Nein. Zunächst einmal geht es darum, dass jeder einen Anspruch darauf hat, angemessen zu wohnen. Genau so steht das im Gesetz. Das wird auch so umgesetzt. Tun Sie also nicht so, als gebe es in unserem Land, in Deutschland oder in Hessen, unsoziale Verhältnisse. Tun Sie nicht so, als würden nicht alle in der Lage sein, angemessenen Wohnraum zu finden. Sie bekommen diesen, wenn sie ihn nicht zahlen können, von der öffentlichen Hand finanziert.
Jetzt ist es aber so, dass wir bestimmte Personengruppen haben, die sich schwertun, geeignete Wohnungen zu finden, und für die wir neben der finanziellen Versorgung der Familien – damit die Miete bezahlt werden kann – im Rahmen des öffentlichen Wohnungsbaus Wohnungen erstellen. Da haben wir natürlich das Problem, dass es, solange es Objektförderung und Sozialwohnungen gibt, eben auch zu einer Fehlsubvention kommt.
Da war ich schon etwas verwundert über die Ausführungen der FDP-Fraktion zu diesem Thema, denn sonst setzt sich die FDP dafür ein, Subventionierung abzubauen. Es geht doch darum, dass wir diejenigen subventionieren, die es brauchen – also die, die unter gewissen Einkommensgrenzen liegen. Wir sind der Meinung, dass es sinnvoll ist, diese Grenzen relativ niedrig anzusetzen, damit die wirklich Bedürftigen die Unterstützung bekommen – und eben nicht alle. Vor allem sollen nicht die gefördert werden, die, um einmal ein Beispiel zu nehmen, als Studentenpaar in eine Sozialwohnung eingezogen sind, heute aber als Richter weiter in dieser Wohnung wohnen und natürlich dementsprechende Einkommensverhältnisse haben. Da kann man doch wohl nicht ernsthaft sagen, es ist sinnvoll, die weiter zu subventionieren.
Genau darum geht es. Deswegen habe ich nicht den Ansatz der FDP verstanden, die sich ja sonst in vielen Bereichen – meiner Ansicht nach in vielen Bereichen durchaus zu Recht – der Frage annimmt: Müssen wir alles subventionieren? – Nein, müssen wir nicht. Für diejenigen, die die
Hilfe brauchen, ist es in Ordnung, dass wir sie unterstützen und subventionieren. Aber bei denen, die über gewissen Einkommensgrenzen liegen, ist es doch in Ordnung, dass sie nicht mehr subventioniert werden sollen, sondern sie sollen einen Teil des Geldes abgeben, das sie als Mietsubvention erhalten.
Herr Kollege Greilich, es gibt ja die Möglichkeit, sich hier noch mal zu melden, und deswegen möchte ich hier keine Zwischenfrage zulassen.
So ist es, Frau Präsidentin. – Aber es ist ja so, dass – außer den Ausführungen der FDP – die Ausführungen von den anderen Oppositionsfraktionen vor allem gezeigt haben, dass man im Grundsatz dieser Gesetzgebung zustimmt. Insoweit können wir sicherlich über die eine oder andere hier angesprochene Detailfrage in den Ausschussberatungen noch sprechen. Ich meine, dass wir mit dieser Komponente auf einem guten Weg sind. Solange es Objektförderungen gibt, ist es sinnvoll, diese Ausgleichsfunktion zu haben. Deshalb ist das eine gute gesetzliche Maßnahme. Wenn Dinge erkannt werden, die noch nachgesteuert werden müssten, haben wir sicherlich im Rahmen der Ausschussberatungen die Möglichkeit, darüber zu sprechen. Darauf freue ich mich. Insoweit werden wir dem Gesetzentwurf in dieser Form zustimmen und ihn an die Ausschüsse überweisen.
Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktion der SPD für ein Gesetz zur Änderung des Hessischen Gesetzes zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen – Drucks. 19/2184 –
Der Gesetzentwurf wird von Herrn Roth von der SPDFraktion eingebracht. Bitte schön, Herr Kollege, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Am 3. Mai 2008 wurde die UN-Behindertenrechtskonvention verkündet. Ein knappes Jahr später, am 24. Februar 2009, ist die
Dadurch haben sich die Anforderungen an das Hessische Gesetz zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen wesentlich verändert. Es entspricht in einigen Teilen seiner jetzigen Fassung nicht mehr den durch die UN-Behindertenrechtskonvention vorgeschriebenen Standards an Selbstbestimmung und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen.
Folgerichtig haben die Fraktionen von CDU, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bereits im Dezember 2009 einen Antrag in den Hessischen Landtag eingebracht, in dem sie feststellen, dass das Hessische Gesetz zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen auf der Grundlage der UN-Behindertenrechtskonvention weiterentwickelt werden muss. Im gleichen Antrag wurde die Erstellung eines Landesaktionsplans zu Umsetzung der Konvention über die Rechte behinderter Menschen beschlossen.
Im August 2012 wurde dieser Aktionsplan veröffentlicht. In dem Zusammenhang hat Staatsminister Grüttner darauf hingewiesen und ausdrücklich betont, dass dieser Aktionsplan die Leitlinie und die Orientierung der hessischen Politik von und für Menschen mit Behinderungen für die nächsten Jahre darstelle. Daraus – so stellt er fest – ergebe sich naturgemäß, dass der vorliegende Aktionsplan nicht den Endpunkt der Entwicklung, sondern, im Gegenteil, den Beginn eines gemeinsamen Prozesses zur Weiterentwicklung bestehender und zur Umsetzung neuer Maßnahmen, Initiativen und Projekte darstelle.
Genau dieses Anliegen machen auch wir uns zu eigen und bringen deshalb heute den Gesetzentwurf zur Änderung dieses Gesetzes ein, und zwar aus mehreren Gründen. Ich will das an drei Beispielen deutlich machen:
Zunächst an § 1. Bereits das Gesetzesziel hat sich geändert und muss neu formuliert werden, abhängig von der UNBehindertenrechtskonvention. Deshalb heißt der neue Wortlaut:
Ziel dieses Gesetzes ist es, im Sinne von Art. 1 UNBehindertenrechtskonvention den vollen und gleichberechtigten Genuss aller Menschenrechte und Grundfreiheiten durch alle Menschen mit Behinderungen zu fördern, zu schützen und zu gewährleisten und die Achtung der ihnen innewohnenden Würde zu fördern.
Menschen mit Behinderungen sind die vollständige und gleichberechtigte Teilhabe am Leben und in der Gesellschaft zu gewährleisten und eine selbstbestimmte Lebensführung zu ermöglichen. Dabei ist ihren besonderen Bedürfnissen Rechnung zu tragen und die Benachteiligung wegen der Behinderung zu beseitigen und zu verhindern.
Zum Ersten, auf Landesebene. Neben der Beauftragten der Landesregierung für die Menschen mit Behinderungen brauchen wir dringend ergänzend einen Landesbeirat. Das, was wir dann auf Landesebene einrichten – so ist es im Gesetzentwurf vorgesehen –, braucht ein Spiegelbild auf der kommunalen Ebene. Das sind Beiräte in den Kommunen,
um die volle Teilhabe und Mitwirkung auf diesem Weg zu ermöglichen. Das ist eine der wesentlichen Veränderungen.
Ich nenne einen zweiten wichtigen Punkt. Er ist in § 9 aufgeführt: „Benachteiligungsverbot“. Das heißt, wir beziehen auch die kommunalen Gebietskörperschaften im Rahmen ihrer gesetzlichen oder satzungsgemäßen Aufgaben neu in die Verpflichtung zum Benachteiligungsverbot ein. Bisher sind sie das nicht. Das gilt bisher nur für das Land und seine Behörden wie auch die nachgeordneten Behörden sowie für die der Aufsicht des Landes unterstehenden Körperschaften. Das muss jetzt auch auf die kommunalen Gebietskörperschaften ausgeweitet werden.
Ich nenne einen dritten Punkt. Es ist gut, dass wir das Gesetz an dieser Stelle lesen, unmittelbar nach einem Gesetzentwurf, in dem es um das Wohnen geht. Denn der § 7 beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit dem Wohnen von Menschen mit Behinderungen, und der orientiert sich auch neu an der UN-Behindertenrechtskonvention.
Das heißt, Menschen mit Behinderungen sind uneingeschränkt berechtigt, ihren Wohnsitz und die Wohnform selbst zu bestimmen. Dies gilt auch für Menschen mit erhöhtem Assistenzbedarf. Angebote selbstständigen Wohnens sowie der ambulanten Tagesförderung haben Vorrang vor stationären Betreuungsformen. Der alte Grundsatz „ambulant vor stationär“ kommt auch hier wieder zum Tragen.
Schließlich und letztens beschäftigt sich der Gesetzentwurf mit einem Thema, das auch in der heutigen Debatte eine Rolle gespielt hat, nämlich mit den besonderen Belangen von Frauen mit Behinderungen. Auch für Frauen mit Behinderungen gilt, dass sie benachteiligt werden, und das ist für diese Menschen besonders tragisch. Das werden wir in der Arbeit im Ausschuss und den danach zu führenden Debatten noch ausführlich erörtern können.
Das waren die wesentlichen Punkte des vorgelegten Gesetzentwurfs. Ich freue mich schon auf die Auseinandersetzung um diesen Gesetzentwurf im zuständigen Ausschuss.
Viele Dank, Herr Kollege Roth. – Als nächster Redner spricht nun Kollege Rock von der FDP-Fraktion. Bitte schön, Herr Kollege, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Was die grundsätzlichen Vorgaben der UN-Behindertenrechtskonvention und den Rahmen angeht, in dem wir diskutieren, brauche ich nichts mehr hinzuzufügen. Das wäre eigentlich nur die Wiederholung von bereits Gesagtem. Daher möchte ich auf die Formulierungen und Aspekte des Gesetzentwurfs direkt eingehen.
In dem Gesetzentwurf der SPD-Fraktion wird zum einen die Beteiligung geregelt. Ich denke, an der Stelle kommen wir zusammen. Die von Ihnen vorgeschlagene Regelung könnte sinnvoll sein. Fraglich ist aber ihre Verbindlichkeit.
Daher würde ich gerne das Ergebnis der Anhörung und die Antworten auf die Frage abwarten, wie die Praktiker aus der kommunalen Familie das sehen.
Das Thema Transparenz ist aus meiner Sicht der wichtigste Punkt, den Sie in dem Gesetzentwurf aufgegriffen haben, um den realen Bedarf sowie Fragen der Umsetzung und der Zeiträume der Umsetzung transparent zu machen und das Thema auf kommunaler Ebene dadurch auf die Tagesordnung zu bringen. Ich denke, das ist ein ganz wichtiger Aspekt Ihres Gesetzentwurfs. Auch da kann ich mir vorstellen, dass es eine Zustimmung meiner Fraktion geben wird.
Der für uns kritische Punkt bleiben die Kosten. Ich habe keinen ganz so positiven Eindruck von den bereits durchgeführten Maßnahmen, wie Sie ihn in Ihrem Gesetzentwurf formuliert haben. Deshalb würde ich mir hinsichtlich der Kosten doch gerne von den Experten eine Größenordnung nennen lassen. Es bringt nämlich nichts, wenn wir den Kommunen Versprechungen machen und für die Kosten, die wir dann zu tragen haben, nicht aufkommen können, weil wir gewisse Rahmenbedingungen erfüllen müssen und nur eine gewisse Menge an Ressourcen zur Verfügung haben. Daher wird es entscheidend sein, wie die finanziellen Erwartungen sind und was wir als Land finanziell leisten müssten. Sie schreiben in Ihrem Gesetzentwurf, dass die Kosten nicht ermittelbar seien. Ich glaube, hier ist der Casus Knacksus Ihres Gesetzentwurfs, an dem wir genau festhalten müssen, was wir leisten können, in welchem Rahmen wir es leisten können, was überhaupt möglich ist.
Ihr Gesetzentwurf findet an zwei Punkten unsere grundsätzliche Unterstützung: in der Frage der Beteiligung, vor allem aber in der Frage der Transparenz. Im Detail müssen wir das aber noch sehen. Die Kosten sehe ich hingegen sehr kritisch. Das könnte für uns womöglich ein Grund sein, Ihrem Gesetzentwurf am Ende nicht zustimmen zu können. Ansonsten warte ich auf die Anhörung, um die Aspekte, die Sie in Ihrem Gesetzentwurf angesprochen haben, auch von anderer Seite beurteilt zu bekommen. Wir gehen auf jeden Fall offen in diese Diskussion.
Danke, Herr Kollege Rock. – Als Nächster spricht Herr Kollege Reul von der CDU-Fraktion. Bitte schön, Herr Kollege, Sie haben das Wort.
Sehr verehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Den Regierungsfraktionen von CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN liegen die behinderten Menschen in Hessen besonders am Herzen. Dies ist an vielfältigen Initiativen aus den vergangenen Jahren erkennbar. Unser Anliegen ist es, die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen in allen Bereichen der Gesellschaft zu fördern und voranzubringen. Barrierefreiheit im öffentlichen Raum und barrierefreier Wohnraum sind dafür ebenso entscheidend wie gleiche Chancen am Arbeitsmarkt und eine gute medizinische und pflegerische Versorgung.