Das sieht man auch daran, dass die Ministerin gerade in ihrer Rede gesagt hat, es würden erst einmal alle erfasst, dann würde es durch Rechtsverordnungen Ausnahmen geben. – Meine sehr geehrten Damen und Herren, einmal neben der Frage, was mit diesem Gesetz beabsichtigt ist, hatten Sie doch vor allen Dingen ein Ziel, nämlich Einnahmen zu generieren. Wer sich da einmal die Begründung des Gesetzentwurfs anschaut, dass Sie hier von einem Betrag – das haben Sie gerade nicht gesagt – von 900.000 € für das Land ausgehen, die dann für den sozialen Wohnungsbau kommunal investiert werden: Das ist ja noch nicht einmal eine Maßnahme, die man in Wiesbaden, in Gießen oder in Kassel umsetzen könnte. Eine solche Bürokratie zu etablieren, um ein Placebo-Gesetz in die Welt zu setzen und um zu sagen, man hat etwas gemacht – dafür sind der Staat und die Verwaltung eigentlich zu schade. Schade, dass die Union hier einer solchen Maßnahme zustimmt.
Insofern bleiben wir bei der Meinung der CDU von 2009. Damals hat sie recht gehabt, heute haben Sie unrecht, verehrte Kolleginnen und Kollegen. Insofern hat die Union jetzt noch die Chance, in dieser Debatte umzuschwenken. Es wäre der richtige Zeitpunkt, bevor in diesem Landtag sozusagen Schlimmeres passiert. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Rentsch. – Als nächste Rednerin spricht nun Frau Kollegin Feldmayer von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Bitte schön, Frau Kollegin, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Zahl der Sozialwohnungen in Hessen ist kontinuierlich zurückge
gangen, wie wir alle wissen. Das ist bekanntlich vor allem in den Ballungsräumen ein Problem, dem gegengesteuert werden muss.
Menschen, die sich nicht auf dem freien Wohnungsmarkt mit Wohnraum versorgen können, brauchen unsere Unterstützung. Gerade in den angespannten Wohnungsmärkten in den Ballungsgebieten brauchen wir rechtlich zuverlässige und effektive Rahmenbedingungen, die den Bau neuer Sozialwohnungen ermöglichen. Mit dem Gesetzentwurf der Landesregierung über die Erhebung einer Fehlbelegungsabgabe werden nun neue Möglichkeiten für den Bau zusätzlicher Wohnungen geschaffen, ohne die Kommunen zu belasten.
Die Kommunen profitieren direkt von den zusätzlichen Einnahmen durch die Fehlbelegungsabgabe. Deshalb ist der Hinweis von Herrn Rentsch zu diesen 900.000 € – das betrifft die Landeswohnungen – auch nicht hilfreich.
Hier gibt es neben den wohnungspolitischen Instrumenten wie Mietpreisbremse und Weiterentwicklung des Wohnraumfördergesetzes, die in Hessen bereits erfolgreich auf den Weg gebracht wurden, ein weiteres Instrument bzw. eine weitere Maßnahme, die den Wohnungsmarkt in Hessen entlasten wird.
Wohnungspolitik ist für uns eine soziale Aufgabe, die gestaltet werden muss. Wohnungspolitik kann man nicht dem freien Wohnungsmarkt überlassen. Der Wohnungsmarkt regelt es eben nicht von selbst.
Unser Ziel ist, dass auch in der Stadt und im Ballungsraum jeder wohnen kann, wenn er will. Viele Menschen können aber trotz eines Einkommens z. B. in Frankfurt oder Wiesbaden nicht mehr wohnen. Das Wohnen ist dort zu teuer geworden. Ich kenne Menschen, die am Frankfurter Flughafen arbeiten und die nachts eine oder eineinhalb Stunden mit der S-Bahn pendeln, um die Frühschicht um 4 Uhr morgens arbeiten zu können, weil sie sich das Wohnen in Frankfurt nicht mehr leisten können. Deshalb ist es gut, dass die Fehlbelegungsabgabe in Hessen wieder eingeführt wird.
Mit dem Gesetzentwurf wird also die Möglichkeit in Richtung zusätzlicher Sozialwohnungen in den Kommunen geschaffen, die dringend benötigt werden. Das ist eine gute Nachricht für die Kommunen, und das haben sie auch schon positiv kommentiert, wie Sie vielleicht auch der Presse entnommen haben.
Dieser Gesetzentwurf regelt, dass Mieterinnen und Mieter einer Sozialwohnung, die zwar beim Einzug dazu berechtigt waren, jetzt aber deutlich mehr verdienen, zusätzlich zur Miete eine Abgabe an die Gemeinde zahlen. Ich halte das für gerecht, wenn man bedenkt, dass es viele Menschen gibt, die theoretisch in eine Sozialwohnung einziehen dürften und es auch wollen, aber keine Chance haben, eine zu erhalten, oder auf langen Wartelisten stehen, weil es eben keine freien Sozialwohnungen gibt. Menschen mit geringerem Einkommen brauchen die Sozialwohnung aber am dringendsten. Deshalb ist es gut, dass die Fehlbelegungsabgabe in Hessen wieder eingeführt werden soll.
Die Höhe der Fehlbelegungsabgabe richtet sich danach, wie viel das jeweilige Einkommen über der Einkommensgrenze für einen Wohnberechtigungsschein liegt. Bezahlen soll derjenige, der beim Einkommen mindestens 20 % darüber liegt. Es muss also nicht sofort beim ersten Überschreiten der Einkommensgrenze bezahlt werden, sondern erst mit einem gewissen Abstand – auch das halten wir für richtig.
Die Abgabe ist nach Einkommen gestaffelt. Maximal soll die Differenz bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete oder bis zum Mietspiegel gezahlt werden. Ausgenommen sind Wohngeldempfänger, Empfänger von ALG II oder von Sozialgeld nach SGB II usw., also Menschen, die per se auf eine Sozialwohnung angewiesen sind.
Ich will auch gleich den Befürchtungen entgegentreten, die es gibt: Mit dieser Staffelung wird niemand aus der Wohnung vertrieben. Mit dieser Regelung ist eine faire und praxistaugliche Regelung gefunden worden, die unbillige Härten vermeidet. Die Abgabe – so sieht es der Gesetzentwurf vor – fließt direkt den Kommunen zu und muss – Frau Ministerin Hinz hat es erwähnt – zweckgebunden für den Bau neuer Sozialwohnungen eingesetzt werden. 15 % der Einnahmen können für Verwaltungsaufwand bei den Kommunen einbehalten werden. Endlich erhalten die Kommunen also die dringend benötigten zusätzlichen Mittel für den Bau von Sozialwohnungen. Die Stadt Frankfurt schätzt, dass die Wiedereinführung der Fehlbelegungsabgabe für Sozialwohnungen in den Jahren 2016 und 2017 Einnahmen zwischen 7,6 und 9,6 Millionen € generieren wird. Mit diesem Geld können beispielsweise in der Stadt Frankfurt jährlich mindestens 80 neue Sozialwohnungen gebaut werden. – Dieser Hinweis vielleicht auch noch einmal für Sie, Herr Rentsch.
Meine Damen und Herren, ich will der Anhörung nicht vorgreifen, aber es war bereits zu vernehmen, dass sich der Hessische Städtetag hinter die geplante Wiedereinführung der Fehlbelegungsabgabe gestellt hat. Auch hier wurde erkannt, dass die Einnahmen für den sozialen Wohnungsbau gut und gezielt eingesetzt werden können.
Ich möchte auch begrüßen, dass in dem Gesetzentwurf eine interkommunale Zusammenarbeit bei der Erhebung der Fehlbelegungsabgabe vorgesehen ist. Somit wird eine landesweite Erhebung, die es ja auch geben muss – die Ministerin hat es ausgeführt –, erreicht. Der Entwurf sieht vor, dass die Fehlbelegungsabgabe flächendeckend eingeführt werden muss; aber dort, wo es sich wirtschaftlich nicht lohnt, wo es nicht sinnvoll ist und wo der Verwaltungsaufwand höher liegt als die Erträge, können Ausnahmen ermöglicht werden. Auch das ist zu begrüßen, meine Damen und Herren.
Wohnen darf kein Luxus sein und darf auch kein Luxus werden. Daher ist es gut und freut es mich, dass wir diesen Gesetzentwurf beraten können. Das Instrument der Fehlbelegungsabgabe ist eines von vielen, die wir in der Wohnungspolitik brauchen. Es gibt sicherlich nicht die eine Maßnahme, die den angespannten Wohnungsmarkt im Bal
lungsraum entlasten wird. Es gibt sicherlich nicht diesen einen Hebel, der umgelegt werden muss. Aber die Wiedereinführung der Fehlbelegungsabgabe ist meines Erachtens eines der wichtigsten Instrumente.
Vielen Dank für den Hinweis, Herr Rentsch: Es ist auch bemerkenswert, dass Hessen diesen Schritt als einziges Bundesland gegangen ist, die Fehlbelegungsabgabe wieder einzuführen, und es den Kommunen damit ermöglicht, zusätzliche Einnahmen für den Bau zusätzlicher Sozialwohnungen zu generieren.
Ich freue mich auf die Beratungen. Wir haben vor einiger Zeit schon einmal eine Runde zu diesem Thema gedreht, und dort war vielstimmig zu vernehmen, dass dieses Vorhaben von vielen Fraktionen unterstützt wird. Ich glaube, die FDP war die einzige Fraktion, die sich dem entgegenstellt. Ich freue mich, dass die FDP zumindest in diesem einen einzigen Punkt eine gewisse Kontinuität zeigt.
Wir haben es erlebt, in allen anderen Punkten zeigen Sie das nämlich nicht. – Vielen Dank, meine Damen und Herren.
Vielen Dank, Frau Kollegin Feldmayer. – Als nächster Redner spricht nun Kollege Siebel von der SPD-Fraktion. Bitte schön, Herr Kollege, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Immer häufiger flattern uns Gesetze ins Haus, in denen sich solche Sätze finden – auch noch unter dem Punkt „Lösung“ – wie:
Zur Vermeidung von Fehlförderung im sozialen Mietwohnungsbau haben die Regierungsparteien im Koalitionsvertrag „Verlässlich gestalten – Perspektiven eröffnen“ die Wiedereinführung der Fehlbelegungsabgabe vereinbart.
Meine Damen und Herren, die Tatsache, dass Sie in den Begründungen von Gesetzen immer häufiger auf Ihre Koalitionsvereinbarungen Bezug nehmen, kommt bei uns ein bisschen wie eine Entschuldigung an, die Sie vortragen, weil Sie etwas tun, von dem Sie – zumindest die CDU – nicht umfänglich überzeugt sind.
Herr Caspar, ich habe lange gewartet, bis ich das gelbe Zettelchen abgegeben habe. Ich hätte gerne auf Ihre Rede Bezug genommen. Nun kommt es anders. Aber wir kriegen es irgendwie hin. In der Tat ist es so, und da gebe ich dem Kollegen Rentsch recht: Das hohe Maß der inhaltlichen Flexibilität im Wohnungsbereich und bei der Positionierung zur Fehlbelegungsabgabe der CDU macht mich
schon ein bisschen schwindelig. Ich möchte gerne wissen, welche Medikamente Sie nehmen, damit Sie keinen entsprechenden Schwindel empfinden.
Zum Gesetz. Es ist bekannt, dass sich die SPD in ihrem Landtagswahlprogramm für die Einführung einer Fehlbelegungsabgabe ausgesprochen hat, aber – nun komme ich in der Tat zur Sache – unter der Bedingung, dass es möglich sein muss, in Regionen, wo eine besondere inhaltliche, nicht formale, sondern inhaltliche Voraussetzung vorhanden ist, die Fehlbelegungsabgabe nicht einzuführen, sondern die Kommunen entscheiden zu lassen, ob sie eingeführt wird oder nicht eingeführt wird.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, hochverehrte Frau Staatsministerin, bisher hat mir noch niemand erklären können, auf welche verfassungsrechtlichen Grundfesten Sie sich dabei beziehen, warum es nicht möglich ist. Sie gehen sozusagen den formalen Weg: Dort, wo die Erhebung oberhalb der 15 % liegt, kann von der Fehlbelegungsabgabe abgesehen werden. Aber, verbibscht noch einmal, warum ist es nicht möglich, eine Regelung zu finden, wie sie im alten Wohnraumförderungsgesetz festgelegt war? Da ging es auch um Sozialwohnungen, also um geförderte Wohnungen:
Von der Erhebung einer Ausgleichszahlung kann für bestimmte Wohnungen, für Wohnungen bestimmter Art … ganz oder teilweise abgesehen werden, wenn nach dem Förderzweck unter Berücksichtigung der örtlichen wohnungswirtschaftlichen Verhältnisse das Absehen der Schaffung oder Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen dient.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das muss doch möglich sein. Wir werden in der Anhörung genau zu prüfen haben, dass dies aus inhaltlichen Gesichtspunkten heraus geschieht, aus dem Gesichtspunkt heraus, dass vor Ort von den Kommunen besser entschieden werden kann, ob die soziale Stabilität gefährdet oder behindert wird. Insofern werden wir uns diesem Thema genau widmen.
Der zweite Fehler Ihres Gesetzes ist nicht dieses Gesetz, sondern das letzte Gesetz, das Sie zu dem Thema Wohnen verabschiedet haben, Herr Caspar: das Wohnraumfördergesetz. Wir und der sozialliberale Teil der FDP, der noch ein bisschen in sozialen Aspekten mitdenkt, haben im Rahmen des Wohnraumfördergesetzes darauf hingewiesen, dass die Einkommensgrenzen für Sozialwohnungen viel zu niedrig sind. Mit Verlaub, Herr Caspar, ich habe Ihnen ein bisschen die inhaltliche Flexibilität vorgeworfen. Aber ich attestiere Ihnen, dass Sie Ahnung von der Materie haben.
Sie gehen in Ihrem Wohnraumfördergesetz bei einem Einpersonenhaushalt von einer Bezugsgröße von 15.327 € aus, bei einem Zweipersonenhaushalt von 23.000 €. Auf die unterste Grenze werden 20 % draufgeschlagen, und dann wird schon die Fehlbelegungsabgabe fällig. Das heißt, wir bewegen uns in einem Bereich von 18.000 bis 20.000 € bei einem Einpersonenhaushalt, ab dem die Fehlbelegungsabgabe erhoben wird.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das halte ich nicht für ein hohes Einkommen. Ich halte es auch nicht für vertretbar, dass schon in dieser Größenordnung die Fehlbelegungsabgabe erhoben wird.