Herr Kollege Degen, wenn Sie da formulieren: „Gute Bildung ist der Schlüssel für erfolgreiche Integration und bessere Chancen im Berufsleben“, dann bin ich so weit bei Ihnen.
Da wir aber wie kein anderes Bundesland genau diesem Grundsatz Rechnung tragen, sind die folgenden Punkte bei Ihnen kaum mehr nachvollziehbar. „Baustellen“ in Hessen sind ein Punkt bei Ihnen. Schauen wir doch einmal hin: Wie sieht überall dort, wo Sie Regierungsverantwortung tragen, die Lebenswirklichkeit aus?
2.600 Stellen werden dort zusätzlich für Flüchtlinge eingesetzt, und das finde ich richtig so. Das heißt aber im Klartext, unter Ihrer Ministerpräsidentin Kraft werden nicht die nötigen Ressourcen zur Verfügung gestellt, die Sie hier einfordern. Da kann die Kultusministerin relativ wenig machen, wenn die Ministerpräsidentin sagt, das ist höchst problematisch. So viel dazu.
Punkt zwei: Forderung nach 900 zusätzlichen Stellen. Okay, dann sagen Sie, wo Sie das Geld hernehmen, machen Sie es konkret.
Tatsache ist, wir lassen sämtliche Mittel im Bildungsetat drin, der liegt in der Größenordnung von knapp 5 Milliarden €. Das ist bei so vielen Schülerinnen und Schülern, wie wir derzeit haben, 760.000, eine bemerkenswerte Leistung. Wenn wir uns einmal anschauen, was wir zusätzlich an Kraftanstrengung bieten, will ich eines in Erinnerung rufen: Vor drei Jahren hatten wir für Flüchtlinge 43 Millionen € im Landesetat stehen. In den Haushaltsberatungen für das kommende Jahr werden wir über 630 Millionen € reden. Das ist eine Hausnummer.
(Gerhard Merz (SPD): Wie waren die Flüchtlingszahlen, Herr Kollege? – Zuruf des Abg. Timon Gremmels (SPD))
Wir tragen dem Rechnung, indem wir 100 zusätzliche Intensivklassen zur Verfügung stellen. Das sind in Summe 399 Intensivklassen mit über 6.000 Plätzen. Das heißt im Klartext: 1.600 Plätze mehr als vor Schuljahresbeginn, zusätzlich Intensivkurse; darin sind Plätze für über 10.000 Seiteneinsteiger.
Im laufenden Schuljahr werden in diesem Bereich 1.280 Stellen zur Verfügung stehen – das ist der Istzustand –, das sind ca. 20 % mehr. Das ist ein enormer Zuwachs; das kann man einmal feststellen.
Zu der Frage, wie viele Flüchtlinge und wie viele beschulungspflichtige Kinder zum Schluss da sein werden, will ich Ihnen eines sagen, Herr Merz. Wenn allein in den letzten drei Wochen 20.000 Flüchtlinge in Hessen ankommen, dann wissen Sie heute schon genau, wie viele von denen schulpflichtig sind? Dann können Sie aber gut aus der Glaskugel lesen.
Zu dem Pakt für den Nachmittag und dem Ganztagsangebot werde ich gleich bei unserem eigenen Setzpunkt noch intensiver sprechen. Insofern will ich nur den Hinweis geben: Wenn Sie jetzt zusätzlich pro Schuljahr 100 Profil3-Schulen einfordern, wie Sie es in Ihrem Antrag formulieren, dann ist das Ihrer Überzeugung zu verdanken. Wir wissen, dass Sie das wollen; Sie wollen das verordnen. Unser Prinzip ist, wir wollen dort die Freiwilligkeit nach Bedarf auf den Weg bringen, und dabei bleibt es auch.
Deswegen will ich noch einmal auf das eingehen, was der Kollege Greilich, aber auch Sie, Herr Degen, zum Thema Stellenumlenkung hier in den Raum gestellt haben. Natürlich darf man sich statistischer Werte bedienen, das muss man sogar; ansonsten kann man nicht in irgendeiner Form planvoll Stellen verteilen. Es ist und bleibt so: Wir haben einen Klassenzuwachs in der Größenordnung von einem Schüler im Grundkurs und einem Schüler im Leistungskurs, nämlich von 18,9 auf 19,9 in den Grundkursen und von 16,8 auf 17,8 in den Leistungskursen.
Das ist ein vertretbarer Rahmen, und da kann man noch sehr ordentlichen Unterricht machen. Ich bin an ganz vielen Schulen gewesen. Es gibt keine Schwierigkeiten bei der Bildung von Grundkursen und Leistungskursen, auch nicht in der Einführungsphase. Man muss den Schulleitungen auch die nötige Verantwortung geben. Dass dann natürlich die Pflicht vor der Kür kommt und möglicherweise nicht jedes wünschenswerte, vielleicht auch erstrebenswerte Angebot im Bereich der AGs vorgehalten wird, das darf man einmal feststellen.
Deswegen Strich drunter. Ich glaube, dass in den Bereichen Ganztag, Deutsch für Flüchtlinge, Sozialindex, wie es von Ihnen immer wieder gefordert wird, natürlich eine Stellenumlenkung zu rechtfertigen ist. Wenn Sie behaupten, das sei nicht so, dann können Sie sich gleich bei unserem Setzpunkt noch einmal hinstellen und es diesem Plenum erklären. Das ist für uns nur schwer nachvollziehbar.
Nun zu Ihren Fehlbotschaften zur Inklusion und zur inklusiven Bildung. Sie haben auf eine Studie der Bertelsmann Stiftung Bezug genommen. Daher eines vorneweg: Herr Prof. Klemm, der diese Studie dargeboten hat – er ist politisch sicherlich ein Stück weit einzuordnen, auch das ist sicherlich Teil der Wahrheit –, vergisst in seiner Darstellung natürlich etwas ganz Wesentliches, nämlich die Erfolge von präventiver Arbeit. Wir haben im abgelaufenen Schuljahr 2014/15 28.200 Schüler in sonderpädagogischen Beratungs- und Förderzentren, das sind ambulante Systeme, präventiv beraten. Insofern haben wir dort den Anspruch von inklusiver Beschulung entsprechend herausziehen können. Das ist, glaube ich, ein Erfolg, über den man einmal reden darf.
Ich komme zum Ende. – Deswegen: Eine hohe Quote an Inklusion einerseits und eine hohe Quote, wo inklusive Beschulung etikettiert wird, andererseits, ist, glaube ich, kein erstrebenswerter Weg. Es ist zumindest nicht unser Weg,
den wir anstreben. Der SPD-Antrag ist wie immer aufgeregt und populistisch, nach dem Prinzip: höher, schneller, weiter.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der einzige Vorteil, wenn man nach dem Kollegen Schwarz spricht, ist erstens, dass man dieses Pult nicht hochmachen muss.
Zweitens gibt es wirklich Reden, wo man sich Herrn Kollegen Irmer wieder als schulpolitischen Sprecher zurückwünscht.
Ja, das muss ich jetzt einmal sagen. Denn von den Dingen, über die hier zu verhandeln ist, hatte dieser wenigstens Ahnung. Von vielen anderen Dingen hat er keine Ahnung, aber davon hatte er Ahnung.
Eigentlich haben Sie es schon mit der Löhrmann-Nummer versenkt. Aber ich will Ihnen jetzt noch eines sagen, weil es zwei Sachen gibt, die mich in diesen bildungspolitischen Debatten tierisch nerven:
Das ist erstens die Zahl 1999; das war vor der Einführung des Euro als Währung und im letzten Jahrtausend. Das können Sie jetzt wirklich einmal lassen.