Aber an der Strombörse wird die Energie immer billiger. Doch die Energieversorger weigern sich, die niedrigeren Einkaufspreise an die Verbraucher weiterzugeben. Die Behauptung, hohe Preise seien auf den Ökostrom zurückzuführen, ist – dass muss ich wirklich sagen – nichts anderes als eine plumpe Propaganda der Energiekonzerne und ihres parlamentarischen Arms.
Aktuell liegt der Börsenpreis bei nur noch 4 Cent pro Kilowattstunde. Die EEG-Umlage macht derzeit gerade einmal etwas mehr als 6 Cent vom Strompreis aus. Trotzdem zahlen die Verbraucher zwischen 25 und 30 Cent pro Kilowattstunde. Industrielle Großabnehmer aber – auch das muss man wissen – zahlen nicht einmal die Hälfte von diesem Preis. Deswegen ist nicht die EEG-Umlage der Kostentreiber, sondern die Preispolitik der Stromkonzerne.
Wir sagen daher: Die Last der Energiewende und deren Preis dürfen nicht einseitig von den Privatverbrauchern getragen werden. Gerade die einkommensschwachen Haushalte – von denen die FDP ja vorgibt, dass sie um diese besorgt sei; ich glaube, die einkommensschwachen Haushalte wissen besser, wofür die FDP steht – kämpfen zunehmend mit steigenden Energiekosten. Speziell energetische Sanie
Deswegen ist Energiearmut in diesem Land ein Problem, und hier muss eingegriffen werden. Deswegen sagen wir: Wer die Strompreise für die Verbraucher wirksam senken will, der muss die erst im Jahr 2007 abgeschaffte Strompreisaufsicht endlich wieder einführen. Das wäre ein sinnvoller Schritt.
Herr Ministerpräsident, jetzt rufen Sie hier „DDR!“ dazwischen. Die Stromaufsicht gab es bis zum Jahr 2007, und Sie rufen da „DDR!“
Ich finde wirklich, das ist dem Niveau, das ein Ministerpräsident eigentlich zeigen sollte, nicht unbedingt zuträglich.
Und wenn ich Ihnen im Übrigen noch ein bisschen auf die Sprünge helfen darf: Im Jahr 2010 gab es nochmals eine Initiative von unionsgeführten Ländern im Bundesrat, wieder über die Strompreisaufsicht zu reden. Vielleicht sollten Sie mit Ihren Kollegen aus der Union noch einmal über deren Verhältnis zur DDR reden, wenn Sie an dieser Stelle „DDR!“ dazwischenrufen. Das ist doch wirklich blanker Unsinn. Herr Ministerpräsident, setzen Sie sich bitte mit der Sache auseinander, statt solche Plattitüden dazwischenzurufen.
Mehrfach haben wir im Bundestag gefordert, die Stromsteuer zu senken. Auch das wäre ein ganz praktischer Schritt. CDU und FDP hätten das in den letzten Jahren tun können.
Jetzt nicht mehr. Deswegen müssen wir diese Bundesthemen jetzt alle hier diskutieren. – Wenn es Ihnen wirklich um die Strompreise gegangen wäre, hätten Sie das in den letzten Jahren unterstützen können.
Statt die Ausbauförderung zu kürzen, fordern wir in der Tat endlich eine Neuregung der Industrierabatte. Wir sind nämlich der Meinung, Privilegien sollen nur denen gewährt werden, die als energieintensive Unternehmen wirklich mit moderner Technik produzieren, die nachweislich im internationalen Wettbewerb stehen und die verbindliche Pläne zur Energieeinsparung und Effizienzsteigerung nachweisen und auch einhalten. Meine Damen und Herren, alleine dadurch könnte man die EEG-Umlage um 1 Cent pro Kilowattstunde senken.
Was aber nicht geht, ist, jede Menge Unternehmen ohne überhaupt einen ersichtlichen Grund von der EEG-Umlage zu befreien und sich dann zu wundern, dass es für die anderen teurer wird. Deswegen will ich, bei aller Kritik – und
wir haben kritische Punkte am EEG –, feststellen: Das EEG ist zunächst einmal eine Erfolgsgeschichte.
Der Anteil der erneuerbaren Energien am Energiemix ist deutlich angestiegen. Hunderttausende Bürgerinnen und Bürger, Landwirte, Kommunen und Energiegenossenschaften haben in sauberen Strom investiert. Gleichzeitig sinkt der Preis für den grünen Strom immer weiter. Die Preisparität zum fossilen Strom ist mittlerweile erreicht. Wenn man einmal alle verborgenen Kosten der fossil-atomaren Stromerzeugung mit einrechnet, dann sind die erneuerbaren Energien schon heute die günstigste Energiequelle.
Dafür spricht auch, dass sich mittlerweile über 50 Länder das EEG zum Vorbild genommen haben. Das spricht dafür, dass dieses Gesetz erst einmal ein wichtiger und richtiger Schritt für die Energiewende war.
Aber auch dieses Gesetz ist nicht perfekt. Es hat einen Konstruktionsfehler. Insbesondere ist es sozial nicht ausgewogen, solange die Privatverbraucher die Rabatte für die Industrie bezahlen. Deshalb ist es erst einmal grundsätzlich eine gute Idee, das EEG reformieren zu wollen. Aber die Maßnahmen von Sigmar Gabriel und der Bundesregierung gehen in die falsche Richtung. Sie gefährden die bisherigen Erfolge. Vor allem atmen sie den Geist der Kohlelobby, die noch möglichst viel Rendite aus ihren alten Kraftwerken ziehen will.
Ich finde es sehr treffend, wie die Ökonomin Claudia Kemfert – die als Expertin für die Energiewende dem Schattenkabinett der Hessen-SPD für die Landtagswahl angehört hat – Gabriel gestern im „Tagesspiegel“ kritisiert hat. Seine Pläne seien „eine große Gefahr“ für die Energiewende. Sie kritisiert, dass Fördersätze stark gekürzt und der Neubau von Solar- und Windkraftanlagen begrenzt werden sollen, während neue Kohlekraftwerke gebaut werden. Frau Kemfert attestiert Gabriel, er vertrete „die Interessen der alten Industrien, die den Umbau bremsen wollen“.
Ich sage einmal ganz ehrlich: Ich hätte es schön gefunden, wenn Frau Kemfert jetzt im Kabinett gesessen hätte und gestern Abend selbst mit Herrn Gabriel hätte verhandeln können. Ich glaube, sie hätte ihm ein paar deutliche Worte gesagt. Ich meine, die SPD sollte diese Stimme sehr ernst nehmen.
Es ist ein großer Fehler, den Strompreis dadurch stabilisieren zu wollen, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien begrenzt wird.
Na, ihr bräuchtet doch nicht unbedingt Claudia Kemfert, um ein paar deutliche Worte zu den Plänen des Bundeswirtschaftsministers zu sagen. Das könnte die Hessen-SPD doch auch von sich aus tun. Herr Gremmels, es wäre schön, wenn die hessische SPD nicht nur in Untertönen, sondern auch einmal klar und deutlich sagen würde, was
dieser Wirtschaftsminister macht, ist ein Ausbremsen der Energiewende, und dass ihr das nicht mittragt. Das könntet ihr klar sagen, auch wenn ihr nicht in der Landesregierung seid. Das fände ich klasse, denn in Sachen Energiepolitik ist die hessische SPD doch etwas fortschrittlicher als die SPD auf Bundesebene.
Gestern fand ein Bund-Länder-Gespräch statt. Das Ergebnis des gestrigen Abends scheint zu sein: Die Reform wird etwas weniger schlecht. Aber weniger schlecht ist eben noch lange nicht gut. Der 2.500-MW-Deckel bleibt. Das impliziert die Befürchtung, die Energiewende könnte zu schnell erfolgen. Ich finde diesen Gedanken – schon gar in Hessen – wirklich nicht sehr angebracht.
Dass gestern nicht einmal der Vertrauensschutz für die bis Januar angemeldeten Windkraftprojekte beschlossen wurde, gefährdet hier in Hessen konkret geplante Vorhaben. Herr Ministerpräsident, Sie wissen das. Ich halte es schon für ein Problem, dass Sie und Herr Al-Wazir sich gestern Abend an dieser Stelle offensichtlich keinen Millimeter gegen die Bundesregierung durchsetzen konnten. Die Kürzungspläne beim EEG gefährden konkret die Ausbauprojekte auch hier in Hessen und damit auch die hessischen Klimaschutzziele.
Deswegen sagen wir: Wir brauchen einen Ausbau der erneuerbaren Energien, nicht das Einbauen irgendwelcher Bremsen. Wir sind der Meinung, die Energiewende erschöpft sich nicht darin, Energieträger auszutauschen, sondern wir brauchen einen Umbau der Energiewirtschaft. Das ist die Gelegenheit, die Macht der vier großen Energiekonzerne zu brechen und auf eine sehr viel stärker dezentralisierte, kleinteiligere Energieerzeugung umzustellen. Dazu müsste man die dezentrale Energiegewinnung stärker fördern, statt den Fokus immer weiter auf gigantische Offshore-Windprojekte zu legen. Mittlerweile engagieren sich jede Menge Menschen in Energiegenossenschaften. Viele Stadtwerke, Privatpersonen und Kleinunternehmer sind an der Energiewende beteiligt. Genau diese Akteure würden jetzt gefährdet, wenn die Pläne der Bundesregierung durchgeführt werden.
Ich komme zum Schluss. Wir müssen die Energiewende als ein großes Projekt unserer Generation verteidigen und vorantreiben. Die Energiekonzerne sind in diesem Kampf nicht unsere Verbündeten. Um es mit den Worten von Hermann Scheer zu sagen: Das EEG ist das „erste Energiegesetz, das gegen den massiven Widerstand der organisierten Energiewirtschaft durchgesetzt wurde“.
Meine Damen und Herren, auch heute gilt: Wer die Energiewende will, der darf den Konflikt mit den Energiekonzernen nicht scheuen, statt dauernd vor ihnen einzuknicken. In diesem Sinne: Wir LINKE bleiben standhaft.
Vielen Dank, Frau Kollegin Wissler. – Als nächster Redner spricht Kollege Kaufmann von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Bitte schön, Herr Kollege Kaufmann, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist jetzt nicht ganz einfach, in dieser Debatte einen Beitrag zu leisten, der den Vorrednern und der Vorrednerin einigermaßen gerecht wird; denn die Kollegin Wissler hat, statt zum Thema zu reden, das große Ganze beschrieben, wie man die Welt schöner machen kann, wenn man für nichts Verantwortung trägt, während der Kollege Rentsch im Wesentlichen dargetan hat, dass sich die FDP aus jeglicher seriösen Argumentation zum Thema erneuerbare Energien mit Eifer verabschiedet hat.
Das ist eigentlich schade. Allerdings haben die Blau-Gelben – das wissen wir schon seit dem letzten Wahlkampf – mit der Umsetzung der Energiewende gemäß den Vereinbarungen des Energiegipfels offensichtlich nicht nur ihre Probleme; nein, sie stehen ihr geradezu feindlich gegenüber, denn sie bemühen sich mit großem Eifer, in Hessen die Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer elektrischer Energie zu desavouieren und ihre Einrichtung möglichst zu verhindern. Genau das hat uns der Herr Kollege Rentsch auch heute deutlich gemacht, indem er seinen Kampf gegen die Windräder wiederholt hat.
Meine Damen und Herren, wir erinnern uns: Damals war der Kollege Rentsch der für den Landesentwicklungsplan zuständige Minister. Im Landesentwicklungsplan sind bestimmte Regeln festgehalten worden, nach welchen Kriterien bevorzugte Standorte und Vorrangflächen ausgewählt werden sollen. Kaum war das so beschlossen, war Herr Rentsch der Allererste, der gegen diese Regeln polemisiert und ihre Änderung verlangt hat. So viel zur Solidität der Argumente des Kollegen Rentsch und der FDP.
Verehrter Herr Rentsch, Sie haben Ihre Rede mit der Feststellung begonnen, Sie wollten sich an die Seite stellen, um das Ganze zu betrachten. Ich kann nur sagen: Sie haben sich ins Abseits gestellt und deutlich gemacht, dass Sie offensichtlich von Sachkenntnis nicht getrübt sind. Ihre mehr oder minder rhetorische Frage, warum ausgerechnet die erfolgreichste Industrienation auf dem Kontinent Europa die Energiewende durchführen sollte – so haben Sie sinngemäß gefragt –, kann ich Ihnen kurz wie folgt beantworten: Wer sollte es denn sonst machen? Wenn nicht eine erfolgreiche Industrienation mit gutem Beispiel vorangeht, wer denn sonst? Wir haben dabei die Chancen für die Industrie und für die Dienstleister noch gar nicht erwähnt, die entstehen, wenn man die Energiewende gut macht. Vielleicht kommen Sie, Herr Rentsch, aber auch zu dem Schluss, man lässt die Energiewende am besten bleiben. Denn was interessiert Sie die Entwicklung des Klimas auf der Welt? – Da sind wir in der Tat grundsätzlich anderer Meinung als Sie. Hier ist viel Arbeit notwendig, und hier ist dringend angezeigt, dass wir vorankommen, weil wir sonst die Zukunft unseres Planeten massiv gefährden.