Protocol of the Session on February 6, 2014

Sie haben etwas über Sprachförderung hineingeschrieben, als ob man das besonders betonen müsste. Wir haben in der Enquetekommission sauber herausgearbeitet, dass das gemacht werden muss. Das ist eine platte Selbstverständlichkeit und im Zusammenhang mit dem KiföG auch eher ein Randproblem – im Zusammenhang mit dem KiföG, nicht aber im Zusammenhang mit Kinderbetreuung und frühkindlicher Bildung.

Was die Inklusion betrifft, sage ich Ihnen – das ist nun ganz bitter –: Unsere gemeinsame Überzeugung war – unsere Überzeugung ist und bleibt das auch –, dass sich das Land bei der Setzung von Standards für die gemeinsame Betreuung, Erziehung und Bildung von behinderten und nicht behinderten Kindern nicht aus der Verantwortung stehlen kann und darf. Wenn das Land in anderen Fragen, z. B. bei den Gruppengrößen und beim Personaleinsatz, Standards setzt, darf es sich in dieser besonders delikaten und besonders verantwortungsvollen Frage nicht aus der Verantwortung stehlen.

Aber genau das machen Sie, indem Sie die Verantwortung weiterhin ausschließlich bei den Kommunalen Spitzenverbänden, bei den Kommunen und bei den freien Trägern ansiedeln. Ich sage: Das war falsch, das ist falsch, und das bleibt falsch.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Das hat nämlich etwas mit der Herstellung von gleichen Lebensverhältnissen in allen Teilen dieses Landes zu tun. Man kann das gar nicht oft genug sagen. Das ist gerade in der Behindertenpolitik unabdingbar.

Wir sind gespannt, was Sie eigentlich machen werden, wenn die Rahmenvereinbarung Integrationsplatz dahin gehend geändert wird – was ich schon gehört habe; ich bin nicht auf dem neuesten Stand der Diskussion –, dass bei der Aufnahme von behinderten Kindern die Gruppengröße nur noch auf 22 abgesenkt wird. Was machen Sie dann? Wird dann kompensiert, oder wird dann nicht mehr kompensiert? Das kann der Herr Minister vielleicht gleich erklären.

Nebenbei: Sie bitten die Landesregierung, die Höhe der Integrationspauschale anzuheben. Ich denke, das macht immer noch der Landtag. Die Integrationspauschale ist nämlich im Gesetz verankert. – So viel zur Gewaltenteilung.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Das, was Sie hier an Mitteln in Anspruch nehmen, bestätigt nur unsere Kritik an dem Finanzierungsmechanismus; denn das, was Sie zusätzlich zahlen, kompensiert ausschließlich die Einnahmeausfälle bei den Trägern, die ge

nau aus diesem Finanzierungsmechanismus pro besetzten Platz resultieren. Wenn man nämlich ein behindertes Kind aufnimmt und die Gruppengröße um fünf reduziert, fehlen einem auch fünf Pauschalen. Diese ersetzen Sie jetzt.

Herr Kollege Merz, denken Sie bitte an die Redezeit.

Damit ist überhaupt noch kein Beitrag zur Verbesserung der Betreuungsqualität für behinderte Kinder geleistet.

Ich schließe – mein allerletzter Satz, Herr Präsident – mit dem in Stein gemeißelten Satz des Kollegen Bocklet: Murks bleibt Murks. – Um einen anderen großen Frankfurter Philosophen zu zitieren: Es gibt kein falsches KiföG im richtigen – nein, andersrum: kein richtiges KiföG im falschen.

(Beifall bei der SPD – Lachen bei der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Merz. – Für die FDP-Fraktion hat Herr Abg. Rock das Wort.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Herr AlWazir ist nicht mehr anwesend. Er hat in seinem letzten Redebeitrag über mich gesagt – ich glaube, er hat das nicht als Lob gemeint –, dass ich hier immer noch die gleichen Reden halte wie vor der Wahl. Ich empfand das als Lob; er hat das anders gemeint. Wahrscheinlich hat er das auch im Hinblick auf seine eigene Fraktion und auf sich selbst gemeint. Aber ich finde es gut, dass man nach der Wahl das Gleiche sagt wie vor der Wahl, und das auch mit der gleichen Vehemenz.

(Beifall bei der FDP)

Herr Bocklet, ich muss sagen, da habe ich eine andere Wahrnehmung als Sie. Der eine oder andere Journalist, der hier oben sitzt, hat wahrscheinlich auch eine andere Wahrnehmung, ebenso vielleicht die Bürger, die Sie im Wahlkampf erlebt haben.

Es tut mir schon ein bisschen weh, dass Sie sich jetzt hier als der große Moderator geben. Ich habe Sie im Wahlkampf anders erlebt. Ich habe Sie eher als jemanden erlebt, der mit einer Fackel vor einem Ölfass stand. Aber ich finde, dass das, wenn es ein neuer Weg ist, der zum Ziel hat, die Kinderbetreuung wirklich voranzubringen und die Qualität zu verbessern, eine gute Weiterentwicklung bei Ihnen ist. Man soll die Hoffnung nie aufgeben. Ganz besonders freut mich an dieser Stelle, dass Sie Dinge so verteidigt haben, wie ich es bei Ihnen noch nie erlebt habe.

Sie stellen sich jetzt hierhin und erklären, Sie hätten schon immer gesagt, Sie seien für die kindbezogene Förderung. Ich kann mich daran erinnern, dass ich Sie an diesem Pult gestellt und gesagt habe: In Frankfurt macht ihr das doch auch; dort verantwortet ihr es. – Dann haben Sie das zum Allgemeingut erklärt und immer wieder gesagt, warum das, was Sie in Frankfurt machen, besser ist als das, was

die Landesregierung macht, und vor allem besser als das – das war ein Fraktionsgesetz –, was FDP und CDU hier gemeinsam vertreten haben.

Herr Bocklet, nichtsdestotrotz muss ich Sie auch loben: Sie haben mit großem intellektuellem Engagement versucht, das hier zu erklären. Die Substanz hat Ihnen gefehlt. Auch ein Zauberer kann nicht mehr zaubern, wenn es keine Substanz gibt. An dieser Stelle sind Ihnen also leider die Mittel ausgegangen.

Nichtsdestotrotz hatte ich eigentlich erwartet, dass Sie, wenn Sie schon solche Pirouetten drehen, auch mit irgendeinem Amt in der Regierung belohnt werden. Aber davon gab es in Ihrer Fraktion eher wenig. Man hat Sie in Ihrer Fraktion für unersetzlich gehalten. Gut, das sind eben Entscheidungen, wie sie die GRÜNEN treffen.

Ich will mich an dieser Stelle aber noch einmal ausdrücklich bei den Kollegen von der CDU und bei dem Herrn Minister dafür bedanken, dass sie hervorragend gehandelt haben und dass dieses Herzstück, das wir in schwierigsten Wahlkampfzeiten gemeinsam vertreten haben, eigentlich unverändert bleibt. Dass man sich bei dem Thema Inklusion noch einmal bewegt, indem man etwas Geld in die Hand nimmt, finde ich nicht schlecht.

Ich finde eines schlecht – das sage ich an dieser Stelle ganz ehrlich –: Es gibt eine klare gesetzliche Verantwortung der kommunalen Seite. Man hat auf der kommunalen Seite versucht, in einer Wahlkampfsituation dahin gehend Druck auszuüben – das war relativ unlauter dem Land sowie CDU und FDP gegenüber –, dass das Land Leistungen übernimmt, für die die Kommunen eindeutig verantwortlich sind. Das ist kein guter Umgang miteinander.

Ich muss auch sagen: Wenn GRÜNE und CDU – „Bündnis 90/Die Schwarzen“, das hat mir sehr gut gefallen – an dieser Stelle 10 Millionen € für die Inklusion in die Hand nehmen, müssen die Kommunalen Spitzenverbände zumindest so weit gehen, dass dabei für die Betroffenen qualitativ etwas herauskommt. Es kann nicht sein, dass nur der Status quo finanziert wird, wenn alle Welt sagt: Wir nehmen an dieser Stelle mehr Geld in die Hand. – Nach dem, was ich gehört habe – das unterscheidet sich nicht sehr von dem, was Herr Merz gesagt hat –, ist mit diesem Geld nicht einmal der Status quo gesichert, sondern es ist zu befürchten, dass wir Landespolitiker an dieser Stelle dem Druck der Kommunen nachgeben und es so trotzdem zu einer Absenkung der Leistung kommt.

Herr Grüttner, ich hoffe – da bin ich mir auch ziemlich sicher –, dass Sie sich das von den Kommunalen nicht gefallen lassen und dass durch diese 10 Millionen € wirklich etwas verbessert wird, statt dass das Land so viel Geld in die Hand nimmt und am Ende sogar eine Verschlechterung der Qualität steht. So können die Kommunalen und die Landesebene nicht miteinander umgehen.

Ich hoffe, wir alle werden im Landtag dazu stehen und dafür sorgen, dass man das den Kommunalen Spitzenverbänden nicht durchgehen lässt. Wenn 10 Millionen € mehr für die Inklusion zur Verfügung gestellt werden, muss es eine Verbesserung für die Menschen vor Ort geben.

(Beifall bei der FDP)

Es ist viel über das Kinderförderungsgesetz gesagt worden. Einiges wird selten erwähnt. Ich möchte auf eines hinweisen, was uns sehr wichtig war und was, wie ich glaube, in diesem Gesetz zur Qualitätsförderung beträgt: Wir haben

in dieses Gesetz Beteiligungs- und Informationsrechte für die Eltern geschrieben. Ich glaube nämlich, dass es am meisten zur Qualitätssicherung und Qualitätsweiterentwicklung solcher Einrichtungen beiträgt, wenn die engagierten Eltern vor Ort objektiv informiert und beteiligt werden.

Im Zusammenhang mit den Beteiligungsrechten der Eltern haben wir aber, damit die Arbeit der Einrichtungen nicht blockiert werden kann, auch versucht, darauf zu achten, dass wir sie nicht zu schlecht stellen. Ich glaube, das ist uns gelungen. Dieser Vorschlag ist wenig, eigentlich fast nirgends kritisiert worden. Ich glaube, dass solch kleine Vorschläge in einem Gesetz oft eine größere Wirkung erzielen als viele Dinge, über die wir hier heiß diskutiert haben.

Für uns als Liberale ist in diesem Gesetz natürlich etwas ganz wichtig – natürlich weiß ich auch, dass das der Schmerzpunkt der SPD ist –: die kindbezogene Förderung. Das machen wir im sozialen Bereich ganz oft, dass wir den Menschen in den Mittelpunkt stellen und am Menschen orientiert eine Förderung organisieren. Wir fördern nicht die Einrichtung, nicht das Gebäude und nicht die Organisation um diesen Menschen. Wir fördern nicht die Struktur, sondern wir fördern den Menschen. Das ist ein Menschenbild, das im restlichen Sozialbereich eigentlich unbestritten gilt.

Das hat in der Stadt Frankfurt auch über Jahrzehnte funktioniert. Man kann nicht in allem von Frankfurt lernen, aber in der Sozialpolitik sind sie oft innovativ. Man hat jetzt in einem Feldversuch gesehen, dass das ganz vernünftig funktioniert hat, dass diese zentrale Überlegung von den Eltern in mittelfristiger Perspektive nicht zurückgedreht wird, sondern überall in Hessen wirklich als positiv empfunden wird, wenn das auch seine Auswirkungen in der Fläche hat. Ich glaube, dass es in der vergangenen Legislaturperiode eine zentrale Aufgabe war, diese Weichen zu stellen.

Herr Bocklet, Sie haben gesagt, was Sie alles erreichen wollen. Ich kann Herrn Merz beipflichten: Was Sie hier erzählt haben, sind Allgemeinplätze, die wir hier – Herr Merz würde sagen: „nicht ganz so intensiv“; ich würde sagen: „vielleicht sehr erfolgreich“ – schon immer gemeinsam getragen haben und die im Großteil einfach Linie dieser Regierung waren und anscheinend bleiben, und das finde ich gar nicht verkehrt. Also an der Stelle kommt eigentlich nichts Neues.

Aber ich will Ihnen eines ins Stammbuch schreiben: Sie haben hier oft gestanden und gesagt, dass die alte Landesregierung bei der Krippenversorgung scheitern würde. Es ist eine Menge Geld in die Hand genommen worden; es ist sogar noch ein bisschen Geld übrig. Das wird auch Ihre stundenlangen Berechnungen im Sozialpolitischen Ausschuss Lügen strafen; es ist sogar noch Geld übrig, und wir haben annähernd eine 40-prozentige Versorgung erreicht. Das ist eine super Leistung. An solchen Dingen wird sich die neue Regierung auch messen lassen, ob sie solch einen Kraftakt und solche hervorragenden Leistungen wirklich stemmen kann.

(Beifall bei der FDP)

Herr Bocklet, ich werde Sie nicht an dem Sozialbudget in Höhe von 30 Millionen € messen, das Sie verkauft haben, was aber nur 10 Millionen €, 11,2 Millionen € oder irgendetwas sind. Das können wir ehrlichkeitshalber auch im Ko

alitionsvertrag nachlesen. Verkauft haben Sie über 30 Millionen €, aber es sind ja nur 10 Millionen €.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): 18 Millionen €!)

Ja, es ist also auf jeden Fall weniger, als sie gesagt haben. – An der Stelle müssen Sie sich messen lassen. Wir haben in der alten Legislaturperiode bei der Kinderbetreuung gesagt – das haben uns die Kommunalen Spitzenverbände gesagt; das haben wir uns nicht ausgedacht –: 117,5 Millionen € werden vom Land gegenfinanziert werden müssen, weil das der Zuwachs an Qualität ist, die wir nach dem Konnexitätsprinzip bezahlen müssen. Das sind Zahlen, an denen wir Sie in fünf Jahren messen werden: ob Sie tatsächlich einen Schwerpunkt in der Kinderbetreuung setzen, ob Sie die Qualität fördern können, ob Sie an der Stelle Impulse weiterhin fortführen, wie das von der Vorgängerregierung gemacht worden ist. Es ist eine hervorragende Entwicklung, dass dieses Gesetz unverändert weiter bestehen wird.

Um den zweiten Punkt zu sagen und die Inklusion aufzugreifen: Man darf die kommunale Familie nicht aus der Verantwortung entlassen. Es kann nicht sein, dass man als kommunale Familie die Behinderten sozusagen instrumentalisiert und auf deren Rücken versucht, vom Land Geld zu aktivieren, sondern wenn wir Geld in die Hand nehmen, muss es auch eine signifikante Verbesserung der Versorgung vor Ort geben. Das ist möglich. Man kann das vielleicht auch ein bisschen teilen; man kann sagen, man kommt ihnen hälftig entgegen, aber bei 10 Millionen € muss für die Menschen vor Ort auch etwas Vernünftiges herauskommen.

Das im Auge zu behalten, ist sozusagen noch meine Bitte an den Minister. Ansonsten kann ich nur sagen: Herr Grüttner, in der Koalitionsrunde hervorragend verhandelt. Das hätte ich nicht besser machen können. Machen Sie bitte mit dieser Politik weiter, wie Sie es in der alten Regierung gemacht haben. Dann werden wir uns an diesem Pult weiterhin konsensual verstehen. Ein großes Lob noch einmal für Sie. – Danke.

(Beifall bei der FDP – Hermann Schaus (DIE LIN- KE): Schönes Lob für die GRÜNEN!)

Vielen Dank, Herr Kollege Rock. – Für die Landesregierung spricht Herr Staatsminister Grüttner. Bitte sehr, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Merz hat seine Ausführungen mit dem Satz begonnen: Ich wollte nicht über das KiföG reden, aber wenn die LINKEN jetzt schon das KiföG auf die Tagesordnung setzen, dann rede ich über das KiföG. – Leider hat er seiner Ankündigung keine Taten folgen lassen, weil er substanziell zum KiföG nichts gesagt hat, sondern er hat die zehn Minuten eher dazu genommen, persönliche Angriffe zu unterbreiten, anstatt zum KiföG inhaltlich irgendetwas zu sagen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Er hat dazu mehr gesagt als Sie!)

Das ist natürlich auch klar: Das kann, wenn man dieses Thema auf die Tagesordnung setzt, so wie es die Fraktion DIE LINKE gemacht hat, keine inhaltliche Auseinandersetzung mit einem seit einem Monat und sechs Tagen in Kraft getretenen Gesetz sein, sondern es kann lediglich der Versuch sein, ein Verhandlungsergebnis aus der eigenen Sichtweise zu interpretieren und dabei nicht der Versuchung zu widerstehen, Personen zu diffamieren. Ich finde, das ist dem Thema Kinderbetreuung in dieser Diskussion eigentlich nicht angemessen.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von der LINKEN: Oh!)

Deshalb muss man das noch einmal Revue passieren lassen. Wir alle sind in unserem Beruf in gewissen Situationen natürlich sehr dankbar, wenn wir Themen diskutieren können, bei denen wir wissen, dass sie die Menschen emotional erreichen. Mit Stimmungen und dem Erreichen von Emotionen kann man natürlich auch versuchen, Wahlentscheidungen mit zu beeinflussen. Das versucht jeder, der sich in einer politischen Auseinandersetzung ergeht.

Wenn es dann eben ein Gesetzesvorhaben gibt, das einen grundlegenden Paradigmenwechsel in der Förderung vornimmt, beispielsweise von der gruppenbezogenen Förderung hin zu einer kindesbezogenen Förderung, und Befürchtungen und Ängste laut werden, dann ist es in der politischen Auseinandersetzung vollkommen legitim, dies aufzunehmen und zu versuchen, es zu verstärken. Das ist legitim. So ist es auch legitim, dies aufzunehmen, auch wenn die Emotionen noch so hochgehen; und da sind wir alle in der gleichen Situation, vielleicht auch mit dem einen oder anderen Überziehen. Auch davor sind wir nicht gefeit.