Protocol of the Session on April 13, 2005

Ich möchte Sie auch bitten, Herr Neumann und Herr Maaß, das mit Ihren Worten der Untätigkeit oder der mangelnden Durchsetzung abzugleichen. Gegenüber 2000 gibt es 80 Prozent weniger Beißvorfälle mit Kampfhunden – ein Erfolg. Im Vergleich zu 2002 gibt es 20 Prozent weniger Beißvorfälle über alle Hunde betrachtet. Der SOD hat im letzten Jahr dreimal so viele Ordnungswidrigkeiten wie noch ein Jahr davor erfasst; also

nicht Kuschelpädagogik, sondern Ordnungswidrigkeiten. Der SOD hat übrigens heute 59 Mitarbeiter, bei Ihnen waren es noch acht.

(Michael Neumann SPD: Das stimmt doch über- haupt nicht! Sie wissen noch nicht einmal, wie vie- le Leute Sie auf der Straße haben!)

Wir haben jetzt 59 im Außendienst und insgesamt 72. Sie hatten acht im Außen- und dazu zwei im Innendienst.

Herr Neumann, vielleicht noch eine weitere Zahl für Sie. Sie hatten es damals auf 17 Hundeauslaufflächen geschafft, wir haben heute, auch dank des Engagements der Bezirke, immerhin 60.

(Beifall bei der CDU)

Die Beispiele zeigen, dass die neuen Regelungen – gerade im Zusammenwirken mit der verstärkten Kontrolle – Verbesserungen mit sich gebracht haben. Wenn es aber weiterhin Vorfälle wie in den letzten beiden Wochen gibt, wenn wir immer noch über 200 gemeldete Beißvorfälle im Jahr haben, in denen ein Mensch von einem Hund gebissen wird, dann müssen wir als Politiker reagieren, denn jeder Beißvorfall – ich glaube, da sind wir uns alle in diesem Haus einig – ist einer zu viel.

(Beifall bei der CDU)

Bei den Vorfällen der letzten Wochen wurden von den Hundehaltern die bestehenden Regelungen für Anleinpflicht missachtet. Hätten die Halter die heutigen Regeln befolgt, wäre es nicht zu diesen Beißvorfällen gekommen. Es ist offensichtlich, dass sich viele Hundehalter in einer riskanten Mischung aus Gedankenlosigkeit, Unkenntnis der Vorschriften und auch einer erheblichen Fehleinschätzung über die Gefährlichkeit ihrer Hunde mit ihren Tieren im Stadtgebiet bewegen. Diese Vorfälle unterstreichen, dass gerade in einer Metropole wie Hamburg freiwillige Rücksichtnahme und Toleranz nicht ausreichen. Es muss klare Vorschriften geben und diese Vorschriften müssen befolgt werden. Und werden sie es nicht, dann müssen diese Regeln durchgesetzt werden, denn es kann und darf nicht sein, dass das Recht auf körperliche Unversehrtheit von Kindern, Parkbesuchern, Joggern und älteren Menschen gleichgesetzt wird mit den Belangen von Hunden.

(Beifall bei der CDU)

Deshalb nehmen wir die Vorfälle zum Anlass, auf mehreren Ebenen zu handeln.

Erstens: Eine Informationsoffensive über die bestehende, bereits sehr weitreichende Leinenpflicht für Hunde ist in Hamburg gestartet. Meine Behörde hat die Regeln in einem Merkblatt zusammengefasst, das in einem Brief an alle Hundesteuerzahler verschickt, im Internet eingestellt, in den Bezirksämtern ausgelegt und an die Hundehalter verteilt wird.

Zweitens: Herr Neumann, diese Informationsoffensive wird von Schwerpunktaktionen des Städtischen Ordnungsdienstes unterstützt und begleitet. Der SOD wird in allen Hamburger Bezirken über die Anleinpflicht informieren. Er hat damit bereits am Wochenende begonnen und wird sie auch entsprechend durchsetzen. Aufklärung und Kontrolle werden damit Hand in Hand gehen.

Drittens: Wir wollen die Regelung der Hundeverordnung vereinfachen und gleichzeitig weiter verschärfen. Herr Neumann, darf ich Sie daran erinnern, falls Sie es ver

gessen haben, dass es die heutige Opposition war, die seinerzeit eine Regelung erlassen hatte, die – auch dank unseres verstärkten SOD – ohne Zweifel zu Verbesserungen geführt hat. Aber die heutigen Verordnungen führen in einer langen Liste auf, wo in der Stadt Leinenzwang besteht. Wir wollen die Regelung künftig umkehren und dadurch transparenter und für alle Hundehalter eindeutiger verfassen.

Dazu wollen wir eine Veränderung herbeiführen, die grundsätzlich eine allgemeine Leinenpflicht für Hunde in Hamburg mit sich bringt. Diese könnte dann in klar definierten Fällen aufgehoben werden, beispielsweise bei kleinen Hunden, bei Haltern mit Hundeführerschein, in extra ausgewiesenen Auslaufflächen oder natürlich auf Privatgrundstücken.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU und der GAL)

Details hierzu werden wir bereits in dieser Woche mit Experten, wie beispielsweise mit dem Tierschutzbeirat, diskutieren. Wir möchten diese Details aber auch – das betone ich hier ganz ausdrücklich – im parlamentarischen Raum und möglichst fraktionsübergreifend, wie in der Vergangenheit zu diesem Thema geschehen, mit Ihnen abstimmen.

Ich bin überzeugt, dass diese Verschärfung und diese Klarstellung der Regeln zu einer verbesserten Situation führen wird. Bei alledem gilt es aber auch zu bedenken, dass jeder Hundehalter seinem Mitbürger, seinem Tier und sich selbst schuldig ist, die bestehenden Regelungen zu beherzigen. Je stärker dieses im Bewusstsein verankert ist – und wir werden den uneinsichtigen Hundehaltern durch verstärkte Kontrollen dieses Bewusstsein schärfen –, desto besser können Beißattacken verhindert werden. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Das Wort bekommt Dr. Dressel.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Senat hat mit seinem Zickzackkurs beim Thema Hundeverordnung ein ziemlich peinliches Bild abgegeben. Ich glaube, das kann man auch nach der Rede des Senators weiterhin konstatieren.

Besonders die Gesundheitsbehörde hat in den letzten Tagen bewiesen, dass sie mit diesen Problemen offensichtlich überfordert ist. Mit Genesungswünschen, Appellen und nochmals wieder neuen Ankündigungen ist es an dieser Stelle nicht getan.

Wenn man sich diese Informationsoffensive anschaut und dazu heute mal einen Blick in die Zeitung wirft, ist hier noch nicht so richtig zu erkennen, was an Informationen zum SOD in die Bezirke gegeben werden kann.

Daher sagen wir hier auch ganz klar und vor allem auch an die Adresse von Senator Dräger: Wenn Sie bei der Verschärfung und bei der Durchsetzung der Hundeverordnung auch nur halbwegs so output-orientiert wären, wie Sie es bei der Zerschlagung von Strukturen in den Hochschulen sind, dann wäre für Hamburgs Sicherheit viel gewonnen.

(Beifall bei der SPD und bei Claudius Lieven GAL)

Mit diesem desaströsen Politmanagement, was wir hier in den letzten Tagen sehen konnten, haben Sie sich selbst

ein Armutszeugnis ausgestellt. Nach Ihrem Ankündigungschaos werden wir daher auch erst einmal Ihre Vorschläge abwarten. Diese paar Ankündigungen reichen hier nicht. Wir wollen schwarz auf weiß sehen, wie Sie das bürgerschaftliche Ersuchen endlich beantworten. Dann werden wir diesen Entwurf bewerten und auch zu Ergebnissen kommen. Aber legen Sie jetzt wirklich einmal einen Entwurf vor.

Auch der Innensenator – und es ist in diesem Zusammenhang schon schade, dass er bei dieser Debatte nicht anwesend ist – hat sich nicht mit besonders weiterführenden Hinweisen beteiligt. Sein einziger Beitrag dazu ist, dass eine Verstärkung des SOD kategorisch nicht in Betracht kommt. Dann kann ich nur sagen, dass er sich hier seiner Verantwortung nicht gestellt hat. Es ist an dieser Stelle verantwortungslos, zu sagen, dass der SOD nicht gestärkt werden muss.

Es ist schon ziemlich abenteuerlich, Herr Dräger, dass Sie den SOD mit 59 Mitarbeitern an dieser Stelle als eine Erfolgsstory hinstellen,

(Michael Neumann SPD: 58)

denn jeder weiß, dass an dieser Stelle Vollzug und Kontrolle der entscheidende Hebel sind, um auch mit einer Hundeverordnung umgehen zu können. Ansonsten wird jede Verordnung, die jetzige und auch eine novellierte, wieder ein Papiertiger.

Wenn jetzt beispielsweise im Bezirk Wandsbek mit 407 000 Einwohnern – immerhin vergleichbar mit einer mittleren Großstadt – gerade zwei bis drei Doppelstreifen unterwegs sind, die sich auch noch um ausgemusterte Autos und um illegale Müllentsorgung kümmern müssen, dann ist das ein Witz. Mit einer solchen personellen Ausstattung wird man dieses Problem nicht in den Griff bekommen.

(Beifall bei der SPD)

Auch vor einer weiteren alarmierenden Zahl kapituliert der Senat. Wer glaubt, dass es nur einen verschwindend geringen Anteil an Hundehaltern gibt, die sich nicht an die Spielregeln dieser Stadt halten, der irrt leider. Wenn wir davon ausgehen, dass von 60 000 Hunden in dieser Stadt nur die Hälfte angemeldet ist, dann ist das nicht hinnehmbar.

Was tut der Senat? Sorry, die Steuerbehörden haben leider keinen Außendienst, heißt es achselzuckend aus der Finanzbehörde. Das kann an dieser Stelle nicht das letzte Wort gewesen sein. Ich bin der Meinung, dass der SOD bei Kontrollen auch die Möglichkeit haben muss, nicht angemeldete Hunde festzustellen und zu melden. Hier müssen klare und staatliche Reaktionen erfolgen.

Als letzten Punkt noch etwas Generelles: Wir müssen treffsichere Regeln haben und müssen gerade an die verantwortungslosen Hundehalter herankommen, die ein friedliches Zusammenleben von Mensch und Hund immer wieder bewusst und gewollt gefährden. Hier muss bei entsprechenden Vorfällen das gesamte rechtliche Instrumentarium greifen, auch bis hin zum Haltungsverbot.

Ein solches durchaus differenziertes Vorgehen wird gerade den Hundehaltern gerecht, die sich an Recht und Gesetz halten, ihren Hund ordentlich erziehen, ihn angemeldet haben und keine Gefahren für andere auslösen. Daher muss der Senat hier ganz schnell zu klaren Ansagen kommen. Das ist er der Sicherheit der Menschen und

gerade der Kinder, aber auch den Hunden und den Hundehaltern und – wie die Diskussionen in diesen Tagen zeigen – dem inneren Frieden in dieser Stadt verdammt schuldig. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort bekommt Herr Goldberg.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die aktuellen Unglücksfälle zwischen Mensch und Hund weisen traurigerweise zwei Gemeinsamkeiten auf.

Zum einen haben sie Menschen, insbesondere Kinder, an Leib und Seele verletzt, die es unvermittelt traf und die darauf vertraut haben, dass die ihnen begegnenden Tiere für sie ungefährlich sind. Zum anderen wären diese Vorfälle vermeidbar gewesen, wenn sich die Beteiligten verantwortlich und vernünftig verhalten hätten.

Unverantwortlichkeit und Unvernunft liegen dabei in erster Linie bei den Hundehaltern, die sich über bestehende Gesetzeslagen hinwegsetzen, sie fahrlässig nicht zur Kenntnis nehmen oder die nicht über ausreichende Kenntnisse verfügen, um die mögliche Gefährlichkeit ihrer Hunde zu erkennen und einzuschätzen. Weiterhin sind diese Hundehalter nicht fähig, ihre Hunde so zu erziehen, auszubilden und zu führen, dass von ihnen keine Gefahr ausgeht. Letztlich verfügen sie nicht über die ausreichende Einsicht, die von ihnen nicht stets sicher zu führenden Hunde aus unklaren Situationen herauszuhalten. Sie offenbaren die Notwendigkeit einer klaren und umfassenden gesetzlichen Regelung zum Halten und Führen von Hunden in der Großstadt.

Wir haben zwar mit der geltenden Hundeverordnung einige Erfolge aufzuweisen, wie rückläufige Fallzahlen und steigende Ordnungswidrigkeitsverfahren bei Verstößen gegen die Hundeverordnung, aber wir müssen erkennen, dass ein statistischer Erfolg nicht ausreicht, um den weiter wachsenden Problemen der Konflikte zwischen dem Mensch mit Hunden und den Menschen mit Angst vor Hunden zu begegnen.

(Beifall bei der CDU)

Auf die Initiative unserer Fraktion im vergangenen Jahr folgte erfreulicherweise schnell ein konstruktives Mitwirken insbesondere der GAL und nach einigem Zögern auch der SPD. Es ist gut, dass wir gemeinsam an dieser Aufgabenstellung arbeiten. Nicht gut ist, dass uns allen die Ereignisse vor den Ergebnissen davongelaufen sind. Am schlechtesten aber ist, dass Sie, lieber Herr Neumann, sich nicht schämten, persönlich die schweren körperlichen Verletzungen anderer zu polemischer und populistischer Agitation zu nutzen.

(Beifall bei der CDU – Karl-Heinz Warnholz CDU: So ist es!)

Das war nicht gut, nicht sinnvoll und auch nicht aufrichtig. Bei aller aktuellen Betroffenheit ist es unsere gemeinsame Aufgabe, eine Regelung auf den Weg zu bringen.