Der vorgelegte Gesetzentwurf ist nicht die richtige Antwort auf diese Herausforderung. Es überwiegt die Befürchtung, dass die im Gesetzentwurf genannten Einschränkungen dazu führen werden, dass man dem Feuerwehrmann im Betrieb eher mit Skepsis begegnet, und zwar nicht nur von Arbeitgeberseite, sondern auch von Arbeitskollegen. Wir dürfen nicht vergessen, dass auch in anderen Bereichen viel ehrenamtliches Engagement geleistet wird, und auch dort haben wir keinen Kündigungsschutz.
Wer würde künftig einen Feuerwehrmann oder eine Feuerwehrfrau noch einstellen wollen, wenn er damit rechnen müsste, diese oder diesen selbst bei schweren Differenzen nicht mehr loszuwerden? Oder ist es bei Differenzen mit dem Arbeitgeber die einfachste Lösung, in die Einsatzabteilung der örtlichen Feuerwehr zu gehen, um so einen Kündigungsschutz zu erhalten?
Wir halten den von der Landesregierung zusammen mit Vertretern der Arbeitgeberverbände, der Kommunalen Spitzenverbände, des Landesfeuerwehrverbandes und der Hilfsorganisationen eingeschlagenen Weg für den besseren und den richtigen. In einer gemeinsamen Erklärung haben diese bereits am 4. Juni 2016 bei dem Gipfeltreffen „Wirtschaft trifft Blaulicht“ eine Vereinbarung getroffen, um die
Zusammenarbeit zwischen Ehrenamtlichen und Arbeitgebern zu fördern und zu verbessern. Das Land hat sich dabei verpflichtet, in der Aus- und Fortbildung zusätzliche E-Learn-Angebote zum Lehrgangsangebot an der Hessischen Landesfeuerwehrschule einzuführen, um die Abwesenheit vom Arbeitsplatz zu reduzieren.
Nein, danke. – Geeignete Lehrgänge werden modifiziert und gestrafft, wo dies ohne Qualitätsverlust möglich ist. Zudem wird das Land zukünftig bei der Aus- und Fortbildung und bei Dienstversammlungen der Führungskräfte der Feuerwehren und der Hilfsorganisationen verstärkt sensibilisieren, bei Einsätzen nur die notwendige Anzahl von Kräften einzusetzen und nicht mehr erforderliche Kräfte schnellstmöglich wieder zurückzuführen, damit sie ihren Arbeitsplatz wieder erreichen können.
Im Gegenzug werden die Arbeitgeberverbände bei ihren Mitgliedern verstärkt für Verständnis werben, die freiwilligen Einsatzkräfte regelmäßig für die wichtige ehrenamtliche Arbeit freizustellen.
Gegenseitiges Verständnis und gegenseitige Rücksichtnahme, verbunden mit einem regelmäßigen Austausch, und die Diskussion über die Notwendigkeiten beider Seiten sind unserer Ansicht nach der bessere Weg für eine erfolgreiche Wertschätzung der wichtigen Arbeit unserer Feuerwehren in Hessen. Gemeinsam, anstatt mit gesetzlichen Verboten, das ist unser Weg für die Hilfsorganisationen. Die anderen Hilfsorganisationen, wie das Deutsche Rote Kreuz, die Johanniter, die Malteser, der Arbeiter-Samariter-Bund, die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft und das Technische Hilfswerk, haben deshalb bei dem Gipfel „Wirtschaft trifft Blaulicht“ und der gemeinsamen Erklärung bereits mitgewirkt. Sie sind mit im Boot.
Ich wiederhole es: Gut gemeint ist nicht gut gemacht. – Wir werden dem Gesetzentwurf so nicht zustimmen können. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, vielen Dank. – Herr Kollege, da Sie meine Zwischenfrage nicht zugelassen haben, will ich sie von diesem Ort aus stellen und Ihnen die Gelegenheit geben, mit einer Replik die Frage zu beantworten.
Es gibt in der Hessischen Gemeindeordnung und in anderen Ordnungen einen entsprechenden Kündigungsschutz für Kreistagsmitglieder, für Mitglieder der Gemeindevertretungen, der Stadtverordnetenversammlungen usw. Ist Ihnen ein Fall bekannt, bei dem irgendjemand in irgendein Unternehmen oder in einen Betrieb als Mitglied in einer kommunalen Gebietskörperschaft nicht eingestellt wurde, und zwar aufgrund dieses Kündigungsschutzes? Das wüsste ich gerne einmal von dieser Stelle aus von Ihnen.
Herr Kollege Weiß, vielen Dank. – Herr Kollege Meysner, Sie haben die Möglichkeit, auf die Kurzintervention zu antworten. Bitte schön. Auch Sie haben zwei Minuten Redezeit.
Ich glaube, aus eigener Erfahrung heraus eine gute Antwort geben zu können. Bei einer mittleren Feuerwehr haben Sie zwischen 80 und 120 Einsätzen im Jahr. Da ist es nicht so wie bei denen, die in Kommunalparlamenten tätig sind. Da sind die Ortsbeiratssitzungen und alles, was es da gibt, meistens abends. Da ist es den ganzen Tag über verteilt. Da geschieht viel tagsüber.
Es ist schon ein Unterschied, ob ich in der Woche dreioder viermal auch tagsüber zu einem Einsatz muss oder ob ich in der Regel einmal alle zwei Wochen abends zu einer Ortsbeiratssitzung muss. Ich glaube, da gibt es gerade in der Anzahl einen großen Unterschied.
Ich kann mir schon vorstellen, dass gerade das das Problem ist. Wir müssen bei den Arbeitgebern um Verständnis für die Freistellung werben. Mit dieser Gesetzesvorlage als Gesetz würden Sie es nicht hinbekommen. Es würde dann einen Druck von oben geben, der eher zu etwas anderem hinführen würde.
Wir kennen das von vielen anderen Beispielen. Nehmen wir die Schwerbehinderten. Das ist ein schwieriges Thema. Wenn Sie mit Arbeitgebern sprechen, merken Sie, dass das etwas ist, bei dem man wirklich überlegen muss, ob man das so hinbekommen kann.
Wir haben die Angst, dass ein solcher Schuss bei den Feuerwehren nach hinten losgehen würde. Deshalb sagen wir, dass wir das so nicht unterstützen können.
Herr Kollege Meysner, vielen Dank. – Als nächster Redner spricht Herr Kollege Schaus für die Fraktion DIE LINKE. Herr Kollege, bitte schön, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! In Deutschland wird der Brand- und Katastrophenschutz zu einem ganz überwiegenden Teil von ehrenamtlichen Kräften getragen. Doch es gibt die Sorge, ob genug Nachwuchs
Beispielsweise bei dem Elbhochwasser und in der aktuellen Flüchtlingshilfe gab es Situationen, bei denen Lücken im Katastrophenschutz allzu deutlich wurden. Durch geänderte gesellschaftliche Rahmenbedingungen schwindet zudem die Bereitschaft oder die Möglichkeit, sich ehrenamtlich im Katastrophenschutz einzubringen. Das ist ein Problem.
Der Landesfeuerwehrverband Hessen zählt ca. 72.000 ehrenamtliche Feuerwehrangehörige in etwa 2.600 freiwilligen Feuerwehren. Dazu muss man wissen: Etwa 90 % der Organisationen im Katastrophenschutz arbeiten mit ehrenamtlichen Helfern. In anderen europäischen Ländern ist das anders. Dort gibt es viel mehr Hauptamtliche.
Das System der freiwilligen Feuerwehren wie des Katastrophenschutzes hat sich bei uns seit Langem und auch weitgehend bewährt. Doch eine weitere Gefahr wurde in der Schutzkommission beim Bundesministerium des Innern im Jahr 2006 angesprochen. Da werden massive Risiken ausgewiesen. Dort wurde die Frage nach einem möglicherweise nicht mehr funktionierenden System bei einem möglichen Tag X mit einer großen Naturkatastrophe gestellt.
Damit sind wir beim Kern des Problems, über das wir hier schon einige Male gesprochen haben. Schüler und Studenten sollen besser und schneller in der Schule und in der Universität Leistung bringen. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sollen am Arbeitsmarkt stets flexibel sein.
Aber wer nur noch Leistung und Wettbewerb erbringt, dem fehlt schlichtweg die Zeit für das Ehrenamt, dem fehlt die Möglichkeit zum uneigennützigen Dienst an der Gesellschaft. Ich sage dazu: Noch mehr Sonntagsarbeit wird das weiter einschränken.
Das ist wohl wahr: Nur wenige Arbeitgeber brechen in Jubel aus, wenn man im Bewerbungsgespräch stolz auf das Ehrenamt bei der Feuerwehr hinweist. Bei den aktuellen Wetterkapriolen bedeutet die Mitgliedschaft bei der freiwilligen Feuerwehr z. B., dass man vom Arbeitsplatz plötzlich weggerufen werden kann, dass Mann und Frau tage- und nächtelang im Einsatz sind und dass man auch ohne einen akuten Einsatz an Übungen und Weiterbildung teilnehmen muss. Dort lernt man dann Dinge, die zwar für die Gesellschaft, aber nicht zwingend für den Job von Nutzen sind.
Hier setzt der Gesetzentwurf der SPD-Fraktion, wie ich finde, richtig an. Das Ziel des Gesetzentwurfs soll sein, Menschen, die der freiwilligen Feuerwehr angehören, arbeitsrechtlich besser zu schützen oder sogar gegenüber den anderen Arbeitnehmern etwas besserzustellen. Das ist vom Grundsatz her richtig.
Ich will jetzt nicht mit Herrn Meysner verwechselt werden. Aber ich bin mir noch nicht ganz sicher, ob der vorliegende Gesetzentwurf als Gesetz das Ziel wirklich erreichen könnte. Ich glaube, darüber müssen wir noch ein bisschen diskutieren. Zum einen gebe ich zu bedenken, dass das aufgrund der Sicht mancher Arbeitgeber durchaus zu einem Einstellungshemmnis oder sogar zu einem Bumerang für die Feuerwehrleute werden könnte. Das will sicherlich niemand von uns. Nicht alle Leute der freiwilligen Feuerwehr
Das Bestreben vieler privater Unternehmen ist es leider nicht unbedingt, arbeitsrechtlich gut geschützte Ehrenamtliche einzustellen und damit sozusagen die Tätigkeit in der freiwilligen Feuerwehr indirekt auch noch mitzufinanzieren. Ich meine, wir müssen mit Experten klären, wohin das in der Praxis führen kann. Das ist die zentrale Frage.
Ich meine, wenn das in der Praxis funktionieren würde und Herrn Meysners Befürchtungen unbegründet wären, dann sollte man das nicht nur für die Feuerwehrleute, sondern für alle Ehrenamtlichen im gesamten Katastrophenschutz machen. Denn sie sind davon genauso betroffen.
Neben dem vorliegenden Gesetzentwurf sollte uns in einer Anhörung auch dringend beschäftigen, ob und wie wir den Katastrophenschutz insgesamt für den Ernstfall sicherer bekommen können. Denn ich meine, dass hier weiterhin Handlungsbedarf besteht.
Die Jugendfeuerwehren z. B. versorgen den aktiven Einsatzdienst leider immer weniger mit ausreichend Nachwuchs. Letztes Jahr stand beispielsweise auch die freiwillige Feuerwehr in Frielendorf-Schönborn im Schwalm-EderKreis kurz vor dem Aus. Die Einsatzbelastung und der Wegzug vieler junger Leute in die Stadt belasteten die Feuerwache sehr, und damit steht sie leider nicht allein. Nicht nur in Hessen, sondern im ganzen Bundesgebiet müssen freiwillige Feuerwehren ihre Wachen aufgrund von Nachwuchsmangel schließen und hinterlassen dabei riesige Sicherheitslücken.
Vielen Bürgerinnen und Bürgern ist nicht immer klar, was die 72.000 ehrenamtlichen Feuerwehrfrauen und Feuerwehrmänner tagtäglich leisten. Sie stellen den Brandschutz sicher, setzen sich Gefahrgut aus, leisten technische Hilfestellung, arbeiten Tag und Nacht bei Katastrophenlagen, retten Menschen und Tiere aus gefährlichen Situationen, überbrücken als First Responder die Wartezeit, bis der Krankenwagen eintrifft, räumen unsere Straßen frei, und vieles mehr. Das tun sie schnell, flächendeckend und mit einer unglaublichen Professionalität, wie ich meine.
Ein wichtiger Schritt zur Nachwuchsförderung war die Änderung des Gesetzes über den Brandschutz, die Allgemeine Hilfe und den Katastrophenschutz im Jahr 2007. Dadurch wurde die Einführung der Kinderfeuerwehr möglich, die mittlerweile immerhin 9.800 Mitglieder in Hessen zählt. Nun müssen wir weitergehen und tun, was nötig ist, um diese Strukturen zu schützen und zu unterstützen, damit das Ehrenamt der freiwilligen Feuerwehr wieder attraktiver wird und bleibt. Denn nur so können die Feuerwehrangehörigen die 3,5 Millionen Einsätze, die jährlich bundesweit anfallen, auch stemmen.
Mein letzter Satz, Frau Präsidentin. – Deshalb ist es wichtig, all diesen Fragen in einer Anhörung zum Gesetzent
Vielen Dank, Herr Kollege Schaus. – Als nächste Rednerin spricht Frau Kollegin Goldbach von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Bitte schön, Frau Kollegin, Sie haben das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! In meiner Heimatstadt, einem kleinen Fachwerkstädtchen auf dem Land, blieb früher sonntags immer eine Person zu Hause. Das musste so sein wegen des Brandschutzes. Es waren alles kleine Fachwerkhäuser, und es durfte nicht riskiert werden, dass aus dem Feuer – in jeder Küche brannte ein Feuer zum Heizen und Kochen – Funken flogen und das Haus in Brand setzten. Noch dazu standen die Häuser sehr eng zusammen – das stehen sie auch heute noch –, und die Feuer griffen schnell über. Früher war es wahnsinnig schwierig, den Brandschutz zu gewährleisten; denn gelöscht wurde mit Eimern und Wasser.