Wenn das jetzt nicht dadurch belegt wird, kann ich nur ein Lob auf die öffentliche Trägerschaft sagen. Dann funktioniert es auch. Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, dass es besser funktioniert, wenn Unikliniken in der Hand des Landes sind, ist es genau diese Geschichte. Ohne ein landeseigenes Klinikum hätten wir heute noch kein Partikeltherapiezentrum, weil es das privatisierte Uniklinikum nicht auf der Reihe bekommen hat. Das ist auch eine Erkenntnis aus dieser Geschichte.
(Beifall bei der LINKEN, bei Abgeordneten der CDU und der SPD sowie der Abg. Mürvet Öztürk (fraktionslos))
In Hessen ist die Landesregierung unter Roland Koch eben den fatalen Weg gegangen und hat das Uniklinikum an eine Aktiengesellschaft verkauft.
Dann ist jahrelang behauptet worden, mit den lächerlichen 5 % Anteilsbesitz habe das Land seine Möglichkeiten und seine Einflussnahme gewahrt. Einflussmöglichkeiten – auch das zeigt diese Geschichte – hat das Land aber kaum: weder beim Thema Partikeltherapie noch bei Fragen des Personalabbaus, noch als die Übernahme durch Fresenius im Gespräch war.
Die Privatisierung des Uniklinikums ist und bleibt ein Fehler; die negativen Konsequenzen sind offensichtlich. Das bemerkt man auch gerade, wenn man sich die immer schwieriger werdende Arbeitssituation der Beschäftigten ansieht.
Auch dazu will ich ein paar Sätze sagen, denn ich finde, es kann im Landtag gar nicht oft genug diskutiert werden, dass sich die Beschäftigten immer wieder öffentlich zu Wort melden und auf ihre Situation hinweisen. Wir erinnern uns: Im Mai hat der Betriebsrat einen offenen Brief an den Ministerpräsidenten geschrieben, in dem er die Lage der Beschäftigten schildert. Darin ist die Rede von über 130.000 Überstunden. Die zunehmende Arbeitsverdichtung und der anhaltende Personalabbau werden beklagt. Beschäftigte mit befristeten Arbeitsverträgen werden nicht darüber informiert, ob sie weiterbeschäftigt werden. Auszubildende werden nicht übernommen. Das alles, so der Betriebsrat, führe zu einer Resignation der Beschäftigten. Das wirkt sich auf die Patientenversorgung, aber auch auf Forschung und Lehre aus.
Der Betriebsrat kommt zu dem Schluss, es sei nur dem unermüdlichen Einsatz aller Beschäftigten zu verdanken, dass die geforderte Qualität überhaupt geleistet werden kann.
Der Betriebsrat hat in seinem damaligen Brief den Ministerpräsidenten aufgefordert, er möge seiner Verpflichtung zur Sicherung der Krankenversorgung endlich nachkommen. Wir erinnern uns auch daran, was der Ministerpräsident damals gemacht hat. Erst hat er zwei Wochen lang überhaupt nicht geantwortet. Dann hat er geantwortet. Er hat sich aber vor Ort kein Bild von der Lage der Beschäftigten gemacht oder mit dem Betriebsrat gesprochen. Stattdessen hat er mit einem Brief geantwortet, in dem er den Beschäftigten die Position der Geschäftsleitung 1 : 1 darlegt. Dieser Antwortbrief des Ministerpräsidenten liest sich faktisch wie eine Presseerklärung der Geschäftsführung. – Und siehe da: Es war auch eine Pressemitteilung der Geschäftsführung. Die hat der Ministerpräsident von der Homepage des UKGM 1 : 1 abgeschrieben und damit den verunsicherten und besorgten Beschäftigten im Wortlaut der Rhön-Klinikum AG geantwortet. Sie haben sich vollkommen unkritisch die Position der Rhön-Klinikum AG zu eigen gemacht. Ich finde, dieser Umgang mit Beschäftigten des Uniklinikums ist überhaupt nicht akzeptabel und einfach nur peinlich.
Auch der jetzige Wissenschaftsminister, Herr Rhein, hat sich nicht wirklich mit dem Wohl der Beschäftigten und ihren Sorgen auseinandergesetzt. Sie sind jetzt zur Einweihung des Partikeltherapiezentrums zum Händeschütteln und Fotos-Machen nach Marburg gefahren. Aber Ihre Aufgabe ist es doch gerade auch, die Sorgen der Beschäftigten ernst zu nehmen. Wenn es dort Bedenken hinsichtlich der Patientenversorgung und der Qualität gibt, sollten Sie sich dieser Anliegen endlich annehmen. Es ist doch klar, dass die untragbare Arbeitsbelastung dort nicht nur ein Problem für die Beschäftigten ist. Sie ist auch eine Gefahr für die Patientinnen und Patienten.
Deshalb sind wir der Meinung: Die beste Lösung wäre, wenn das Universitätsklinikum zum Land zurückkäme, wie es auch viele in Mittelhessen fordern.
Ein privater Klinikkonzern fühlt sich zuallererst seinen Aktionären verpflichtet. Das geht auf Kosten der Patienten und Beschäftigten. Deshalb fordere ich Sie noch einmal auf: Sie sollten endlich Personalmindeststandards schaffen. Meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, dann dürften Sie sich endlich einmal selbst auf die Schultern klopfen, und wir als LINKE würden auch gerne mit klopfen, wenn Sie Personalmindeststandards schaffen.
Zum Schluss möchte ich gerne die Gelegenheit nutzen und mich bei Thomas Spies für die jahrelange gute Zusammenarbeit im Ausschuss für Wissenschaft und Kunst und seine Arbeit als Ausschussvorsitzender bedanken. Ich wünsche dir ganz persönlich alles Gute in Marburg. Ich denke, man wird sich das eine oder andere Mal wiedersehen. Vielen Dank und alles Gute für dich.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, wir können für alle Fraktionen feststellen – da habe ich selbst bei der SPD Bewegung gesehen –, dass der Tag, an dem in Marburg in der Partikeltherapieanlage endlich der erste Patient behandelt werden konnte, ein Tag war, an dem viele Hoffnungen nicht nur in diesem Haus in Erfüllung gegangen sind.
Das sind Hoffnungen unglaublich vieler Menschen in diesem Land und darüber hinaus, von Menschen, die an unheilbaren Tumoren leiden und die durch diese neuartige Behandlungsmethode vielleicht die Chance bekommen, geheilt zu werden – Hoffnungen, für die wir uns als Freie Demokraten stets eingesetzt haben, auch wenn der Prozess bis zu dieser ersten Behandlung wahrlich nicht leicht war. Die Tatsache, dass die Partikeltherapieanlage jetzt endlich in Betrieb gegangen ist, zeigt, dass es gut war, immer wieder gegen die Schwierigkeiten auf dem Weg dorthin anzukämpfen.
Wir müssen eingestehen, dass auf dem Weg dorthin die Anlage zwischenzeitlich kurz vor dem Aus stand. Es war richtig, an dieser Stelle nicht nachzugeben, sondern weiter zu verhandeln, auch wenn es schwierig war. Es war richtig, dass der Ministerpräsident sich in den schwierigsten Phasen eingeschaltet hat, um die Verkeilungen, die es offenbar gegeben hat, zu lösen. Es war auch richtig, daran festzuhalten, hier weiter zu verhandeln. Wir als Land haben gewusst, dass wir mit einer schnellen Schadenersatzlösung, so wie sie insbesondere von der SPD-Fraktion in diesem Hause gefordert wurde, nicht den Tag der Erfüllung der Hoffnungen so vieler kranker Menschen erlebt hätten. Dieses Geld hätte uns nicht die Hoffnung darauf erfüllt, unheilbare Krankheiten mit neuen Methoden zu behandeln.
Sehr geehrter Herr Kollege Spies, Sie haben in diesem Haus einen anderen Weg empfohlen. Aber Respekt – Sie haben zumindest eingesehen, dass das Festhalten an diesen Verhandlungen dazu geführt hat, dass wir jetzt unser eigentliches Ziel erreicht haben.
Ich hätte allerdings erwartet, dass Sie damit auch das Zugeständnis verbinden, dass nur die Privatisierung des fusionierten Universitätsklinikums diese Chance der Verhandlung überhaupt ermöglicht hat. Wir als Land hätten angesichts der damaligen Situation der beiden Klinikstandorte niemals die Chance gehabt, eine solche Investition alleine zu stemmen.
Wir hätten niemals die Möglichkeit gehabt – auch heute nicht –, ein solches finanzielles Risiko einzugehen, wie es die Partikeltherapieanlage nach wie vor darstellt. Deswegen ist es gut, dass es mithilfe der Privatisierung gelungen ist, diesen Tag der Erfüllung der Hoffnungen von sehr vielen unheilbar Kranken gemeinsam erleben zu dürfen.
Wir werden den privaten Anteil auch weiter benötigen. Wir als Freie Demokraten verbinden mit diesem Tag der ersten Behandlung auch die Hoffnung darauf, dass die weitere Behandlung und Forschung an bislang unheilbaren oder nahezu unheilbaren Krebsarten auch dazu beitragen mögen, Erkenntnisse über neue Behandlungsmethoden hervorzubringen. Dadurch könnte diese Behandlung noch zielgerichteter und erfolgversprechender werden und noch mehr Menschen zur Heilung verhelfen.
Damit ist das Strahlentherapiezentrum in Marburg auch für Hessen eine Spitzentechnologie, die über den hessischen Standort hinaus strahlen wird – auch in ihren weiteren Ergebnissen. Deshalb sollten wir gemeinsam alles dafür tun, dass sich diese Investition – und es ist völlig richtig, wenn Herr Spies sagt, es ist auch eine Investition des Landes Hessen aus Steuermitteln, die aus meiner Sicht richtig investiert wurden – auch weiterhin in noch mehr Heilungsmöglichkeiten niederschlagen möge.
Herr Kollege Spies, wir sollten auch gerade deshalb alles dafür tun, weil sich – und das wissen wir alle – diese Partikeltherapieanlage zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht rechnet. Wir haben aber die Hoffnung darauf, dass es möglicherweise bald dazu kommen wird, durch weitere Forschungsergebnisse und Erfahrungen in der noch besseren und effizienteren Behandlung von Patientinnen und Patienten, dass sich diese Formen der Behandlungsmethoden auch für uns alle mit einem geringeren Einsatz von Steuergeldern durchführen lassen werden.
Frau Kollegin Wissler, deswegen kann ich auch nicht nachvollziehen, warum Sie hier ausgerechnet die Beteiligung des Universitätsklinikums Heidelberg kritisieren. Es ist eine gute Lösung, dass gerade das Universitätsklinikum Heidelberg
Ich glaube, es ist ein Tag, an dem wir gemeinsam darauf schauen sollten, wie wir den Erfolg nicht nur dieser Anlage, sondern auch unserer Universitätsklinika in Hessen insgesamt weiter vorantreiben,
auch wenn ich vermisst habe, dass Herr Kollege Spies für die SPD-Fraktion eingesteht, dass es diese Anlage ohne die Privatisierung und weiterhin fließendes Privatkapital gar nicht gegeben hätte. Im Gegensatz zu Ihnen, Frau Wissler, habe ich bei Herrn Spies zumindest erkannt, dass er einen Weg gefunden hat, über seinen Schatten zu springen und ein Angebot zu machen. Ich hoffe sehr, dass die Regierungskoalition das aufgreift und gemeinsam für den weiteren Erfolg unserer Universitätsklinika sowohl am Standort Gießen und Marburg als auch am Standort Frankfurt arbeiten wird.
Es kann von Vorteil sein, wenn ein dortiger Rathauschef auch vertiefte Erkenntnisse und Einblicke in unsere Krankenhauslandschaft mitbringt und so ein gedeihliches Zusammenwirken für den Standort Marburg entsteht.
Frau Kollegin Beer, der Kollege Schaus hat das große Bedürfnis, Ihnen eine Frage zu stellen. Lassen Sie die zu?
In einem gebe ich dem Kollegen Spies recht: Es ist noch viel zu tun. Herr Kollege Spies hat angesprochen, dass die Integration der Standorte in Mittelhessen durchaus weiter optimierbar ist. Ich glaube aber auch, dass uns, über die speziellen Erfordernisse an den Standorten Gießen und Marburg hinaus, noch weitere Herausforderungen gegenüberstehen.
Bei der letzten Diskussion über diese Partikeltherapieanlage habe ich schon darauf hingewiesen, dass wir uns weiter bemühen müssen – und das ist leider bislang noch nicht ausreichend gelungen –, eine auskömmliche Finanzierung für unsere Universitätsklinika zu gewährleisten. Es gibt spezielle Belastungen der Universitätsklinika: für die Hochschulambulanzen, für die Assistenzarztausbildung, für die Behandlung sehr seltener, aber auch sehr kostenintensiver besonderer Krankheiten, für neue Therapieformen – wie die, die jetzt bei der Behandlung der Tumore in der Partikeltherapieanlage stattfindet – und vor allem für die weitere Erforschung und die Weitervermittlung dieser neuen Forschungsergebnisse aus all diesen Spezialgebieten. Da es nicht gelungen ist, einen Systemzuschlag für die Universitätsklinika festzuschreiben, werden diese Kosten nach wie vor nicht adäquat abgedeckt. Leider hilft es dabei auch nicht, wenn das Land in seinem neuen Hochschulpakt nicht die Istzahlen der auszubildenden Studierenden zur Finanzierung der Fachbereiche Medizin ansetzt, sondern es entsteht über Sollzahlen leider eine Unterfinanzierung selbst in diesem Bereich.
Wir müssen aber auch eine einheitliche Digitalisierung unserer Universitätsklinika viel stärker in den Blick nehmen – nicht nur, weil dadurch eine effizientere Verwaltung möglich wird, sondern ich habe dabei insbesondere eine bessere, effizientere Behandlung von Patientinnen und Patienten im Blick. Wir sollten auch schauen, dass wir gemeinsam eine Forschungsstrategie erstellen, nach der wir die Forschungsschwerpunkte in Regionalkonzepten vorantreiben können – wie uns das der Wissenschaftsrat empfohlen hat.
Herr Kollege Bartelt, von daher ist heute sicherlich ein Tag der Freude – weil an diesem Tag viele Hoffnungen, an denen wir lange festhalten mussten, in Erfüllung gehen; meines Erachtens aber kein Tag, um in irgendeiner Weise auftrumpfend zu reagieren, sondern ein Tag, um die Zukunft in den Blick zu nehmen und gemeinsam für diese Zukunft zu kämpfen, auf der Grundlage dessen, was wir erreicht
haben, aber auch in dem Wissen darüber, dass wir noch viel mehr erreichen müssen, wenn wir unsere Universitätsklinika zum Wohle der Patientinnen und Patienten in die Zukunft führen wollen.
Lieber Thomas Spies, deswegen zum Abschluss auch von meiner Seite: Glück auf für die neue Funktion. Es kann helfen, an einem so bedeutenden Standort einer Universitätsklinik einen Kenner der Materie zu haben. Ich hoffe aber, das wird im Sinne der Standorte auch in Ihrer jetzigen Konstruktion, auf der Grundlage der Privatisierung, eingesetzt werden. Denn dann kann aus dem Tag der Hoffnung vielleicht sogar noch ein Tag der Versöhnung werden. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Frau Kollegin Beer. – Bleib da. Was ist denn mit der Schlussfrage des Kollegen Schaus? – Bleib da. – Kollege Schaus, bitte.