Mein Anspruch in dieser Flughafendebatte, der auch für meine Partei ziemlich schwer war, war immer, beides zusammenzudenken; denn nur dann wird daraus konsequente Politik.
Vielen Dank, Herr Kollege Schäfer-Gümbel. – Als Nächste hat Frau Abg. Wissler für die Fraktion DIE LINKE das Wort.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Minister, Sie stellen sich hier allen Ernstes hin und sagen, Sie hätten
Zwei Sätze später unterstellen Sie mir, dass ich die Unwahrheit sagen würde. Herr Minister, das ist wirklich absurd, was Sie hier erzählen. Es ist natürlich vollkommen klar, dass es das Wesen einer Lärmverschiebung ist, dass es irgendwo leiser wird. Das Problem ist nur, dass andere Gebiete stärker belastet werden. Das ist das Problem und das ist auch die Kritik, die es von Anfang an gab, neben der Tatsache, dass diese Vereinbarung vollkommen unverbindlich ist und jederzeit aufgekündigt werden kann, wenn Kapazitäten wirklich gefährdet sind.
Wenn Sie sich schon hierhin stellen und mir vorwerfen, ich würde die Unwahrheit sagen, während Sie getan hätten, was Sie vor der Wahl versprochen haben, dann wollen wir doch kurz einen Realitätscheck machen. Das Ergebnis des Realitätschecks ist, dass Sie kurz vor der Landtagswahl in den von Fluglärm besonders betroffenen Regionen einen Brief haben verteilen lassen. In diesem Brief hat der grüne Spitzenkandidat Al-Wazir geschrieben: Zum Schutz und zur Entlastung der Bevölkerung fordern wir erstens einen Verzicht auf das Terminal 3. – Da steht nicht: „Ich gehe nicht zum Spatenstich.“ Das ist ein Unterschied.
Als zweite Forderung steht da: absolutes Nachtflugverbot von 22 Uhr bis 6 Uhr. – Wo ist das Nachtflugverbot? Inzwischen ist keine Rede mehr von einem Nachtflugverbot, sondern wir haben jetzt Lärmpausen, die aber auch nur dann stattfinden, wenn der Wind aus der richtigen Richtung weht und wenn nicht irgendwo auf dieser Welt ein Streik stattfindet.
Die dritte und letzte Forderung war: Deckelung der Flugbewegungen. – Wo bleibt die Deckelung der Zahl der Flugbewegungen? Auf welcher Zahl werden die Flugbewegungen gedeckelt? Herr Minister, vielleicht können Sie noch einmal ausführen, welches der drei zentralen Wahlversprechen, die Sie gegeben haben, erfüllt wurde.
Frau Dorn, ich zitiere hier aus nichts anderem als dem grünen Wahlprogramm. Wenn Sie jetzt der Meinung sind, dass alles, was Sie in das Wahlprogramm geschrieben haben, total unrealistisch und nicht umsetzbar ist, spricht auch das nicht gerade für Sie.
Weil Sie mir unterstellt haben, die Unwahrheit gesagt zu haben, würde ich schon gerne wissen, Herr Minister: Welche der drei Forderungen und Versprechen – Verzicht auf Terminal 3, absolutes Nachtflugverbot von 22 Uhr bis 6 Uhr und Deckelung der Zahl der Flugbewegungen – haben Sie umgesetzt? Können Sie uns das noch einmal genau sagen? Dann kann sich jeder ein Bild davon machen, wer hier die Unwahrheit sagt, wer glaubwürdig ist und wer es nicht ist.
Vielen Dank, Frau Kollegin Wissler. – Als Nächster spricht Kollege Boddenberg, Fraktionsvorsitzender der CDU.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Debatte, die wir seit vielen Jahren führen, wenn es um den Frankfurter Flughafen geht, geht in ihrer Bedeutung weit über die Angelegenheiten des Flughafens und über die Frage hinaus, wie wir als politische Parteien mit dieser durchaus schwierigen Problematik umgehen.
Ja, das stimmt, Herr Schäfer-Gümbel. – Ich nehme den letzten Redebeitrag von Frau Wissler zum Anlass, eine grundsätzliche Frage zu stellen. Wollen wir uns nach Wahlen, nach dem Schließen von Kompromissen, die in Koalitionsverträgen festgehalten werden, in den Landesparlamenten und im Bundestag allen Ernstes
(Lachen bei der SPD und der LINKEN – Janine Wissler (DIE LINKE): Das sagen gerade Sie! – Norbert Schmitt (SPD): Ausgerechnet die hessische CDU!)
Meine Damen und Herren, ein bisschen mehr Disziplin wäre hilfreich, damit der Redner gehört werden kann.
Hier geht es um die Frage, ob es möglich ist, dass man in einem Wahlprogramm sagt, was man will. Herr SchäferGümbel, ich schaue in Ihre Richtung, aber auch in die Richtung der Kollegen der anderen Fraktionen. Der Bürger erwartet, dass wir als Parteien vor Wahlen sagen, was wir politisch wollen, dass wir aber für den Fall, dass wir keine absolute Mehrheit erreichen – das ist in diesem Land meist der Fall –, in der Lage sind, Kompromisse zu schließen.
An der Frage des Flughafenausbaus kann man das ganz gut festmachen. Da gibt es massiv unterschiedliche Positionen der Fraktionen hier im Hause. Die Positionen der CDU und der GRÜNEN haben wir an vielen Stellen zu einem, wie ich finde, guten Kompromiss zusammengeführt. Ich bin als Abgeordneter eines von Fluglärm sehr betroffenen Wahlkreises vielleicht ein ganz guter Zeuge dafür, dass diese Kompromissbildung nicht nur in einer Koalition im Hessischen Landtag stattfinden muss, sondern auch mit den Bürgerinnen und Bürgern vor Ort, die positiv oder negativ von einer so wichtigen Entscheidung betroffen sind.
Herr Kollege Rentsch, ich kann Ihnen die Anmerkung nicht ersparen, dass jedenfalls ich mich daran erinnere, dass auch FDP-Politiker landauf, landab dabei waren, als es um die Frage der Lärmreduzierung ging.
Das will ich in Erinnerung rufen, lieber Herr Kollege Rentsch; denn die FDP geriert sich in der aktuellen Legislaturperiode als die einzige Partei, die für den Ausbau des Frankfurter Flughafens steht.
Das ist falsch, Herr Kollege Rentsch. Wir von der Union stehen gemeinsam mit den GRÜNEN für die weitere Entwicklung des Frankfurter Flughafens – aber unter der Voraussetzung, dass es uns weiterhin gelingt, ein so großes, so symbolträchtiges Projekt am Ende dahin zu führen, dass sich die Bürgerinnen und Bürger, die positiv, aber erst recht die, die negativ, beispielsweise durch Fluglärm, betroffen sind, mit dieser Entwicklung einverstanden erklären, möglicherweise zwar weiterhin Kritik üben, am Ende des Tages aber akzeptieren, dass wir vernünftige Kompromisse dahin gehend finden, dass es zu einer weiteren Entwicklung des Flughafens kommt, dass sein Wachstumspotenzial realisiert wird, andererseits aber an jeder Stellschraube gedreht wird, um eine weitere Reduzierung des Lärms zu erreichen.
Auf die rechtlichen Gegebenheiten, die in einem Rechtsstaat unter uns, die wir hier im Hause sitzen und Verantwortung tragen, völlig unstreitig sein sollten, ist der Herr Minister heute mehrfach eingegangen. Es gab einen Planfeststellungsbeschluss, es gab höchstrichterliche Entscheidungen, bis hin zum Bundesverwaltungsgericht, es gab und gibt eine klare Rechtslage, an die sich selbstverständlich auch die GRÜNEN halten. Ich habe in den Gesprächen, die wir damals miteinander geführt haben – ich erinnere mich noch sehr gut daran, Herr Minister und Kollege Al-Wazir –, gesagt: Wenn wir das gemeinsam vereinbaren können, dann kann man mit mir, um es einmal bildlich auszudrücken, auch über Segelflugzeuge am Frankfurter Flughafen reden, nämlich darüber, dass wir alles und jedes daransetzen werden, die Belastungen der Menschen auf ein Mindestmaß zu beschränken. – Das tun wir, seitdem wir gemeinsam in Hessen regieren.
Zu den LINKEN will ich nur so viel sagen – ich habe es schon zugerufen, Frau Wissler –: Man kann die Position vertreten, die Sie haben. Sie fordern weiterhin einen Rückbau der Nordwestbahn.
Das geht bei Ihnen mit der Forderung nach einer Deckelung der Zahl der Flugbewegungen auf 380.000 im Jahr einher. Eine solche Deckelung würde uns definitiv in das Jahre 1998 zurückführen. Damals waren am Frankfurter Flughafen aber 15.000 Menschen weniger beschäftigt als heute.
Wenn Sie das fordern, dann sollten Sie aber auch 15.000 Menschen und ihren Familien sagen, dass diese durch Ihre Politik ihren Job verlieren.