Protocol of the Session on March 13, 2014

Die neue Landesregierung, getragen von CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, hat auch keine Absicht, an unserer Linie zum Sonntagsschutz etwas zu verändern. Wir wollen Sonntags- und Feiertagsschutz in Hessen in seiner restriktiven Form beibehalten.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

Die Frage, ob uns ein jährlicher Bericht weiterhilft, sehe ich durchaus kritisch. Ich habe mir den Bericht der Bergstraße durchgelesen, die 90 Seiten. Den gibt es im Internet. Man kann das gern tun. Ich muss feststellen, die Aussagekraft ist ausgesprochen gering und nicht sehr hilfreich

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Ach ja!)

ja –, weil sie wenig Vergleich zulässt und an vielen Stellen einfach geschätzt wird, weil es an den realen Zahlen fehlt. Deshalb würde uns auch ein Sonntagsschutzbericht nicht weiterhelfen, sondern die Praxis ist da wichtiger.

Ich finde es auch richtig, dass wir Berufung eingelegt haben, was die Bedarfsgewerbeverordnung angeht, weil das eine Frage ist, die alle Bundesländer angeht. Wir brauchen ein höchstrichterliches Urteil, denn wir sind keine Ausnahme. So eine Bedarfsgewerbeverordnung gibt es in nahezu allen Bundesländern. Deshalb ist es für alle Bundesländer wichtig, dass einmal klar gesagt wird, was ein Bundesland regeln darf und was Sache des Bundes ist.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Aber das Weitestgehende ist Hessen! – Gegenruf des Ministers Stefan Grüttner: Überhaupt nicht!)

Nein, das kann man so nicht sagen. Wir sind durchaus vergleichbar. Deshalb wird es auch für alle anderen spannend.

Abschließend möchte ich Sie – das sei erlaubt – ganz herzlich einladen. Die von Ihnen so lobend erwähnte Frau Scherf wird am 2. April um 8:15 Uhr bei uns im Landtag an der Andacht teilnehmen. Alle Kolleginnen und Kollegen sind herzlich zur Teilnahme im Raum 103 A eingeladen.

(Beifall bei der CDU)

Ich erteile das Wort Herrn Abg. Bocklet, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Sonntag ist ein gesetzlich geschützter Tag der Ruhe und Erholung. Das soll er auch bleiben. Ich hoffe, darüber gibt es in diesem Saal keinen Dissens.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Das Bundesverfassungsgericht, das schon mit seinem Urteil angesprochen worden ist, hat noch einmal festgestellt und – wie wir finden – sehr gut hergeleitet, dass dieser Tag nicht nur die Religionsfreiheit fördert und schützt, sondern auch die physische und psychische Regeneration und damit zur körperlichen Unversehrtheit beiträgt. Das Gericht hat sogar einen Bezug nur Menschenwürde hergestellt.

Ich kann nur noch einmal sagen: In diesem Punkt gibt es zu unserer Position von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN tatsächlich keinen Unterschied. Wir sehen das genauso. Die Sonntags- und Feiertagsruhe sind sogar grundgesetzlich geschützt, und das müssen sie auch in der Regel bleiben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Eines ist schon gesagt worden: Die Berufung ist bereits am Laufen. Die sollte man abwarten, weil es dann zu einer rechtlichen Klärung kommt, inwieweit es einen erzwungenen Verordnungsbedarf gibt oder wie das mit der Verordnung ist, die wir damals auch kritisch gesehen haben. Das können wir auch gern so sagen. Wir haben damals gesagt, dass wir mit Sorge verfolgen, dass es zu viele Ausnahmetatbestände gibt.

Jetzt haben wir das Berufungsverfahren – das ist Punkt eins. Das sollten wir abwarten. Dann haben wir auch eine klare Sicht der Dinge. Das zweite ist eine sehr pragmatische Antwort. Einen jährlichen Sonntagsbericht finde ich vom Aufwand her, wissenschaftlich und mit Kosten verbunden, unnötig. Ich finde, wir haben genug parlamentarische Instrumente.

Stellen Sie einen Berichtsantrag, und Sie bekommen darauf die Antwort. Das wäre auch ein schnelleres Verfahren. Das würde durchaus eine Grundlage bilden, darüber zu diskutieren, ob es zu viele Ausnahmen und in welchem Umfang gibt. Ich freue mich auf so einen Berichtsantrag. Dann können wir uns einmal dezidiert damit auseinandersetzen.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Das heißt, Sie wollen das nicht!)

Nein, einen jährlichen Bericht finde ich überkandidelt. Das muss ich Ihnen ganz ehrlich sagen. Kollege Schaus, wenn wir zu jedem politischen Problem einen jährlichen wissenschaftlich erhobenen Bericht einfordern würden, dann könnten wir einen extra Anbau für die Berichte machen. Das halten wir für unnötig, um es einmal so zu sagen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Der Sonntag und seine Ruhe müssen geschützt werden. Das ist aus unserer Sicht unstreitig. Wir brauchen einen sehr restriktiven Umgang mit Ausnahmen. Auch das scheint uns unstrittig.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der LINKEN, vielleicht sollten wir uns noch einmal wie damals in Erinnerung rufen, dass dort, wo die LINKE in der Regierungsverantwortung wie in Berlin oder Brandenburg war oder ist, es immer so war, dass Sie eifrig daran mitgeschraubt haben, wenn es Ausnahmen von der Sonntagsruheregelung gab.

Diese bigotte Haltung zwischen ostdeutschen LINKEN und westdeutschen LINKEN sollte man vielleicht auch einmal aufgeben. Dann käme man auch einmal zu einer etwas sachlicheren Diskussion über die Frage, wie man mit der Sonntagsruhe umgeht. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Hermann Schaus (DIE LINKE): Was war das jetzt? Sollte das ein Argument sein?)

Das Wort hat Herr Kollege Rock, FDP-Fraktion.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ich glaube, jeder in diesem Land weiß den Sonntag und die Ruhe am Sonntag zu schätzen. Jeder Abgeordnete im Hessischen Landtag würde sich wünschen, er hätte auch den regelmäßigen Sonntagsschutz, denn viele von uns sind sonntags unterwegs. Deshalb wissen wir genau, wie wichtig eigentlich ein Tag für die Familie und das soziale Umfeld ist. Allen hier im Raum ist das mehr als bewusst – mir jedenfalls. Auch ich habe Familie. Auch ich weiß, wie wichtig der Sonntag für Familie und die Regeneration ist.

Darum kann ich vorwegnehmen: Natürlich ist der Sonntag kein Tag wie jeder andere. Natürlich muss der Sonntag auch für Familie, für soziales Umfeld erhalten bleiben. Aber dennoch – das möchte ich hier hinterlegen – ist Gesellschaft in Bewegung, und es gibt einen gesellschaftlichen Wandel. Es gibt verschiedene Formen, wie man sich am Wochenende mit der Familie betätigen möchte.

Natürlich muss man sehen, auf solche Herausforderungen angemessene Antworten geben zu können. Das, was hier die von Ihnen mehrfach angesprochene Bedarfsgewerbeverordnung regelt, ist ein abgewogenes Ergebnis gewesen, zu deren Umsetzung ich jetzt nicht in letzter Einzelheit sagen kann, ob jede Entscheidung in der Abwägung wirklich die beste war, ob jede Entscheidung wirklich notwendig war.

Aber ich habe nicht den Eindruck, dass sich das als ein großes gesellschaftliches Problem entwickelt hat oder dass es hier in den letzten drei oder vier Jahren unglaublich viele Beschwerden vor Ort gegeben hätte, die hier hohen Handlungsdruck und hohe Erregung in irgendeiner Art und Weise hätten erkennen lassen.

Ich glaube, es ist eine gute Regelung in Hessen gefunden worden. Ich würde mir auch wünschen, sie würde dauerhaft Bestand haben. Ich glaube auch, wenn sie das hat, dann wird sie eine vernünftige Regelung für uns darstellen. Ich kann mir nur vorstellen, das ist eine Frage, die man sich immer wieder als Organisation, als Gruppierung selbst stellen muss: Man muss sich auf gesellschaftliche Veränderungen einlassen, man muss die abgewogen zur Kenntnis nehmen, und man muss auch zulassen, dass es Veränderungen gibt.

Von daher ist es ein Kompromiss gewesen. Es ist eine Möglichkeit gewesen, hier ein bisschen flexibler mit der Bedarfsgewerbeverordnung vorzugehen. Ich habe nicht den Eindruck, dass in Hessen die Sonntagsruhe in einer besonderen Art und Weise Schaden genommen hätte.

Ich finde es auch interessant – jetzt hätte ich fast gesagt: Opposition, Entschuldigung –,

(Lachen bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

ich bin an der Stelle auch ein bisschen überrascht, dass die SPD und die LINKEN schon genau wissen, was für ein Schaden entstanden ist, und gleichzeitig erklären: Wir brauchen einen Bericht, damit wir wissen, welcher Schaden entstanden ist. – Darin sehe ich einen klaren logischen Widerspruch.

(Beifall bei der FDP und des Abg. Hans-Jürgen Ir- mer (CDU))

Ich glaube das auch nicht, wenn man den europäischen Vergleich sieht. Die Zahlen werden in irgendeiner Weise erhoben. Die Zahlen liegen Ihnen auch vor. Das ist ja keine Verschlusssache. Im europäischen Vergleich ist Deutschland im unteren Drittel aller europäischen Länder, was die Aktivitäten an Sonn- und Feiertagen angehen. Hier ist kein besonderer Handlungsbedarf. Hier ist auch kein besonderer Beobachtungsbedarf. Es ist aus meiner Sicht ein hoher Verwaltungsaufwand, einen solchen Bericht zu erstellen, der viele Seiten umfasst.

Wir haben schon einen sehr umfassenden Bericht, den wir alle zwei, drei Jahre im Landtag besprechen. Ich würde mir wünschen, dass dieser dicke Bericht, der die Gesellschaft und die gesellschaftliche Entwicklung in Hessen abbilden

soll, auch so intensiv von allen gelesen wird. Noch einen Bericht, der vielleicht doch nicht die Anerkennung bekommt, die der Aufwand, der dafür getätigt werden müsste, verlangen würde, den halte ich für überflüssig.

Ich sehe keinen zwingenden Handlungsbedarf. Das sehe ich anders. Das sieht vielleicht die eine oder andere gesellschaftliche Organisation, die im Antrag der LINKEN genannt worden ist. Für uns ist es eine angemessene Regelung. Der Verwaltungsvollzug, den wir wahrnehmen können, lässt auch keinen Handlungsbedarf erkennen.

Von daher werden wir diesem Sonntagsschutzbericht nicht beitreten und werden diesen Antrag ablehnen. – Vielen Dank.

(Beifall der Abg. Jörg-Uwe Hahn und Wolfgang Greilich (FDP))

Das Wort hat Herr Staatsminister Grüttner.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich darf noch einmal daran erinnern, was ich bei den Debatten um die Bedarfsgewerbeverordnung immer gesagt habe: Für diese Landesregierung und, ich denke, auch für die damals und heute sie tragenden Regierungsfraktionen hat der Schutz des Sonntags einen hohen Stellenwert. Wir verteidigen die Sonntagsruhe an allen Stellen, an denen es möglich ist.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich darf an der Stelle auch noch einmal sagen, was die Genese gewesen ist, die zur Bedarfsgewerbeverordnung geführt hat. Da ging es um die Rechtssicherheit im Hinblick auf die Fragestellung der Genehmigungspraxis durch die Regierungspräsidien. Die Genehmigungen wurden auf der Grundlage von Einzelfallentscheidungen vorgenommen. Wir wollten den Mitarbeitern einen richtigen Rahmen geben, innerhalb dessen zu entscheiden ist. Dabei hat der Schutz des Sonntags im Vordergrund gestanden. Wir haben uns an die Bedarfsgewerbeverordnungen angelehnt, die in den anderen Ländern bereits Bestand hatten. Wir haben mehr oder minder das abgeschrieben, was in den anderen Ländern in der Bedarfsgewerbeverordnung steht.

Deswegen sind wir auch in die Revision gegangen. Denn diese Revision und das letztendliche Urteil werden auch wesentliche Auswirkungen auf die anderen Länder haben. Die beobachten mit hoher Aufmerksamkeit dieses Verfahren. Wenn das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig den Spruch des Verwaltungsgerichtshofs in Hessen bestätigen würde – wir wissen das noch nicht, die Verhandlung ist noch nicht terminiert –, dann wären in zehn anderen Ländern die Bedarfsgewerbeverordnungen ebenfalls nicht mehr gültig und müssten überarbeitet werden. Insofern hat das schon eine entsprechende Bedeutung über die Landesgrenze hinaus.

Ich sage es noch einmal: Es ist der Schutz des Sonntages, der im Vordergrund steht.

Jenseits der Fragestellung der Formalien erkennt man, wenn man den Antrag der LINKEN liest, welche Daten alle gesammelt werden sollen. Das sind

… sämtliche Ausnahmeregelungen … nach der Gewerbeordnung, dem Hessischen Ladenöffnungsgesetz, dem Hessischen Feiertagsgesetz sowie der Bedarfsgewerbeverordnung und die jeweiligen Begründungen/Anlässe im Einzelnen und nach Städten und Landkreisen gegliedert …