Meine sehr verehrten Damen und Herren, das halte ich nicht für ein hohes Einkommen. Ich halte es auch nicht für vertretbar, dass schon in dieser Größenordnung die Fehlbelegungsabgabe erhoben wird.
Sie wissen ganz genau – ich sage auch gleich noch etwas zu Hamburg –, dass in Hamburg diese Einkommensgrenzen deutlich höher sind. Für einen Einpersonenhaushalt liegen sie bei 17.500 €. Es macht auch Sinn, die Einkommensgrenzen regional zu staffeln. Das haben wir alles im Gesetzgebungsverfahren eingebracht.
Der zweite große Fehler, den dieser Gesetzentwurf hat – deshalb bin ich sehr gespannt auf die Anhörung –, ist das Wohnraumfördergesetz mit seinen Einkommensgrenzen. Diese sollten regionalisiert gestaffelt werden können, und sie müssten aufgestockt werden. Dann wird aus dem Ganzen ein Schuh.
Frau Ministerin, Sie haben weise gesagt, dass das ein Baustein ist. Aber wenn es um Bausteine geht, dann müssen die Bausteine auch zusammenpassen.
Deshalb bitte ich, den Schweiß der Edlen einzusetzen, diese Passgenauigkeit zwischen den Bausteinen herzustellen und nicht einen Stein zu nehmen, ein Gesetz zu machen, es in den Schrank zu stellen und zu hoffen, dass es irgendwie funktioniert. Das ist keine Politik, die der Komplexität der Sache gerecht wird.
Ein bisschen etwas kann man doch? Mein parlamentarischer Geschäftsführer weist mich darauf hin, ich soll nichts Lobendes sagen.
Dann sage ich etwas nicht Lobendes. Es sind 900.000 € prognostiziert, die Sie aus den Wohnungen der Landesbediensteten einnehmen. Aber in dem Gesetzentwurf ist kein Hinweis zu finden – ich glaube, ich habe es hinreichend genau gelesen –, wie Sie die Zweckbindung der Verausgabung dieser Landeseinnahmen herstellen wollen. Jetzt können Sie sagen: 900.000 € sind bei so einem Landeshaushalt nicht viel Geld. – Ich sage einmal, eine alte Oma muss lange dafür stricken. Eine kleine Kommune oder auch eine mittlere Kommune wie Hattersheim wäre froh, wenn sie so viel hätte, um Sozialwohnungen zu bauen.
Hier haben wir noch weiteren Klärungsbedarf zum Gesetz. Dass eine Zweckbindung natürlich auch für die knapp 1 Million €, die das Land vereinnahmt, für die Schaffung von Sozialwohnungen kommt, dass man das für Neubau, Modernisierung und Belegungsbindung einsetzen kann, das halte ich für richtig.
Insofern: freudige Erwartung der Anhörung. Ich bin gespannt auf die verfassungsrechtliche Klärung und insbesondere auf Ihre Bereitschaft, an den Einkommensgrenzen innerhalb des Wohnungsfördergesetzes etwas zu verändern, damit die Steine passgenauer werden
Vielen Dank, Herr Kollege Siebel. – Als nächster Redner spricht nun Kollege Schaus von der Fraktion DIE LINKE. Bitte schön, Herr Kollege Schaus, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein Jahr ist es nun her, dass wir als LINKE Ihnen unseren Gesetzentwurf zum Abbau der Fehlsubventionierung im Wohnungswesen vorgelegt haben und die erste Lesung dazu stattfand. Seinerzeit wurde in dieser Debatte seitens CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und auch von der Landesregierung vollmundig ein Gesetzentwurf angekündigt, der „bald“ bzw. „im Herbst“, also noch 2014, vorliegen würde.
Meine Damen und Herren, auch Sie merken es an den Wetterverhältnissen, dass wir jetzt Sommer haben, folglich das Gesetz zur Fehlbelegungsabgabe also erst im Winter 2015 beschlossen werden wird. So ist ein weiteres Jahr ohne zusätzliche Einnahmen für den Bau der dringend benötigten Sozialwohnungen ins Land gegangen. Ein Ruhmesblatt für die Landesregierung ist diese Verzögerung nicht.
In Hessen sind nach jüngsten Angaben aus dem Ministerium fast 45.000 Familien registriert, die eine Sozialwohnung suchen, und sie können über Jahre nicht versorgt werden, sondern müssen sich auf dem privaten Wohnungsmarkt um eine Wohnung bemühen.
Parallel zu dieser wachsenden Zahl sinkt aber der Bestand an Sozialwohnungen in Hessen kontinuierlich weiter. Alleine in den letzten zwei Jahren sind mehr als 8.200 Wohnungen aus der Sozialbindung gefallen. Die Zahl der sozial gebundenen Wohnungen hat sich seit 25 Jahren von 206.000 auf jetzt 111.668 – das war der Stand am Ende des letzten Jahres – nahezu halbiert.
Frau Ministerin, im Gesetzentwurf steht die Zahl von 103.000 Sozialwohnungen, und das irritiert mich sehr, weil diese Zahl von 111.668 aus der Antwort auf eine Kleine Anfrage von uns vom Mai dieses Jahres stammt. Mithin hätte es im ersten Halbjahr dieses Jahres nach Ihren Angaben im Gesetzentwurf eine weitere Reduzierung um über 8.000 Sozialwohnungen gegeben, die aus der Sozialbindung fallen.
Ich glaube, wenn das so ist, dann sind die roten Warnleuchten mehr als angebracht, was den sozialen Wohnungsbau angeht. Aber Sie sollten noch einmal überprüfen, ob Ihr Ministerium tatsächlich die korrekten Zahlen in den Gesetzentwurf geschrieben hat. Ich halte es für möglich, dass das falsch ist.
Bis zum Ende der Achtzigerjahre war der Wegfall der Sozialbindung in vielen Städten übrigens kein Problem. Denn diese dann frei gewordenen Wohnungen blieben im Bestand kommunaler Wohnungsbaugesellschaften und wur
Heute ist das anders. Ich ärgere mich darüber, wie nach dem Wegfall der Gemeinnützigkeit im Jahr 1989 viele der kommunalen Wohnungsbaugesellschaften den sozialen Wohnungsbau eher als lästiges Übel ihrer Geschäftstätigkeit auf dem privaten Markt verstehen, obwohl sie doch seinerzeit genau deswegen gegründet wurden. Wenn wir in die Gründungsakte der Nassauischen Heimstätte schauen, können wir das gut nachlesen.
Vor dem Hintergrund der negativen Entwicklung bei den Sozialwohnungen kommt der Wiedereinführung der Fehlbelegungsabgabe in Hessen durchaus eine wichtige Rolle zu. Wir begrüßen, dass die Landesregierung endlich einen Gesetzentwurf vorgelegt hat. Dabei werden die durch die Fehlbelegungsabgabe generierten Einnahmen für die Kommunen zwar wichtig sein, für uns wird das aber nur zweitrangig sein. Es ist völlig klar, dass die Hauptlast des sozialen Wohnungsbaus von Bund und Land getragen werden muss. Das kann nicht über eine Fehlbelegungsabgabe geschehen. Die aus der Fehlbelegungsabgabe generierten Mittel können also höchstens als Ergänzung für Landesprogramme für zusätzliche Investitionen in den sozialen Wohnungsbau von Bedeutung sein.
Bei der Fehlbelegungsabgabe muss es vielmehr darum gehen, die Gerechtigkeitslücke zu schließen. Menschen mit einem Anspruch finden keine Sozialwohnung, während Menschen, deren Einkommen deutlich über der Anspruchsgrenze liegt, weiterhin in einer subventionierten Sozialwohnung leben können. Insoweit sind wir mit der Regierung einig. Wir wollen auch nicht, dass diese verdrängt werden.
Wir haben in unserem Gesetzentwurf aus dem Jahr 2014 dabei aber sehr genau darauf geachtet, dass nach der Einführung der Fehlbelegungsabgabe Familien, deren Einkommen gerade so über der Grenze liegt, nicht belastet werden. Unsere Fehlbelegungsabgabe soll daher erst bei einer 50-prozentigen Überschreitung der Einkommensgrenze beginnen.
Der Kollege, der vor mir gesprochen hat, hat darauf hingewiesen, dass die Einkommensgrenze insbesondere für Alleinstehende – ich sage jetzt einmal ganz bewusst: für alleinstehende Rentnerinnen und Rentner z. B. – bei einer Basis von 15.300 € pro Jahr einsetzen wird. Mithin sind also alle Rentnerinnen und Rentner, deren Einkommen ca. 1.500 € im Monat übersteigt, nach Ihrer Berechnung in die Fehlbelegungsabgabe einzubeziehen.
Das halten wir für nicht sozial gerecht. Damit würden viele Menschen mit niedrigem Einkommen, die gerade so die Grenze überschreiten, zur Abgabe herangezogen. Eine deutlich höhere Freigrenze von 20 % ist im Übrigen auch zwingend erforderlich, damit die viel zitierten Erzieherinnen und Polizistinnen und Polizisten mit mittlerem Einkommen, über die wir hier schon oft geredet haben und die in den Ballungsräumen kaum eine bezahlbare Wohnung finden, nicht auch noch zusätzlich belastet werden. Das sieht der Regierungsentwurf aber so vor.
Auch der im Gesetzentwurf vorgesehene einheitliche Beginn der Leistungspflicht wird viele Kommunen vor Umstellungsprobleme stellen. Wir haben in unserem Gesetzentwurf eine gestaffelte Einführung nach dem Baujahr der Wohnungen vorgesehen. Das war übrigens eine ausdrückliche Empfehlung aus den kommunalen Wohnungsämtern.
Denn die alte und dann auch wieder aufgenommene einheitliche Einführung würde zu einer alle zwei Jahre wiederkehrenden Saisonarbeit in den Wohnungsämtern führen. Das gilt es zu vermeiden. Mit einer Staffelung, wie wir sie vornehmen würden, würden die Kommunen in die Lage versetzt, die Einführung reibungslos vorzunehmen und in den Folgejahren kontinuierlich auslaufende Leistungsbescheide zu bearbeiten.
Ein weiterer Punkt, den wir in Ihrem Gesetzentwurf kritisieren, ist die in § 5 Abs. 3 aufgeführte Auskunftspflicht der Arbeitgeber der Mieterin oder des Mieters. Es geht keinen Arbeitgeber der Welt etwas an, in was für einer Wohnung seine Arbeitnehmerin oder sein Arbeitnehmer lebt. Es ist unserer Ansicht nach völlig ausreichend, wenn durch die Mieterin oder den Mieter ein Verdienstnachweis gegenüber den entsprechenden Ämtern vorgelegt wird. Alles andere ist datenschutzrechtlich höchst problematisch und wird von uns abgelehnt.
Alles in allem ist der Gesetzentwurf zur Fehlbelegungsabgabe zwar vom Ansatz her richtig, jedoch insgesamt nicht sozial ausgewogen. Warten wir also ab, was die Sachverständigen in der Anhörung zu den beiden vorliegenden Gesetzentwürfen sagen werden. Unser bereits im vergangenen Jahr vorgelegter Gesetzentwurf ist sozial ausgewogen und hätte zudem längst umgesetzt werden können.
Herr Kollege Schaus, vielen Dank. – Als nächster Redner spricht Herr Kollege Caspar für die CDU-Fraktion. Herr Kollege, bitte schön.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Ministerin, ich möchte Ihnen dafür danken, dass Sie nach einem intensiven und langen Prozess der Erhebung der Daten diesen Gesetzentwurf heute eingebracht haben. Er ist ein weiterer Baustein der Wohnungspolitik dieser Regierung.
Uns, den Mitgliedern der Unionsfraktion, geht es darum, dass die Landespolitik in Hessen alles tut, damit alle Menschen in Hessen zu angemessenen Bedingungen wohnen und leben können. Da Wohnen ein Grundbedürfnis und für alle erforderlich ist, ist das, so glaube ich, ein besonders wichtiges Kapitel der Landespolitik.
Die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung ist in der Lage, aus eigenem Einkommen angemessen zu wohnen, sei es, dass sie investiert haben und als Eigentümer in einer Wohnung leben, oder sei es, dass sie in der Lage sind, die Miete zu bezahlen, die aufgerufen wird. Sie können sie bezahlen. Aber es gibt auch einen großen Teil der Bevölkerung, der nicht in der Lage ist, mit seinem Einkommen angemessenen Wohnraum zu bezahlen.
Herr Schaus, Sie sollten einmal zuhören. Denn Sie tragen immer nur die Anzahl der Sozialwohnungen vor und tun so, als wäre es so, dass diejenigen, die unter einer gewissen Einkommensgrenze liegen, auf Sozialwohnungen angewiesen wären. Das ist mitnichten der Fall. Sie sollten sich die
tatsächlichen Zahlen anschauen und einmal in das Sozialgesetzbuch II schauen. § 22 Sozialgesetzbuch II regelt, dass jeder, unabhängig davon, in welcher Wohnung er lebt, von der öffentlichen Hand so auszustatten ist, dass er eben eine angemessene Wohnung hat.
Das heißt, das Argument, wir brauchen Sozialwohnungen, damit diejenigen, die unter gewissen Einkommensgrenzen liegen, angemessen wohnen können, ist Unsinn. Die Realität ist, dass wir durch die Subjektförderung in § 22 Sozialgesetzbuch II genau eine Regelung getroffen haben, die dazu führt, dass für jeden, unabhängig davon, in welcher Wohnung er lebt, Geld von der öffentlichen Hand bereitgestellt wird, damit er angemessen in einer Wohnung leben kann.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des BÜND- NISSES 90/DIE GRÜNEN – Hermann Schaus (DIE LINKE): Ein geringer Teil davon!)
Nein, es ist so, dass im Rahmen der Grundsicherung die öffentliche Hand die Mieten teilweise vollständig übernimmt.