Protocol of the Session on March 26, 2015

Weil die Frage aufgeworfen worden ist, gegen was wir protestiert haben, will ich noch einmal deutlich sagen: Wir wollten ein Zeichen gegen die Politik der Troika setzen, die aus der Europäischen Kommission, dem IWF und der EZB besteht. Wir wollten deutlich machen, dass die sogenannten Rettungspakete in Wahrheit gigantische Verarmungsprogramme sind, dass mit dem Geld eben nicht die Griechen, sondern in allererster Linie deutsche und französische Banken gerettet wurden, dass die Auflagen für die Rettungspakete dazu geführt haben, dass die Verarmung zugenommen hat, dass Milliarden Euro im Gesundheitssystem gekürzt wurden, dass die Renten und Löhne gesenkt wurden, dass Hunderttausende Stellen im öffentlichen Dienst abgebaut wurden.

Dass immer noch behauptet wird – auch von Herrn Schäuble, auch heute wieder –, die Griechinnen und Griechen hätten über ihre Verhältnisse gelebt,

(Zuruf von der CDU: Das haben sie doch! – Weitere Zurufe von der CDU)

ist doch absurd angesichts der Tatsache, dass in diesem Land die Säuglingssterblichkeit wieder zunimmt.

(Beifall bei der LINKEN – Judith Lannert (CDU): Sie haben es nicht verstanden! – Weitere Zurufe von der CDU)

Das Problem ist: Den Griechen werden Rettungsringe aus Blei hingeworfen. Diese ziehen sie weiter in die Krise hinein. Deutschland hat in der Krise genau das Gegenteil gemacht: Man hat Konjunkturprogramme aufgelegt, man hat das Kurzarbeitergeld verlängert, man hat die Abwrackprämie eingeführt. Es ist doch absurd, zu glauben, durch Kürzungen könne Griechenland aus der Krise herauskommen.

(Lebhafte Zurufe von der CDU)

Die Schulden sind durch diese Politik explosionsartig gewachsen, anstatt sich zu verringern.

(Zurufe von der CDU – Gegenruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE): Sie können noch nicht einmal zuhören!)

Ich will noch einen Punkt ansprechen. Herr Bauer hat gesagt, es sei falsch, von der Festung Europa zu reden: Das Mittelmeer ist mittlerweile zu einem Massengrab geworden. Es ist wirklich unvorstellbar, dass die toten Flüchtlinge vom Oktober 2013 ein Staatsbegräbnis bekommen haben, während die überlebenden Flüchtlinge derselben Katastrophe ein Bußgeld und einen Abschiebebescheid erhalten haben.

Sie müssen bitte zum Ende kommen.

Ich komme zum Schluss. – Wenn man Fischer, die Ertrinkende aus dem Wasser retten, wegen Beihilfe zur illegalen Einreise anklagt, ist das heuchlerisch.

(Manfred Pentz (CDU): Wer ist heuchlerisch?)

Wir sagen, die gegenwärtige Europapolitik steht auf falschen Grundlagen, und deswegen kritisieren wir sie.

Letzter Satz, Herr Präsident.

Ein allerletzter Satz.

Nur weil Herr Bauer sagte, ich hätte erklärt, geschichtlicher Fortschritt sei durch Revolution entstanden: Wo wären wir denn heute ohne die Französische Revolution? Ohne die deutsche Revolution hätten wir heute noch einen Kaiser und kein Frauenwahlrecht. Das ist doch absurd, sich über diese Aussage zu ereifern.

(Beifall bei der LINKEN – Manfred Pentz (CDU): Sie sind heuchlerisch! Da drüben sind die Heuchler!)

Jetzt ist die Redezeit endgültig abgelaufen. – Als Nächster hat sich Herr Abg. Rentsch, FDP-Fraktion, zu Wort gemeldet. Bitte sehr.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will die Debatte nicht unnötig verlängern

(Beifall des Abg. Manfred Pentz (CDU))

nein, Herr Kollege Pentz, das war absolut noch nicht angemessen –; aber ich will auch nicht provozieren, dass wir es zulassen, dass Frau Wissler mit ihrem Beitrag das letzte Wort hat. Das sollte man sich einmal überlegen.

(Beifall bei der FDP und der CDU sowie bei Abge- ordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

Herr Schaus, ich sage Ihnen auch, warum: weil Sie das machen, was Sie immer machen. Sie bringen in Ihrem Programm und auch in Ihrer ganzen politischen Überzeugung ein recht lockeres Verhältnis zur Wahrheit zum Ausdruck. Wer sich einmal mit den LINKEN in Europa auseinandersetzt, weiß, dass die Nichtwahrheit ein Teil ihres Programms ist. Frau Wissler, Sie können sich doch nicht hierhin stellen und ernsthaft sagen, Blockupy sei in den Jahren zuvor immer eine friedliche Veranstaltung gewesen. Wo leben wir denn?

(Beifall bei der FDP, der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das war nie eine friedliche Veranstaltung. Es gab immer Sachbeschädigungen, und es gab immer Körperverletzungsdelikte im Umfeld dieser Organisation. Das ist der Punkt: dass das keine einmalige Geschichte war, von der man nicht wusste, woher sie kam. Vielmehr wussten das eigentlich alle, die sich damit beschäftigen, und es ist auch im Umfeld von Blockupy angekündigt worden, dass es diesmal zu weiteren schlimmen Ausfällen kommen würde.

Das war von vornherein klar; denn dieses Bündnis legt es seit Jahren darauf an. Die Gewaltkurve geht nach oben. Sie wird von Jahr zu Jahr steiler. Deshalb muss man wirklich sagen: Sie haben hier versucht, sich so darzustellen, als ob Sie nur friedlich demonstrieren wollten. Klar, Sie wollen nur spielen. Das nehmen Sie doch selbst nicht ernst.

(Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Wir alle wissen genau, was in den letzten Jahren war, und wahrscheinlich können wir davon ausgehen, dass von Frankfurt nichts übrig bleibt, wenn 2016 noch einmal eine solche Veranstaltung angemeldet wird. Das ist es doch, was Sie wollen. Insofern ist das Geschichtsklitterung. Frau Kollegin Wissler, das lassen wir Ihnen im Landtag nicht durchgehen. Nein.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Rentsch. – Als Nächster hat Herr Abg. Bellino für die CDU-Fraktion das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Am Dienstag sah die Debatte noch anders aus. Aber das, was heute hier passiert ist, ist unerträglich.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Die Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE stellen sich hierhin und tun so, als ob sie überhaupt nichts damit zu tun gehabt hätten, dass in Frankfurt die Straße gebrannt hat, dass unschuldige Menschen zu Schaden gekommen sind, dass Polizeifahrzeuge – teilweise noch mit Polizisten besetzt – in Brand gesetzt wurden und dass Feuerwehr und Rettungsdienste nicht nur behindert, was schon schlimm genug war, sondern sogar attackiert wurden. Frau Wissler, wenn es nicht so traurig wäre, würde man hinzufügen: Und die Erde ist eine Scheibe. – Es ist erbärmlich, was Sie hier machen.

(Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Ihre Entschuldigungen kamen zum einen zu spät, und zum anderen waren und sind sie halbherzig. Nach jeder Entschuldigung kommt ein „Ja, aber“.

(Beifall bei der CDU, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und der FDP)

Wenn man sich im Vorfeld von etwas distanzieren will – was ich vermisst habe –, heißt das: Wir wollen nicht, dass ihr nach Frankfurt kommt, wir wollen nicht, dass Steine fliegen, wir haben nichts mit euch zu tun, sondern wir wollen hier nur friedliebende Demonstranten haben. – Wo hat es so etwas von den Organisatoren gegeben, von Blockupy oder von der LINKEN?

(Beifall bei der CDU, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und der FDP)

Aber das passt in das Gesamtbild, das die LINKEN darbieten. Sie, Frau Wissler, waren es doch, die 2011 gesagt hat – ich zitiere –:

Erst in sozialen Bewegungen, erst in sozialen Kämpfen entsteht der Keim einer neuen Gesellschaft, kann Vereinzelung, kann Konkurrenz auch überwunden werden.

So geht es weiter:

Ich finde, dass gerade in arabischen Ländern sich zeigt, welche Dynamik, welche Radikalisierung eine Massenbewegung haben kann und was möglich ist, wenn radikalisierte Jugendliche und die Arbeiterklasse sich vereinen und gemeinsam gegen Unterdrückung kämpfen.

Ist das, was Sie dort predigen, Demokratie? Ist das ein Aufruf zum gewaltfreien Demonstrieren?

(Beifall bei der CDU und der FDP – Michael Bod- denberg (CDU): Ungeheuerlich!)

Dieselbe Pseudodemokratin, die gerade hier stand, sagt in dieser Sendung weiter:

Und ich finde, dass man darüber diskutieren sollte, wie wir es schaffen, auch in Deutschland wieder zu einem anderen Niveau von Klassenkämpfen zu kommen.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Was zitieren Sie denn da?)

Ich zitiere das, was die Ihnen bekannte Janine Wissler in einer öffentlichen Podiumsdiskussion in Berlin gesagt hat.

(Michael Boddenberg (CDU): Das können Sie alles auch von uns haben!)

Herr Schaus, wenn Sie Nachhilfeunterricht benötigen, können wir Ihnen gern einmal das Archiv der CDU öffnen.