Diese Region ist erfolgreich, und sie hat in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten zentrale Projekte der interkommunalen Zusammenarbeit gemeinsam gestemmt – trotz oder manchmal gerade aufgrund ihrer polyzentrischen Struktur: Da ist der Regionalverband, der die Grundlagen für die gemeinsame Planungspolitik der Region legt, da sind aber auch vielfältige Organisationen, beispielweise der Regionalpark Rhein-Main, die Kulturregion oder die Wirtschaftsinitiative Frankfurt/Rhein-Main, und es gibt erfolgreiche gemeinsame Gründungen wie den Rhein-MainVerkehrsverbund, die Rhein-Main Abfall GmbH oder die
Wirtschaftsförderung Rhein-Main, der die Landesregierung glücklicherweise wieder beigetreten ist. Ich will aber ausdrücklich auch das Projekt Architektursommer nennen, weil es dieses Projekt bereits schafft, über Ländergrenzen hinweg innovative Ideen für die Architektur und den Städtebau zu entwickeln.
Es ist Teil der Erfolgsgeschichte dieser Initiativen und Gesellschaften, dass sie eben nicht „von oben“ verordnet, sondern als Instrumente zur Lösung gemeinsamer Probleme der Region erkannt und „von unten“ gegründet worden sind. Dieser Grundsatz ist uns auch weiterhin wichtig. Unser grünes Credo ist an dieser Stelle „Ermöglichen statt verordnen“.
Wir wollen die ewigen Strukturdebatten hinter uns lassen und uns den realen Herausforderungen widmen. Der Antrag der Regierungsfraktionen stellt deshalb diese freiwillige interkommunale Zusammenarbeit in den Mittelpunkt. Gerade wenn es um Aufgabenfelder geht, die für eine Region gemeinsam bedeutsam sind, bedarf es lösungsorientierter Initiativen aus der Region. Unsere Aufgabe ist es, dafür den Rahmen zu setzen und diese Prozesse zu unterstützen. Es gibt bereits diese Initiativen und Prozesse „von unten“. Insbesondere die Industrie- und Handelskammern, die sich im IHK-Forum Rhein-Main zusammengeschlossen haben – maßgeblich getrieben von der IHK Frankfurt –, treiben dieses Thema immer wieder voran. Ihre Ideen sind wichtige Impulsgeber für die Region. Ich will aber ausdrücklich auch sagen: Wenn postuliert wird, die Wirtschaft werde in Fragen der Regionalentwicklung „in Vorleistung gehen“, wie es der Präsident der IHK Frankfurt gesagt hat, dann werden wir sie auch daran messen.
Selbstverständlich steht auch unsere Metropolregion vor echten Herausforderungen. Auch sie muss sich permanent weiterentwickeln. Sie unterliegt einem stetigen Wandel und muss ihre Ziele ständig neu definieren. Es sind die aktuellen Megatrends – wie Migration und demografischer Wandel, wie Digitalisierung, wie Antworten auf den Klimawandel –, die gerade in den Metropolen dieser Welt wie in einem Brennglas gebündelt werden.
Im Wettbewerb mit anderen Metropolregionen haben wir gelegentlich dennoch den Eindruck, dass diese sich noch besser gemeinsam organisieren und vermarkten. Nun hat das natürlich auch damit zu tun, dass München, London oder Mailand viel deutlicher auf ein Zentrum ausgerichtet sind, als es unsere Metropolregion ist. Das zeigt aber auch und gerade, dass wir eben nicht einfach die Konzepte anderer auf Frankfurt/Rhein-Main übertragen können, sondern eigene, auf unsere spezifische Struktur ausgerichtete Ideen entwickeln müssen.
Gleichzeitig hindert uns niemand, uns von funktionierenden Konzepten, wie dem Smart-City-Ansatz, mit dem beispielweise Mailand sehr erfolgreich ist – davon konnten wir uns während der Delegationsreise des hessischen Wirtschaftsministers im Oktober überzeugen –, inspirieren zu lassen. Das war in vielfacher Hinsicht hochgradig spannend.
Genauso wichtig ist es natürlich, dass klassische Instrumente der Stadt- und Regionalentwicklung, wie die „Re
gionale“ oder die „Internationale Bauausstellung“, für unsere Region diskutiert werden. Auch in Baden-Württemberg und in Thüringen stehen diese Instrumente aktuell auf der Agenda; Berlin hat sich daraus gerade verabschiedet.
Aus unserer Sicht ist die SPD-Fraktion mit ihrem Antrag hier aber etwas vorschnell. Sie wollen, dass sich der Landtag auf ein spezifisches Instrument, nämlich auf eine Internationale Bauausstellung, jetzt festlegt. Das ist aus unserer Sicht nicht der richtige Weg, weil das genau wieder ein Vorgehen „von oben“ wäre. Das Land schwänge sich dazu auf, zu wissen, welches Format das richtige für die Region ist, und würde es festlegen. Das wäre aber kein Format, das „von unten“ wächst und die Bedürfnisse und Ideen der vielen in der Region und für die Region Engagierten aufgreift und mitnimmt.
Eine Internationale Bauausstellung kann, das sei ausdrücklich gesagt, ein geeignetes Format sein, aber es ist eben auch eine Vielzahl anderer Formate und Möglichkeiten denkbar, um die Region voranzubringen und an ihrer ökonomisch und ökologisch positiven Entwicklung zu arbeiten.
Es wäre auch nicht der richtige Weg, wenn ich die sogenannte Erklärung zur Zukunft der Metropolregion Frankfurt/Rhein-Main ernst nehme, die im April in Frankfurt verabschiedet wurde. Ich möchte diese Erklärung ernst nehmen, obwohl der Oberbürgermeister der Stadt Frankfurt offenbar kein über die damalige – zugegebenermaßen medienwirksame – Inszenierung hinausragendes Konzept verfolgt.
In dieser Erklärung wurde von namhaften Persönlichkeiten ausdrücklich festgestellt, dass sie Verantwortung für die regionale Zusammenarbeit übernehmen wollen. Es wurde angeregt, auch unsere Nachbarländer auf diesem Weg mitzunehmen, und die Landesregierung wurde dazu eingeladen, die Unterzeichnerin und die vielen Unterzeichner auf diesem Weg zu begleiten. Sie von der SPD-Fraktion wollen jetzt erreichen, dass sich der Landtag auf eine Bauausstellung als Instrument festlegt, noch bevor diese Gespräche geführt worden sind. Das wäre aus unserer Sicht falsch; denn wir würden weder die Unterzeichner noch die Nachbarn in ihren Anliegen ernst nehmen, sondern sie mit vollendeten Tatsachen konfrontieren.
Deshalb ist der Ansatz der Landesregierung genau der richtige. Unsere Nachbarländer Rheinland-Pfalz, BadenWürttemberg und Bayern sind zu Gesprächen über ein umsetzungsorientiertes Projekt zu einer integrierten Stadt- und Regionalentwicklung unter dem Arbeitstitel „Frankfurt/ Rhein-Main 2020+“ eingeladen. Dort sollen gemeinsame Antworten auf die zentralen Herausforderungen der polyzentralen Metropolregion entwickelt werden.
Diese Region geht auf vielen Feldern bereits voran. Hier werden spannende Konzepte realisiert, gerade was die Themen klimaschonende Mobilität und Wohnen angeht. Deshalb sind Gespräche mit den anderen Ländern der richtige, der logische nächste Schritt, wenn wir wirklich weiterkommen wollen, nicht die Fixierung auf ein spezifisches Instrument.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich bin dankbar, dass alle Vorredner die Rhein-Main-Region erst einmal beschrieben haben, ihre Herausforderungen, ihre Probleme und auch ihre Chancen, weil mir das die Gelegenheit gibt, mich auf das zu fokussieren, was hier als eines der denkbaren Formate zur Weiterentwicklung der Rhein-Main-Region im Streit steht, nämlich das Format einer Internationalen Bauausstellung.
Ich war ein bisschen überrascht, dass nicht zunächst einmal der Ansatz gesucht wurde, darüber zu diskutieren, was eine solche Ausstellung für eine Region wie Frankfurt/RheinMain bedeuten kann. Deshalb ist es ganz wichtig, um noch einmal darauf zurückzuführen, worüber wir im Kern reden, einmal darzustellen, dass eine Internationale Bauausstellung zuvorderst ein Instrument der Stadt- und Regionalentwicklung und eben nicht nur ein Marketinginstrument ist,
dass eine Internationale Bauausstellung – anders, als ihr Name möglicherweise suggeriert – eben keine klassische temporäre Ausstellung ist, sondern dass es um dauerhaft Gebautes geht, dass es um einen Mehrwert für die Region geht, dass es auch kein abgeschlossenes Gesamtpaket ist – wenn hier von einem „umsetzungsorientierten Projekt“ gesprochen wird, weiß ich nicht, ob es da nicht vielleicht Fehlvorstellungen gibt –, dass es um einen regionalen Entwicklungsprozess geht, der im Kopf entsteht, der auf einer Vision, einer Zukunftsvorstellung fußen muss, um erfolgreich zu sein. Dementsprechend geht es eben mehr um eine Selbstvorstellung einer Region – wie Frankfurt/RheinMain – in den nächsten 15, 20 oder 30 Jahren als nur um eine geschützte Marke.
Herr Kasseckert, deswegen glaube ich – auch wenn wir Freie Demokraten völlig offen dafür sind, über alle möglichen Formate zu diskutieren –, dass gerade für eine Region wie Frankfurt/Rhein-Main, die nicht nur mit Regionen innerhalb Hessens und innerhalb Deutschlands, sondern auch mit Regionen weltweit konkurriert und konkurrieren will, die also einen ganz anderen Anspruch hat, als dass nur ein bisschen regional geredet wird, eine Internationale Bauausstellung das richtige Instrument für eine erfolgreiche Regionalentwicklung sein könnte.
Eine solche Internationale Bauausstellung bringt dann nicht nur etwas für unsere Region – das muss ganz klar gegeben sein –, sondern sie kann auch ein Vorbild bei der Bearbeitung der Aufgabenstellung sein, die wir uns gemeinsam für eine IBA oder ein anderes Format suchen würden. Sie kann bestenfalls sogar Vorreiter bei der Bewältigung typischer Fragen sein, die sich uns in der Region Frankfurt/Rhein-Main stellen.
Liebe Freunde, damit geht es um die zukunftsfähige Aufstellung von Regionen – das ist schon beschrieben worden –, die wie die Region Frankfurt/Rhein-Main ganz besondere Struktur haben: Die Region Frankfurt/Rhein-Main ist polyzentrisch, und als ein Netzwerk ist sie im Grunde genommen von ganz vielen Sorten von Knoten geprägt: Knoten im Verkehr und in der Infrastruktur, Knoten von Bildungs- und Forschungseinrichtungen, Knoten im Hinblick auf das Arbeiten von Unternehmen, von Verbänden, von Organisationen und von Gewerkschaften, aber auch Knoten, wenn es um die Kultur und die Kreativszene und damit um einen wirklichen Impulsgeber für Innovation und Zukunftsfähigkeit geht. Sie ist auch eine Region – das ist schon gesagt worden –, die an eine Vielzahl von Ländergrenzen stößt, und daher gäbe es im Hinblick auf ein solches Zukunftsmodell die Chance, dass die IBA, ähnlich wie die IBA in Basel, über Ländergrenzen hinweg angelegt und organisiert wird.
Herr Kollege Kasseckert, Herr Kollege Klose, deswegen finde ich es gut, wenn wir jetzt einfach einmal in einen Prozess eintreten, der die Motivation in der Region – sie ist schon beschrieben worden; es gibt vielfältige Mitspieler in der Region, die sie voranbringen wollen – klärt und auch eine Zielsetzung für ein solches Format findet, ob Sie es nun „Regionale Bauausstellung“ oder „Internationale Bauausstellung“ nennen. Letzterer ist meines Erachtens der höherwertige Begriff, und es ist auch das höherwertige Modell. Es geht um eine Zielsetzung, die es uns erlaubt, die Region Frankfurt/Rhein-Main voranzubringen und ihre besondere Strahlkraft im Verhältnis zu anderen Regionen herauszustellen.
Deswegen möchte ich heute die Gelegenheit nutzen, Ihnen einen Vorschlag für eine solche Zielsetzung zu machen. Die Problemlagen und die Voraussetzungen sind von allen sehr zutreffend beschrieben worden. Wir als Freie Demokraten möchten Ihnen den Vorschlag machen, den mächtigen Trend der Digitalisierung aufzugreifen und die Zukunftsentwicklung unserer Region Rhein-Main unter den Aspekt der Smart Region zu stellen.
Es geht quasi um die Region 4.0: eine Region, in der über die Fragen des Wohnens und Lebens, des Arbeitens und der Freizeit, aber auch der Weiterentwicklung von Bildung völlig neu nachgedacht wird. Anders, als man vielleicht auf den ersten Blick meinen möchte, hat das unglaublich viel mit Stadt- und vor allem mit Regionalentwicklung zu tun. Wenn wir nämlich anders wohnen und uns komplett anders fortbewegen und viel dezentraler und selbstständiger arbeiten, wird das auf die Gestaltung unserer Umwelt, unserer Wohngebäude und unserer Verkehrsstrecken einen massiven Einfluss haben.
Darüber, dass man dies einmal in den Blick nimmt und nicht bei dem aktuellen Thema Smart City stehen bleibt, wird vielfach diskutiert. In der Region Frankfurt/RheinMain, die so polyzentrisch und so vernetzt ist, die Smart City zu einer Smart Region zu erweitern, also nicht nur die einzelnen Städte und Knotenpunkte, sondern gerade auch den Bereich dazwischen aufzugreifen – Herr Kasseckert, Sie haben von den eher ländlichen Räumen und Strukturen gesprochen –, ist meines Erachtens für uns in Hessen eine ganz besondere Chance, diese Entwicklung der nächsten 15, 20 oder 30 Jahre vorausschauend zu durchdenken.
Was heißt das im Detail? Diese Entwicklung vorausschauend zu planen, die Dinge also nicht einfach nur geschehen zu lassen und dann ein bisschen an den Auswirkungen herumzufummeln, sondern sie wirklich strukturiert und vor allem zukunftsorientiert und chancenorientiert miteinander zu planen und anzugehen, wäre eine ganz besondere Prägung für die Region Frankfurt/Rhein-Main und für unser Bundesland; denn, Herr Kasseckert, anders als bei allen anderen IBAs, die wir bisher gesehen haben, wäre das nicht nur, wie Sie es genannt haben, das Bewältigen einer Problemlage, also die Bewältigung der Vergangenheit.
Das haben wir bei den IBAs gesehen, bei denen man sich um die Konversion gekümmert hat: bei den IBAs, die irgendwie damit klarkommen mussten, dass die Unternehmen, die Armee oder die Menschen nicht mehr da sind. Denken Sie an die IBA in Sachen-Anhalt. Es darf auch keine IBA sein, die sich nur um die Bewältigung der Problemlagen von heute bemüht. So war es ganz klassisch in Hamburg – wachsende Stadt – oder auch in Berlin, wo es um zusätzlichen Wohnraum ging. Vielmehr ist das zum allerersten Mal eine Internationale Bauausstellung, die sich mit den Fragen und den Chancen der Zukunft auseinandersetzt,
bei der man also nicht abwartet, bis die Probleme da sind, sondern sagt: Wir überlegen uns, wie wir in 30 Jahren leben werden. Was müssen wir heute machen, damit es dann allen besser geht, egal ob beim Arbeiten, beim Wohnen, in der Freizeit oder bei der Bildung?
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, die Digitalisierung ist schon da. Wir alle – ich nehme mich da gar nicht aus – haben noch nicht begriffen, wie tief greifend diese Entwicklung ist und, vor allem, wie stark diese sich immer mehr beschleunigende Entwicklung in alle Lebens- und Arbeitsbereiche eingreifen wird. Das ist sehr viel mehr als das bisschen Klein-Klein, über das wir hier im Zusammenhang mit dem Breitbandausbau diskutieren. Eine Übertragungsrate von 50 MBit/s ist lächerlich im Vergleich zu all den Herausforderungen, die dieser Prozess an uns stellt.
Deswegen schlagen wir Freie Demokraten Ihnen vor, mit einem Instrument wie der Internationalen Bauausstellung – oder wie immer Sie es dann nennen möchten, um es mehrheitsfähig zu machen, Herr Kasseckert –, also einem Stadtund Regionalentwicklungselement, über die Fragen von morgen und sogar schon über die Fragen von übermorgen in unserem Land zu diskutieren.
Frau Präsidentin, ich komme gleich zum Schluss. – Ich glaube, dass wir damit Modernität und Nachhaltigkeit, insbesondere Nachhaltigkeit in Bezug auf die zukünftigen Investitionen, zum Ausdruck bringen könnten. Wir müssten den Diskussionsprozess so ernst nehmen, dass wir in Zusammenhängen denken, die größer sind und über die jetzigen Organisationen und Gemeindegrenzen hinausgehen.
Aber wir hätten, wenn daraus nicht nur ein Regierungsprojekt würde, das nebenbei behandelt wird, sondern wenn wir auch die Motivation in der Region aufnehmen könnten, die Chance, die Region zukunftsfähig aufzustellen und vor allem Vorreiter zu sein, sogar auf der internationalen Ebene. Deswegen sollte es „Internationale Bauausstellung“ heißen. – Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die SPD greift mit ihrem Antrag für eine Internationale Bauausstellung Rhein-Main eine Initiative auf, die im Jahr 2009 schon einmal im Sande verlief. Dabei hat die Zahl der Internationalen Bauausstellungen enorm zugenommen: Fanden im Zeitraum 1901 bis 1999 insgesamt sechs Internationale Bauausstellungen statt – darunter historische und stilprägende wie in Darmstadt 1901 oder in Stuttgart 1927 –, waren es in den letzten 15 Jahren schon sieben solcher Bauausstellungen. Den wenigsten von uns dürften die aktuellen parallel stattfindenden Internationalen Bauausstellungen in Basel, Thüringen oder Heidelberg bekannt sein.