einzelfall geboten ist. Genauso ist es richtig, weil man dann die notwendigen Möglichkeiten hat, einen Straftäter dann auch im geschlossenen Vollzug zu behalten, wenn von ihm konkrete Gefahren ausgehen.
Punkt 2 - Kein Gesetzentwurf einer Landesregierung drängt die Resozialisierung derart zurück, wie der Hamburger Entwurf. Man kann das wirklich in synoptischen Betrachtungen genau sehen. Das gilt sowohl für die allgemeinen Ziele des Strafvollzugs, als auch für die konkreten Maßnahmen. Wir können also festhalten: Der Justizsenator Lüdemann gefällt sich in der Rolle des Rechtsaußen in der bundesdeutschen Justizlandschaft. Das ist tatsächlich Traditionspflege à la Kusch, die er auch jetzt in das Gesetz gemeißelt haben will.
Viel gravierender ist, dass die Zurückdrängung der Resozialisierung zulasten künftiger Opfer von Straftaten geht. Ich finde das schlimm.
Punkt 3 - Chancenvollzug: Ich halte es wirklich für realitätsfern, zu erklären, dass man besonders intensiv mit den Gefangenen arbeitet, die von sich aus kommen und willig sind, etwas tun. Warum sind die Leute im Vollzug? Sie haben sich selbst die Antwort gegeben, Frau Spethmann, weil viele andere Maßnahmen nicht gegriffen haben. Ich sage auch gar nicht, dass das Ihre Schuld ist. Aber wenn man etwas bewirken und diese Zeit nutzen will, dann muss man sofort mit Maßnahmen loslegen und nicht warten, bis die Leute vielleicht irgendwann einmal ankommen. Das ist doch total realitätsfern. Wenn wir im Strafvollzug nur solche Leute hätten, die an ihrer Situation etwas ändern wollen, dann bräuchten wir keinen Strafvollzug.
Wie bereits ausgeführt, haben wir an dieser Stelle nicht viel Neues gehört. Warum die CDU-Fraktion jetzt diese Debatte angemeldet hat, erschloss sich auch nicht aus der Rede von Frau Spethmann. Ich gehe daher davon aus, dass der Justizsenator jetzt nicht seine vorbereitete Rede halten wird, die wir bereits dreimal gehört haben, sondern diese in der Tasche lassen wird. Das würde uns Zeit sparen, die wir dann gut in den intensiven Beratungen des Rechtsausschusses brauchen können.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Herr Lüdemann, vielleicht hätten wir eher über Ihre Urlaubsdias sprechen sollen. Sie hätten auch noch einmal von der Super Nanny erzählen können. Das wäre vielleicht aufschlussreicher gewesen als Ihre Ausführungen über Sinn und Zweck von Strafe. Wenn Sie hier sagen, die Leute werden zu der Haftstrafe verurteilt, weil sie gefährlich sind, dann ist das, wenn man Ihnen wohl gesonnen ist, vielleicht sehr kurz gegriffen. Aber wahrscheinlich ist es nach der ganz überwiegenden Meinung - mein Studium liegt nicht ganz so lange zurück wie Ihres aber auch noch nicht soviel kürzer als bei Ihnen - einfach falsch. Menschen werden zu Haftstrafen verurteilt, weil eine Haftstrafe angesichts der
Schwere ihrer Straftat angezeigt ist. Deswegen werden Menschen zu einer Haftstrafe verurteilt.
Die zweite Frage ist dann in der Tat: Wie ist mit ihnen weiter zu verfahren? Wie ist im Vollzug zu verfahren? Nicht automatisch jeder Mensch, der zu einer Haftstrafe verurteilt wird - wo das angezeigt ist, zu einer Haftstrafe zu verurteilen -, ist besonders oder gleich gefährlich, sondern es gibt da sehr unterschiedliche Fälle. Diesen Fällen muss man gerecht werden und deswegen ist es auch total falsch, wie Sie die Positionen - zum Beispiel unsere Position aber auch die Position der SPD und anderer Bundesländer - darstellen, wo eben der offene Vollzug nach wie vor der Regelvollzug sein soll. Es ist nämlich mitnichten so, dass die Position "offener Vollzug als Regelvollzug" heißt, dass die Leute erst einmal in den offenen Vollzug kommen, egal was bei ihnen los ist. Sondern unsere Regelung ist ganz klar. Nach der grundsätzlichen Regelung für den offenen Vollzug heißt es: Gefangene, die sich für den offenen Vollzug nicht eignen, werden im geschlossenen Vollzug untergebracht. Wenn man also aufgrund der Vorgeschichte vor der Inhaftierung weiß, dass dieser Mensch besonders gefährlich ist, dann wird besonders begründet. Der muss deswegen in den geschlossenen Vollzug - ganz einfach. Deswegen ist das eine ziemliche Polemik, mit der Sie Ihre Position begründen wollen, eine Polemik, der Sie auch noch eine verzerrte Darstellung zugrunde legen, wozu eigentlich Strafe da ist und weswegen Leute zu Haftstrafen verurteilt werden.
Ich kann verstehen, dass Sie aus diesem - Herr Klooß hat es schon richtig gesagt - Schreckensgemälde, das Sie an die Wand malen, irgendwie versuchen wollen, politischen Honig zu saugen. Ich glaube, ehrlich gesagt, dass das eigentlich keiner in dieser Stadt nötig hat. Man sollte ganz realistisch bleiben, wenn man die Gefahren, die von Straftätern ausgehen, beschreibt. Es gibt gefährliche Straftäter. Wir haben uns vorhin über eine ganz besonders gefährliche Gruppe von Straftätern unterhalten. Man muss mit gezielten Maßnahmen bei den besonders gefährlichen Straftätern ansetzen. Aber man muss nicht sämtliche Straftäter mit den gleichen Maßnahmen behandeln, vor allem, weil man die Chance vergibt, die Möglichkeiten zu nutzen, die die Resozialisierung bietet. Die Integration etwa in Arbeit oder in soziale Strukturen, die der offene Vollzug ermöglicht, ist ein ganz wichtiger Baustein, um eine bestimmte Gruppe von Straftätern - auch die größte Gruppe von Straftätern - vor künftigen Straftaten zu bewahren.
Der zweite Punkt, zu dem ich noch etwas sagen will: Waffen im Jugendvollzug. Aus gutem Grunde wird in der Praxis im Vollzug sehr wenig Gebrauch vom Tragen von Waffen gemacht.
Aus gutem Grunde wird davon so gut wie nie Gebrauch gemacht. Deswegen frage ich mich, was eigentlich diese Begründung soll, es könnte ja einmal sein, dass ein Jugendlicher eine Waffe in den Vollzug einschleust. Die Frage ist - das ist die ganz deutliche Kritik -, welche Gefahren eigentlich davon ausgehen, wenn Strafvollzugsbedienstete Waffen im Vollzug tragen. Denn sie müssen die Waffen natürlich auch vorrätig haben, sie müssen sie auch haben, um in solch einer Situation rea
Und wenn Sie hier davon reden, dass ein Jugendlicher sich nicht mit einem Strafbediensteten auseinandersetzen soll, der eine Waffe trägt: Das soll ja auch nicht tagtäglich stattfinden. Aber, Herr Dr. Steffen, was wollen Sie machen, wenn tatsächlich eine Waffe in der Haftanstalt ist, aber ein Bediensteter nicht die Möglichkeit hat, sich dagegen zu wehren? Welche Leute sitzen im Jugendstrafvollzug ein? Das sind die Dabelstein-Mörder und andere, nicht diejenigen, die jetzt die lieben Kinder sind. Sondern da müssen wir davon ausgehen, dass man im Notfall auch einschreiten können muss. Sie leben in einer anderen Welt. - Vielen Dank.
gieren zu können. Welche Gefahren gehen eigentlich davon aus, wenn solche Waffen von den Bediensteten im Vollzug getragen werden? Das birgt ganz enorme Gefahrenpotenziale. Deswegen wird davon aus gutem Grund kein Gebrauch gemacht. Dabei sollte es auch bleiben.
Es gibt darüber hinaus - deswegen ist es auch verfassungsrechtlich eine höchst spannende Frage, um es vorsichtig auszudrücken, ob es zulässig ist, die Bediensteten im Jugendvollzug mit Waffen auszustatten - internationalen Übereinkommen, die ganz klar regeln, dass jungen Menschen im Jugendvollzug nicht mit Waffen begegnet werden darf. Dabei sollte es auch bleiben.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Herr Voet van Vormizeele, Sie haben eben kritisiert, dass das Wahlrecht, das wir im Endeffekt haben, in der Tat sehr kompliziert sei, das aber auf den Volksentscheid zurückzuführen sei, der ein solches kompliziertes Wahlrecht eingeführt habe. Natürlich war das bisherige Wahlrecht, das wir bis zur letzten Bürgerschaftswahl hatten, das einfachste Wahlrecht. Aber von diesem Wahlrecht wollte das Volk, das mit Mehrheit in diesem Volksentscheid für dieses neue Wahlrecht gestimmt hat, bewusst weg. Es war bewusst so angelegt, dass es mehr Gestaltungsmöglichkeiten gibt und das bedeutet notwendigerweise, dass ein Wahlrecht komplizierter werden muss.
Ich sage deswegen, so ungern ich meinen Kollegen Farid Müller korrigiere, in der Tat ist vielleicht "Wahlrechtsmonster" nicht der treffendste Begriff als Kritik an dem, was Sie hier vorlegen.
Der treffendere Begriff für das, was Sie heute beschließen, ist doch wohl "Wahlrechtszombie".
Wir haben nach wie vor ein Wahlrecht, das in der Anwendung weiterhin ähnlich kompliziert ist, wie es das vom Volk mit guten Gründen beschlossene Wahlrecht ist, ohne dass es vergleichbare Effekte hätte. Es ist also ein Untoter der Demokratie, den Sie heute auf den Weg schicken, man kann nicht einmal sagen, ins Leben rufen.
Es ist tatsächlich ein Trauerspiel, das wir hier erleben. Wir haben dieses an Beispielen im Verfassungsausschuss vorgerechnet bekommen und die Prognosen sind eben nicht total aus der Luft gegriffen, sondern basieren auf Erfahrungswerten in anderen Bundesländern. Diejenigen, die diese Prognosen aufgestellt haben, sagen auch nicht, die Hamburger Wählerinnen und Wähler wären dumm oder irgendwie weniger intelligent; die Verteilung der Intelligenz ist über die Bundesländer relativ gleich verteilt.
Und warum aus Erfahrung die Wählerinnen und Wähler der Person auf Platz eins die meisten Stimmen geben, ist letztlich dahingestellt. Es mag sein, dass ein Teil das nicht so weit durchschaut und sich nicht die Mühe macht, sich die weiteren hinteren Kandidaten auch noch anzuschauen. Es mag sein, dass tatsächlich erfahrungsgemäß die Parteien diejenigen Kandidatinnen oder Kandidaten nach vorne setzen, die ohnehin schon am bekanntesten sind; so machen das üblicherweise Parteien. Es mag auch sein, dass Parteien im Wahlkampf - so wird es wahrscheinlich auch im Hamburger Wahlkampf sein - die Nummer eins auf der Wahlkreisliste am meisten bewerben; das hat alles seine Effekte. Aber man darf doch nicht die Augen davor verschließen, dass es diese soliden Erfahrungswerte gibt, die auf einer ganzen Menge von
Daten beruhen und diese Erfahrungswerte führen nun einmal zu einem bestimmten Wahlverhalten, das in aller Regel und nicht in jedem Falle bedeutet, dass tatsächlich Platz eins die meisten Stimmen bekommt.
Nichtsdestotrotz hätte sogar - das hat eine Hochrechnung ergeben - das Volkswahlrecht, das im Rahmen des Volksentscheids beschlossen wurde, bei den Parteien, die nur jeweils einen Kandidaten aus einem Wahlkreis hätten entsenden können, zu einer erheblichen Zahl von Veränderungen geführt, immerhin in 21,4 Prozent der Fälle.
- Richtig, Herr Reinert.
Aber das Motiv des Volkswahlrechts war eindeutig: Es auch bei diesen Konstellationen zu einer Veränderung zu führen. Wir mussten uns in der Tat umgucken, wie man sich neu orientieren kann.
Unser Gestaltungsspielraum ist natürlich auf der einen wie auf der anderen Seite etwas eingeengt worden, sodass es in der Tat gegenwärtig kein Modell gibt, das es überhaupt möglich macht, bei der Konstellation, dass von einer Partei eine Person aus dem Wahlkreis gewählt wird, zu relevanten Veränderungen zu kommen. Deswegen stellt sich natürlich die spannende Frage, wie es denn bei den anderen Konstellationen aussieht. Da gibt es den statistisch durchaus häufigen Fall, dass in einem Wahlkreis eine Partei zwei Mandate erringt. Nummer eins bekommt die meisten Stimmen, Nummer drei die zweitmeisten Stimmen und gewählt sind Nummer eins und zwei nach dem Wahlrecht, das Sie heute beschließen wollen. Dieses Ergebnis ist absurd und damit legen Sie die Axt an das letzte Stückchen Wurzel, das vom Wahlrecht überhaupt noch zu sehen ist.
Wir haben uns dagegen bemüht, mit unserem Gesetzentwurf einen Entwurf vorzulegen, der dem Gedanken, dass die Auswahlentscheidung der Wählerinnen und Wähler zwischen den einzelnen Kandidatinnen und Kandidaten im Wahlkreis entscheidend sein soll, noch am meisten Rechnung trägt, soweit das innerhalb des Gestaltungsspielraums möglich ist, den uns das Verfassungsgericht gesetzt hat. Wir haben ganz klar gesagt, wir sehen das auch als eine Kompensation zu der Veränderung, die Sie bei der Landesliste gemacht haben, wo es gar keine personelle Auswahlmöglichkeit mehr geben soll. Wir haben gesagt, dann machen wir es doch einfach so, dass im Wahlkreis die persönliche Wahl stattfindet, wenn auf der Landesliste nur die Parteienauswahl stattfinden kann. Es ist für uns ein wichtiges Ziel, dass dort die persönliche Auswahl stattfindet und dann werden natürlich die Leute auch veranlasst, eine persönliche Auswahl zu treffen und sich mit dem Angebot, das die Parteien jetzt machen müssen, mehr auseinanderzusetzen. Das fänden wir sinnvoll und deswegen haben wir diesen Vorschlag vorgelegt.
Sie haben sehr stark darauf abgestellt, dass Ihr Entwurf von keinem Experten in der Expertenanhörung mit dem
Verdikt der Verfassungswidrigkeit versehen worden sei. Wie das Verfassungsgericht tatsächlich entscheiden würde, weiß keiner und die Neigung, es kurz vor einer Wahl noch einmal auf eine Entscheidung ankommen zu lassen, ist verständlicherweise bei allen Beteiligten begrenzt. Davon hätten auch die Wählerinnen und Wähler wenig.
Deswegen kommt es nicht unbedingt auf die Frage an, wie das Verfassungsgericht entscheiden würde, wenn es irgendwann vielleicht doch noch zu einer Entscheidung kommt, sondern es kommt auf die politische Frage an. Man fragt sich, warum die CDU diese Gelegenheit nicht nutzt, nachdem ihr gesagt worden ist, dass sie mit ihrem radikalen Kurs der Beschneidung der Möglichkeiten der Wählerinnen und Wähler im Wahlrecht in einem zentralen Punkt gescheitert ist, innezuhalten und zumindest ein Stück weit umzukehren. Es sind Modelle vorgelegt worden, es gibt das bremische Modell, es gibt unser Modell. Das bremische Modell ist in der praktischen Anwendung genau das gleiche wie das niedersächsische, nur im Auszählmodus anders. Warum nutzen Sie diese Gelegenheit nicht, ein Signal zu setzen und zu sagen, wir haben verstanden, wir wollen auf die Wählerinnen und Wähler zugehen, wir wollen diesen Gestaltungsspielraum, der ist uns wichtig, das ist uns ein Anliegen. Aber so, wie Sie sich hier verhalten, liefern Sie noch den letzten Beweis, dass Sie das ganze Anliegen des Volksentscheids für übel halten und genau das werden die Hamburgerinnen und Hamburger nicht vergessen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Es ist in der Tat erfreulich, dass wir in der heutigen Debatte zunächst einmal ganz klare Aussagen haben und auch noch einmal Klarstellungen bekommen, denn manche Äußerungen der Vergangenheit vom Innensenator im Hinblick auf dieses Thema Verharmlosung konnten anders interpretiert werden, wenn zum Beispiel der Hinweis gegeben wurde, das seien überwiegend Propagandadelikte gewesen. Auch das, was Herr Trepoll sagt, ist zunächst einmal recht erfreulich.
Wir müssen sehen, ob das von Dauer ist. Herr Sarrazin wies mich gerade darauf hin, Herr Trepoll, dass Sie sich vor gut zwei Jahren schon einmal zum Harburger Bündnis gegen Rechts zusammengefunden haben. Sie waren auch einmal da, danach nicht mehr. Das sind Fragen, auf die man dann natürlich kommt, wenn Sie Ihre Anteilnahme und Ihr Mitgefühl ausdrücken, ob das tatsächlich von Dauer ist, wenn sich tatsächlich andere politische Kräfte in dieser Stadt plötzlich als Opfer von rechtsextremistischen Straftaten sehen.
Ich möchte an der Stelle auch noch einmal deutlich sagen, dass das Beispiel Harburg das deutlich macht.
Man sollte einmal, um diese Situation richtig zu erfassen, die Opferperspektive einnehmen. Wie fühlt sich jemand, nachdem man eine bestimmte politische Aktivität entfaltet hat, eine Diskussionsveranstaltung gemacht hat oder Ähnliches, wenn dann am nächsten Tag eine Schmiererei rechtsextremistischen Inhalts, ein Hakenkreuz oder "Wir kriegen Dich" oder ähnliche Hinweise an seinem Haus zu finden sind. Das ist dann in der polizeilichen Arbeit erst einmal ein Propagandadelikt, aber sicherlich liegt darin auch eine Drohung, die auch so gemeint ist, dass im Zweifelsfall mit Gewalt zu rechnen sei. Das zeigt sich dann auch ganz real, wie wir es in den letzten Tagen erlebt haben. Da ist es dann ein Stein, der in eine Schaufensterscheibe fliegt. Natürlich sind da Steigerungen auch ohne Weiteres denkbar. Ich will nicht dramatisieren, aber es reicht aus, dass in jedem zehnten dieser Fälle ein Stein in eine Scheibe fliegt, um diese Drohung, die schon in dieser Schmiererei, in dieser einen Verwendung eines Nazisymbols liegt, dann auch plausibel zu machen. Das ist dann der Punkt, dass man, wenn man sich diese Situation in Harburg ansieht, den Eindruck haben kann, dass das System hat, weil es immer wieder diejenigen trifft, die sich aktiv gegen Rechtsextreme in Harburg stellen und deswegen auch unsere gemeinsame Unterstützung haben sollten.
Wir wollten dem Senat mit dieser Anfrage gewissermaßen eine Hilfestellung geben und haben deswegen ganz bewusst nicht so angefangen wie die SPD es gemacht hat, die erst einmal gesagt hat, wir brauchen ein Programm und dann schreibt man mal so grob rein, was es vielleicht sein sollte. Wir haben gesagt, der erste Schritt muss sein, dass man zunächst einmal ganz genau hinguckt, dass man sich eben nicht damit abfindet, einfach nur die Zahlen auszuwerten, die natürlich die Polizei vorliegen hat, die insgesamt beunruhigend sind. Ich nehme mit Beruhigung zur Kenntnis, dass Sie genaue Erkenntnisse darüber haben, wie sich diese Straftaten auf die Stadtteile verteilen. Ich frage mich nur, warum Sie das nicht auf unsere explizite Frage in der Anfrage beantwortet haben.
Was wir wissen wollten, war, wie es denn in den anderen Bereichen aussieht und welche Erkenntnisse es über die Entwicklung von Rechtsextremismus in Hamburg gibt, weil wir eine qualitative Betrachtung haben wollten und auch Tendenzen erkennen wollten, die schon beginnen, bevor es zu registrierten Straftaten kommt. Wir haben alle möglichen Bereiche abgefragt. Welche Erkenntnisse gibt es über rechtsextreme Aktivitäten? Welche Maßnahmen gibt es dagegen? Der Befund war durchweg: Wir haben keine Erkenntnisse über rechtsextreme Aktivitäten und na ja, Maßnahmen, ein bisschen wird das überall mitgemacht. Der einzige Bereich, der da positiv herausstach, war der Sportbereich, wo es explizite Maßnahmen gibt, aber in allen anderen Bereichen wird gesagt, ja, in den Schulen steht es auch auf den Lehrplänen. Besondere Maßnahmen gibt es nicht.
Herr Nagel, Sie haben immer wieder betont, gerade aus der Anfrage ergäbe sich, wie in breiter Form in Hamburg gegen Rechtsextremismus vorgegangen würde. Ich will nur mal ein Beispiel zeigen und wir hätten gar nicht gedacht, dass es tatsächlich derartige Defizite gibt. Nach der Antwort auf die Anfrage sind wir schlauer. Auf Seite 17 der Anfrage haben wir gefragt:
A C
B D
"Welche Fortbildungsangebote gibt es für das Personal im Bereich Jugendarbeit zum Thema Rechtsextremismus und wie werden diese genutzt?"
Antwort des Senats:
"Die Fortbildung für sozialpädagogische Fach- und Führungskräfte hat im Jahr 2002 eine Veranstaltung "Rechtsextremen Orientierungen in der Jugendarbeit entgegenwirken" angeboten, die wegen mangelnden Interesses nicht stattgefunden hat. Bedarfsmeldungen zu diesem Themenkomplex haben in den folgenden Jahren nicht vorgelegen (…)"
Dann heißt es, das wird irgendwie so mitgemacht und das ist auch die Haltung, die sich hier durchweg zeigt. Das kam auch in Ihrem Redebeitrag durch, als Sie gesagt haben, die anderen Bereiche, die anderen Behörden unterstützen wir dort, wenn wir gefragt werden. Es wird deutlich, dass es eine sehr abwartende Haltung gibt. Da wird mal im Jahre 2002 - immerhin fünf Jahre her - eine Fortbildung angeboten, dann wird das nicht nachgefragt und keiner macht sich Gedanken darüber, warum das so ist. Niemand macht sich Gedanken darüber, warum das Personal im Bereich Jugendarbeit eine solche Fortbildung nicht in Anspruch nimmt. Da kann doch nicht ernsthaft der Glaube sein, dass es keinerlei Probleme mit rechtsextremen Jugendlichen gibt, mit denen das Personal in der Jugendarbeit konfrontiert wird.
Nur wenn es diese Überzeugung gäbe, wäre diese Haltung wirklich verantwortbar, aber das kann nun wirklich nicht der Glaube sein, dass es derartigen Handlungsbedarf im Bereich der Jugendarbeit nicht gibt.