Vielen Dank, Kollegin Faeser. – Als Nächster hat Kollege Frömmrich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, das Wort.
Frau Präsidentin! Ich habe der Kollegin Faeser sehr genau zugehört. Sie hat über Differenzierung in der Argumentation und in der Vorstellung solcher Statistiken gesprochen. Ich würde mir wünschen, dass die Opposition das eine oder andere Mal zu differenzierten Aussagen übergehen würde, dann kann man auch gut diskutieren.
Es ist gut für die Menschen in Hessen, wenn in Hessen die Kriminalitätsbelastung sinkt. Es ist auch gut, wenn die Aufklärungsquote steigt. Das ist gut für die Menschen in Hessen, das kann man an einem solchen Tag erwähnen.
Kriminalstatistiken dienen nicht dazu, dass sich Politiker damit schmücken. Kriminalstatistiken dienen dazu, dass man deutlich macht, dass wir in einem sicheren Bundesland leben und dass die Arbeit der Polizistinnen und Polizisten, die in unserem Land geleistet wird, der Sicherheit der Menschen dient und nicht Politikern, um sich mit Statistiken zu schmücken.
Deswegen möchte ich auch den Polizeibeamtinnen und -beamten und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der hessischen Polizei meinen Dank aussprechen, die die Verantwortung dafür tragen, dass der Innenminister solche Statistiken vorlegen kann.
Man muss gar nicht mit besonderen Superlativen arbeiten, wenn man feststellt, dass ein Rückgang der Straftaten um 8.000 Fälle bzw. um 2,2 % und ein Ansteigen der Aufklärungsquote auf 59,5 %, also plus 0,7 Prozentpunkte, sehr gute Werte sind. Das kann gemeinsam in diesem Hause festgestellt werden.
Meine Damen und Herren, das ist gut für das Sicherheitsempfinden der Menschen in unserem Bundesland. Auch bei den Häufigkeitszahlen, also den Zahlen, die aussagen, wie viel Kriminalität es pro 100.000 Einwohner gibt, können wir uns mit einem Wert von 6.429 im Landesvergleich durchaus sehen lassen.
Bei dem Rückgang von Kriminalität haben wir es insbesondere mit Straftaten wie Vermögens- und Fälschungsdelikten, Sachbeschädigung, Leistungsbetrug, Erschleichung von Leistungen und Straßenkriminalität zu tun. Eine Zunahme der Kriminalität ist in den Bereichen des Aufent
haltsgesetzes, des Taschendiebstahls, des Waren- und Kreditbetrugs, des Tankbetrugs und des Wohnungseinbruchdiebstahls zu verzeichnen. Immer da, wo Zunahmen zu verzeichnen sind, muss man sich Gedanken darüber machen, wie man besser wird, etwas ändern und auch für die Prävention tun kann. Das wollen wir als Koalition auch machen, meine Damen und Herren.
Gerade wenn man gute Zahlen vorlegt – wie es der Innenminister jüngst getan hat –, sollte man nicht vergessen, den Blick auch dahin zu wenden, wo es noch Probleme gibt. Das trifft in besonderem Maße für Wohnungseinbrüche zu. Diese Deliktform trifft die Menschen ganz unmittelbar und in besonderer Weise, weil ihr persönliches Umfeld direkt davon betroffen ist. Viele Opfer eines solchen Delikts sind nach solchen Vorfällen traumatisiert, fühlen sich in der eigenen Wohnung nicht mehr sicher, haben Angstzustände, können nicht mehr schlafen. Es wurde in ihren persönlichen Sachen herumgewühlt, persönliche Gegenstände wurden entwendet. Weil es die Menschen in besonderer Art und Weise trifft, muss meiner Meinung nach die Bekämpfung dieser Deliktform besonders intensiv in Betracht genommen werden.
Die Zahlen in den Polizeipräsidien sind sehr unterschiedlich. Gleichwohl braucht es aber weitere Anstrengungen, um Wohnungseinbrüche zu verhindern und die Aufklärungsquote auch in diesem Bereich zu verbessern; auch das kann man hier ganz offen sagen.
In den verschiedenen Polizeipräsidien haben wir es, wie gesagt, mit sehr unterschiedlichen Zahlen zu tun. Die Polizeipräsidien Südhessen, Frankfurt oder Westhessen verzeichnen eine Zunahme bei Wohnungseinbrüchen. In den Präsidien Südosthessen, Mittelhessen und Nordhessen sind die Zahlen rückläufig. Daher bitte ich darum, die zuvor angemahnte differenzierte Betrachtung auch in diesem Bereich vorzunehmen.
Prävention ist auch bei Wohnungseinbrüchen ein gutes und probates Mittel. Im Übrigen ist Prävention ein gutes Mittel insbesondere zur Gefahrenabwehr. Es setzt aber voraus, dass Menschen bereit sind, ihre Wohnungen, Häuser oder Geschäftsgebäude bzw. Türen, Kellerfenster usw. besser zu schützen, bessere Beleuchtung anzubringen, beispielsweise an Terrassen oder Balkonen. Für solche Maßnahmen müssen die Menschen sensibilisiert werden; Kollege Bauer sagte es schon: Das ist in den vergangenen Jahren bereits verstärkt geschehen.
Dass Prävention nutzt, muss gesagt werden. Die Maßnahmen der Vergangenheit haben gewirkt, das zeigen bei differenzierter Betrachtung auch die Zahlen der Kriminalstatistik: Bei 41,8 %, also 4.511 Fällen, mussten die Täter ihr Vorhaben bereits im Versuchsstadium abbrechen. Es kam also nicht zur Tatvollendung. Sicherheitstechnische Beratung, aufsuchende Präventionsmaßnahmen sowie Warnungen und Öffentlichkeitsarbeit der Polizei zeigen Wirkung. Deshalb müssen gerade solche Maßnahmen bei der Prävention verstärkt werden.
Aber auch in anderen Bundesländern gibt es Probleme mit Blick auf Wohnungseinbrüche. Auch das sollte differenziert betrachtet werden.
In Baden-Württemberg – da regieren GRÜNE und SPD zusammen, Frau Faeser – gibt es eine Zunahme von 31,8 % an Wohnungseinbrüchen zu verzeichnen. Das ist dramatisch und sollte einmal gesagt werden. In Bayern gibt es eine Zunahme von 11,8 %, in Niedersachsen eine Zunahme von 7,8 %, in Rheinland-Pfalz, also gleich über den Rhein, ist es eine Zunahme von 6,9 %. Nun ist es kein gutes Argument, mit dem Finger auf andere zu zeigen, wenn man selbst ein Problem hat.
Aber es zeigt doch, dass dieses Problem der Wohnungseinbrüche nicht ein spezifisch hessisches ist, sondern dass es in der ganzen Bundesrepublik problematisch ist und wir uns dem, auch länderübergreifend, annehmen müssen.
Wir haben es mit Mehrfach- und Intensivtätern zu tun, die ihre Taten länderübergreifend begehen, mal in Hessen, mal in Thüringen, mal in Niedersachsen. Um überregional tätige Einbrecher und Einbrecherbanden durch hohen Kontrolldruck zu verunsichern, müssen wir neben intensiver täterorientierter Ermittlung und Bandenverfahren weiter verstärkt länderübergreifend zusammenarbeiten. Diese Ansätze gibt es schon, und sie müssen weiter verfolgt werden, um in diesem Bereich weiterzukommen.
Ich möchte noch ein paar andere Punkte ansprechen, bei denen es durchaus Verbesserungsmöglichkeiten gibt, beispielsweise bei der Wirtschafts- und Internetkriminalität. Wirtschaftskriminalität – der Innenminister hat es in seiner Pressekonferenz erläutert – ist auch darauf zurückzuführen, dass wir es in Frankfurt mit einem Großverfahren zu tun haben. Aber die Schadenssummen in diesem Feld sind enorm: Allein 2013 war es eine Summe von über 196 Millionen €. Das ist kein gutes Zeichen, hier müssen wir etwas tun. In den letzten zehn Jahren sind Schäden in einer Größenordnung von 1,8 Milliarden € entstanden. Das bedeutet, dass wir hier zusätzliche Anstrengungen unternehmen müssen.
Bei der Internetkriminalität ist zwar insgesamt ein Rückgang zu verzeichnen, aber das Internet als Tatmittel gewinnt immer größere Bedeutung: 88 % der Verbreitung kinderpornografischer Schriften findet im Internet statt, 83 % des Warenbetrugs findet im Internet statt, und selbst 10 % der Beleidigungsverfahren sind auf das Internet zurückzuführen, also müssen wir auch darauf einen besonderen Blick werfen. Die Einrichtung von Internetkommissariaten ist bereits erfolgt, dies hat die Vorgängerregierung getan. Wir haben uns in der Koalition darauf verständigt, bei der Cyberkriminalität präventive und repressive Maßnahmen zu verstärken. Ich finde, in Anbetracht der Zahlen ist das ein richtiger Ansatz.
Noch zwei Dinge, auf die wir unseren Blick besonders richten sollten. Wir haben es mit vielen sogenannten Mehrfach- und Intensivtätern zu tun: Allein 4.500 Fälle werden von solchen Tätern begangen. Auf den einzelnen Täter
Ich komme sofort zum Schluss, Frau Präsidentin. – Die Jugendkriminalität ist zwar rückläufig, aber auch dort muss genauer hingeschaut werden. Die Häuser des Jugendrechts, der Kollege Bauer erwähnte es bereits, sind gute Maßnahmen. Wir gehen das an und wollen ein drittes Haus des Jugendrechts einrichten.
Die Kriminalitätsbelastung sinkt, das ist gut, die Aufklärungsquote steigt, auch das ist gut – zwar steigt sie nicht in allen Deliktbereichen, aber deswegen sind hier differenzierte Betrachtungen gefragt. Wir danken den Polizistinnen und Polizisten für ihre Arbeit: Die sind dafür verantwortlich, dass solche Zahlen vorgelegt werden können.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist schon fast ein Ritual, dass wir jedes Jahr nach Vorlage der Polizeilichen Kriminalstatistik über dieses Thema beraten. Es ist ein wichtiges und gutes Ritual, weil es insbesondere auch Gelegenheit dazu gibt, die große Leistung der hessischen Strafverfolgungsbehörden zu würdigen. Unser Dank gebührt all jenen, die hier Tag für Tag großen Einsatz zeigen und ihren gefährlichen Dienst im Interesse der Allgemeinheit verrichten. – Das ist der eine Teil der Medaille, über den wir uns wohl alle einig sind.
Das Zweite, was hier hervorgehoben werden muss – der Kollege Frömmrich hat dankenswerterweise schon die eine oder andere Zahl genannt –: Was wir heute zu debattieren haben, ist das Ergebnis hervorragender schwarz-gelber Politik der letzten Jahre.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben die Rahmenbedingungen der Ermittlungsarbeit kontinuierlich verbessert. Wir haben die Ermittlungsmittel an neue Herausforderungen angepasst. Wir haben Facebook-Fahndung auf den Weg gebracht. Wir haben die Zentralstelle für Internetkriminalität bei der Staatsanwaltschaft in Gießen eingerichtet, und wir haben zahlreiche weitere Maßnahmen ergriffen, insbesondere innovative organisatorische Maßnahmen im Justizbereich wie die Teen Courts, und wir haben die schon erwähnten Häuser des Jugendrechts eingerichtet, die sich entsprechend in der Statistik niederschlagen. Der Rückgang der Jugendkriminalität ist ein deutliches Zeichen.
Ich denke, es ist an dieser Stelle richtig, ausdrücklich demjenigen zu danken, der dafür in erster Linie verantwortlich war, nämlich meinem Fraktionskollegen, dem ehemaligen Justizminister Jörg-Uwe Hahn.
Die Verbesserungen bei der sachlichen Ausstattung sind auf dem Weg. Hier gibt es noch vieles zu tun. Ich muss eines sagen, Herr Kollege Beuth: Ich war etwas enttäuscht in den letzten Tagen, als ich die Meldung lesen musste, dass sich die Verbesserung der räumlichen Ausstattung insbesondere durch den Neubau des Polizeipräsidiums Südosthessen in Offenbach weiter verzögert. Ich bitte dringend, dabei Gas zu geben. Wenn man sich die räumliche Situation anschaut, sieht man, dass es dringlich erforderlich ist, dort Verbesserungen zu schaffen.
Herr Kollege Frömmrich, ganz besonders gefreut habe ich mich natürlich, dass Sie so ausführlich die Ergebnisse der schwarz-gelben Politik gelobt haben. Das war hier auch schon anders zu hören. Ich muss ehrlich sagen: Besonders dankenswert sind Ihre Hinweise auf die Nachbarländer, in denen die GRÜNEN schon seit einigen Jahren mitregieren, wo die Zahlen deutlich schlechter sind als hier.