Protocol of the Session on May 30, 2002

eine Situation, die vorher nicht möglich war. Wir sind jetzt gerade dabei, das gesamte übrige Stadtgebiet, vom Hauptbahnhof ausgehend, aufzurollen. Vorübergehend kann es hier zu gewissen Verwerfungen in der Weise kommen, dass im Schanzenviertel noch der eine oder andere – ich betone an dieser Stelle: der eine oder andere – Drogendealer oder Junkie gesichtet wird. Das ist ein vorübergehender Zustand, der sich auch nicht vermeiden lässt. Wir setzen mit unserer Polizei energisch nach und Ziel bleibt nicht die Vertreibung der offenen Drogenszene und die Vertreibung der Junkies, sondern Ziel ist die Inhaftierung sämtlicher Drogendealer. Hier sind wir auf einem guten Weg. Wir verhaften im Moment viermal so viele Drogendealer wie im Vorjahreszeitraum. Im Februar haben wir sogar sechsmal so viele Dealer mit einem Haftbefehl versehen können wie im Vorjahreszeitraum Februar und setzen hier auch auf ein gutes Zusammenwirken zwischen Polizei auf der einen Seite und Justiz auf der anderen Seite.

Es stehen uns allerdings im Moment noch nicht so viele Kräfte zur Verfügung, wie es eigentlich wünschenswert wäre. Die Polizeibeamten und auch die Polizeiangestellten, die die Polizeibeamten ja freisetzen sollen, sind teilweise noch in der Ausbildung. Aber daran, dass diese Kräfte in einem überschaubaren Zeitraum zur Verfügung stehen werden, sehen Sie, dass die offene Drogenszene, die in Hamburg zur größten offenen Drogenszene in ganz Europa herangezüchtet worden war, bald der Vergangenheit angehören wird.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP)

Herr Warnholz, bitte schön.

Herr Senator, welche Maßnahmen sollen konkret ergriffen werden, um die offene Drogenszene aus dem Schanzenviertel zu vertreiben?

Letztendlich werden bereits die gleichen wirksamen Maßnahmen ergriffen, die sich im Gebiet St. Georg als äußerst erfolgreich erwiesen haben. Es wird nicht länger, wie in der Vergangenheit, auf Prävention in der Weise gesetzt, dass sinnlose Platzverweise gegenüber Dealern erlassen werden, immerhin Dealer, die schwere Verbrecher sind, weil sie gegen das Betäubungsmittelgesetz verstoßen haben und eigentlich ein bis zehn Jahre Freiheitsstrafe verwirkt haben, sondern es wird die polizeiliche Kraft darauf verwendet, repressiv tätig zu werden, das heißt mit dem Ziel, die Dealer dorthin zu bringen, wo sie hingehören, nämlich ausschließlich hinter Schloss und Riegel. Hier sind wir auf einem guten Wege. Das findet im Schanzenviertel bereits genauso energisch statt wie vorher im Bereich des Hauptbahnhofs. Flankiert werden die Maßnahmen durch entsprechende präventive Angebote, auf die einfache Formel gebracht: Gegen Dealer, und zwar auch gegen abhängige Dealer, wird mit Hilfe von Repressionen vorgegangen und gegen Junkies, die nicht dealen, wird mit Hilfe von Schutzpolizei vorgegangen, um sie aus Gebieten zu vertreiben, wo sie insbesondere die dort lebende Bevölkerung und Geschäftsleute unmittelbar beeinträchtigen.

Das Ganze geschieht mit einer höchst motivierten Polizei, die endlich wieder das tun kann, wofür sie Polizeibeamte geworden sind, nämlich Verbrecher zu fangen. Die Zeiten, wo Polizeibeamte strafversetzt wurden, weil ihnen vorgehalten wurde, sie würden zu viele ausländische Dealer verhaften, gehören Gott sei Dank der Vergangenheit an und das wird letztendlich von der Polizei auch so gesehen. Es ist hier wieder sehr erfolgreiche Polizeiarbeit möglich und auf der anderen Seite versuchen wir, das Problem durch entsprechende ausländerrechtliche Maßnahmen in den Griff zu bekommen ausgehend von der Tatsache, dass von 2200 festgestellten Dealern im letzten Jahr sage und schreibe 1400 aus Schwarzafrika stammten. Hier werden ausländerrechtliche Maßnahmen auch im Zusammenwirken mit entsprechenden Konsulaten und Botschaften ergriffen, um diese Leute abzuschieben.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP)

Herr Warnholz.

Herr Senator, wie verhindert der Senat eine zu befürchtende Verlagerung der offenen Drogenszene auf weitere Stadtteile unserer Stadt?

Eine Verlagerung der offenen Drogenszene ist zeitweilig nicht völlig auszuschließen, wenngleich es unser Ziel ist, die Dealer hinter Schloss und Riegel zu bringen. Wir sind auf die Mithilfe der Bevölkerung angewiesen, weil wir nicht genügend Polizeibeamte haben, um überall entsprechende Wahrnehmungen zu treffen. Die Bevölkerung ist aufgerufen, die Polizei, ihren Freund und Helfer, überall dort zu informieren, wohin sich die Drogenszene zeitweilig verlagert haben könnte, um dem Verfolgungsdruck zu entgehen. Wir machen im Zusammenwirken mit der hamburgischen

(Britta Ernst SPD)

Bevölkerung ausgesprochen gute Erfahrungen und können das mit einer Hotline unter Umständen noch weiter verbessern. Viele Bürger wenden sich an die Polizei und werden auch bei dieser Gelegenheit wieder dazu aufgefordert. Wenn so eine Meldung erfolgt oder die Polizei auf andere Art und Weise Kenntnis davon erlangt, dass sich die Szene, und seien es auch nur einige wenige, irgendwo festzusetzen droht, kommt sofort die Polizei mit den nötigen Maßnahmen und greift unnachsichtig zu.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP)

Herr Dr. Schäfer.

Nachdem der Senat angekündigt hat, sämtliche Drogendealer in Haft zu nehmen, gibt es Hinweise darauf, dass die Menge verkaufter illegaler Drogen zurückgeht?

Herr Bürgermeister, bitte schön.

Wir können im Moment nur davon sprechen, dass wir die offene Drogenszene zerschlagen. Das wird dazu führen und führt bereits jetzt dazu, dass Hamburg als Drogenumschlagplatz für die Dealer unattraktiver wird, weil ihr Handeln einhergeht mit einem erheblichen Verfolgungsrisiko. Es wird, genauso wie es vorher eine Sogbewegung nach Hamburg gegeben hat, weil Hamburg ein Herz für Dealer hatte, genauso wieder eine Abwanderungsbewegung von Hamburg geben. Entsprechende Zahlen schon zu diesem Zeitpunkt vorzulegen, wäre unseriös. Da müssen wir erst einmal entsprechende Erhebungen abwarten.

(Uwe Grund SPD: Die Preise steigen!)

Aber wir gehen davon aus, dass die Szene sich inzwischen schon verlagert. Wie Sie wissen, kommen zahlreiche Konsumenten nicht aus Hamburg, sondern haben Hamburg nur deswegen aufgesucht, weil Hamburg unter der bisherigen Regierung zu einem Drogenschlaraffenland verkommen ist.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP – Uwe Grund SPD: Laber, laber, laber!)

Herr Mahr hat das Wort, dann Frau Rogalski-Beeck und dann Frau Dr. Freudenberg. Bitte schön.

Herr Senator, welche Stadt der Welt haben Sie sich zum Vorbild auserkoren, die es geschafft hat, sämtliche Dealer hinter Schloss und Riegel zu bringen?

(Michael Neumann SPD: Schill-City!)

Herr Mahr, ich muss zugeben, dass sich das Drogenproblem nicht vollständig lösen lässt. Es gibt keinen Königsweg, aber der Weg, der unter der Verantwortung Ihrer Partei

(Manfred Mahr GAL: Ach so!)

unter anderem beschritten wurde, war der Holzweg.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP)

Dadurch ist es gelungen, Hamburg innerhalb von wenigen Jahren zur größten offenen Drogenszene nicht nur in Deutschland, sondern in Europa heranzuzüchten. Ehemalige Städte, denen ein ähnlicher Ruf anhaftete, wie Amsterdam oder Frankfurt in Deutschland, sind längst nicht mehr führend, sondern Hamburg hat sie längst in den Schatten gestellt, was die Größe der offenen Drogenszene anbelangt, weil Ihre ehemaligen Regierungsvertreter der Meinung waren und sich das auch herumgesprochen hatte, dass es sich gar nicht lohnt, kleine und mittlere Dealer überhaupt zu verfolgen, denn irgendwie müssten die Süchtigen ja versorgt werden. Das hat sich bis Westafrika herumgesprochen und deswegen gibt es die erhebliche Sogbewegung nach Hamburg.

Wir werden den Drogenhandel nicht völlig abschaffen können, aber wir wollen ihn auf ein erträgliches Maß senken. Und wenn Sie mich nach einer vorbildlichen Stadt in dieser Weise fragen, dann nenne ich Ihnen die nächstgrößere Großstadt namens München.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP)

Frau RogalskiBeeck verzichtet. Frau Dr. Freudenberg.

Herr Senator, welche zusätzlichen Hilfseinrichtungen werden Sie für Drogensüchtige aufbauen gemäß Ihrer Vorgabe, alle Hilfe den Süchtigen, alle Härte gegen Dealer, vor allem im Schanzenviertel?

Bitte schön, Herr Bürgermeister.

Der Aufbau fällt nicht in meine Kompetenz als Innensenator, sondern eher in das Ressort des Gesundheitssenators. Aber letztendlich ist der Senat hier in der Gesamtverantwortung und es ist die gemeinsame Aufgabe des Senats, den Süchtigen entsprechende Hilfsangebote zu machen. Die sollen, das ist jetzt geplant, in einer zentralen Einrichtung zusammengefasst werden, um in diesem Bereich besonders effektiv arbeiten zu können. Aber lassen Sie mich vielleicht noch eins hinzufügen: Die Drogensüchtigen sind nur gegenüber Hilfsangeboten aufgeschlossen, wenn man andererseits die Möglichkeit, an Drogen heranzukommen, einschränkt; deswegen muss das ineinander greifen. Wir schränken durch Repression die Möglichkeit ein, an Drogen heranzukommen, und öffnen den Drogensüchtigen dadurch den Weg zu Hilfsangeboten, die ja, wenn man sie durchläuft, in der Therapie nicht immer angenehm sind. Ich als ehemaliger Strafrichter – bei mir waren die Hälfte aller Angeklagten Drogensüchtige wegen Beschaffungskriminalität – habe erleben müssen, dass die alle schon mehrere stationäre oder ambulante Therapien hinter sich hatten, es aber einfach zu leicht war, an jeder Straßenecke wieder an Drogen heranzukommen, und das soll sich ändern. Deswegen ist es so wichtig zu sagen, alle Härte gegenüber den Dealern, trockne den Drogensumpf aus und stelle entsprechende Hilfsangebote gegenüber den Süchtigen vor.

Das werden wir tun und es ist eine große zentrale Einrichtung dafür in unmittelbarer Planung.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP)

(Zweiter Bürgermeister Ronald Barnabas Schill)

A C

B D

Weitere Fragen? – Das ist nicht der Fall.

Als nächstes hat Herr Müller das Wort.

Für Jugendliche ist die Phase der sexuellen Selbstfindung außerordentlich schwierig und sensibel. Zahlreiche Initiativen wie das vom Senat gekürzte JungLesbenZentrum, der Lesbenverein Intervention e.V. bemühen sich um Unterstützung der Jugendlichen während des Coming-out.

Ist dem Senat bekannt, dass lesbische und schwule Jugendliche von einer deutlich höheren Selbstmordgefahr, nämlich fünfmal so stark, betroffen sind wie heterosexuelle Jugendliche?

Meine zweite Frage gleich hinterher: Was bedeutet das für den Senat und welche Konsequenzen zieht er aus dem Umstand?

Für den Senat Herr Staatsrat Meister bitte.

Frau Präsidentin, Herr Abgeordneter! Der zuständigen Behörde sind Untersuchungen zur Frage eines möglichen Zusammenhangs von Homosexualität und Suizidverhalten bei Jugendlichen bekannt. Das zu Ihrer ersten Frage.

Zu Ihrer zweiten Frage: Diese Jugendlichen und ihre Eltern müssen in den Einrichtungen der Jugendhilfe und Familienförderung Unterstützung, Rat und Hilfe erhalten können und erhalten sie auch.

Herr Müller, bitte.

Wie erklärt der Senat, dass er das einzige Junglesbenzentrum in Hamburg zum Beispiel zugunsten bayerischer Polizisten in der Innenbehörde kürzt?

Herr Staatsrat.