Protocol of the Session on April 30, 2015

Das ist ein Misstrauensvotum für Sie. Sie müssen die persönlichen Konsequenzen ziehen. Sie wissen aus der letzten Sitzung des Ältestenrates – da bin ich so etwas von einer Meinung mit Herrn Kaufmann –, dass Sie nicht mehr das Vertrauen des Hessischen Landtags für diese Position haben.

Wenn man sich selbst und vieles von dem, was man hier gesagt hat, ernst nimmt, dann muss man aus dieser Situation zwingend die Konsequenzen ziehen. Das ist eine Frage des politischen Anstandes, nicht der Gesetze. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP, der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Rock. – Als nächste Rednerin hat sich Frau Kollegin Wissler von der Fraktion DIE LINKE zu Wort gemeldet. Bitte schön, Frau Kollegin, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Am 18. März demonstrierten über 20.000 Menschen in Frankfurt anlässlich der EZB-Eröffnung gegen die verheerende Politik der Troika aus EU-Kommission, EZB und IWF.

(Zuruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU))

Das Blockupy-Bündnis fordert eine Abkehr von der Austeritätspolitik und ein soziales und demokratisches Europa. Angesichts der zunehmenden sozialen Spaltung in Europa und angesichts der Nachrichten, die uns Tag für Tag aus dem Mittelmeer erreichen, dem Massensterben von Flüchtlingen an den EU-Außengrenzen,

(Zuruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU))

sind Proteste gegen die gegenwärtige EU-Politik nicht nur legitim, sie sind dringend notwendig.

(Beifall bei der LINKEN – Zuruf des Abg. Alexan- der Bauer (CDU))

Die Proteste setzten ein Zeichen der Solidarität mit den Krisenländern Europas, mit den Menschen, die dort unter den Kürzungsdiktaten zu leiden haben. Denn was der Bundestag in den letzten Jahren unter dem Begriff „Rettungspaket“ verabschiedet hat, ist in Wahrheit ein gigantisches Verarmungsprogramm. Wer Griechenland die Auflage macht, die Löhne um ein Viertel zu senken, die Renten zu kürzen und 1,5 Milliarden € im Gesundheitssystem zu kürzen,

(Alexander Bauer (CDU): Sprechen Sie zum Thema?)

der organisiert ganz bewusst eine soziale Katastrophe. Die Folgen sind dramatisch: Die Medikamente werden knapp, die Säuglingssterblichkeit nimmt zu, die Jugendarbeitslosigkeit explodiert.

(Michael Boddenberg (CDU): Haben Sie auch etwas zu sagen zu denen, die die Autos angezündet haben?)

Die Menschen, die in Frankfurt demonstriert haben, wollten deutlich machen, dass die Spaltung in Europa nicht entlang nationaler Grenzen verläuft, sondern zwischen oben und unten.

(Zuruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU))

Sie wollten klarmachen, dass Volker Kauder nicht für sie spricht, wenn er sich freut, dass auf einmal Deutsch gesprochen wird in Europa,

(Zuruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU))

und sie wollten ein Zeichen gegen die unerträglichen Hetzkampagnen setzen, die wir hier gegen die Griechen erlebt haben.

(Beifall bei der LINKEN – Zuruf der Abg. Karin Wolff (CDU))

Meine Damen und Herren, bereits in der letzten Plenarwoche hat meine Fraktion deutlich gemacht,

(Michael Boddenberg (CDU): Nein, das haben Sie nicht!)

dass wir kein Verständnis für die Ausschreitungen am frühen Vormittag haben und diese Gewalt ablehnen. Angriffe auf Feuerwehrleute und Polizisten, das Anzünden von Autos und das Zertrümmern von Straßenbahnstationen – all das lehnen wir ab. Es gefährdet Menschen.

Darüber hinaus schadet es auch dem politischen Anliegen und den Inhalten, um die es geht. Wir wollen Protestformen, die Menschen zum Mitmachen einladen und nicht abschrecken.

(Beifall bei der LINKEN – Manfred Pentz (CDU): Unglaublich!)

Deshalb sah der Aktionskonsens von Blockupy vor, dass man bunt, kreativ und friedlich am Sitz der EZB demonstriert, und wir bedauern es, dass Menschen nach Frankfurt kamen, die sich zuvor nicht an den Vorbereitungen beteiligt haben und auch den Aktionskonsens nicht eingehalten haben.

(Zurufe der Abg. Michael Boddenberg und Alexan- der Bauer (CDU))

Frau Kollegin, lassen Sie eine Frage vom Kollegen Pentz zu?

Nein, nicht bei einer Redezeit von fünf Minuten. Das tut mir leid.

Die CDU fordert heute einmal mehr, dass Ulrich Wilken, der Anmelder der friedlichen Proteste am Nachmittag war, als Vizepräsident des Hessischen Landtags zurücktreten soll. Ich will zitieren,

(Zurufe der Abg. Michael Boddenberg und Karin Wolff (CDU))

was Ulrich Wilken in der letzten Landtagsdebatte zu Blockupy gesagt hat.

(Zuruf des Abg. Manfred Pentz (CDU))

Er sagte:

… das war keine Politik, die wir am Morgen des 18. März erlebt haben, das war pure Gewalt.

(Holger Bellino (CDU): Wo haben denn die Vorbereitungen stattgefunden? Wo war denn die Distanzierung vorher?)

Ich war entsetzt über das, was ich selbst erlebt habe, … Die Gewalt … ist in keinster Weise zu rechtfertigen, wird es von mir nicht und wurde es von mir auch nie.

Ich bin entsetzt über die Gewalt und die Tatsache, dass Feuerwehrleute, Polizisten, alle Menschen im Ostend in Gefahr gebracht, attackiert und Menschen verletzt worden sind.

(Beifall bei der LINKEN – Manfred Pentz (CDU): Wieso lacht denn Dr. Wilken?)

Meine Damen und Herren, ich frage Sie: Wie soll Ulrich Wilken, wie soll meine Fraktion, wie soll man das noch deutlicher formulieren? Uns vorzuwerfen, wir würden keine klare Trennlinie ziehen, ist absurd und zeigt, worum es Ihnen hier eigentlich geht.

(Manfred Pentz (CDU): Wieso lacht er? – Weitere Zurufe von der CDU)

Es geht um ein parteipolitisches Manöver, um Ulrich Wilken als Person und DIE LINKE als Ganzes zu diskreditieren.

Einen Moment. Bitte ein wenig mehr Ruhe. Man muss die Rednerin auch verstehen können. – Frau Wissler, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Es geht darum, die LINKE und Ulrich Wilken als Person zu diskreditieren und die Blockupy-Proteste und die berechtigte Kritik an der Troika und an der Bundesregierung zu delegitimieren.

Meine Damen und Herren, im Antrag von Schwarz-Grün, der in der letzten Landtagssitzung beschlossen wurde, war die Rede von vielen Tausend Menschen,

(Manfred Pentz (CDU): Sie sind sich für nichts zu schade!)

die am 18. März nachmittags friedlich demonstriert haben. Wörtlich haben Sie verabschiedet: „Der Hessische Landtag würdigt diese friedlichen Ausdrucksformen …“

(Manfred Pentz (CDU): Null Verantwortungsbewusstsein!)

Sie würdigen also die Proteste, aber der Anmelder, der diese Proteste angemeldet hat, soll zurücktreten. Das halte ich für grotesk.

(Beifall bei der LINKEN – Manfred Pentz (CDU): Und Herr Wilken lacht noch! Das ist euch völlig egal!)

Es gibt keinen Grund dafür, dass Ulrich Wilken zurücktreten müsste. Er hat diese Ausschreitungen weder geplant, noch hat er sie zu verantworten. Und es ist doch absurd, zu behaupten, er hätte sie verhindern können, wenn 10.000 Polizisten dazu offensichtlich nicht in der Lage waren.