Protocol of the Session on November 26, 2015

Der Hauptausschuss empfiehlt dem Plenum mit den Stimmen von CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen von SPD, DIE LINKE und FDP, den Gesetzentwurf in zweiter Lesung unverändert anzunehmen.

Vielen Dank, Herr Frömmrich. – Für die Fraktion der GRÜNEN haben Sie das Wort.

Ich will ein paar kurze Anmerkungen dazu machen. Uns liegt ein guter Gesetzentwurf vor. Er befasst sich im Prinzip mit zwei Regelungsbereichen. Der eine ist die Frage: Was passiert mit Mitgliedern der Landesregierung, die in die Privatwirtschaft wechseln? Wie kann man ausschließen, dass es dabei Interessenkonflikte gibt? Es geht um die Anzeigepflicht beim Wechsel in die Privatwirtschaft. Wir haben dort eine gute Abwägung getroffen zwischen den Interessen der ausscheidenden Mitglieder und der freien Berufswahl. Wir wollen damit erreichen, dass Interessenkonflikte verhindert werden.

Wir haben hier eine gute Regelung gefunden. Wir sind das erste Flächenland in Deutschland, das überhaupt eine solche Regelung schafft.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Meine Damen und Herren, dieses Gesetz dient der Transparenz und dazu, Interessenkonflikte zu verhindern. Wir haben die Regelung ausdrücklich zeitlich begrenzt: Wir haben es an das Übergangsgeld gekoppelt und auf 18 Monate begrenzt. Das halte ich für eine gute Regelung.

Als Zweites haben wir die Nebentätigkeit von Mitgliedern der Landesregierung zum Thema gemacht. Es gab immer wieder das Begehr, dass die Mitglieder der Landesregierung ihre Nebentätigkeiten öffentlich machen. Ich halte das für ein Anliegen, dem man durchaus nachkommen sollte. Die Bürgerinnen und Bürger haben ein Interesse daran – und dieses Interesse soll auch befriedigt werden –, zu wissen: Was machen eigentlich Mitglieder der Landesregierung neben ihrer Tätigkeit im Hauptamt?

Da geht es nicht einmal darum, dass man Misstrauen hegt, sondern es geht einfach um Transparenz. Viele Mitglieder der Landesregierung nehmen Nebentätigkeiten wahr, die sie qua ihres Amtes übernommen haben. Doch die Transparenz soll hergestellt werden. Auch das ist in diesem Gesetzentwurf gut geregelt.

Wir haben dazu eine umfangreiche Anhörung gehabt. In solchen Anhörungen gibt es natürlich immer einige, die sagen, man müsste das eigentlich noch schärfer regeln, man müsste eigentlich noch größere Zeiträume vorsehen. Aber wir sind, wie gesagt, das erste Flächenland, das überhaupt eine solche Regelung schafft. Schauen wir erst einmal, wie dieses Gesetz wirkt. Irgendwann kann man dann darüber reden, ob man da noch etwas verbessern muss. Ich glaube, wir sind hier auf einem guten Weg.

Ein Punkt wurde angemerkt, insbesondere von der VhU, also von der Vereinigung hessischer Unternehmerverbände. Das ist die Frage: Warum regelt ihr das eigentlich nur für die Privatwirtschaft? Warum regelt ihr das nicht für die öffentlichen Betriebe?

Das hat uns durchaus zu denken gegeben. Das wurde in der Anhörung auch sehr dezidiert vorgetragen. Die Kolleginnen und Kollegen von der FDP haben dazu jetzt einen Änderungsantrag vorgelegt. Wir werden diesem Änderungsantrag zustimmen, weil wir glauben, dass man solche Dinge nicht nur für die Privatwirtschaft regeln muss, sondern auch dann, wenn es darum geht, dass Mitglieder der Landesregierung in Gesellschaften wechseln, die zum großen Teil in öffentlichem Eigentum sind.

Mit dieser Änderung werden wir diesen Gesetzentwurf noch ein bisschen besser machen. Daher hoffe ich auf Ihre Zustimmung. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Das Wort hat der Abg. Rock für die FDP-Fraktion.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Jetzt muss ich meine Rede umschreiben. Das hat mich jetzt doch etwas überrascht, positiv überrascht.

(Beifall bei der FDP – Günter Rudolph (SPD): Aber du bist flexibel, dir trauen sie das zu!)

Es ist richtig, was Kollege Frömmrich hier vorgetragen hat. In den grundsätzlichen Ausführungen hat er recht. Es ist ganz wichtig, dass wir hier – in einer Zeit, in der es nicht zu neuen Wahlen und möglichen Veränderungen im Kabinett kommt – solche Regelungen treffen und die in aller Ruhe diskutieren können. Wir versuchen, objektiv und mit breiter Mehrheit ein solches Gesetz auf den Weg zu bringen.

Unser Vorschlag lautete, die Regelungen, die vorgesehen waren, zu konkretisieren und deutlich zu machen, dass alle Unternehmen, nicht nur die privatwirtschaftlichen Unternehmen, sondern auch die Unternehmen im öffentlichen Besitz, eingebunden sind.

Wenn die Koalition unseren Vorschlag aufnimmt, so wie er auch aus den Reihen der VhU vorgetragen worden ist, können wir diesem Gesetzentwurf natürlich auch zustimmen; und dann, so glaube ich, bringen wir mit breiter Mehrheit etwas auf den Weg, mit dem wir alle gut leben können und mit dem Regeln zur politische Hygiene und zur Transparenz geschaffen werden, aufgrund derer jeder weiß, wie er sich zu verhalten hat, sodass unangenehme Diskussionen, die jede Fraktion betreffen können und vielleicht – bundesweit gesehen – auch schon jede Fraktion betroffen haben, vermieden werden. Das werden wir also gerne mittragen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion DIE LINKE hat Herr Dr. Wilken das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Bei diesem Gesetzentwurf geht es unter anderem darum, Vertrauen in der Bevölkerung wiederzugewinnen, das die Politik durch spektakuläre Wechsel auf Bundesebene, die zeitnah aus einem Ministeramt in die Privatwirtschaft erfolgt sind, verloren hat. „Zeitnah“ war in der letzten Zeit immer ein Zeitraum, der rund zwölf Monate betrug. Die Fraktion DIE LINKE stört es nach wie vor, dass Sie in Ihrem Gesetzentwurf vorsehen, dass die Regelung, also der Verzicht auf ein in aller Regel gut dotiertes Amt in der Privatwirtschaft oder, wie wir jetzt gerade gehört haben, in einem privatisierten ehemals öffentlichen Unternehmen, maximal zwölf Monate gelten soll.

Sie haben uns in den Diskussionen immer darauf hingewiesen, dass alleine diese Einschränkung der Berufsfreiheit grundgesetzlich garantiert ist und dass deswegen an dem Zeitraum von maximal zwölf Monaten nicht zu rütteln sei. Andere Bundesländer sind insoweit aber viel mutiger. Zugegebenermaßen sind es die Stadtstaaten in unserer Republik, aber wir sind wohl alle der Meinung, dass auch in den Stadtstaaten das Grundgesetz gilt.

Wir sind der Auffassung, dass wir, wenn wir ein solches Gesetz auf den Weg bringen, was wir prinzipiell befürworten, etwas strengere Regeln brauchen, als Sie sie heute verabschieden werden. Deswegen werden wir gegen das Gesetz stimmen. – Ich bedanke mich.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort hat der Abg. Kasseckert, CDU-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich kann nahtlos an das anknüpfen, was die Kollegen Frömmrich und Rock hier vorgetragen haben. Wir haben zur Beratung dieses Gesetzentwurfs eine schriftliche Anhörung durchgeführt, die ergab, dass man es in weiten Teilen begrüßt, dass die Hessische Landesregierung einen solchen Vorschlag unterbreitet.

Ich betone noch einmal, Herr Wilken: Hessen ist das erste Flächenland, das in der Bundesrepublik ein solches Gesetz auf den Weg gebracht hat. An dieser Stelle sind wir einmal mehr Vorreiter für die Bundesländer der Bundesrepublik Deutschland.

Wir haben eigentlich in dem gesamten Kontext Zustimmung erfahren. Der einzige Punkt war in der Tat die Frage, ob dieses Gesetz auch für die öffentlichen Unternehmen gelten soll. Wir haben uns darüber beraten und können dem Vorschlag der FDP beitreten, damit gar nicht erst der Eindruck aufkommt, dass hier irgendetwas gemauschelt werden sollte. Ganz im Gegenteil wollen wir Transparenz. Wir wollen aber auch, dass die Persönlichkeitsrechte der einzelnen Mitglieder der Landesregierung gewahrt werden. Deshalb glauben wir, Herr Wilken, dass wir mit der Ka

renzzeit von 18 Monaten, mit der Begrenzung auf die zwölf Monate der Bezüge des Übergangsgeldes, ausreichend Vertrauen schaffen können. Das hat auch die Anhörung ergeben.

Insofern werden wir dem Gesetzesvorschlag mit der von der FDP beantragten Änderung zustimmen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Dr. h.c. Jörg-Uwe Hahn (FDP))

Für die SPD hat Herr Kollege Rudolph das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir regeln nun in Hessen, was wir als SPD-Fraktion schon in den letzten Jahren gefordert haben. Der Wechsel von Regierungsmitgliedern in die Privatwirtschaft muss eine Übergangsphase, also eine Karenzzeit, beinhalten, so wie es im Bund auch der Fall ist. Die diesbezüglichen Anträge haben Sie in den letzten Jahren abgelehnt. Jetzt könnte man sagen, es sei ja nicht verboten, schlauer zu werden. Das ist an der Stelle zugestanden. Ob Sie es freiwillig und gern gemacht haben, spielt auch keine Rolle. Die Begründung wird ja bei einem Gesetzentwurf nicht mit beschlossen. Diese Regelung ist notwendig, richtig und konsequent.

Wir haben – auch wenn es kurzfristig beantragt wurde – ebenfalls kein Problem damit, zu sagen, dass das auch für öffentliche Unternehmen gilt, obwohl wir nicht die Diktion der FDP teilen, dass eine besondere Gefährdung besteht, wenn jemand in ein öffentliches Unternehmen wechselt.

Im Kern geht es darum, dass jemand, wenn er Wissen aus einem Amt erworben hat, dieses in seine neue berufliche Tätigkeit mitnimmt und daraus Vorteile zieht. Deswegen finden wir, wenn eine angemessene Karenzzeit – in der Anhörung hat jemand von einer Abkühlphase gesprochen – zu verzeichnen ist, dann ist das der richtige Ansatz, damit erst gar nicht der Eindruck der Vetternwirtschaft entstehen kann.

Wir sehen dadurch auch nicht, wie es einige behaupten, die Berufsfreiheit unterhöhlt. Wenn ich aus einem öffentlichen Amt Wissen mitnehme, habe ich dadurch einen Vorsprung. Das geht nicht unendlich, aber für 18 Monate bzw. begrenzt auf zwölf Monate. So lautet auch die Regelung im Bund. Hamburg geht etwas weiter.

Der Minister – Staatsminister Wintermeyer; so viel Zeit muss sein – hat mich unfreundlich gefragt, ob ich nicht lesen könne. – Selbst das hat er mir nicht unterstellt. Aber ich habe es unterschwellig so empfunden. Ich bin sensibel, wie Sie auch.

(Heiterkeit – Michael Boddenberg (CDU): Da muss der Kollege Rudolph selbst kurz lachen!)

Wenn man sensibel ist, dann ist das nichts Negatives. – Ich will aber kein Taschentuch vom Kollegen Bellino. Darauf lege ich ausdrücklich keinen Wert.

(Holger Bellino (CDU): Ich gebe dir eines! Ich habe dir vorhin schon eines angeboten!)

Er hat flapsig gefragt – das war damit gemeint –: Was passiert, wenn ein Regierungsmitglied der Anzeigepflicht

nicht nachkommt? Welche Sanktionsmöglichkeiten gibt es? Dann greift natürlich der Tatbestand. Aber mir ging es um etwas anderes. Man könnte ja auch den Tatbestand der Ordnungswidrigkeit einfügen; denn wenn jemand Regierungsmitglied ist, weiß er schon, welche Vorschriften er zu beachten hat. Das fehlt uns in dem Gesetzentwurf. Wir hätten uns auch durchaus noch eine Regelung vorstellen können, die etwas über diese 18 Monate hinausgeht.

Es ist immer abzuwägen, und es ist immer klug zu schauen, dass gar nicht erst der öffentliche Eindruck des Interessenkonflikts entsteht. Wahrscheinlich gibt es fast in jeder Partei Fälle, bei denen wir sagen, das hätte so nicht sein müssen. Insofern gibt es einen Fortschritt. Wir regeln einen Tatbestand, bei dem wir in Hessen jahrelang nichts gemacht haben. Das ist das Positive. Wir hätten uns eine weiter gehende Regelung vorstellen können. Wir vermissen insbesondere Sanktionsmöglichkeiten. Das ist für uns auch der Grund, warum wir dem Gesetzentwurf nicht zustimmen werden. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Das Wort hat Herr Staatsminister Wintermeyer.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wenn ein Gesetzentwurf eine lebhafte Debatte, Herr Rudolph, teilweise auch sensible Debattenbeiträgen, hervorruft, ist das immer ein gutes Zeichen. Dann ist nämlich nicht nur zu vermuten, dass das Thema wichtig ist, sondern dies zeigt auch die besondere Stärke unserer parlamentarischen Demokratie; denn in Rede und Gegenrede, auch in Anhörungen, werden Argumente ausgetauscht, überprüfen wir den eigenen Standpunkt und wollen wir miteinander eine möglichst gute Lösung herbeiführen. Gestatten Sie mir den Hinweis: Daran teilhaben zu dürfen, ist ein Privileg. Gerade da wir momentan diese Zeiten durchmachen, kann man dieses Privileg nicht hoch genug einschätzen.

Meine Damen und Herren, im vergangenen Sommer hatte ich bereits die Gelegenheit, Ihnen die Grundzüge der geplanten Karenzregelung zu erläutern. Ich darf Ihnen noch einmal kurz die beiden Überlegungen in Erinnerung rufen, die ihr zugrunde liegen.

Erstens. Politik darf keine geschlossene Veranstaltung sein, aber Politik darf auch keine Einbahnstraße sein. Im Anschluss an ein Regierungsamt muss man daher wieder in den alten Beruf zurückkehren oder eine neue Beschäftigung aufnehmen können.

Zweitens. Bei einem solchen Wechsel darf nicht einmal der Anschein einer Interessenkollision entstehen.

Die öffentliche Anhörung zu dem Gesetzentwurf hat uns allen gezeigt, dass die Landesregierung mit dieser Einschätzung richtig liegt. Das Vorhaben der Landesregierung, den Wechsel zwischen beiden „Welten“ – wenn ich das einmal so formulieren darf – gesetzlich zu regeln, hat breite Zustimmung gefunden. In Deutschland gibt es bisher erst zwei solcher Karenzzeitgesetze: auf der Bundesebene und im Stadtstaat Hamburg. Hessen wäre also das dritte Land und das erste Flächenland in der Bundesrepublik, das