Protocol of the Session on March 26, 2015

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der CDU sowie des Abg. Micha- el Siebel (SPD))

Wir wollen niemanden diskriminieren. Das Gegenteil ist der Fall. Meine Kollegin Erfurth arbeitet jetzt am Entwurf des Hessischen Gleichstellungsgesetzes.

(Günter Rudolph (SPD): Gleichberechtigung!)

Wir sind, was Gleichstellung betrifft, eine enorme Reformkraft. Deswegen sage ich Ihnen ganz ehrlich: Wir würden uns wünschen, dass auch die Erzieher dieselbe Aufwertung erfahren. – So viel zu diesem Thema.

(Janine Wissler (DIE LINKE): 97 % Frauen!)

Frau Kollegin Bächle-Scholz hat es angesprochen. Die Erzieherinnen und Erzieher tragen eine große Verantwortung. Sie arbeiten hoch motiviert und engagiert mit lang erworbenen Qualifikationen. Sie leisten Außerordentliches. Ich hoffe, wir sind da alle einer Meinung: Vergessen Sie bitte nicht, dass sie mit dem Wertvollsten arbeiten, was wir haben, nämlich mit unseren Kindern. – Deswegen sage ich

noch einmal: Wir danken ihnen ausdrücklich. Ihnen gebührt ein hohes Maß an Anerkennung.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der CDU)

Wer schon jemals eine Kindertagesstätte besucht hat und dort länger als nur wenige Minuten zugegen war – als Vater von zwei Kindern hatte ich das Vergnügen –, weiß, wie anstrengend dieser Beruf ist, welchen Anstrengungen und welchem Lärm die Erzieherinnen und Erzieher dort ausgesetzt sind. Das ist eine unglaublich anstrengende Arbeit. Ich glaube, man kann gar nicht genug betonen, wie stark die Wertschätzung für den Beruf sein muss.

Ich finde es gut, dass wir heute noch einmal das Signal aussenden, dass wir sagen: Dieser Beruf ist wichtig. Das betrifft nicht nur die Erzieherinnen und Erzieher, sondern auch die Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter und Pädagoginnen und Pädagogen sowie alle, die in diesen Einrichtungen arbeiten. Sie haben unseren Dank und unsere Aufmerksamkeit verdient. Ich finde, das sollte heute auch das Signal aus dieser Aktuellen Stunde sein. Darüber dürften wir uns nicht streiten.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN, der CDU und der LINKEN)

Es ist lästig, immer wieder darauf hinzuweisen. Für Frau Schott verbietet sich das schon von Anfang an. Aber es ist und bleibt halt so, dass die Tarifautonomie vorsieht, dass sich jede staatliche Einflussnahme verbietet. Ich glaube, Sie würden es sich umgekehrt auch nicht wünschen, wenn wir einmal eine andere parlamentarische Mehrheit hätten, die gegen irgendwelche Lohnerhöhungen wäre, dass ein Landtag mit Mehrheit den Beschluss fassen würde, man möge davon absehen, dass Gehaltserhöhungen stattfinden.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Jetzt haben wir eine parlamentarische Mehrheit für Gehaltserhöhungen?)

Da würden die Gewerkschaften fragen: Sag einmal, gehts noch?

Umgekehrt sollten wir auch keine Beschlüsse fassen, die besagen: Wir wollen Gehaltserhöhungen, oder so. – Deswegen plädieren wir nachhaltig dafür, dass es staatliche Neutralität gibt. Es gibt die Tarifautonomie. Ich bitte zum wiederholten Mal die Mitglieder der LINKEN, diese auch zu achten.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der CDU)

Neben dem Lob, der Anerkennung und der Wertschätzung dieses Berufs müssen natürlich auch Rahmenbedingungen gesetzt werden. Frau Bächle-Scholz hat das angesprochen. Es muss da mindestens einen Beitrag geben, obwohl das im Sozialgesetzbuch VIII erklärt wird. Die Bundesgesetzgebung regelt, dass die Kommunen für die Kinderbetreuung zuständig sind. Sie haben das also zu finanzieren.

Obwohl das so ist, haben wir immer gesagt: Kinderbetreuung ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. – Weil das so ist, hat auch das Land über 430 Millionen € in seinem Etat, um den Kommunen die Kinderbetreuung zu erleichtern. Ich finde, das ist eine gute Leistung, genauso wie der Bildungs- und Erziehungsplan eine gute Leistung ist, der regelt, welche Thematiken, welche Konzepte und welche Förderinstrumente es für die verbesserte Qualität in Kindereinrichtungen gibt, in denen die Erzieherinnen und Erzieher arbeiten.

Ich finde, die Rahmenbedingungen müssen immer verbessert werden. Sie müssen immer weiter entwickelt werden. Das ist eine Aufgabe aller, der Mitglieder der Oppositionswie der Regierungsfraktionen. Wir haben auch immer wieder Gesetzentwürfe vorliegen, die das vorsehen.

Meine Redezeit ist abgelaufen. Ich komme deshalb zum Ende und sage: Wertschätzung, Anerkennung, Lob, ja. Das Land tut eine Menge. Es wird das auch weiterentwickeln. Wir wünschen allen Erzieherinnen und Erziehern eine gute Zukunft und ein gutes Einkommen. Ich glaube, da sind wir alle einer Meinung. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der CDU)

Kollege Bocklet, vielen Dank. Ich hätte Ihnen wegen der Zwischenfrage auch noch ein paar Sekunden gestattet. Aber das ist schon okay.

Als Nächster spricht Herr Kollege Rock für die FDP-Fraktion.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kollegen der LINKEN, ich will einmal mit dem anfangen, was uns trennt, und dann vielleicht zu dem kommen, bei dem wir nicht so weit auseinander sind.

Das ist hier schon einmal angesprochen worden: Uns trennt auf jeden Fall die Frage der Tarifautonomie und die Frage, zu was sich Politiker äußern sollten und bei was sie sich vielleicht doch zurückhalten sollten. Denn das System der Tarifautonomie hat sich in Deutschland sehr bewährt. Deshalb sollten wir mit Anträgen, die da Einfluss nehmen wollen, zurückhaltend sein.

(Beifall der Abg. Jürgen Lenders (FDP) und Alexander Bauer (CDU))

Das ist ein kleiner Appell an die Erzieherinnen und Erzieher. Ich glaube, den muss man gar nicht so direkt machen. Aber ich will ihn hier trotzdem einmal zur Kenntnis geben.

Ein Arbeitskampf in diesem Bereich muss sensibel geführt werden. Er muss sicherlich mit einer gewissen Durchschlagskraft geführt werden. Aber er muss auch sensibel geführt werden. Denn wenn Kindertagesstätten schließen, sind natürlich diejenigen die Hauptbetroffenen, die wirtschaftlich existenziell auf diese Betreuung angewiesen sind. Das sind die Eltern, die Frauen, die Väter und natürlich auch die Kinder, die dann keine Einrichtung haben, in die sie gehen können.

Der Arbeitskampf ist wichtig. Aber er muss gerade in diesem Bereich mit einem gewissen Augenmerk geführt werden. Härten bei den Eltern müssen abgefedert werden. Ich habe aber Vertrauen in die Einrichtungen vor Ort, dass das im Auge behalten wird.

(Beifall der Abg. Nicola Beer und Jürgen Lenders (FDP))

Ich möchte bei dem Dringlichen Antrag der LINKEN auf zwei Themen hinweisen. Auf der einen Seite schreiben Sie etwas zu dem Thema Equal Pay, also zu der gleichen Bezahlung von Männern und Frauen. Gerade beim Erzieherberuf wird das sehr deutlich. Die Prozentzahlen, über die

wir immer reden, bilden sich hier ziemlich konkret ab. Sie haben es ausgeführt: Mit dem S-6-Tarif liegt man fast genau 20 % unter dem Lohndurchschnitt in Deutschland. Das ist natürlich klar eine Ebene, bei der ich größtes Verständnis dafür habe, dass man bei einem Beruf, der nun einmal von Frauen dominiert wird, versucht, das Schritt für Schritt abzubauen. Da ist es natürlich auch richtig, dass die Erwerbstätigen für ihre Rechte und für eine ausreichende Entlohnung kämpfen.

(Beifall der Abg. Nicola Beer und Jürgen Lenders (FDP))

Ich glaube, das können sie auch ohne uns und ohne unsere Unterstützung.

Der zweite Teil, den Sie angesprochen haben, ist mir der deutlich wichtigere. Da geht es um die Frage der Qualität und um die Bezahlung geleisteter Qualität bei der Arbeit in den Einrichtungen. Ich will das noch einmal deutlich machen: Für mich und für die Mitglieder meiner Fraktion ist eine Kindertagesstätte eine Bildungseinrichtung. Die Arbeit, die dort geleistet wird, ist von hoher Qualität. Wie in allen Bildungseinrichtungen, ist die Qualität auch hier immer zu verbessern und den gesellschaftlichen Herausforderungen anzupassen.

Darum ist es selbstverständlich, dass auch grundsätzlich die Bezahlung und die Einordnung des Berufs des Erziehers nach fünfjähriger Ausbildung zu überdenken sind. Das gilt gerade dann, wenn man unserer Ansicht folgt, dass das eine Bildungseinrichtung ist. Von daher glaube ich schon, dass die momentanen tariflichen Möglichkeiten ausdifferenzierte Beschäftigungsmöglichkeiten auch für akademische Berufe in den Erziehungseinrichtungen und den Kindertagesstätten möglich machen.

Daran muss weiter gearbeitet werden. Wir wollen auf jeden Fall die Qualität der Bildungsvermittlung in Kindertagesstätten stärken. Uns ist auch klar, dass dementsprechend auch das Berufsbild immer weiter angepasst, ausgebaut und differenziert werden muss.

(Beifall der Abg. Nicola Beer und Jürgen Lenders (FDP))

Da bei der Finanzierung dieser Einrichtungen auch die kommunalen Finanzen eine Rolle spielen, möchte ich einmal eine Lanze für die Familien in Hessen oder vielleicht sogar in ganz Deutschland brechen. Es ist eine intellektuelle Unverschämtheit, wenn beim Thema Kinderbetreuung und Vereinbarkeit von Familie und Beruf immer von Kosten gesprochen wird, die diese bei den Kommunen verursachen. Die Debatte so zu führen, ist eine Unverschämtheit. Sie müssen sich vor Augen führen, dass – oft sind es Frauen – sie nicht arbeiten könnten, wenn diese Einrichtungen nicht vorhanden wären. Was würde das bedeuten? Das würde bedeuten, dass jemand, der vielleicht brutto 30.000 € verdienen könnte, das nicht tun kann, wenn er keine Kindertageseinrichtung zur Verfügung hat. Was würde das für den deutschen Staat bedeuten? Das würde für den deutschen Staat bedeuten, dass er Steuereinnahmen und Sozialabgaben in Höhe von 10.000 € bis 15.000 € nicht hätte – wenn diese Frau oder dieser Mann nicht arbeiten kann, weil dieses Angebot nicht da ist. Es ist eine Unverschämtheit, wenn man diesen Menschen vorwirft, dass der Staat ihnen diese Arbeit finanziert. Nein, diese Menschen finanzieren dadurch, dass sie arbeiten, den Staat, durch Steuereinnahmen und Sozialabgaben. Darum ist die Debatte, wie sie oft geführt wird, aus meiner Sicht

unglaublich schräg. Da müssen wir aufklären. Das kann so nicht im Raum stehen bleiben.

(Beifall der Abg. Nicola Beer und Jürgen Lenders (FDP))

Kollege Rock, Sie müssen bitte zum Schluss kommen.

Darum muss man dazu übergehen, dass nicht nur 15 % der Einkommensteuer bei den Kommunen bleiben, sondern dass die, die dafür zuständig sind, dass die Menschen Einkommensteuer zahlen können, auch davon profitieren und hervorragende Einrichtungen für Bildung und Betreuung in den Städten vorhalten können. Diese Eltern sind keine Bittsteller, sondern sie tragen einen großen Teil dazu bei, dass das auch finanziert wird. – Vielen Dank.

(Beifall der Abg. Nicola Beer und Jürgen Lenders (FDP))

Vielen Dank. – Als Nächster spricht Staatsminister Grüttner.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Seitens der Landesregierung möchte ich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die in sozialen Einrichtungen arbeiten und einen wesentlichen Dienst für die Gesellschaft und für die ihnen anvertrauten Menschen leisten, ein herzliches Dankeschön aussprechen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dass die Landesregierung den Leistungen von in sozialen Berufen engagierten Beschäftigten eine wirklich hohe Bedeutung und Anerkennung zumisst, ist in vielen Debatten immer wieder betont worden. Gesellschaftliche Anerkennung für dieses hohe Engagement in der Bildungs-, Erziehungs- und Betreuungsarbeit, speziell dann von Erzieherinnen und Erziehern, die sich nicht zuletzt auch in der Vergütung ausdrückt, berührt neben der allgemeinen Einkommenszufriedenheit in nicht zu unterschätzendem Maße die Motivation, das Selbstwert- und Gerechtigkeitsempfinden von pädagogisch Tätigen. Sie ist daher schon eine der wichtigen Stellschrauben bei der Gewinnung und Bildung von engagierten Personen in sozialen Berufen.

Wenn man sich dann den Titel dieser Aktuellen Stunde und des Antrags der LINKEN anschaut, auch den Nachsatz „Erzieherinnen verdienen mehr“ – Herr Kollege Bocklet hat schon darauf hingewiesen –, wird deutlich, dass es mit dieser Aktuellen Stunde und mit diesem Antrag der Fraktion DIE LINKE eigentlich nicht um die Anerkennung der sozialen Berufe geht, sondern darum, in der aktuellen Tarifrunde öffentlich politisch zu punkten. Deshalb greifen Sie auch auf den Slogan der GEW zurück, das ist ja nicht Ihre Erfindung. Sicherlich wäre es besser gewesen, wenn nicht nur heute hier im Hessischen Landtag die Fraktion DIE LINKE symbolisch und pressewirksam Flagge zeigt, sondern wenn die Fraktion DIE LINKE bloßen Reden Ta

ten folgen lassen würde und auch konkret zur Aufwertung sozialer Berufe beitragen würde.

Das allerdings hat die Landesregierung getan und wird es auch in Zukunft tun. Ich will das ein bisschen belegen.