Protocol of the Session on November 23, 2016

(Dirk Landau (CDU): Freibier für alle!)

Mit Bier habe ich es nicht so. – In der letzten Woche hat eine Protestaktion der Grundschullehrkräfte vor dem Landtag stattgefunden. Da gab es kein Freibier, sondern die Lehrkräfte wollen endlich gerecht bezahlt werden. Sie verdienen nämlich im Vergleich zu Lehrkräften anderer Schulformen spürbar weniger. Zu diesem Protest wurden alle bildungspolitischen Sprecherinnen und Sprecher der Landtagsfraktionen eingeladen. Aus den Regierungsfraktionen ist leider niemand erschienen.

(Daniel May (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wir haben keine Einladung erhalten!)

Das kann ich mir nicht vorstellen. – Bei einer solchen Protestaktion zu erscheinen, ist eine Art, seine Wertschätzung gegenüber den Grundschullehrkräften auszudrücken. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN – Zurufe von der CDU)

Vielen Dank. – Kolleginnen und Kollegen, das war die erste Rede der Kollegin Faulhaber. Dazu herzlichen Glückwunsch.

(Allgemeiner Beifall)

Als Nächster spricht Kollege May für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Der kann das besser als der Kollege Schwarz!)

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte zu Beginn meiner Ausführungen der Kollegin Faulhaber zu ihrer ersten Rede gratulieren. Herzlichen Glückwunsch und herzlich willkommen im Hessischen Landtag.

Ich möchte ein zweites Lob aussprechen. Der Kollege Degen hat seine Rede mit den Worten begonnen, er habe eigentlich gar nichts mehr auszuführen, der Kollege Rudolph habe schon so viel Richtiges gesagt. Lieber Kollege Degen, Sie haben das viel besser gemacht als Ihr Fraktionskollege, denn Sie haben etwas hinbekommen, was man als ein insgesamt doch differenzierteres Bild bezeichnen muss. Ich möchte es deutlich wertschätzen, dass Sie in Ihrer Haushaltsrede herausgestellt haben, wo wir im Bildungsbereich die Dinge gemeinsam nach vorne gebracht haben. Ich finde, das zeichnet einen guten Stil aus. Vielen Dank dafür.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Im Übrigen fehlte im weiteren Verlauf der Rede aber dann doch ein bisschen die Tiefenschärfe, was die Betrachtung des Haushaltsplanentwurfs und der Änderungsanträge der Koalition angeht. Sie haben in Ihrer Rede immer wieder davon gesprochen, die Koalition bringe immer nur statistische Mittelwerte auf den Weg. Ich bin mir sicher, dass der Begriff „statistischer Mittelwert“ auch von Ihnen richtig erfasst wird. Von daher ist es notwendig, Sie darauf hinzuweisen, dass wir auch ein paar absolute Zahlen präsentiert haben, die man zur Kenntnis nehmen sollte.

Die absoluten Zahlen orientieren sich an den bildungspolitischen Zielen, die wir gesetzt haben, nämlich mehr Bildungs- und mehr Chancengerechtigkeit zu verwirklichen. Deswegen haben wir – in absoluten Zahlen – mehr Stellen für den Ganztagsschulausbau, mehr Stellen für die Integration von Migranten, mehr Stellen für die Umsetzung der Inklusion und mehr Stellen für die Steigerung der sozial indizierten Lehrerzuweisung zur Verfügung gestellt. Das sind absolute Zahlen, an denen auch Sie sich orientieren sollten und die zeigen, wie ernst wir unsere bildungspolitischen Ziele nehmen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Wenn wir uns den Entwurf des Landeshaushalts für 2017 anschauen, dann sehen wir: Wir haben – wiederum in absoluten Zahlen – 1.100 neue Stellen vorgesehen. Das ist ein kräftiger Schluck aus der Pulle, der voll unterrichtswirksam wird, der den Bereichen, die ich gerade genannt habe – Ausbau des Ganztagsschulangebots, bessere Integration von Migranten, verbesserte Umsetzung der Inklusion, Erhöhung der sozial indizierten Lehrerzuweisung –, zugutekommt. In diesen Bereichen haben wir, seit SchwarzGrün am Werk ist, 7.000 Lehrerstellen zusätzlich zur Verfügung gestellt. Ich finde, das sind absolute Zahlen, die auch einmal Erwähnung finden sollten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Ich möchte hier aber sehr gerne eine relative Zahl, einen statistischen Mittelwert, nennen, weil auch er sehr beachtlich ist: eine 105-prozentige Lehrerversorgung. Das ist ein Mittelwert, der sich im Ländervergleich mehr als sehen lassen kann. Das gibt es sonst nirgendwo. Ich finde, wenn Hessen etwas so Weitreichendes auf den Weg bringt, dann

ist es für diesen Wert keine Disqualifikation, dass er ein statistischer Mittelwert ist.

Es kommt eine weitere absolute Zahl hinzu: 600 Stellen zusätzlich, damit die Wochenarbeitszeit der Beamtinnen und Beamten an den Schulen von 42 auf 41 Stunden reduziert werden kann. Damit entlasten wir die Lehrerinnen und Lehrer, und damit bringen wir unsere Wertschätzung für die wichtige Arbeit der Lehrerinnen und Lehrer zum Ausdruck. Auch das ist ein großer Erfolg für die Koalition.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Frau Faulhaber und Herr Degen, Sie haben in Ihren Redebeiträgen auch den Pakt für den Nachmittag aufgegriffen. Kollege Degen hat gemeint, eine „echte Ganztagsschule“ sei sinnvoller. Kollegin Faulhaber hat den Pakt eine „Mogelpackung“ genannt. In der gestrigen Generaldebatte wurde das Projekt vom Fraktionsvorsitzenden der SPD als „Krücke“ bezeichnet. Das zeigt, dass Sie nicht gerade nahe an den Menschen sind; denn die Wertschätzung, die Lehrerinnen und Lehrer sowie die Eltern mit dem Pakt für den Nachmittag verbinden, ist eine ganz andere. Ich möchte deswegen aus dem Namensbeitrag einer Mutter in der „Gießener Allgemeinen Zeitung“ vom 26. Februar zitieren:

Kinderbetreuung, das war zu manchen Zeiten wie eine Decke, an der wir ziehen und zerren konnten, wie wir wollten: Irgendwie war sie immer zu kurz.

Den Pakt für den Nachmittag beschreibt sie stattdessen so: Er sei „wie eine bequeme Decke“. Er bedeute für sie und ihren Mann „komfortable Betreuungszeiten zu moderaten Kosten“. Ich finde, dieses Beispiel zeigt deutlich, wie sehr der Pakt für den Nachmittag hilft. Es ist daher auch nicht verwunderlich, dass der Vorsitzende des Landeselternbeirats in einem Artikel des „Mannheimer Morgens“ vom 20.09.2016 folgendermaßen zitiert wird:

In Hessen sind die Eltern weitgehend glücklich mit dem Angebot an Ganztagsschulen.

Die Zeitung verweist außerdem auf eine Studie zum Ausbau von Ganztagsschulen, in der es heißt – ich zitiere noch einmal –:

Hessen liegt beim Ausbau von Ganztagsschulen über dem Bundesdurchschnitt.

Das alles zeigt sehr deutlich, mit dem Pakt für den Nachmittag haben wir ein gewaltiges Programm für den Ganztagsschulausbau geschaffen, das bei den Eltern gut ankommt und ein echtes Bedürfnis bedient. Von daher werden wir diesen Weg weitergehen und über dieses Programm weitere Stellen zur Verfügung stellen.

Auch bei der Inklusion werden wir weitere Fortschritte machen. Dafür sind zum Schuljahr 2016/17 132 neue Stellen zur Verfügung gestellt worden. Wir wissen, dass man bei diesem Thema ein dickes Brett bohrt. Aber wir werden in diesem Bereich Schritt für Schritt weitergehen, da es unser Ziel ist und bleibt, dass wir keinen Wunsch nach inklusiver Beschulung mehr abschlagen müssen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU – Vizepräsident Frank Lortz übernimmt den Vorsitz.)

Auch was die sogenannten Seiteneinsteiger betrifft, also die Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund, werden wir noch einmal kräftig ausbauen. Da kommen

weitere 890 Stellen hinzu. Auch bei der sozial indizierten Lehrerzuweisung werden wir Aufbauhilfe leisten; dort kommen noch einmal 60 Stellen hinzu. Insgesamt stehen dann 480 Stellen zur Verfügung. Gerade die sozial indizierte Lehrerzuweisung bedeutet für uns GRÜNE ein Stück weit praktizierte Bildungsgerechtigkeit. Auch an dieser Stelle haben wir eine Zahl, die sich absolut sehen lassen kann.

An diesem Punkt der Haushaltsberatung möchte ich den Blick noch einmal auf die Vorschläge der SPD lenken. Der Vorsitzende Ihrer Fraktion hat sie gestern als „kleine Alternativen“ bezeichnet. Das ist vielleicht doch etwas zu bescheiden. Aber es passt nicht so richtig mit dem zusammen, was Sie angeblich als großen Wurf geplant und auf Ihrem Landesparteitag formuliert haben.

Wenn man sich anschaut, was Sie heute vorgeschlagen haben, findet man keinen großen Wurf, aber eine große Überraschung. Sie haben nämlich im Zusammenhang mit Ihren Vorschlägen im Bildungsbereich erstmals darauf hingewiesen – das ist wirklich ein Kompliment, das können Sie mir glauben –, dass das, was wir für das Kultusministerium veranschlagt haben, ausreichend ist.

Sie haben nämlich in Ihrem Antrag, Drucks. 19/3945, geschrieben, dass Sie für das, was Sie vorhaben, an anderer Stelle im Bildungsbereich Kürzungen vornehmen wollen. Das ist, wie es der Kollege Frömmrich immer nennt, die „vereinfachte Relativitätstheorie“: Was du an Mehl sparst, kannst du an Butter hinzufügen. – An einem Punkt werden 15 Millionen € für die Finanzierung von Stellen weggenommen, damit man sie an anderer Stelle neu verteilen kann. Dabei sagen Sie aber nicht, wo Sie die Mittel wegnehmen wollen. Das ist auch nicht richtig seriös.

Aber positiv ist zu bewerten, dass Sie sagen: Das, was Schwarz-Grün im Bildungsbereich an Geld zur Verfügung stellt, ist das, was maximal machbar ist. – Ich finde es erfreulich, dass Sie das einräumen. Aber das, was Sie in der Folge vorschlagen, ist alles andere als seriös.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Auch die weiteren Vorschläge, die Sie dort gemacht haben – da mir die Zeit fehlt, kann ich das jetzt nicht weiter auseinanderklamüsern –, sind nicht besonders seriös. Einen Punkt, zu dem Sie sich auf Ihrem Parteitag explizit geäußert haben, möchte ich aber herausgreifen. Ich habe am Montag gelesen, dass der Kollege Degen gesagt hat, anstatt immer neue Schulformen zu erfinden – es ist mir unbekannt, dass das ein Vorwurf an die schwarz-grüne Koalition sein soll –, muss man die Schulen in die Lage versetzen, jedes Kind aufzunehmen.

Jetzt könnte man sagen: Was das Erfinden neuer Schulformen betrifft, vielleicht hat er da was vor; vielleicht kommt im Zusammenhang mit dem Schulgesetz etwas. – Aber eine neue Schulform per Haushaltsänderungsantrag einzuführen – in dem Antrag Drucks. 19/3944 heißt es, man wolle 5 Millionen € für die Umwandlung von Schulen in Gemeinschaftsschulen zur Verfügung stellen –, scheint mir kein besonders durchdachtes Konzept zu sein. Ich glaube, man sollte erst ein Konzept für eine Schulform erstellen. Dann kann man auch noch Haushaltsänderungsanträge formulieren. Aber es scheint mir keine besonders gute Idee zu sein, das andersherum zu machen.

Ich komme zum Schluss. Insgesamt sind die Anträge der SPD auch in diesem Jahr nicht besonders durchdacht. Wir stellen fest, es steckt kein konsistentes Konzept dahinter. Das Gegenteil davon sind das schwarz-grüne Koalitionsprogramm und das, was wir beim Haushaltsplan auf den Weg gebracht haben. Damit setzen wir Zeichen für mehr Chancen- und Bildungsgerechtigkeit in Hessen. Wir werden diesen Weg konsequent weitergehen. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Vielen Dank. – Jetzt geht es mit dem Kollegen Greilich, FDP-Fraktion, weiter. Bitte sehr.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Haushaltsplan des Kultusministeriums spiegelt die allgemeine Lage in der Schullandschaft des Landes Hessen wider. Ich stehe nicht an, zu sagen: Die Situation ist, so, wie wir das gemacht haben, nach wie vor gut. Warum das so ist, will ich Ihnen auch sagen: Im Lande Hessen haben wir seit Ewigkeiten die beste Lehrerversorgung: 105 %. Herr Kultusminister, wer hat das gemacht? – Wir haben es gemacht.

(Beifall bei der FDP)

Wir haben eine Vielfalt in der hessischen Schullandschaft. Wer hat dafür gesorgt, dass wir in Hessen eine Vielfalt in der Schullandschaft haben? – Herr Minister, wir haben dafür gesorgt.

(Beifall bei der FDP – Clemens Reif (CDU): Weihrauch schwärzt den Eindruck! – Zuruf des Abg. Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN))

Wir haben das InteA-Programm, mit dem die Problematik der Flüchtlingsbeschulung im Wesentlichen richtig angegangen wird. Wer hat die Vorarbeiten gemacht? – Nicola Beer hat die Vorarbeiten zusammen mit Leuten an den Schulen geleistet, und Sie konnten, als der Ansturm kam, davon profitieren. Ja, meine Damen und Herren, was gut ist, bleibt auch gut, und es ist gut, wenn Sie auf diesem Pfad weitergehen.

(Beifall bei der FDP)

Der Haushalt ist das eine. Wir haben keine kassenwirksamen Anträge dazu vorgelegt, wie Sie sicherlich bemerkt haben. Wir sagen nämlich, es ist ein Pfad, auf dem wir uns bewegen, und auf diesem Pfad wird man weitergehen müssen.

Heute ist zum anderen auch der Zeitpunkt, um über die Schulpolitik in Hessen insgesamt zu reden. Da gibt es Licht und Schatten. Es ist durchaus noch Luft nach oben vorhanden. Herr Minister, auch wenn das nicht diesen Haushalt betrifft, die Richtung stimmt an vielen Stellen nicht. Meine Damen und Herren von der Koalition, Sie verlassen den Pfad der Tugend. Sie zeigen Beispiele für falsches Denken; Sie marschieren in die falsche Richtung. Ich will das an ein paar Beispielen deutlich machen.

Erster Punkt – Stichwort: selbstständige Schulen –: Herr Minister, Sie haben selbst vor ein paar Tagen gesagt, wir