Protocol of the Session on April 13, 2005

(Beifall bei der SPD)

Zweitens: Dazu gehören – und das hängt eng zusammen – ausreichend viele und auch gesicherte Freilaufflächen.

Drittens: Wir brauchen die Einführung eines Befähigungsnachweises; viele sprechen vom Hundeführerschein.

Viertens: Wir brauchen auch eine deutliche Erhöhung der Bußgelder. Das gilt insbesondere für Verstöße im Umfeld von Spielplätzen, Schulen oder Kindergärten. Ich möchte ganz konkret vorschlagen, schlichtweg eine Null an alle derzeit geltenden Bußgeldsätze anzuhängen.

(Beifall bei der SPD)

Wir brauchen klare Regeln, die jeder versteht, Regeln, die, weil sie einfach sind, auch jeder befolgen kann, und wir brauchen Regeln, bei denen jeder auf den ersten Blick auch feststellen kann, ob sie befolgt werden. Wir müssen bereit sein, denjenigen, die sie nicht einhalten, die rote Karte zu zeigen. Die scheinbare, aus meiner Sicht völlig falsch verstandene Liberalität bei der Durchsetzung der geltenden Hundeverordnung wünscht sich so mancher Falschparker in unserer Stadt. Der Senat stellt mit seiner Politik den Satz von Innensenator Scholz von den Füßen auf den Kopf und sich selbst ein bemerkenswertes Zeugnis in dieser Frage aus. Für Ihre Politik gilt: Liberal, aber doof.

Es mangelt in Hamburg nicht an Vorschlägen, es mangelt nicht an Regeln, es mangelt an der Umsetzung und Durchsetzung der Regeln und wir im Parlament als Abgeordnete und Sie im Senat sind dazu da, die Probleme der Menschen zu lösen. Doch mir ist klar, dass eine Fraktion, die sehr viele Probleme mit sich selbst hat – ich beneide Sie nicht darum –, sich offensichtlich nicht mehr um die Probleme der Menschen kümmern kann, weil sie viel zu viel mit sich selbst zu tun hat. Es gibt aus meiner Sicht keinen Grund, solange zu warten, bis wieder ein Kind die Versäumnisse in Hamburg mit dem Leben bezahlen muss.

(Beifall bei der SPD)

Wir müssen uns auch als Abgeordnete der Verantwortung bewusst sein und dieser Verantwortung gerecht werden und da ist mir ein weiterer Punkt wichtig. Wir werden in der Aktuellen Stunde gleich noch über das Ansehen und den Verlust von Ansehen von Politik und Politikern sprechen und über das, was Menschen von Politikern – da unterscheiden sie gar nicht zwischen der einen Partei und der anderen – erwarten. Die Menschen erwarten von uns eine Politik, die ihnen hilft. Sie erwarten Schutz und Sicherheit und sie erwarten dies zu Recht. Sie von der CDU – Herr Ahlhaus immer ganz weit vorne – werden nicht müde, das knackigste Polizeigesetz der Republik zu fordern. Sie wollen DNA-Tests, Sie wollen Video-Überwachung, Sie wollen Lauschangriffe. In Teilen sind wir als Sozialdemokraten auch bereit, dort mitzugehen. Gleichzeitig wollen Sie aber den Menschen in unserer Stadt ernsthaft weismachen, dass wir nicht in der Lage seien, unsere Kinder vor Beißattacken von Hunden zu schützen; das glaubt Ihnen niemand.

(Michael Fuchs CDU: Das hat gar keiner gesagt!)

Wir müssen in dieser Frage aufpassen, dass wir nicht in eine Schieflage geraten. Deshalb mein Appell an den Senat, vor allen Dingen aber auch an die Fraktion, denn Sie sind es, die mitbestimmen müssen, die den Senat

stützen und tragen. Haben Sie Mut zu klaren Entscheidungen, haben Sie Mut zu klaren Regeln und haben Sie auch endlich den Mut, die Regeln konsequent durchzusetzen.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Wort bekommt Herr Fuchs.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Neumann, unabhängig vom Inhalt Ihrer Rede gestatten Sie mir eine Bemerkung gleich zu Beginn. Flotte Sprüche und flammende Reden in der Bürgerschaft ersetzen keine Sachkenntnis und vor allen Dingen nicht die Arbeit vor Ort.

(Beifall bei der CDU)

Wir hätten uns sehr gefreut, wenn Sie sich rechtzeitiger und vor allen Dingen sehr viel früher in die Beratungen eingeschaltet hätten. Das übernimmt jetzt im Übrigen für Ihre Fraktion Herr Dr. Dressel. Die Zusammenarbeit in dieser Sache, das darf ich Ihnen einmal sagen, zwischen der CDU-Fraktion, Ihrer Fraktion und der GAL-Fraktion ist hervorragend.

Aber zunächst spreche ich im Namen des ganzen Hauses, wenn ich anrege, den Opfern der jüngsten Beißattacken unser Bedauern auszusprechen und baldige Genesung zu wünschen. Diese Beißattacken haben gerade an Kindern – da sind wir sicherlich zusammen – eine sehr viel größere Bedeutung, als das vielleicht von einigen hier oder auch außerhalb dieses Hauses anerkannt wird. Ein Kind, das haben wir immer wieder gesagt, schüttelt seine Beißattacke nicht ab wie einen Mückenstich und wird darunter noch lange zu leiden haben.

Es besteht in der Frage der Hundehaltung in Hamburg ein ganz dringender ordnungspolitischer Handlungsbedarf – das hat die CDU sehr wohl erkannt – und kein Mensch kann mehr die Augen davor verschließen. Was wir nicht mehr hinnehmen wollen, ist die menschenverachtende Ironie einiger Hundehalter und Hundefanatiker, die das Wohl des Hundes über das Wohl des Menschen stellen wollen.

(Beifall bei der CDU)

Was in diesem Zusammenhang ganz besonders bemerkenswert ist, sind die Kommentare einiger Hundehalter. Wenn Sie das mit etwas mehr Sachkenntnis hier diskutiert hätten – keiner hat mehr Erfahrung in der Opposition als die CDU-Politiker in Hamburg –, dann hätten Sie das sehr viel früher geregelt. Die Kommentare der Hundehalter sprechen nämlich für sich: Einmal war die Joggerin so komisch, dann war ein Kind auf dem Skateboard und einmal hat ein Kind nach dem Ball gegriffen. Das alles sind Dinge, denen wir natürlich auch unsere Aufmerksamkeit zollen und die wir schon sehr viel früher als Sie abstellen wollten.

Aber, Herr Neumann, meine sehr verehrten Damen und Herren, der von der SPD erhobene Vorwurf der Mutlosigkeit, der Verzögerung durch die Behörde, die Prüfung des interfraktionellen Antrags habe im Übrigen zu lange gedauert oder dauere zu lange, ist absolut fehl am Platz und geht ins Leere. Bei diesem Thema sind Sorgfalt und inhaltliche Genauigkeit absolut vonnöten. Eine Regelung muss nicht nur dem Problem gerecht werden, sie muss auch juristischen Bestand haben, Herr Neumann, und ich

glaube, das wissen Sie am besten. In Ihrer Zeit ist eine Hundeverordnung verabschiedet worden, die vor Gericht gleich wieder gekippt worden ist, und das wollen wir dieser Stadt ersparen. Die Menschen sollen wissen, was jetzt entschieden wird, soll Bestand haben.

(Beifall bei der CDU)

Und dann machen Sie einen für mich sehr unzulässigen Versuch, dies zu politisieren. Genau das haben wir in aller Deutlichkeit eigentlich immer zu verhindern versucht. Wir als CDU-Fraktion haben bereits im Laufe des letzten Jahres intensive Diskussionen mit dem Hamburger Tierschutzverein, mit Hamburger Hundeverbänden, mit bundesweiten Hundeverbänden und mit den Betroffenen der Kinderhilfe, die bei uns mit am Tisch gesessen haben, geführt. Da war das bei Ihnen noch sehr unpopulär.

Aber wir wollen uns nicht mit gegenseitigen Vorwürfen belasten, sondern zielorientiert der Sache dienen. Wir haben einen Handlungsbedarf sowohl in der passiven, als auch in der aktiven Sicherheit. Aktive Sicherheit ist bekanntlich das, was einen Vorfall verhindert, sprich, auf Vorschlag der GAL, der Hundeführerschein. Es könnte allerdings auch mit der Leinenzwang sein. Sie wissen, dass wir auch darüber sehr intensiv diskutieren. Passive Sicherheit sind der Chip und die Haftpflichtversicherung. Das heißt, ein Hund braucht einen verantwortlichen Besitzer und ein verantwortlicher Besitzer muss sich auch dadurch verantworten, indem er seinen Hund haftpflichtversichert.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Während die Leine das sichtbarste Instrument der aktiven Sicherheit ist, würden wir in unsere Überlegungen sehr wohl Möglichkeiten für vernünftige und auch zuverlässige Hundehalter mit einzubeziehen. Wer mehr Freiheit bei der Haltung und Führung seines Hundes haben will, der möge bitte schön seine Qualifikation und die Qualifikation seines Hundes unter Beweis stellen. Dann ist man auch sicherlich gerne bereit, über diese mehr Freiheit nachzudenken.

Mein letzter Satz: Ich fordere Sie noch einmal auf, mit uns gemeinsam diesen Weg weiterzugehen, wie wir ihn bisher gegangen sind, und statt politischem Populismus die Sache in den Vordergrund zu stellen. Ich bin sicher, Herr Neumann, dass es uns dann gemeinsam gelingen wird, ein neues Gesetz zu verabschieden. – Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort bekommt Herr Maaß.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die tragischen Überfälle und Übergriffe der letzten Tage machen mehrerlei deutlich, nämlich dass wir mit der geltenden Rechtslage nicht in der Lage sind, die Menschen in Hamburg ausreichend zu schützen und auch die Kinder so zu schützen, wie sie es verdienen. Wir sind auch nicht in der Lage, Tiere davor zu schützen, in die Hände von Menschen zu gelangen, die nicht in der Lage oder nicht willens sind, diese artgerecht und vor allem sicher zu halten.

Wir sollten in dieser Diskussion – da hat Herr Fuchs Recht – das Augenmaß bewahren. Es ist nicht richtig, die Hände in den Schoß zu legen und nichts zu tun, aber genau das war leider bis vorgestern die offizielle Senats

linie. Diese Untätigkeit gegenüber den Menschen in dieser Stadt und auch gegenüber dem Parlament war ignorant, denn wir haben bereits vor mehreren Monaten – die CDU-Fraktion noch früher – den Senat aufgefordert, eine Novellierung der Hundeverordnung vorzubereiten und auch die Einführung eines Hundeführerscheins zu prüfen. Geschehen ist seitdem leider nichts. Auch das ist eine Aussage darüber, für wie wichtig der Senat dieses Parlament hält.

Skandalös wird aus meiner Sicht die Sache jedoch, wenn der Senat auch nach den Überfällen und Übergriffen der letzten Tage bis vorgestern offenbar keinen Anlass sah, umzudenken, denn bis vorgestern war die einzige Reaktion, die man vom Senat hören konnte: Wir lassen alles, wie es ist. Wir verteilen vielleicht ein paar Flugblätter, appellieren an die Menschen, schicken den Sicherheits- und Ordnungsdienst los, um ermahnende Gespräche zu führen. Meine liebe CDU-Fraktion, uns hätten Sie das damals als Kuschelpädagogik vorgeworfen, jetzt ist das offizielle Senatspolitik.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Aber genauso wenig angebracht wie diese temporäre Untätigkeit des Senats, die jetzt zum Glück ein Ende hat, wäre es, mit Schnellschüssen aus der Hüfte zu reagieren. Ich bin froh, dass das heute anscheinend ein Ende gefunden hat, denn wir sollten uns unserer Verantwortung bewusst sein und auch Lehren aus der Geschichte ziehen; Herr Fuchs hat das angesprochen. Als im Jahre 2000 der kleine Volkan zu Tode gebissen wurde, hat die Politik innerhalb von 48 Stunden ein Gesetz geändert und heute müssen wir feststellen, dass erstens das Verwaltungsgericht dieses Gesetz für rechtswidrig erklärt hat und zweitens dieses Gesetz offenbar nicht in der Lage ist, für ausreichend Sicherheit zu sorgen. Deswegen können wir es uns in der heutigen Situation nicht erlauben, einen weiteren Schnellschuss abzufeuern, der sich dann in wenigen Jahren oder Monaten als Fehlschuss erweist. Deswegen sollten wir auch vorsichtig sein, wenn Forderungen erhoben werden, die primär darauf zielen, gegenüber der Öffentlichkeit Dinge zu vermitteln wie Rigidität, Kompromisslosigkeit und Schnelligkeit, denn gerade solche Forderungen bergen die Gefahr, wieder ein Gesetz zu schaffen, das an der Sache vorbeigeht und sich später als rechtswidrig herausstellt.

Deswegen ist es richtig, wenn wir hier anfangen, das Problem bei der Wurzel zu packen, aber das Problem sind eben nicht die Oma mit dem Pinscher und auch nicht der Hundehalter, der regelmäßig mit seinem Hund die Hundeschule besucht. Das Problem liegt vielmehr darin, dass es Menschen gibt, die Hunde halten und nicht willens oder nicht in der Lage sind, ihren Hund so zu halten, dass keine Gefahren von ihm ausgehen. Um es klar zu sagen: Wer nicht nachweisen kann, dass er über die notwendige Sachkunde zum Halten eines Hundes verfügt, der darf nach dem Willen meiner Fraktion zukünftig keinen Hund mehr in Hamburg frei herumlaufen lassen. Und wer sich weigert, mit einem größeren Hund zur Hundeschule zu gehen, der muss einem kompromisslosen Leinenzwang unterliegen, und zwar auch auf den Gehwegen.

(Beifall bei der GAL)

Das bedeutet auf der anderen Seite aber auch, dass es für verantwortungsbewusste und sachkundige Hundehalter möglich sein muss, mit ihrem Hund ohne Leine um

den Block zu gehen, denn es muss aus unserer Sicht verantwortungsbewussten und sachkundigen Hundehaltern auch weiterhin möglich sein, Tiere artgerecht in der Stadt zu halten. Wer diese Möglichkeit ausschließt, der sollte lieber gleich sagen, dass er Hunde in der Stadt überhaupt nicht mehr haben will, und genau das ist nicht unsere Position. Es soll Menschen auch weiterhin in der Stadt möglich sein, Hunde artgerecht zu halten, wenn sie dafür Sorge tragen, dies auch sicher zu tun.

Deswegen setzen wir auf den Hundeführerschein. Dieser Hundeführerschein ist auch nichts, was wir uns in Hamburg ausgedacht haben, sondern er ist in anderen Bundesländern längst Realität. Lassen Sie uns eine solche Regelung auch für Hamburg schaffen und vor allem lassen Sie uns eine sachgerechte, überparteiliche Lösung finden, die länger als nur eine Legislaturperiode hält.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD und der CDU)

Das Wort bekommt Senator Dräger.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Alle politischen Diskussionen, Herr Neumann und auch Herr Maaß, über das Für und Wider der Leinenpflicht oder den Hundeführerschein darf nicht die persönliche Beeinträchtigung der Betroffenen überdecken, wie das in Teilen eben hier geschehen ist, den Schock, das Gefühl von Hilflosigkeit und Ausgeliefertsein, die körperlichen, aber auch die psychischen Folgen. Ich möchte deshalb an dieser Stelle allen Opfern von Beißattacken zunächst einmal gute Besserung und eine baldige Genesung wünschen.

(Beifall bei der CDU)

Wenn aber ein Thema polarisiert, dann muss Politik aufpassen, dass sie die notwendige Differenziertheit, Herr Neumann, nicht verliert – und das Thema Hund polarisiert. Für die einen ist er der beste Weggefährte, ein treuer Freund und Helfer, die anderen sehen im Hund eine unzumutbare Gefahr. Die achtzigjährige Witwe hält einen Hund aus anderen Motiven und auch mit anderen Mitteln als diejenigen, die einen Kampfhund als Statussymbol betrachten. Einer der häufigsten Kinderwünsche lautet übrigens: "Ich hätte gerne einen Hund." Weil die Haltermotive aber so heterogen sind, weil es nicht nur gute und schlechte Hunde und nicht nur gute und schlechte Hundehalter gibt, müssen Politik und Gesellschaft angemessene, differenzierte und auch gerichtsfeste Regelungen finden.

Mit dem schrecklichen Tod des kleinen Volkan im Jahre 2000 kam es zu einer neuen Hundeverordnung und auf dieser Grundlage – und auch mit der konsequenten Tätigkeit unseres Städtischen Ordnungsdienstes – haben wir beträchtliche Erfolge erzielt.

(Michael Neumann SPD: Das stimmt doch nicht!)

Ich möchte Sie auch bitten, Herr Neumann und Herr Maaß, das mit Ihren Worten der Untätigkeit oder der mangelnden Durchsetzung abzugleichen. Gegenüber 2000 gibt es 80 Prozent weniger Beißvorfälle mit Kampfhunden – ein Erfolg. Im Vergleich zu 2002 gibt es 20 Prozent weniger Beißvorfälle über alle Hunde betrachtet. Der SOD hat im letzten Jahr dreimal so viele Ordnungswidrigkeiten wie noch ein Jahr davor erfasst; also